Henryk M. Broder / 11.12.2016 / 13:13 / Foto: Tim Maxeiner / 5 / Seite ausdrucken

Hurra, die Wende ist da!

Die Kanzlerin hat ihre Flüchtlingspolitik inzwischen vollkommen revidiert, ohne dies auch nur mit einem Wort zuzugeben. Sie macht es einfach und gibt Sätze von sich, die jeden PC-Tugendbold auf die Palme jagen würden, wenn Frauke Petry sie sagen würde, z.B., die Herkunft eines Täters dürfe zwar nicht instrumentalisiert, müsse aber "klar benannt" werden. Oder: "Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung zur Rückführung (der Schutzsuchenden), die abgelehnt wurden.“

Wow! Nationale Kraftanstrenung! Erst sollten wir alle "ein freundliches Gesicht" zeigen, jetzt sollen wir alle mit anpacken, um die abgelehnten Schutzsuchenden "auszuschaffen", wie man diesen Vorgang in der reaktionären Schweiz nennt. Noch vor etwas mehr als einem Jahr wollte uns die Bundesregierung einreden, es gebe keine Hinweise darauf, "dass die Terrororganisation 'Islamischer Staat' (IS) als Flüchtlinge getarnte Kämpfer nach Deutschland einschleust". Heute lesen wir auf WO, Deutschland drohe "mit Alleingang bei Grenzkontrollen"; die Regierung wolle die Maßnahmen, auch gegen den Willen der EU-Kommission, über den kommenden Februar hinaus verlängern, am liebsten bis nach den Bundestagswahlen.

Kein Wort mehr davon, dass wir uns nicht abschotten dürfen oder dass man die Grenzen nicht kontrollieren könne, weil sie so lang und so unübersichtlich sind. Nicht einmal ein Wörtchen. Bereits Ende Oktober, lesen wir, habe der BND gewarnt, "dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) seine Kämpfer trainiere, damit sie bei Grenzkontrollen oder Asylbefragungen nicht auffallen". Das alles hat man vor einem Jahr nicht nur nicht gewusst, man konnte es sich nicht einmal vorstellen. 

Und nebenbei erfahren wir, dem Kollegen Bewarder sei Dank, dass "weiterhin etwa 17.500 neue Asylsuchende pro Monat allein in der Bundesrepublik" ankommen, obwohl doch die Balkanroute gegen den Willen der deutschen Regierung dichtgemacht wurde. Das sind übers Jahr 210.000 Asyl- bzw. Schutzsuchende, also ziemlich genau die Menge, mit der Anfang 2015 gerechnet wurde, bevor alle Prognosen von der Wirklichkeit überrollt wurden. 210.000 - das ist die Einwohnerzahl von Erfurt, Mainz oder Oberhausen.

Die Bundesregierung hatte und hat die Lage fest im Griff. Und falls doch noch etwas Unerwartetes eintreten sollte, wird sie das Volk aufrufen, sich für eine weitere "nationale Kraftanstrengung" bereit zu halten.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Vetterlein Peter Dipl. Ing Oberursel / 12.12.2016

Morgens mein erster Klick.Ein Glück, daß es Euch gibt,in dieser verlogenen Zeit.Bin mit großer Begeisterung Pate. P.Vetterlein

Dirk Jäckel / 12.12.2016

Das Problem ist gar nicht in erster Linie diese Kanzlerin. Schlimmer noch ist ein unfähiger und/oder charakterloser Journalismus, der ein solches Maß an Verlogenheit von deren Seite beklatscht. Nein, nicht Lügenpresse. Die können es - von Ausnahmen abgesehen - einfach nicht. D ist wohl das einzige halbwegs demokratische Land, wo diese irrlichternde Kanzlerin nicht schon dreimal zum Rückzug gezwungen worden wäre.

Sven Janus / 12.12.2016

“Nationale Kraftanstrengung”? Frau Merkel, ich bin offiziell beeindruckt!

Sepp Kneip / 11.12.2016

Nun, Herr Broder, unsere Kanzlerin ist halt flexibel. Und warum? Die Bundestagswahlen stehen nächstes Jahr an. Aber Hand aufs Herz, Glauben Sie, dass sie tatsächlich bereit ist, das zurückzufahren, was sie selbst angerichtet hat? Mit Sicherheit nicht. Sie schwafelt und ergeht sich in Andeutungen, die nach der Wahl vergessen sind. Denn immer noch fließt der “Flüchtlings”-Strom munter weiter. Befeuert von Merkel und ihren Truppen. Nur, vor dem Bürger wird das verheimlicht. Man muss sicher kein Hellseher sein, wenn man voraussagt, dass Merkel und Konsorten im Bundestagswahlkampf die AfD rechts überholen werden. Das machen unsere Mainstream-Medien dann anstandslos mit, ohne sie des Rechtspopulismus zu bezichtigen, obwohl das nach ihren jüngsten Äußerungen zur Flüchtlingspolitik jetzt schon angezeigt wäre, würde man an sie den gleichen Maßstab anlegen wie bei der AfD. Nach der Wahl kommt dann wieder die Wende von der Wende, was bei Merkel ja nichts Neues wäre. Aber vielleicht entscheiden sich die Wähler doch gleich für die Original-Wende mit der AfD, eine Wende, die dann auch Wende bleiben würde.

Veronika Geiger / 11.12.2016

Die Äußerungen von Fr Merkel in den letztenTagen dürfte doch auch jeden noch so großen Fan von ihr nachdenklich gestimmt haben. Mir fällt immer wieder der Satz von Herrn Schröder dazu ein: “Sie (Fr Merkel) kann es einfach nicht”. Ich habe den Eindruck, dass sie ihrer Worte gar nicht bewusst ist. Zum ersten Mal ist es mir aufgefallen, als sie nach den verherrenden Anschlägen auf die franz. Satirezeitung Charlie Hebdo ein paar Tage später öffentlich sagte, dass der Islam zu Deutschland gehört. Fr Merkel plappert halt so dahin und schaut sich danach beifallheischend um. Jedem halbwegs klar Denkenden müsste gleich bewusst gewesen sein, dass mit den Flüchtlingsströmen auch Terroristen kommen. Dennoch wurde dies lange und hartnäckig von vielen Politikern und der Presse bestritten. Selbst wurde man die die rechte Ecke gestellt, wenn man dies auch nur annährend zur Diskussion stellte.  “Weiter so” heißt die Politik der nächsten Wochen. Es muss schon Verherrendes geschehen, dass hier eine Umkehr stattfindet. Unsere sog. “Grenzkontrollen” sind einfach lächerlich. Jeder kann sich selbst davon überzeugen. Man muss nur vom Süden kommend nach Deutschland einreisen. Es gibt nur 3 Punkte wo stichprobenhaft kontrolliert wird. Wir sind aber auch schon ganz normal über die Autobahn ohne Grenzkontrolle nach D gekommen, da muss man nicht mal über die “grüne Grenze”. Es gibt genug offizielle Stellen, da findet gar nichts statt. Somit soll wohl die Ankündigung der Verlängerung der Grenzkontrollen nur dazu dienen, dass das Volk beruhigt ist. Ich vermute auch, dass längst nicht nur 17.500 pro Monat hier einreisen. Das ist nur die offizielle Zahl.

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