Meint der Autor, es fehle heute an Wissen? Oder meint er, man hätte statt der Entnazifizierung die gesamte deutsche Intelligenz 1945 einfach an die Wand stellen sollen? Oder meint er, erneut in Schuldgefühlen herumzurühren würde “uns alle” zu besseren Menschen machen? – Fehlen tun aufrichtige Ursachenanalysen. Für wesentliche Ursachen der NS-Zeit halte ich – neben Versailles und der Weltwirtschaftskrise – die vielen “idealistischen Strebungen” Deutschlands vor dem ersten Weltkrieg und in der Weimarer Zeit: Hier kann man sehen, wie “Idealismus” in Massenmord umschlagen kann. Das wird allerdings kaum thematisiert, würde es doch Klimakleber, Gleichheitsapostel und fanatisierte Weltenretter bald sehr bedenklich aussehen lassen.
“Aly hält fest, dass die Täter von damals mit uns verwandt sind. Er weitet unseren Blick auf das Ganze, auf das gesamte Panorama nationalen Größenwahns und Barbarei.” Derartige Verhaltensweisen scheinen Teil der menschlichen Natur zu sein, ggf. befeuert durch Mechanismen der Massenpsychologie. Und wenn aktuell niemand gewisse Tendenzen in der Ukraine sehen will, weil bezüglich dieses Krieges die Positionen von “gut” und “böse” von “oben” und medial verordnet klar definiert sind, scheint der Lerneffakt aus “Geschichte” eher gering. Aber ich vergaß, Geschichte ist ja ohnehin nur Sache von “alten weißen Männern” und völlig uncool.
Ein wahrlich kompliziertes, aber wichtiges Thema. Dabei sollte man nicht vergessen, dass wir Deutschen uns sehr intensiv mit den Gräueln der Nazi - Zeit beschäftigt haben. Das wird im Ausland anerkannt, und wird z.T. sogar als übertrieben empfunden. Auch, weil dort ein solches Interesse an der Aufarbeitung von Staatsschuld nicht besteht. Und ein kollektives Verdrängen hat es in der Nachkriegszeit unter anderem aus “zeitgeschichtlicher Hygiene” gegeben, weil zunächst Hunger und Zerstörung überwunden werden mußten. Und nicht zu vergessen: In der SBZ kamen die Deutschen letztlich vom Regen in die Traufe, weil sie dem NKWD / KGB - Terror der Sowjets ausgesetzt waren. Noch heute ist vor allem in der ehem. Bundesrepublik vielen leider nicht einmal bekannt, dass die Sowjets Nazi - KZs wie Buchenwald und Sachsenhausen 1945 fast nahtlos weiter führten. Dort verschwanden Zehntausende und starben Tausende - wenig wirklich Schuldige und vor allem Unschuldige. Die Stelen (L. Rosh) am Brandenburger Tor haben für mich weder eine Gedenkwirkung und wohl kaum eine nachhaltige Wirkung auf Besucher aus dem Ausland.
Ja, und die Kinder und Enkel der Nationalsozialisten bescheren uns heute den grünen Sozialismus mit den ewigen Marxisten in ihrer Schleimspur !
Das alles ist korrekt beschrieben und bei der heutigen deutschen Gesellschaft, den heutigen Parteien, vor allem aber den heutigen Politkern und dem heutigen Wahlvolk kein Jota anders. Alle wurden sie von Mehrheit der Wähler, zu denen mit Sicherheit auch die Mehrheit der Leser von “Achgut” gehört, verehrt, bejubelt und erwählt, sie wurden schlicht von der Wählermehrheit ermächtigt. Alles ganz normale Menschen, außer wenn es um die Folgen ihres Tuns, ihrer Wahlentscheidung geht, denn dann waren es auch heute “die anderen”, es waren die Parteien und Politiker die “über uns gekommen sind”, keineswegs die große Volksgemein - und Wählergenossenschaft. Peter
Niemals hatte die NSDAP mehr als 45% der Wählerstimmen. 1933 konnten die Bürger und Wähler den Holocaust und die Vernichtungskriege nicht vorher sehen. Die SPD hatte sich als korrupter Selbstbedienungsladen entpuppt (in “Bauern, Bomben, Bonzen” hat dies H.Fallada gut beschrieben), die kommunistischen Schlägertrupps verbreiteten Angst und Schrecken und nach 1933 bedeutete Widerstand faktisch Lebensgefahr, von Jahr zu Jahr wurden die Repressionen und die Überwachung dichter. Anna Seghers hat dies in “Das siebte Kreuz” beschrieben. Es gibt Grund zur Annahme, dass die Progrome 1938 gegen die Juden auch der Einschüchterung der bürgerlichen, nicht nazistischen Deutschen diente. B. Brecht nannte in seiner “Kriegsfibel” Deutschland als das erste von den Nazis unterjochte Land. So einfach und schwarzweiß, wie Herr Ortner dies beschreibt, war es halt nicht. Und die Menschen waren damals nicht anders als heute. Eine lautstarke, mächtige Minderheit ,bereit zu Denunziation, Machtausübung und Vernichtung anderer, die Masse lange Zeit desinteressiert und mitlaufend und nur wenig Widerständige. Selbst wenn die Deutschen zu Hitler 1933 tatsächlich gekommen sind, es war nach 1933, erst recht nach 1938, nicht mehr möglich, sich zum Widerstand zu organisieren. Insofern ist auch der Kollektivvorwurf, die Deutschen hätten “weggeschaut”, m.E. nicht zutreffend. Mich hat das Thema Holocaust seit meiner Kindheit beschäftigt, ich sehe die Bilder der ermordeten Menschen, kleine Kinder, und ich hielt es für unbegreiflich. In den letzten Jahren habe ich allerdings eine Ahnung bekommen, wie es funktionierte. Juden wurden faktisch vogelfrei gestellt, das Lumpenpack dufte sich moralisch erhaben und staatstreu fühlen, wenn es gegen Juden hetzte, diese denunzierte und ermordete. Nichtsdestotrotz geschahen die Verbrechen in deutschem Namen, es ist unsere Verantwortung, Juden und Israel bedingungslos zu schützen und zu unterstützen. Gott schütze Israel.
Selbst die Russen haben nach dem Krieg unterschieden zwischen den Nazis und der Bevölkerung. Gehen wir wieder ganz zum Anfang? Haften auch alle Chinesen für die millionenfachen Morde Maos?
Tja die Entnazifizierung ist fehl geschlagen, insofern hat sich der Ungeist vererbt. Das Kernproblem der Deutschen ist, dass sie nie begriffen haben, dass sie selbst zu Opfer des Systems geworden sind und daran zu aller Schande mitgewirkt haben. Sie haben für ihren Untergang gekämpft und nicht dagegen.
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