Richard Herzinger
Jedem musste spätestens da klar sein, dass das Regime in Teheran die Weihen der Unesco benutzen wollte, um sich vor der Welt als Hort der Geistesfreiheit darzustellen. Erst im September jedoch wurde der Druck auf die Unesco so stark, dass sie einen Rückzug in Raten antrat. Zuerst stufte sie die Veranstaltung vom Status des zentralen Großereignisses zu einem von vielen Events im Rahmen des Welttages zurück. Am 9. November schließlich zog sie ihren Segen für die Teheraner Veranstaltung zurück - doch dem glasklaren Standpunkt verfolgter und ins Exil getriebener iranischer Philosophen wie Ramin Jahanbegloo wollte oder konnte sie sich immer noch nicht anschließen: dass die Abhaltung einer Veranstaltung zum Lobe des freien Denkens unter der Aufsicht eines Regimes, das sich im Blutrausch der Unterdrückung jeglicher abweichender Regung befindet, eine beispiellose Obszönität wäre. Und so versäumte es die Unesco noch in der Absage, gegenüber der iranischen Diktatur ein deutliches Zeichen zu setzen: dass kultivierte Menschen mit ihr nichts zu tun haben wollen. http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article11014768/Ein-Verrat-am-Denken.html