An all diejenigen, die meinen, Herrn Gauland für die Vogelschiss-Geschichte in Schutz nehmen zu müssen: Selbst wenn er damit “lediglich” ausdrücken wollte, dass 12 Jahre NS-Diktatur, Terror und Krieg im Vergleich zu 1.000 Jahren deutscher Geschichte nur eine relativ kleine Zeitspanne seien, war die Wortwahl an Dämlichkeit kaum zu überbieten. Vor allem, weil diese aufgrund ihrer Zweideutigkeit und Missverständlichkeit unvorstellbares Leid potenziell relativiert. Dass die Verwendung von Fäkalbegriffen im Rahmen einer seriösen Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte (und das war es zweifelsohne!) grundsätzlich unangemessen ist und auf denjenigen zurückfällt, der sie verwendet, fällt da kaum noch ins Gewicht. Andererseits ist natürlich auch klar, dass wenn er sich gewählter ausgedrückt hätte; bspw.: “Deutsche Geschichte sollte nicht auf 12 Jahre nationalsozialistischer Diktatur reduziert werden”, es medial vermutlich unter den Tisch gefallen wäre. Bzw. - um in der Tierwelt zu bleiben - kein Hahn danach gekräht hätte.
Werter Herr Sarrazin, die besten Wünsche zum 75. Geburtstag. Ich teile Ihre Ansicht, dass ein funktionierendes Europa in Zukunft nur dann funktionieren kann, wenn sich die einzelnen Nationen auf Augenhöhe begegnen. Es kann nicht sein, dass die Deutschen die nächsten Jahrhunderte die von Schuld geplagten Selbsthasser spielen und auf Anne-Frank-Knopfdruck in die unsägliche Scheckbuch-Diplomatie verfallen. Oder noch schlimmer, als Überkompensation eine Hypermoral beim Klimaschutz betreiben. Wenn wir es nicht schaffen, ein selbstbewusstes und verantwortungsvolles Selbstwertgefühl aufzubauen, wird aus Europa nichts. Das heißt, auch da stimme ich Ihnen zu, dass wir die zwei Diktaturen, die wir zusammen mit den Ostdeutschen hinter uns gebracht haben, aufarbeiten. Das steht der Nachfolge-Organisation der SED, der Linken, noch bevor. Denn ein Rückfall in die Sprachregelung der DDR oder in die lingua tertii imperii wird unser Land zerstören. Denn die sozialistische Metapher „Europa ist die Lösung“ funktioniert erst dann, wenn wir vorher unsere Hausaufgeben gemacht haben.
Danke, Herr Sarrazin! Ich lese Ihre Beiträge immer gern, auch wenn ich oft anderer Ansicht bin. Und vor diesem Ihren persönlichen Hintergrund wirkt die Behauptung des Herrn Maas, wegen Auschwitz in die Politik gegangen zu sein, dümmlich und erbärmlich, ja würdelos. Und ja, das gesellschaftliche Klimageschehen (!) ist derzeit auf einen Meinungskorridor reduziert, bei dem jeder, für den deutsche Geschichte mehr als zwölf Jahre dauerte, in den Ruch (!) des Rechten, wenn nicht Schlimmerem gerät. Herzliche Glückwunsche zum 75.!
Meine Mutter wird in zwei Monaten auch 75; ihr würde es aber nicht im Traum einfallen, ihre Geburt in die Linie von Auschwitz, Dresden ... etc zu stellen. Es scheint in der SPD en vogue zu sein, seinen Lebenslauf mit Auschwitz zu verbinden ... nur gelernt wird daraus nichts.
Lieber Herr Sarazin, für Ihre AfD-Kritik wird man sie hier vierteilen, auch wenn alles andere natürlich sehr richtig ist. Wenn AfD-Politiker mit Metaphern auf Kriegsfuß stehen und sich ständig für ihre Wortwahl entschuldigen müssen, sollten sie nicht ans Mikrofon treten. Immer vorausgesetzt, es sind tatsächlich Lapsus, woran ich zweifle. Eher sind es Schmankerl für den strammen Rand. Der Vogelschiss lässt sich allerdings trefflich anwenden auf das Exkrement, das aus dem Flügel fällt.
@ K.Weidner: ich bin bei Ihnen: Gaulands Wortwahl ist, vorsichtig formuliert, unglücklich. dennoch: er hat nicht Hitler oder die Nazizeit einen Vogelschiss genannt. Sei’s drum, entweder war es bewusste Provokation oder eine politische Dummheit. Keinesfalls jedoch ist eine solche Äußerung Berechtigung für Anti-AfD-Hetze, Angriffe auf AfD-Politiker und Verteufelung all jener, die nicht der linksgrünen Merkel-Meinung sind, als Rechtsradikale oder Nazis. Die Hexenjagd wegen des Vogelschiss hat sich inzwischen so verselbständigt, dass sogar ein Sarrazin - mit Fliege statt Vogel - einstimmt, und das finde ich nicht richtig. That’s all.
Sehr geehrter Herr Sarrazin, zunächst einfach nachträglich die allerbesten Wünsche zum Geburtstag. Bleiben Sie möglichst gesund und der Achse und allen alternativen Informationsmedien bis hin zum Schweizer „Westfernsehen“ gewogen. Freundliche Grüße
@ K. Weidner - Sie haben mit ihrer Replik das alles richtig erfasst und trotzdem gilt das freie Wort. Man kann diesen Ausdruck unangebracht finden, aber zum Skandal taugt er nicht. Als Hannah Arendt angesichts der Person Eichmanns von der “Banalität des Bösen” sprach, wurde sie dafür auch so unverhältnismässig ktitisiert, als hätte sie das Böse selbst banalisiert. Dabei hatte sie nur die Wahrheit gesagt. Ja, der ganze tausendjährige Vogelschiss war eigentlich banal.
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