Die Kieler Polizei hat einen Fang gemacht. Es handelt sich um keinen großen Fisch, der ihr ins Netz gegangen ist, es sind nur mehrere kleine, kaum länger als Büroklammern. Aber sie leuchten! In der Tat besitzen die bei dem Polizeieinsatz beschlagnahmten Zebrabärblinge eine Eigenschaft, die sie bei Aquariumsbesitzern auf der ganzen Welt begehrt macht: sie stammen nämlich aus einer genetisch veränderten Zucht, und das ihnen eingepflanzte Gen bewirkt, daß die Fischlein grün, orange oder rot fluoreszieren.
Doch offiziell darf man so etwas nicht niedlich finden, schließlich handelt es sich um genmanipulierte Lebewesen, also um Monster, um Schwimmer der Apokalypse. Ihr Vertrieb, ganz zu schweigen von der Zucht, ist in Europa streng verboten; dem Händler drohen 50 000 Euro Bußgeld und Gefängnis. In den USA, wo die Harmlosigkeit der Leuchtfische von mehreren Behörden geprüft und bescheinigt wurde, kann man sie unter der Bezeichnung ‚Glofish’ für fünf Dollar pro Stück kaufen. Auch der Leiter der Abteilung Gentechnik im deutschen Bundesamt für Verbraucherschutz hält die fluoreszierenden Bärblinge für harmlos, aber man müsse Einhalt gebieten, sagt er, sonst habe das einen Türöffner-Effekt.
Es handelt sich also wieder einmal um Gefahrenabwehr im Konjunktiv. Angstpolitik ist das Kennzeichen dieser Ära; selbst die Polizei dient als Handlanger der Hysterie, die sich um die Gentechnik rankt. Das nicht Eingetretene, das durch nichts Bewiesene, das bloß Befürchtete bilden die Grundlagen für alle möglichen Maßnahmen zum Schutz der sogenannten Umwelt.
Was, wenn ein kleiner Leuchtfisch nemo-mäßig in die Natur entweicht?, fragt sich der verschreckte Laie und entwickelt sofort Horrorfantasien. Wird sich die ganze Wasserfauna an diesem Leuchtgen infizieren? Daß Zebrabärblinge nur in wärmerem Wasser als bei uns gedeihen, beruhigt niemanden, denn erstens wird das Klima wärmer und zweitens haben die Flüsse in der Nähe von Atomkraftwerken höhere Temperaturen. Na bitte: mit Klimawandel und Kernenergie pfropfen sich gleich zwei zusätzliche Horrorfantasiebereiche auf das Thema ‚Glofish’.
Dabei könnte man das Horrorpotential auch pädagogisch einsetzen: Bekanntlich haben viele Kinder, nachdem sie „Nemo“ sahen, ihre Aquariumsinsassen die Toilette hinuntergespült, um ihnen die vermeintliche Freiheit zu schenken. Mit ‚Glosfish’ würden sie das vielleicht nicht tun, wenn man ihnen deutlich macht, daß dann der Weltuntergang droht. Glofish statt Klo-Fisch – ein Wahnsinn gegen einen anderen.