Thomas Rietzschel / 19.03.2021 / 17:00 / Foto: Imago / 39 / Seite ausdrucken

Im Großreich der Kleingeister

Was von der EU zu erwarten war, zeigt der Umgang mit der Corona-Pandemie. Nichts als die Organisation des blanken Chaos bringt Ursula von der Leyen mit ihrer Bürokraten-Truppe seit einem Jahr zustande. Jetzt droht sie gar mit der Beschlagnahmung von AstraZeneca-Vakzinen. „Neben Großbritannien“ will sie dabei „auch andere Länder ins Visier nehmen“. Säbelrasseln in der EU, oder, besser gesagt, hilfloses Wortgeklingel einer überforderten Hochstaplerin. 

Gezeigt hat sich, was von vornherein auf der Hand lag: Im Ernstfall ist ein allein ideologisch begründetes Großreich handlungsunfähig, ein Unding der Natur. Oder wer hätte schon von einem Adler gehört, dem es Spaß macht, sich mit den Fischen unter Wasser zu tummeln, von einem Fisch, der es sich in einem Vogelnest gemütlich macht? 

Die EU entlarvt sich selbst. Statt in der Not wirtschaftlich und organisatorisch zusammenzurücken, streben die zwangsvereinigten Staaten auseinander: Rette sich. wer kann. Das eigene Hemd ist ihnen doch allemal näher als der übergeworfene Rock. Keine rechtzeitige gemeinsame Beschaffung der Impfstoffe, keine Reiseregeln heute, auf die man sich morgen noch verlassen könnte. Dafür immer neue Ankündigungen der Erlösung, die verschoben wird, sobald das genannte Datum näher rückt. Mallorca ja, Meck-Pom nein. Warum? Darum!

Die geistige Regression

Politisches Geschwätz, Lügen und Tricksereien. Das Großreich, geschaffen von Kleingeistern, die sich weltpolitisch aufspielen wollten, versinkt im Treibsand machtpolitischer Verwirrung. Alles, was notwendig gewesen wäre, wurde vergeigt, nicht bloß in Brüssel, aber doch von denen, die uns weismachen wollten, mit der EU seien alle Gefahren für immer gebannt. Wer das nicht sehen will, geht mit einem Brett vorm Kopf durch die Zeit.  

Dabei ist dieses organisatorische Versagen vielleicht noch nicht einmal das Schlimmste in der blödsinnig provozierten Krise. Schwerer könnte auf Dauer der damit einhergehende Mentalitätswechsel wirken: die geistige Regression in abergläubische Vorzeiten, die Abkehr vom Rationalismus der Aufklärung, dem Grundstock unserer Freiheit im Wohlstand. 

Schon spielen sich spirituelle Lebensberater rhetorisch auf, Apostel des Aberglaubens, die in Corona eine vom Schicksal verhängte Strafe für unser Wohlleben erkennen wollen. Die Krankheit als eine Form religiöser Züchtigung, ganz so wie man die Pest im Mittelalter verstand. Die moralisierende Ausflucht vor der unbeherrschbaren Krankheit, entsprungen dem Hochmut derer, die glauben, alles bestimmen zu können. Allein die Natur will nicht nach deren Pfeife tanzen. Das einzusehen wäre gescheiter, als sich im Mauseloch mythischer Wahnvorstellungen zu verkriechen.

Mit wehender Schlafmütze

Tatsächlich sind wir schon auf dem Rückzug in ein neues Biedermeier. Dieselben Apparatschiks, die uns noch vor Jahresfrist die Vision einer grenzenlosen Welt ausmalten, denen Wörter wie Heimat, Nation oder Vaterland nicht über die Lippen kommen wollten, ermahnen uns plötzlich, daheim zu bleiben, hinterm Ofen, in warmen Stuben, durch deren kleine Fenster die Welt nicht vordringen kann.

Der Sonntagsspaziergang durch die Felder am Rand der Dörfer tut es doch auch. Keine Zeitung, kein Magazin, keine ARD und kein ZDF, die uns nicht dazu anhalten würden, die Schönheit der Heimat zu entdecken. Warum in der Ferne schweifen, wenn das Glück so nahe liegt. Auf dem Balkon und Vorgarten sollen wir uns ausleben, im Kreis der Familie, wie sie Carl Spitzweg vorzeiten malte, „Trautes Heim, Glück allein“ als gestickter Leitspruch über dem aufgeschütteten Ehebett. Geistig verkümmernd wie „Bouvard und Pécuchet“ in Gustav Flauberts großartigem Roman über das Verspießern des Kleinbürgertums.  

Die EU ist auf dem Rückzug. Die Schuhe waren für die Wortführer einfach zu groß. Weil sie damit nicht mehr von der Stelle kamen, schon gar nicht aus der Krise, müssen sie nun umschwenken, nicht öffentlich, aber doch klammheimlich, indem sie uns vor der verseuchten Welt da draußen warnen. So wie sie uns früher mit weltpolitischen Illusionen für dumm zu verkaufen suchten, wollen sie uns nun mit geschürter Angst und Panik herrschen; allen voran abermals Deutschland, nun freilich ohne Europa-Banner, dafür mit wehender Schlafmütze.

Also hübsch zuhause bleiben, selbst kochen und so einheizen, dass der Qualm jeden Gedanken an die Welt da draußen erstickt. Brav sein und nicht vergessen: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.

Foto: Imago

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Leserpost

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W. Hoffmann / 19.03.2021

Aber nicht, ohne zuvor noch die eigenen Taschen vollzustopfen. Lockdown ohne Ende und pausenlose Panikmache lenken derweil das tumbe Volk ab. Da werden unter dem Deckmantel “Corona” Milliarden verschoben, in die gierigen Mäuler der Pharmaindustrie und in dubiose Handelsgeschäfte gesteckt. Großzügige Provisionen nimmt man gleich selbst oder schafft sie über Scheinfirmen beiseite. Die Medien und die Justiz sind begeistert mit dabei. Und dann: nach uns die Sintflut. Wir sollten sie damit nicht davon kommen lassen.

lutzgerke / 19.03.2021

Teils gebe ich dem Autor Recht, mit dem Mauseloch mythischer Wahnvorstellung liegt er daneben. Über Jesaja hätte er wahrscheinlich dasselbe gesagt, das Königreich Israel ist aber tatsächlich nach dessen Unheilsworten untergegangen. Und nach Jeremias Tod ist Israel zerstört worden. Vielleicht verschwindet die “Plage” ja, wenn man sie als Strafe Gottes versteht?  Die Provinzlerbanden in Brüssel und Berlin haben natürlich ein Vermittlungsproblem. Und sie haben ein Korruptionsproblem. Ein Kompetenzproblem. Ein Glaubwürdigkeitsproblem. Und leider Gottes ein Naziproblem. Mit der Holocaustindustrie an einem Tisch zu sitzen, nehmen wir als Symbol die IG Farben, damit gewinnt man keine Sympathiepunkte. Wir werden von diesen dressierten Affen im Frack zusammengetrieben wie eine Viehherde. So nehmen das die Impfgegner wahr. Wahrscheinlich haben die sich in ihrem Provinzverstand zu sehr dran gewöhnt, wenn man Nein sagt, Ja zu verstehen? Und das Geschwätz von gestern, es gibt keine Zwangsimpfung, interessiert die natürlich auch nicht.    

Gottfried Meier / 19.03.2021

Hochstaplerin, das trifft es voll!

Rolf Menzen / 19.03.2021

Das Flinten-Uschi nur eine arrogante Hohlbirne ist, hat der gute Hadmut Danisch schon vor Jahren, da war sie noch Minister für Gedöns, aus einer Konferenz über die sogenannte Kinderporno-Sperre berichtet.

Bernd Meyer / 19.03.2021

Flinten-Uschi konnte nicht in Deutschland auf Deutsche schießen ... sie kann auch nicht aus Brüssel auf Deutsche schießen ... und aus Frankreich? Heilige Scheiße!

Werner Arning / 19.03.2021

Zuhause bleiben ja, aber wenn‘s geht viel ARD und ZDF gucken, kein Fleisch essen, für Greenpeace spenden, per Briefwahl Grün wählen, viele Steuern überweisen, sorgfältig den Müll trennen, den „Tatort“ gut finden, sich Sorgen um das Klima machen, die AfD verfluchen, den Spiegel lesen, die Süddeutsche abonnieren, den Nachbarn beobachten, ihn der Polizei melden, viel Fußball gucken, vegan kochen, den Windrädern zuschauen, Merkel toll finden, sie für eine klug abwägende Staatschefin halten, dem nationalen Egoismus abschwören, sich von „rechten“ Bekannten distanzieren, auch zuhause Haltung zeigen. So macht das Zuhausebleiben Freude. Und vor allem: So macht ihr uns Freude.

g.schilling / 19.03.2021

Die immer noch Kanzlernde sprach einst: “Scheitert der Euro, scheitert Europa.” Die von ihr zwangsinstallierte Pfuschi v.d.L auch bekannt als ‘das Röschen vom Ponyhof Beinhorn bei Hannover’ schafft beides. Die EU bricht auseinander und anschließend mit Hilfe von Lagarde wird endlich der Euro beerdigt. Well done, wie man in UK sagt.

Peter Sticherling / 19.03.2021

Das war vorauszusehen: Scheitert von der Leyen, scheitert Europa!

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