Rainer Bonhorst / 07.02.2020 / 08:00 / 43 / Seite ausdrucken

Ich sage nur: Thüringen, Thüringen, Thüringen 

Kurt Georg Kiesinger hat den kuriosen, aber prophetischen Satz gesagt: Ich sage nur: China, China, China. Ich bin versucht, in Anlehnung an den alten König Silberzunge zu sagen: Ich sage nur: Thüringen, Thüringen, Thüringen. 

Ja, gibt’s denn sowas! In diesem schönen Bundesland, in dem schon Goethe und Schiller eine Wahlheimat gefunden haben, soll nicht mehr die Linke, also die Post-SED, zusammen mit der SPD und den Grünen regieren? Horror, Schock und Entsetzen, dass es ohne diese lupenrein demokratische Volksfront gehen soll. 

Die SPD, die sich mit den SED-Linken auf die Matratze gelegt hat, fällt plötzlich entsetzt von der Bettkante. Die Grünen, die den Schmusekurs mitgemacht haben, sind enttäuscht, dass der flotte Dreier keine Neuauflage findet. Und die Merkel-CDU steht mit dem Nudelholz hinter der Tür und wartet darauf, die unbotmäßige Thüringer CDU mit einem kräftigen Bums zu empfangen. Wehe, du Trunkenbold, wenn du nach Hause kommst.

Also, zugegeben: Die Thüringer AfD, die eigentlich den Schock eines FDP-Ministerpräsidenten möglich gemacht hat, gehört nicht zu den attraktivsten Vereinen unserer schönen Republik. Sogar Markus Söder, der, wie sein Übervater Franz Josef Strauß, rechts keinen Gott neben sich dulden kann, gibt sich hell empört. Das ist ein nachvollziehbarer parteipolitischer Zwang. Aber die politische Erfahrung lehrt auch, um es englisch auszudrücken: Shit happens.

Bertolt Brecht folgend, ein neues Volk wählen

Und wenn etwas nicht so läuft, wie es sich die politische Oberliga wünscht, dann liegt das meistens am Versagen der politischen Oberliga. Am Trainer und an den allzu selbstgefälligen Spielern. Das gilt auch für den Thüringen-Schock. Sicher, der Thüringen-Schock wird nicht vorhalten. Neuwahlen sollen dafür sorgen, dass die Welt wieder in Ordnung kommt. Aber schau'n wir mal, ob das gelingt. Einfacher wäre es wohl, wenn sich die Regierung, Bertolt Brecht folgend, ein neues Volk wählen würde.

Als Journalist muss ich bekennen: Ich habe eine Schwäche für Sensationen. Ich finde es köstlich, wenn es erstens anders kommt und zweitens, als man denkt. Darum wünsche ich mir durchaus das eine oder andere Thüringen. Nicht wegen der meiner Meinung nach im Zweifel doofen AfD. Wohl aber, um der einschläfernden deutschen Politik mal ein bisschen Feuer unter dem Hintern zu machen. Man muss Donald Trump und Boris Johnson nicht mögen. Aber die bewegen wenigstens was. Die haben Power. Ganz anders als die alternativlose Bewegungsarmut unserer Berliner Politik. Thüringen bietet sicherlich keine Lösung, kann aber wie das Lebenszeichen eines Koma-Patienten wirken. 

Ja, könnte es sein, dass wir noch leben? Was für eine Überraschung. Und zum real existierenden Leben gehört nun mal die AfD, ebenso wie Greta, die Jungfrau von Stockholm. 

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Max Schmidt / 07.02.2020

Ich hege den starken Verdacht, das die Autoren bei ACHGUT angehalten sind, in Ihren Texten immer einen kleinen Seitenhieb auf die AfD zu verstecken, damit Herr Broder ja nicht seine Kolumne in de WELT verliert.

Thomas Weidner / 07.02.2020

Aber Herr Bonhorst - Merkel hat doch viel bewegt, hat doch Deutschland verändert wie kein Bundeskanzler zuvor. Ihre Hauptleistung war und ist doch, das Grundgesetz auszuhebeln und dessen Rote Linien wegzufegen. Was soll bitte “daran einschläfernd” gewesen sein? Wir erleben die Umwandlung vom kapitalistischen Deutschland (soziale Marktwirtschaft) in ein sozialistisches Deutschland - ohne dass russische Panzer auf den deutschen Straßen patrouillieren. In Ungarn (1956) und Prag (1968) mussten dazu noch jede Menge Panzer aus der UDSSR und der DDR herangekarrt werden.

Marc Hofmann / 07.02.2020

Dieser Artikel schreibt was “neues wollen” daher und bleibt doch im alten stecken. Weder Fisch noch Fleisch…wie die FDP eben. Man bewundert die Wandlung und den Mut von England, den USA…man verteufelt jedoch die jenigen, die diese Wandlung durchgesetzt haben…Trump und Johnson…und genauso ist es in Deutschland…man verachtet die Partei AfD…die diese Wandlung zum Besseren herbeiführen kann.

Olaf Manns / 07.02.2020

...“doof"ist sicher eine in der dritten Person unterminiertes Pressegesamturteil über die AfD,mit einem Kinderspeech,welches wahrscheinlich die interlektuelle,politische Wissensstruktur des Durschnittsbürgers kritisieren soll.Wenn das so ist,ist es ok.Zweifelhaft,Herr Bonhorst,ist aber,ob der Gesamttext in seiner Minderqualität an Aussage der adequate Fehdehandschuh ist,den es bei solch einer vollkommen undemokratisch/marxistischen Richtungsbefugnis von Afrikareisenden bedarf.Wer nur schreibt,um zu schreiben,dem stehen die Türen in der an Nachwuchsschwierigkeiten leidenden,freien Wirtschaft des IM Medienkombinats sperrangelweit offen…

Peer Munk / 07.02.2020

@Volker Prosske: Sehe ich genauso!

Volkmar du Puits / 07.02.2020

Lieber Herr Bonhorst, was ist eigentlich Inhalt Ihres Artikels? Alles furchtbar lustig und ein bischen spannend, gehört so zum Leben? Kanzlerin verlangt, Wahlergebnis rückgängig zu machen. Hahaha, was haben wir gelacht. Lindner, Oppo…äh…wie heißt das, na egal, jedenfalls er tuts. Uh…haha…ich fall vom Hocker.

Bernhard Freiling / 07.02.2020

@Sabine Schönfelder: Das ist das Dilemma, in dem sich sämtliche Schreiber des “Undergrounds”, sei es nun bei TE oder achgut oder bei sonstwem, befinden. Die artikulieren Ihren und meinen und den Unmut vieler Anderer. Das verschafft Ihnen und mir und vielen Anderen ein gutes Gefühl. “Wir sind nicht allein”. Gleichzeitig erklären aber auch alle Schreiber, und sei es auch nur in Nebensätzen,  “blau als bääh” und im Grunde als unwählbar. Ergebnis? Alle die hier als schreibende Kritiker der Regierung auftreten tun nichts Anderes, als die Politik genau dieser Regierung zu zementieren. Es gibt ja keine Alternative. Die “Werteunion” und “Konrads Erben” sind die “bei der Stange-Halter” für die unschlüssigen Wähler, “achgut” und “TE” und viele Andere erzielen genau das gleiche Ergebnis bei denen, also bei solchen wie Ihnen und mir, die sich für “aufgeklärte, durchblickende” Bürger halten.  Können Sie mir erklären, wo ergebnismäßig der Unterschied liegt? ++  Ich sag’s mal so: Verstehen kann ich das ja. Wenn hier die schreibende Zunft erklären würde, die “Rettung” sei nur durch die AfD zu erwarten, wär’s schlagartig vorbei mit Kolumnen in der Welt oder Einladungen zu Talkshows. Genau dieser Umstand spiegelt das ganze Elend, in das uns 15 Jahre Merkel hinein manöveriert haben.

Rainer Niersberger / 07.02.2020

Inzwischen bezweifle ich die Ernsthaftigkeit der Kritik am linksgruenen Merkel- Establishment massiv und nicht jeder, aber zuviel Artikel bestätigen diesen Zweifel. Immerhin hat Herr Spahn auf TE erkannt und beschrieben, was hier mit welchen Folgen und welcher Bedeutung abläuft und das Nichts (dreimal unterstrichen) mit der AfD zu tun. Davon abgesehen sind die Akteure der anderen Parteien definitiv nicht klueger, ein Test waere mal interessant, und in der vor allem aber nicht nur in der SED stecken derart viele Stalinisten, Leninisten und Marxist en, dass der pfleglich Umgang auch der angeblich kritischen Journallie mit den SED-Linken im Unterschied zum Umgang mit der AfD doch sehr verwundert. Selbst Hoecke hat noch niemanden erschießen lassen (wollen), der dieses Land verlassen will. (Auch) hier geraten Wertungen in eine bedenkliche Schieflage, wenn man strafrechtlich mehr als relevante Äußerungen von Linksgruen zu Dresden und den Menschen in den östlichen Bundesländern bis hin zur Inzuchttheorie von Schäuble unter den Tisch fallen laesst, Äußerungen von AfD-Funktionaeren, die man nicht alle inhaltlich teilen muss, bewusst fehlinterpretiert oder verkürzt. Ich hoffe, dass sich auch auf Achgut baldmöglichst alle Autoren darüber im Klaren sind, was da in Thüringen und in Berlin eigentlich abläuft. Wir haben kein AfD-Problem, aber eine ganz gefährliche Entwicklung unter Merkel und Konsorten in ein voellig anderes politisch/gesellschaftliches System. Und ob es den Autoren gefällt oder nicht :Die einzige(wieder dreimal unterstrichen) Opposition dagegen ist die AfD. Da müssen sich offenbar auch hier einige entscheiden, wie sie selbst es mit der” Demokratie “halten.

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