Antje Sievers / 15.01.2014 / 18:31 / 12 / Seite ausdrucken

Hurra, wir kommen (nicht)!

Über ihren sexuellen Höhepunkt reden Frauen in der Regel nur miteinander, wenn sie sich mindestens fünf Jahre kennen oder fünf Grappa gekippt haben oder, im günstigsten Falle, beides. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass man heute noch immer meint, der weibliche Orgasmus sei voller Geheimnisse, wie es im Artikel in der „Welt“ über die Publikation der Wiener Gynäkologin Elia Bragagna heißt.

Tut mir ja leid, aber: Nee, isser nicht.

Wenigstens hört man jetzt vielleicht damit auf, Frauen mit dem Blödsinn vom vaginalen Orgasmus zu neven. Denn dass die Vagina so ziemlich das unempfindlichste Organ ist, weiß jede Frau, die einigermaßen in ihrem Körper zuhause ist. Nicht umsonst vergessen Frauen dort tagelang Tampons der Größe Super-Plus. In der Vagina sind an manchen Stellen so wenige Nervenstränge, dass man dort problemlos kleine Operationen ohne Betäubung durchführen kann – eine sinnvolle Einrichtung der Natur, denn wie sollten Frauen sonst die Qualen der Geburt aushalten können? Nicht Neues also an dieser Front.

Aber staunen Gynäkologen wirklich Bauklötze darüber, dass Frauen Orgasmen bei sportlicher Betätigung erleben können, oder soll das ein Witz sein? Die meisten Frauen wissen das seit Ewigkeiten, oder sie lernen es in der Reitstunde, während der Fahrradtour oder beim Seilklettern. Typisch mal wieder, das als große wissenschaftliche Entdeckung zu feiern. Da hätte man doch längst mal die Tochter fragen können, warum sie auf einmal fünfmal in der Woche zum Reiten geht.

Frauen kriegen sogar Orgasmen ohne jegliches zutun: Sogenannte Phantomorgasmen. Das heißt durchaus nicht, dass diese gar nicht stattfinden. Oh doch, sie finden statt, nur gänzlich ohne irgendeinen triftigen physischen und psychischen Grund und ohne jede Vorwarnung, zum Beispiel während der Teambesprechung oder beim Abendbrot. Da hatte man nun gerade verdaut, dass Frauen sogar mehrere Höhepunkte am Stück erleben können, und dann das.

Aber wie ist es mit dem Höhepunkt bestellt, wenn er mit dem Partner stattfinden soll? Ganz offenbar mies genug. In Internetforen kann man lernen, dass Frauen sich so ziemlich mit jedem über ihre sexuellen Probleme austauschen können – so lange es nicht der Einzige ist, den es wirklich etwas angeht, nämlich der Partner. Eines der am häufigsten diskutierten Probleme ist in der Tat: Werde ich jemals einen Orgasmus haben? Nur etwa vierzehn Prozent aller Frauen sollen laut der erwähnten Studie überhaupt regelmäßig beim Sex mit dem Partner einen Höhepunkt erleben.

Das ist nach rund hundert Jahren Feminismus und fünfzig Jahren angeblicher sexueller Revolution wahrlich eine traurige Bilanz. Die größte Errungenschaft der sexuellen Befreiung ist doch fraglos der Zugang zu wirksamen Verhütungsmethoden. So ist zum ersten Male in der Geschichte der Menschheit Sex nicht zwangsläufig mit ungewollten Schwangerschaften und allen unschönen Begleiterscheinungen wie lebensgefährlichen Abtreibungen, Blutrache, Schande, Verstoßung, Wahnsinn, Mord und Totschlag verbunden.

Zum ersten Mal könnten Frauen Sex einfach nur genießen. Wie schade, dass sie es trotzdem nicht tun. Und sie tun es nicht nur nicht, sie tun auch noch so, als ob sie es täten. Neunzig Prozent aller Frauen gaben an, den Höhepunkt öfter mal vor zutäuschen. Also praktisch alle. Es ist nicht so schlimm, dass Frauen Orgasmen vortäuschen, meint die Berliner Kabarettistin Désirée Nick. Männer täuschen schließlich ganze Beziehungen vor.

Orgasmus, so der viel zu früh verstorbene Frankfurter Sexualtherapeut Günter Amendt, ist der Imperativ von orgasmüssen. Früher hatte eine Frau keinen Spaß am Sex zu haben, heute muss sie. Und wie sie muss. Heute sehen Jugendliche schon Pornofilme, bevor sie überhaupt den ersten Geschlechtsverkehr haben – dementsprechend ist wohl die Vorstellung vom sexuellen Erleben der Frau. Also völlig an der Realität vorbei.

In Foren packen die Mädels Erlebnisse aus, bei denen sich einem die Fußnägel heben: Von Dreiern zwischen Fünfzehnjährigen ist da die Rede, von Brutalo-Sex und von One-Night-Stands nach altgermanischem Komasaufen mit einem Wildfremden, bei dem gänzlich auf Verhütungsmittel verzichtet wurde. Abgesehen davon, dass die meisten zu jung, unreif und unerfahren für solche Exzesse sind, wird auch immer wieder deutlich, dass Mädchen dabei sexuell gar nicht auf ihre Kosten kommen. Sehr, sehr oft liest man staunend die Worte: Das wollte ich eigentlich gar nicht. Das war gegen meinen Willen. Hinterher hatte ich Schmerzen. Warum habe ich das nur mitgemacht? Ja, warum?

Weil wohl niemand mehr den Mädels beibringt, auf sich aufzupassen. Weil ihnen niemand mehr beibringt, was Selbstachtung heißt. Weil in der Familie eine Matriarchin vom Schlage meiner Großmutter fehlt. Meine Oma war der Überzeugung, dass man Mädchen und Frauen vor Männern beschützen müsse. „Männer sind Schweine“ von den Ärzten war einer ihrer Lieblingssongs. Ich war vier Jahre alt, als sie mich zum ersten Mal eindringlich davor warnte, fremden Männern zu vertrauen, besonders, mit Fremden mitzugehen, mich ansprechen zu lassen oder gar in Autos zu steigen. Wenn es nach Oma gegangen wäre, wäre ich heute noch Jungfrau. Aber Omas Warnungen waren dennoch zu meinem Schaden nicht.

Es wird zwar kaum jemand zugeben wollen, aber Sex ist eben immer noch vor allem für Männer da. Das war einfach viel zulange so und ist so schnell nicht aus den Köpfen zu kriegen. Das ist auch ein Grund für die vorgespielte Lust. Frauen täuschen vor, damit es schneller vorbei ist.

Das spricht nicht gerade dafür, dass sie es genießen. Frauen täuschen vor, damit er glücklich ist. Das spricht nicht gerade dafür, dass sie selbst glücklich sind, auch wenn sie es vielleicht behaupten. „Viele Männer definieren ihre Qualität als guter Liebhaber über ihre Fähigkeiten, einer Frau zum Orgasmus verhelfen zu können”, erklärt Bragagna und bezeichnet diese Vorstellung als „Klischee“. Aber leider ist das gar kein Klischee. Schminkt euch das ab, Männer, das könnt ihr voll vergessen. Viele Frauen beten sich nur das Mantra vom großartigen Sex ohne Orgasmus solange vor, bis sie es selbst glauben. So sind Frauen nun mal: Aufopfernd bis zur völligen Verblödung.

Gern lassen sie den Partner glauben, er wäre Casanova reloaded, auch, wenn er es gar nicht ist. Besonders fair dem Mann gegenüber ist das nicht, denn so erfährt er ja nicht, was eventuell anders laufen könnte. Aber lieber verderben Frauen sich ihr ganzes Sexualleben, bevor sie sich einen Abend verderben.

Aber immerhin hat man mittlerweile erkannt: Das eigentliche Lustorgan ist der Kopf. Es ist noch immer so, dass die weibliche Sexualität von einem Riesenmüllhaufen an Schuldgefühlen, Komplexen, Ängsten und Minderwertigkeitsgefühlen überfrachtet wird. Dagegen wachsen Jungen mit einem selbstverständlichen und viel lustbetonteren Zugang zu ihrer Sexualität auf. Bei Jungs ist das eben so, heißt es dann. Vielleicht widerstrebt auch vielen die Vorstellung, dass die barbierosa gewandeten zwölfjährigen Feen schon feuchte Träume haben, mit dem Draufgänger aus der Parallelklasse hinter der Turnhalle herumfummeln und nachts vor dem Einschlafen masturbieren könnten. Alles völlig normal und darüber hinaus typisch weiblich, liebe Pädagogen.

Mädchen sind heute obendrein wie nie zuvor einem Schönheitswahn verhaftet, der quasi im Kitaalter beginnt. Fragt man eine Zehnjährige, was sie werden will, dann sagt sie: Topmodel. Warum, um alles in der Welt? Die Mädchen sind heute so schön - wo man geht und steht, sieht man wunderschöne Mädchen. Dank hervorragender Ernährung, High-Tech-Zahnhygiene und chinesischer Sweatshops sind sie so attraktiv wie nie zuvor. Dennoch haben sie alle Angst, nicht schön genug zu sein. Liebe Mädchen, lasst euch mal einen Rat von einer erfahrenen Frau geben:
Es wird der Zeitpunkt im Leben kommen, wo ihr begreift, wie zweitrangig das Aussehen ist.

Besonders in nacktem Zustand. Denkt nicht darüber nach, grade beim Sex. Männer tun das auch nicht. Das ist einer der Gründe, warum sie im Bett soviel Spaß haben. Das einzige, was euch wirklich Gedanken machen sollte, ist der unverantwortliche Umgang mit dem eigenen Körper.

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Stefan Neudorfer / 17.01.2014

Guter und ehrlicher Artikel, vielen Dank!

Rainer Müller / 17.01.2014

Zum Glück ist die Situation nicht in allen Ländern so vergiftet wie in D. Ich sehe in meinem Umfeld mehr und mehr Männer, die sich um ihr eigenes Leben kümmern und nicht nach Erwartungen von Frauen ausrichten.  Die männerfeindliche Grundstimmung in diesem Land hat so auch ihr Gutes. Ein realistisches Frauenbild erwirbt man sich unter diesen Umständen leichter als früher. Der Zwang als Versorger zu fungieren fällt weg und mit Sex den Mann zu ködern und abhängig zu machen, ist kaum noch möglich. Wenn deutsche Männer Schweine wären, wäre das Leben für Frauen weniger bequem als jetzt.    

Mona Rieboldt / 17.01.2014

In dem Artikel steht einfach viel Unsinn. Wie viel Frauen vergessen denn tagelang Tampons in der Vagina. Da würde schon der Körper nicht mit machen und den Tampon versuchen auszuschwemmen mit Ausfluss etc. Und keinesfalls ist die Vagina so unempfindlich wie hier geschrieben wird. Da hat die Autorin offensichtlich keine Ahnung von sexuellen Praktiken. Und ja, Frauen sind selbst für ihre Sexualität verantwortlich und damit auch für ihren Orgasmus. Aber das ist ja typisch, ist die Frau zu blöd, für sich die Verantwortung zu übernehmen, ist natürlich der Mann schuld. Fazit: Der Mann ist an allem schuld, was irgendwie schief läuft bei einer Frau.

Lukas Adam / 17.01.2014

Was für dämliche Kommentare. Von Prinzessinnen-Geschichten, evolutionärem Erbe bis hin zu Tampon-Komplexen und Angst um die eigene Unbekümmertheit. Als ob Prinzessinnen-Geschichten die sexuelle Lust von Mädchen ausschalten. Die schalten - wenn überhaupt - den Verstand der Eltern (des Vaters) aus. “Unsere Kleine hat keine Lust, darf keine haben. Ist doch unser anständiges Mädchen”. Sie darauf ansprechen geht natürlich als Eltern auch nicht. Als ob Eltern und Kinder in einer sexuellen Beziehung zueinander stehen (???). Gerade deshalb, weil es nicht so ist, sollte man die Tochter offen darin unterstützen, mit sich selbstbewusst umzugehen. Damit sie später auf Männer sch….. kann, die behaupten, sie brauche aus evolutionären Gründen keinen Orgasmus. Ebenso auf Männer, die sich ihre Unbekümmertheit nicht durch die weibliche Lust kaputt machen lassen wollen (das ist leider der Unterschied zwischen Partnerin und Prostituierten). Oder vor Männern, die sich vor Tampons ekeln. Das wäre mal evolutionärer Fortschritt, wenn sich diese Männer gar nicht mehr fortpflanzen würden. Wie schnell das den Feminismus vorantreiben würde. Guter Artikel. Nur der “Männer sind Schweine”-Teil ist daneben. Genauso wenig wie “Schwarze dumm” sind oder “Dicke stinken”, sind “Männer Schweine”.

Till Schneider / 17.01.2014

Mich kann eine “flotte, kesse, freche” und vor allem apodiktische Schreibe nicht vom Selberdenken abhalten, und auch nicht davon, das Gesagte mit meinen eigenen Erfahrungen zu vergleichen. Was habe ich von einer Aussage wie: “Tut mir ja leid, aber: Nee, isser nicht”? Doch nur, dass ich weiß: Die Autorin ist sich da ganz sicher, und sie bringt’s so locker-flockig rüber, dass mein Andock-Modul in Aktion tritt. Ich kenne aber mein Andock-Modul, und zwar als einen höchst unzuverlässigen Gesellen, was die Wahrheitsfindung betrifft. Drum überwache ich es mit einer übergeordneten Instanz namens Verstand, die auch stets Verbindung hält mit meinen schon erwähnten Erfahrungen. Übrigens inklusive Emotionen, die ja auch erinnert werden können (außer von “Borderline”-Patienten, wie man mich lehrte). Und dann stelle ich oft fest: Ach, da versucht jemand, meine Zustimmung zu ergattern; er weiß auch, welche Knöpfe er bei mir drücken muss, und er meint wohl, dass das dann auch funktionieren wird. Im Kommunikationswissenschaft-Studium haben sie mir beigebracht, dass man das “persuasive Kommunikation” nennt. Also: Überredungsversuch. Aber schon als Kind hat man mir gesagt, dass ich aufpassen soll, wenn sich etwas wie ein Überredungsversuch anhört, und als Erwachsener habe ich noch viel mehr Gründe gefunden, weshalb diese Vorsicht wohlbegründet ist. Was also soll ich halten von: “Wenigstens hört man jetzt vielleicht damit auf, Frauen mit dem Blödsinn vom vaginalen Orgasmus zu nerven”? Ich sehe, dass hier schweres persuasives Geschütz aufgefahren wird (“Blödsinn”!), und das erinnert mich zufälligerweise an die krampfhaften Uralt-Versuche von Alice Schwarzer, die es in ihrer bewährten “Müssen”-Rhetorik wörtlich so ausgedrückt hat: “Wir müssen den Mythos vom vaginalen Orgasmus entlarven.” Ach. Müssen? Na ja – klar sind in der Vagina “an manchen Stellen so wenige Nervenstränge, dass man dort problemlos kleine Operationen ohne Betäubung durchführen kann”. Aber was ist mit den Nervensträngen drumherum? Mit den etwas tiefer liegenden, die z.B. beim Geschlechtsverkehr auch stimuliert werden, weil sich ja diese wuchtigen Zusammenstöße ein kleines bisschen weiter übertragen als bloß auf die oberste Hautschicht der Vagina? Tja, die werden einfach nicht mitberücksichtigt, und so erscheint es völlig logisch: Alles Blödsinn, die Sache mit dem vaginalen Orgasmus. Nur die Klitoris – sie allein macht’s. So wollte es auch Frau Schwarzer haben. Nur ist Frau Schwarzer leider ideologisch verblendet, und mir scheint, dass auch Antje Sievers nicht so gern über den Tellerrand der obersten Hautschicht hinausschaut. Überzeugt mich leider nicht. Und das nicht zuletzt wegen der Statements meiner bisherigen Sexualpartnerinnen. Mir sind in Sievers’ Artikel einfach viel zu viele Aussagen à la “das IST so, und damit basta” drin. Ich nannte es oben “apodiktisch”, und das heißt definitionsgemäß: “keinen Widerspruch zulassend”. Aber wenn es im einen oder anderen Fall nun doch nicht stimmen würde? Was dann? Sievers schreibt zum Beispiel: “So sind Frauen nun mal: Aufopfernd bis zur völligen Verblödung.” Und: “Es wird zwar kaum jemand zugeben wollen, aber Sex ist eben immer noch vor allem für Männer da.” Und: “Frauen täuschen vor, damit es schneller vorbei ist.” Und: “Frauen täuschen vor, damit er glücklich ist.” Und: “Schminkt euch das ab, Männer, das könnt ihr voll vergessen.” Und: “Aber immerhin hat man mittlerweile erkannt: Das eigentliche Lustorgan ist der Kopf.” Was ist das Bindeglied zwischen diesen Aussagen? Es ist das folgende: Alles wird jeweils in ein und denselben Topf geworfen – Deckel drauf – fertig. Hauptsache, man kann den Töpfen eine knackige Bezeichnung verpassen. Dann wird schon jeder sehen, dass alle Phänomene in diese Töpfe reingehören, und in keine anderen. Zu schweigen davon, dass bestimmte Phänomene angeblich gar nicht in Töpfe gehören, weil sie individuell sind – so was gibt’s natürlich erst recht nicht. ALLES ist in irgendeinem Topf – basta. Ich für meine Person sehe darin nicht mehr als das dringende Bedürfnis nach Zuordnung. Und die KRITERIEN dieser Zuordnungen halte ich für höchst individuell. Das ist völlig in Ordnung, aber es kann meiner Meinung nach nicht die Gültigkeit haben, die die Rhetorik von Antje Sievers in Anspruch nimmt: “Das IST so.” Ich habe mich u.a. ganz vorsichtig gefragt: Ist Frau Sievers womöglich neidisch auf “die Männer”? Und “der unverantwortliche Umgang mit dem eigenen Körper”, vor dem sie die Mädchen warnt – was meint sie damit alles? Würde denn ein “verantwortlicher” Umgang auch “vollkommene Hingabe” ermöglichen?

Peter Harnberg / 16.01.2014

“Nicht umsonst vergessen Frauen dort tagelang Tampons der Größe Super-Plus.” Wenn man sowas lesen muss, dann ist es kein Wunder, dass Mann nicht mit Frau über Sex reden, sondern es einfach machen will. Es verdirbt einem einfach die Lust für 3 Tage. Danke dafür, tausend Dank.

Angelika Eberl / 16.01.2014

Die Mädchen sehen heute in Werbung und Filmen das Falsche: Oft sieht man da eine Frau im tiefausgeschnittenen Kleid, die sich einem Mann anbietet, statt dass ER etwas tut. Ich glaube, dass daraus höchstens ein „One-Night-Stand“ werden würde.  Schon den ganz kleinen Mädchen werden die falschen Botschaften vermittelt, Stichwort: Disneys Froschkönig oder der Froschkönig aus „Simsalagrimm“. Da wird vermittelt, die Prinzessin müsse den Frosch aus Mitleid küssen, damit er zum Prinzen wird. Das ist grottefalsch. Die Grimm´sche Originalversion sagt nämlich etwas ganz anderes: Der Frosch, als wechselwarmes Tier, ist eine Metapher für das rein sexuelle Begehren, das noch nicht von Eigenwärme (=Metapher für Herzenswärme) durchsetzt ist. Er erkaltet schnell. Genauso, wie das rein sexuelle Begehren, das noch nicht von Zuneigung erwärmt ist, schnell wieder erkaltet. Ein Mädchen, das auf sich hält – und das tut die Prinzessin in der Original- Version – lehnt „Sex ohne Zuneigung“ mit Nachdruck ab. Diese nachdrückliche Ablehnung wird bildlich ausgedrückt, dass sie ihn an die Wand klatscht. Dieses eindeutige „Nein“ verschafft ihr erst Respekt. Und erst, wenn er Respekt hat, sind die Voraussetzungen dafür da, dass er sich vom sexuell Begehrenden zum Liebenden entwickelt,  der „Eigenwärme“ hat und sie nun auch als Freundin interessant findet. Die Bildsprache sagt dann: Er verwandelt sich vom Frosch in den Prinzen. Wenn sie sich stattdessen dazu herabwürdigt, aus „Mitleid“ oder, weil sie nicht “Nein!” sagen kann, einen „Frosch“ zu küssen, dann gewinnt sie seine Achtung nicht. Das erscheint paradox, ist aber so. Ein deutliches „Nein“ zu allem, was das Mädchen nicht will, verschafft ihr erst den Respekt des Mannes. Denn: Ein angehender König würde niemals ein Mädchen zu seiner Königin machen, das sich dazu erniedrigt hatte, etwas zu tun, was ihr innerlich total gegen den Strich geht. Die wunderschönen Mädchen von heute sollten lernen, deutlich „Nein“ zu sagen zu Allem, was ihnen zuwider ist. Davon würden auch die Jungen und Männer profitieren, denn viel Herzeleid, das aus Missverständnissen entsteht, würde vermieden.

Henning Rieck / 16.01.2014

Selten wird einem bewußt, wie schön das Leben als Mann doch ist. Insofern vielen Dank für diesen Artikel.

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