Vera Lengsfeld / 01.10.2015 / 18:25 / 13 / Seite ausdrucken

Im Kleingedruckten steht die beabsichtigte Abschaffung des Rechtsstaats

Weitgehend unbeachtet im von der Kanzlerin verursachten Einwanderungschaos hat Staatsministerin Aydan Özoğuz am 21.September ein Strategiepapier vorgestellt. In einem solchen Papier sind strategische Ziele festgelegt, deshalb sollte jeder wissen, was die Bundesregierung vorhat. Unter der neuhelldeutschen Überschrift: „Menschlich, ehrlich, gerecht – Eckpunkte für eine integrative Flüchtlingspolitik in Deutschland“ kommt es knüppeldicke. Nach Abwatschen von EU-Staaten, die helldeutscher Chaospolitik nichts abgewinnen können , schlägt die Staatsministerin verschiedene Maßnahmen vor, um die „interkulturelle Öffnung“ voranzutreiben. Unter Anderem soll der Arbeitsmarkt auch für Geduldete geöffnet werden.

Für alle, die eventuell nicht verstehen sollten, worauf die Staatsministerin hinaus will, hat sie es am Ende klar formunliert: „Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein. Unser Zusammenleben muss täglich neu ausgehandelt werden.“

Dieses “täglich neu Aushandeln müssen” hebelt den Rechtsstaat aus. Es ist ja gerade das Erfolgsmodell des Rechtsstaats westlicher Prägung, dass die Bürger in gesicherten Verhältnissen leben, die nicht täglich neu ausgehandelt werden müssen. Der Mieter hat ein Recht auf seine Mietwohnung, der Eigentümer auf sein Häuslein. Das muss man nicht täglich neu aushandeln. Völlig anders wird es, wenn Verwaltungsbeamte zum Beispiel androhen, Mietern die Kündigung aussprechen, weil die Verwaltung lieber Flüchtlinge in den Wohnungen oder Häusern unterbringen möchte. Dann muß in der Tat möglicherweise täglich neu verhandelt werden, ob man die eigenen “4-Wände” behält oder räumen muß...

Strategisches Ziel - oder bewusst eingegangener unvermeidlicher strategischer Kollateralschaden - ist nach dem vorgelegten Strategiepapier die Beendigung des Rechtsstaates und die Beseitigung einer der wichtigsten Errungenschaften europäischer Zivilisation, die sichere Abgrenzung der Spielräume jedes einzelnen Bürgers.

Dieses überträfe an kultureller Barbarei bei weitem die Sprengung der Ruinen von Baalbek und würde uns alle zurückführen in den menschlichen Urzustand, bei dem nach einer berühmten Kennzeichnung „der Mensch des Menschen Wolf“ sein würde. Anzumerken wäre noch, dass dies auch die Hoffnungen und Wünsche der zu uns gekommenen Flüchtlinge konterkariert, die aus Verhältnissen, in denen sie ihr Überleben täglich neu aushandeln mussten, in die Sicherheit eines Rechtsstaats flüchten wollten. Ob die Staatsministerin aus Unbedarftheit so formuliert hat und nicht wusste, was sie eigentlich sagt, oder ihre Formulierungen mit voller Absicht so gewählt hat, ist unerheblich angesichts der Tatsache, dass ihr Strategiepapier vom Merkelschen Kabinett offensichtlich abgenickt wurde.

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Karl Mallinger / 03.10.2015

In den USA, die ja als Einwanderungsland u.a. von Heiner Geißler immer so als "Vorbild" für Deutschland gepriesen werden, käme wohl niemand auf so abstruse Ideen wie Frau Özoğuz sie äußert.

Marion Oeljeklaus / 03.10.2015

Liebe Frau Lengsfeld, liebe bisherigen Kommentatoren, ich bin verwirrt und bitte um Belehrung! Ich bin aufgrund meines täglichen Eingebundenseins in die tägliche Alltagsanforderungen nicht in der Lage, mich so umfänglich zu informieren, wie ich es eigentlich für notwendig erachte, um mir zu politischen Sachverhalten eine halbwegs qualifizierte Meinung bilden zu können. Ich habe gerade das Strategie-Papier von Frau Özoguz gelesen und konnte darin nichts Verwerfliches finden. Vor allem kann ich aus ihrer Formulierung „Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein. Unser Zusammenleben muss täglich neu ausgehandelt werden.“ nicht ableiten, dass und inwieweit sie beabsichtigt, den Rechtsstaat auszuhebeln. Oder gar Rechtsbruch zu betreiben! Aber vielleicht bin ich ja auch nur zu naiv. Bitte benennen Sie mir, Herr Scholz, in welcher Form unsere Regierung gerade Rechtsbruch begangen hat. Und ich kann ebenfalls nichts Falsches daran erkennen, dass man sich mit einer neuen Situation auseinandersetzten und sich notfalls an diese auch adäquat anpassen muss. Das ist im Grunde das Wesen von Evolution und Geschichte. Man kann einen gesellschaftlichen Status Quo nicht zementieren! Das hätte nur Erstarrung und Handlungsunfähigkeit zur Folge! Irgendwie werde ich den hässlichen Verdacht nicht los, dass hier eine satte und saturierte vermeintliche Intelligenzija einfach nur Angst um ihre angenehmen Privilegien hat und ihren Besitzstand gewahrt wissen will! Wir haben jahrelang hingenommen und die Augen davor geschlossen, dass unser behaglicher Lebensstandard größtenteils nur durch die Ausbeutung ärmerer Menschen und Länder möglich war und ist. Wir unterstützen diktatorische Unrechtsregime aus strategischen Gründen um weiterhin Zugang zu wichtigen Rohstoffen für unser Wirtschaftswachstum zu haben, unter Inkaufnahme, dass wir damit politische Machtverhältnisse stabilisieren, in denen die Menschenrechte mit den Füßen getreten werden. Und wenn die Menschen aus solchen Verhältnissen die Nase voll haben und sich aufmachen, in Europa ein besseres Leben für sich zu suchen, machen wir die Grenzen dicht! Dann schreien wir danach, dass wir und unsere Kinder/Enkel ein Recht auf die Fortführung dieses komfortablen Lebens haben und scheren uns einen Dreck um das Leid der Flüchtlinge! M. E. haben wir kein "Flüchtlings-" sondern ein "Gerechtigkeitsproblem"!Im Übrigen bin ich nicht so naiv zu glauben, dass wir alle Menschen hier aufnehmen können, auch ich weiß die Vorzüge unseres Rechtsstaates zu schätzen und halte es für geboten, für diesen, wie auch unsere humanistischen Werte entschieden einzutreten. Dazu gehört aber m. E. aber auch eine faire und sachliche Auseinandersetzung mit dem politisch Andersdenkenden. Und ein pragmatisches Überprüfen von bestehenden Rechtslagen und Handlungsmöglichkeiten! Auch wenn es vielleicht wehtut, teilen zu müssen!

Lambert Matthes / 03.10.2015

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, Sie sind in meinen Augen eine deutsche Kassandra. Sie haben in (fast) allem, was Sie schreiben Recht (!) und Sie finden so gut wie kein Gehör. Wie konnte es zu dem unheilvollen Wirken einer Özoguz (nicht erst ab heute) und ihrer Brüder(!) kommen? Jetzt rächt sich bitter, dass man sich fast wehren muss, um die deutsche Staatsangehörigkeit - eigentlich das Kostbarste, was ein Staat zu vergeben hat - nicht zu erhalten. Wären diese Menschen nicht eingebürgert worden, wäre uns viel erspart geblieben. Für mich ist auch der allerletzte Satz der Ergüsse von Ö. ziemlich 'hammerartig': "Es wird Zeit, dass sich unser Selbstbild den Realitäten [dass "Deutschland längst nicht mehr der homogene Nationalstaat ist"] anpasst, davon profitieren wir alle." Es erinnert mich an Merkels Wort: "... egal ... Nun sind sie halt da."Dass der Souverän des Grundgesetzes "das deutsche Volk" nicht gefragt worden ist, ob er das alles will, zeigt brutal auf, dass unsere Demokratie dringend und massiv reformbedürftig ist. Volksentscheide auf Bundesebene müssen her!

Hjalmar Kreutzer / 02.10.2015

Gerade werden wir in der NDR-Talkshow von Frau Iris Berben über Willkommenskultur belehrt, passend dazu ein Filmausschnitt: Eine kopftuchverhüllte neue Schülerin kommt in die Klasse, weigert sich, neben einem männlichen Schüler Platz zu nehmen, Schnitt, eine deutschstämmig aussehende Mitschülerin erscheint jetzt auch mit Kopftuch, wird von der Klasse ausgelacht und Iris Berben in der Rolle der Lehrerin tadelt die Klasse und zitiert Goethe, der gesagt hätte, nur Ertragen (Toleranz) allein wäre irgendwann beleidigend, nein Anerkennung müsste es sein!Bißchen Einbahnstraße, oder?

Bastian Leibold / 02.10.2015

Man ist jede Woche fassungslos über die neuen Freveltaten, die diese Regierung über die Bürger ergießt. Hoffnung macht einem da nur Oberösterreich, und ich hoffe, der Bürger fegt 2017 die etablierten Parteien von den Futtertrögen weg, damit man dann auch ihre Abgeordnetenpension jeden Monat "neu aushandeln" kann!

Thomas Schmied / 01.10.2015

Den von Ihnen verlinkten Text auf der Seite der Bundesregierung hatte ich zuerst, in etwas abgewandelter Form, in einem Artikel vom 19.09.2015 bei der WELT gelesen.Damals ließ mich die Forderung, unser "Zusammenleben täglich neu auszuhandeln" auch schon aufhorchen.Den darauf folgenden Satz hielt ich aber ebenfalls für bemerkenswert.Da verlangte das deutsche Regierungsmitglied Aydan Özoğuz, dass sich auch die Deutschen in Deutschland in die neue "Einwanderungsgesellschaft" zu "integrieren" haben.

Mike Scholz / 01.10.2015

Nun, es ergibt zumindest Sinn. Da ja zur Zeit die komplette Bundesregierung, inklusive der Regierungen der Länder Rechtsbruch begehen und auf diesen weitere Aufbauen (Schaffung der Grundlagen für Enteignung), muss das wenigstens im Nachhinein irgendwie legitimiert werden, was eigentlich de jure nicht zu legitimieren ist.Wir haben keine Flüchtlingskrise, sondern eine Staatskrise. Sollte dieses Papier die Grundlage für weitere Entscheidungen werden, bedeutet es das Ende des Grundgesetzes. Da aber der Art. 146 GG vorher sicher keine Umsetzung erfährt, kommt das einem Staatsstreich gleich, wogegen der Artikel 20 steht. Ein Staat, ohne geltende Rechtsnormen ist kein Staat mehr, sondern fällt in die Zeit der Völkerwanderung zurück. ... hoppala. ...da war doch was. ^^Sie haben es wieder auf den Punkt gebracht Frau Lengsfeld!

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