Archi W. Bechlenberg / 04.01.2017 / 16:14 / 15 / Seite ausdrucken

Ich habe mich geirrt und bin unfassbar naiv

Na wenn das nicht schnell ging! Der Januar hat noch gar nicht richtig angefangen, da haben wir schon das zukünftige Wort des Jahres, abgeliefert von einem unbedarften Polizei-Twitterer, dem nichts weniger verwerflich schien als der Gebrauch eines von aberdutzenden Kürzeln, wie sie im Sicherheits- und Rettungswesen – wo es bekanntlich meist schnell gehen muss – Usus sind. „Er hat Nafri gesagt, steinigt ihn!“ rief die Meute anschließend, in der, wenig erstaunlich, eine Menge Weibsvolk anwesend war.

Allen voran eine grüne Frau Peter, die bisher eher durch intensiven Gebrauch von Kajal aufgefallen ist, ansonsten aber die üblichen Logorrhoeanfälle stets den verdienteren MeisterInnen aus ihrer Partei überlassen hat. Warum jetzt gerade Simone Peter? Hat sie beim Bleifreigießen zu Silvester einen Knubbel produziert, der einem Steak ähnelt? Oder einem Hühnerbein? Oder kann es sein, dass bei den Grünen so eine Art Quartals-Tourette-Rotationsprinzip eingeführt wurde, und nun Frau Peter an der Reihe war?

Das Kürzel Nafri ist mir seit Monaten bekannt, es tauchte seit dem letzten Jahr  in der Kölner Lokalpresse auf, nachdem die bis dahin vor allem rund um Dom und Altstadt aktiven Antänzer und -grabscher aus Nordafrika ihre Claims in Richtung Außenbezirke erweitert hatten, wo ihnen Rollstuhlfahrer und andere gehbehinderte Kölner der Sorte „Menschen die schon länger hier leben“ unfreiwillig zu einem geregelten Einkommen verhelfen mussten.

Niemandem war Nafri offenbar bis letzten Sonntag aufgefallen, kein Wunder also, dass der Twitterer im Polizeipräsidium sich dabei nun wirklich gar nichts gedacht hat. Ich hoffe, der Mann ist trotz allem Wirbel aus dem Schneider, nicht, dass er zum Streifendienst in Deutz oder Porz verdonnert wurde. Woher sollte er denn bitte wissen, dass sich eine zack geschmiedete Koalition aus Peter, Böhmermann, Beck, Lejeune, Todenhöfer, Julia Schramm und weiteren Großdenkern nicht widerstandslos die Hoheit über mit Na beginnende Kürzel nehmen lässt?

Aber-Nazi und Bessermensch

Das Wort des Jahres hätten wir damit also. Was das Unwort betrifft, ist die Sache nicht so einfach, denn was Philip Roth für den Literaturnobelpreis ist, ist „Flüchtling“ für das Unwort: eindeutiger, verdienter, unzweifelhafter Favorit, aber stets vergebens. Eher ist Wolfgang Niedecken der nächste Literaturnobelpreisträger,  als dass „Flüchtling“ wegen erwiesenem, hunderttausendfachen Missbrauch zum Unwort des Jahres erkoren wird. Hier bleibt es also vorläufig spannend. Nur eines dürfte bereits klar sein: das Unwort des Jahres wird wieder etwas mit dem weiten Komplex „Wir schaffen Euch!“ zu tun haben.

Im Übrigen ging das neue Jahr nahtlos aus dem alten hervor. Bei Facebook sehen Diskussionen weiterhin so aus, dass der Aber-Nazi – falls noch nicht gesperrt – etwas kritisches schreibt und der Bessermensch darauf „Idiot!“ antwortet; je intensiver der Bessermensch einen an der Murmel hat, um so häufiger wiederholt er den „Idiot“. In Sachen Nafri wurde Frau Peter inzwischen zurück in die Etappe beordert; selbst systemkonformen Politikern und Teilen der Knallpresse war sie dann wohl doch zu unerträglich geworden, und die AfD wird sich für diese hübsche Vorlage gewiss in den kommenden Monaten noch erkenntlich zeigen. Nach dem Veggie-Day der Nafri-Day, da sagt man doch gern und dankbar ein herzliches „Vergelt's Gott!“

An dieser Stelle, muss ich noch einen unschönen Schatten auf mich werfen. Ich muss nämlich eingestehen, dass ich trotz aller Beschäftigung mit den Zeitläuften immer noch geradezu unfassbar naiv bin. Hatte ich doch an verschiedenen Stellen – auch auf der Achse – lauthals prophezeit, der an Silvester sicherste Ort in ganz Deutschland sei der Platz zwischen Köln Hbf und dem Dom. Das war er vermutlich auch; ich war bei meiner Annahme allerdings davon ausgegangen, dass sich dort 1500 Polizisten zu Tode gelangweilt alleine und verloren die kalten Füße vertreten würden, da sich ein Jahr nach dem 2016er Silvesterantanzen diesmal kein einziger Nafri dort einfinden würde. Ja, lachen Sie ruhig.

Jetzt im Nachhinein kann ich mich selber nicht verstehen, aber ich habe wirklich allen Ernstes geglaubt, die fingerfertigen jungen Kriegsflüchtlinge aus dem Maghreb würden sich geschlossen in die bundesweite Provinz verziehen, wo es ja auch reichlich zu feiern gab. Stattdessen reisten sie noch zahlreicher nach Köln als vor einem Jahr. Ich hätte das nicht geglaubt, wenn es mir jemand vorhergesagt hätte. Was hat sie nur dort hin getrieben? Mal kucken, was geht? Mal schauen, ob die Polizei mit Wattebällchen wirft? Oder ging es vielleicht schlicht und raumergreifend darum, Präsenz zu zeigen? Hier stehen wir und wollen nicht anders!

Irgendwo habe ich gelesen, sie seien quasi versehentlich angereist, da sie keine Zeitung lesen würden und nicht gewusst hätten, dass es dort dieses Jahr höchstens ein paar auf die Ohren geben würde. Vielleicht habe ich diese Aussage aber auch nur geträumt; niemand kann im Ernst so dämlich sein, das mit der mangelnden Information über die Umstände ernst gemeint zu ha... oder vielleicht ja doch.

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Leserpost

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Dirk Jäckel / 04.01.2017

Richtiger Ansatz. Intellektuellen Minderleistern von Regressionslinks sollte man nur noch mit herablassendem Spott begegnen. Mehr haben sie nicht mehr verdient, schon gar nicht irgendwelchen Hass. Auch weil sie das trotz Verlusts der Deutungshoheit noch zu Opfern machen würde. Hoffen wir für die Zukunsft auf Linke, mit denen sich endlich mal wieder das Streiten lohnt.

Rainer Melfeld / 04.01.2017

Dieser Hang zur Umsetzung schlimmster Annahmen scheint definitiv ein kultureller Unterschied zu sein. Wir “schon länger hier Lebenden” haben ja alle Angst vor Klischees. Das scheint diesen Leuten völlig abzugehen. Man kann fast die Uhr stellen, nach der nächsten “Überraschung”. Alles erinnert an den berühmten Sketch von Monty Python: “Ich habe hier nicht eine Art Spanische Inquisition erwartet!” - gebannter Blick zur Tür - Inquisitor kommt rein und sagt „Niemand erwartet die Spanische Inquisition!“

Ralf Pöhling / 04.01.2017

Zitat:“Irgendwo habe ich gelesen, sie seien quasi versehentlich angereist, da sie keine Zeitung lesen würden und nicht gewusst hätten, dass es dort dieses Jahr höchstens ein paar auf die Ohren geben würde.” Versehentlich sind sie wohl nicht angereist, aber das mit “keine Zeitung lesen” ist im übertragenen Sinne absolut korrekt. Wir haben es mit einer Gruppe Zuwanderer zu tun, denen unsere Gesellschaft und unsere Werte vollkommen am Hinterteil vorbeigehen. Diese Gruppe versteht deswegen nicht im Ansatz, wie wir im Westen wirklich ticken. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Großteil der angereisten “Nafris” über die plötzliche staatliche Gegenwehr mehr als überrascht war. Man ist daran gewöhnt, in der eigenen Heimat bei Fehlverhalten vom Staatsapparat sofort die Zähne ausgeschlagen zu bekommen. Da dies aufgrund langwieriger gesellschaftlicher Prozesse bei uns zunächst ausbleibt, werden die später folgenden Konsequenzen einfach nicht gesehen und man denkt immer noch, wir wären Freiwild und würden uns nicht wehren. Die Probleme mit den kriminellen Zuwanderern werden erst dann aufhören, wenn sie bei uns sofort die gleiche harte Kante zu spüren bekommen, wie bei sich Zuhause. Dies dürfte allerdings zur Zerreißprobe für unseren verweichlichten Rechtsstaat werden.

Harald Betz / 04.01.2017

Simone Peter hat sich aber doch genau in dieser Sache vor einem Jahr schon einmal logorrhoeisch hervorgetan, als sie in einer Fernsehtalkrunde die nordafrikanischen Übergriffe entschuldigte, weil die Übergriffigen ja noch nicht die Chance bekommen hätten, an einem Integrationskurs teilzunehmen.

Thomas Schade / 04.01.2017

Vielleicht war das zahlreiche Erscheinen besagter junger Männer in Köln am 31.12.2016 tatsächlich auch ein Ergebnis des Keine-Zeitung-Lesens. Das heißt leider nicht, dass die Anreisen versehentlich erfolgten.

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