Volker Seitz / 25.03.2020 / 15:00 / Foto: Seitz / 52 / Seite ausdrucken

Ich bin ein Star, holt mich hier raus!

Seit dem Wochenende sitzt die Juniorprofessorin Raija Kramer von der Universität Hamburg (Schwerpunkt: Adamawa Sprachen, Fulfulde – Varietäten in Nord-Kamerun, Swahili, funktional-typologische Sprachbeschreibung, Sprachdynamik, Sprachkontakt, Terminologielehre) in Kameruns Hauptstadt Jaunde wegen der Corona-Krise fest. Ihre Geschichte läuft jetzt rauf und runter in deutschen Medien von ARD bis taz. 

Kramer und drei Studenten teilen sich zu viert ein Doppelzimmer im Hilton für 450 Euro pro Nacht. Die Kosten übernimmt die Uni Hamburg. Sie fühlt sich bedroht, weil Europäer in Kamerun verbal und teils auch tätlich angegangen werden. Viele Afrikaner glauben, dass Europäer die Krankheit einschleppen. Über Twitter teilt sie mit, dass sie so schnell wie möglich auf das Gelände der deutschen Botschaft umziehen möchte. Mir ist aus eigener Anschauung nicht klar, wo sie dort wohnen könnte.

Sogar der von Frau Kramer geschmähte (Das Internet vergisst nichts) Afrikabeauftragte Günter Nooke soll helfen, weil er gute Kontakte in Kamerun habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er andere und bessere Kontakte hat als der Botschafter.

Wenn es sogar Frankreich nicht gelingt, derzeit Landerechte für Air France zu bekommen, wer dann?

Die Geschichte nimmt schon absurde Züge an, wenn Professor Jürgen Zimmerer (Professor für die Geschichte Afrikas und Leiter der Forschungsstelle „Hamburgs postkoloniales Erbe“ an der Universität Hamburg) erbost schreibt, es sei „kaum zu glauben, wie schwer es ist 4 Menschen nach Hause zu holen“. Auch er hatte eine tragende Rolle in der Afrikanistendebatte gegen Nooke gespielt, der jetzt helfen soll. („Für ihren Afrikabeauftragten Günter Nooke ist der Kontinent schlicht 'anders'. Das ist banal und verräterisch, es insinuiert, dass Afrika nicht modern ist.")

Die Betroffenen einschließlich von Professor Zimmerer glauben offenbar tatsächlich, die Bundesrepublik schicke ein Flugzeug, um vier Leute aus einem Luxushotel in Jaunde zu evakuieren. 


Volker Seitz war von 1965 bis 2008 in verschiedenen Funktionen für das deutsche Auswärtige Amt tätig, zuletzt als Botschafter in Kamerun, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorialguinea mit Sitz in Jaunde. Er gehört zum Initiativ-Kreis des Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe und ist Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“. Die aktualisierte und erweiterte Taschenbuchausgabe erschien im September 2018. Drei Nachauflagen folgten 2019 und 2020. Volker Seitz publiziert regelmäßig zum Thema Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika und hält Vorträge.

Foto: Seitz

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Sabine Heinrich / 25.03.2020

Fortsetzung: Frau Professor, nun haben Sie in Ihrem Exil Zeit, sich zu überlegen, wie Sie über Ihre Erfahrungen mit den rassistischen Afrikanern zu Hause berichten. Sie wissen sicher, dass Sie sich umgehend von Vorwürfen des Rassismus von Schwarzen distanzieren müssen (Ich schlage vor, dass Sie sich in einer Streßsituation unbedacht geäußert haben) - sonst sind Sie - schwuppdiwupp - im rotgrünen Hamburg Ihre Professur los und finden möglicherweise Ihr Auto/Fahrrad “verziert” oder funktionsunfähig vor.

Sabine Heinrich / 25.03.2020

Afrikaner rassistisch? Was erlauben Frau Juniorprofessorin? Rassistisch sind doch nur manche Deutsche und alle Wähler der AfD! Ganz nebenbei erlaube ich mir die Frage, ob Frau Professor monatelang in Afrika jemals allein auf eigene Faust unterwegs gewesen ist, um sich ein Bild von diesem Land und seinen Menschen zu machen - oder ob sie es immer nur mit einem Tross “Mitforscher” - so wie jetzt - war. Wenn ja - dann vielleicht mit so blinden Augen wie meine weitgereiste Kollegin - Gott hab’ sie selig - die mir - als ich fragte, welches Land sie mir als alleinreisende Touristin als “Einstiegsland” für Fernreisen empfehlen würde - ausgerechnet Indien nannte. Sie hatte - wie wohl die Afrikaexpertin aus Hamburg auch - diesen Blick nur für das Schöne/Exotische - und konnte - das fand ich nach meinen Reiseeindrücken in Indien, die z.T. so gruselig waren, dass dieses Land für mich als Reiseziel für immer gestorben ist - alles Hässliche, Deprimierende ausblenden. Nun sitzt die Frau Juniorprofessorin (Wieso “Junior”- sie ist deutlich über 40 Jahre alt) in einem teuren Zimmer und möchte nach Hamburg zurück? Möchte sie dort ihre Afrika-Studien fortführen? Vielleicht - man verzeihe mir meine Häme - vielleicht doch lieber gleich nach Berlin (Görlitzer Park), wo sie sich hautnah mit der afrikanischen Kultur beschäftigen und ihre Sprachkenntnisse einsetzen kann? Aber in HH gibt es auch Gegenden, in denen es sich gut forschen lässt. Übrigens: Das Foto geht ja gar nicht! Da geht doch jeder linksrotgrünen Feministin der Hut hoch! Der Mann in der Gruppe überragt alle WG- Frauen!! Nein! Pfui Teufel! Und jetzt ernsthaft: Es ist schon erstaunlich, mit welchen völlig überflüssigen Forschungen man sich in unserem Land eine vergoldete Nase verdienen kann, während es an allen Ecken und Enden an Menschen fehlt, die Sinnvolles tun - weil sie mit erbärmlich wenig Geld für enorme Leistungen (z.B. in der Pflege) abgespeist werden.

Rudhart M.H. / 25.03.2020

Immer danach fragen , wer ist Rektor solcher” Leerstellen”. Dazu noch jede Menge unproduktiver Gender-Schwachsinn plus Windrad-Scheiß. Alles lebt vom Rausnehmen aus dem großen Topf. Einzahlen, das können doch die Doofen ! Es wäre mir oberpeinlich überhaupt das Maul in dieser selbstverschuldeten Situation aufzureißen, geschweige aus dem 5*-Laden mit allem Komfort und zurück , der auch noch von den Doofen bezahlt wird, zu verlangen , herausgeholt zu werden! Frechheit und Arroganz zur Potenz ! Holt sie heraus und drückt der Maus eine Schaufel in die Hand , damit sie mal weiß , was Arbeit ist. Den Flug und die Hotelkosten sind bloß gestundet und mit ihrer Professur ist leider keine Zahlung begleichbar ! Es ist so erbärmlich dekadent , aber wenn ich an die Riege der Kultusminister der letzten 30 Jahre denke, dann brauche ich eigentlich ein bis zwei Doppelte!

Gottfried Meier / 25.03.2020

Wer sich für systemrelevant hält, glaubt auch, dass er rausgeholt werden muss.

Michaela Mertensson / 25.03.2020

von Jaunde, Hauptstadt Kameruns, sind es nur ca. 200 km zum Pazifikhafen Douala. Das werden die Damen und Herren doch wohl noch schaffen, sich ein Auto zu mieten und zum Hafen zu fahren? Marineschiff dorthinschicken und Leute abholen. Die können gleich einmal um Afrika herumfahren und die Leute einsammeln. Oder haben wir grad keine einsatzbereiten Marineschiffe? Is ja deutsche Militär, aka alles kaputt oder in Reparatur oder so.

Frank Baumann / 25.03.2020

Ich bin überglücklich, daß auch die Menschen, die die Kulturschaffenden derzeit bedrohen, zu Musterexemplaren demokratischer und liberaler Gesinnung werden, sobald sie nur die Grenze, zu diesem, unserem bunten Lande überquert haben und wir sie willkommen heißen dürfen.

K.D.Weber / 25.03.2020

Das ist wohl Teil des linksromantischen Entwicklungshilfe- und Bildungstourismus zur Selbstbeweihräucherung und hat keinen sonderlich rationalen Ansatz. Und nun stellt sich raus, dass die edlen Schwarzen nicht nur genervt von den teutonischen Weltenrettern sind, sondern auch noch nationalistische und rassistische Züge zeigen. Das kannte man bisher doch nur vom weißen alten Mann, der schon die Welt zerstört hat. Welche Enttäuschung! Es muss sich doch aber in Douala ein Frachter zurück nach Europa finden. Oder segeln die Genossen Professoren von der Uni Hamburg nur noch auf Renn- oder Luxusyachten? Wahrscheinlich würden sich die Sailor eines Frachters aber auch bedanken.

Jürg Casanova / 25.03.2020

Schön, dass etwas vom echten Leben auf die Zimmerers/Kramers zudriftet. Warum bleiben die vier Studis nicht bei den ach so lieben Afrikanern, die nicht auf Europäer, sondern auf Weisse Hetzjagden veranstalten, was natürlich mit Rassismus überhaupt nichts zu tun hat? Warum wollen sie plötzlich in ein Land zurück, das sie und ihre Geistesverwandten zutiefst hassen? Warum wollen sie zurück zu Rassisten? Warum bemühen sie ausgerechnet einen Politiker, den sie zuvor mit übelsten Beschimpfungen diffamiert haben? Es ist ja schön, Adamawa und Fulfulde zu verstehen, aber wäre es nicht viel besser, sie würden sich mal hinterfragen, ob nicht vielleicht sie die viel grösseren Rassisten sind, wenn es draufankommt, wenn die Realität in ein Leben Einzug hält, das bis jetzt sowas von abgehoben und weltfremd ist, vom Steuerzahler alimentiert, die jetzt auch noch den Luxusschuppen in Kamerun und einen Sonderflug ins Land der vermeintlichen Rassisten zu bezahlen haben. Aber nicht einmal solche Zusammenhänge kapieren diese Schneeglöckchenleute.

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