Die Protestslogans der Hongkonger Demokratiebewegung werden nun offenbar auch von Demonstranten im kommunistisch regierten Festlandchina genutzt. Das meldet das amerikanische Nachrichtenmagazin „TIME“ mit Bezug auf einen Bericht der Hongkonger Tageszeitung „Apple Daily“, die der Demokratiebewegung nahesteht.
In der Stadt Maoming, knapp 100 Kilometer westlich von Hongkong, hätten Einwohner bei tagelangen, teils gewaltsamen Protesten gegen den Bau eines Krematoriums „Befreit Maoming! Revolution unserer Zeit!“ gerufen, eine Abwandlung einer Losung, die häufig von prodemokratischen Demonstranten in Hongkong skandiert wird. „Unsere Bewegung ist genau wie Eure in Hong Kong“, hätten die Demonstranten in Maoming den Reportern von „Apple Daily“ erzählt. In der 5,8-Millionen-Metropole sprechen viele Menschen einen Dialekt der kantonesischen Sprache, die auch die Muttersprache der meisten Hongkonger ist.
Nach Angaben von „TIME“ eskalierte die Situation in Maoming, nachdem die Behörden angekündigt hatten, ein Krematorium an einem Standort zu bauen, der zuvor für einen Park vorgesehen war. Die Stadtverwaltung habe mittlerweile von den Plänen Abstand genommen und sogar 200 verhaftete Demonstranten freigelassen. Eine solche Milde sei für die autoritär geführte Volksrepublik China ungewöhnlich, kommentiert „TIME“.
Hongkong gehört seit 1997 zur Volksrepublik China, genießt jedoch größere bürgerliche und wirtschaftliche Freiheiten sowie ein hohes Maß an innerer Autonomie. Seit Juni dieses Jahres wird die Sonderverwaltungszone von teils gewaltsamen Protesten erschüttert, die sich zunächst gegen ein geplantes Auslieferungsgesetz richteten und sich mittlerweile allgemein für das Voranbringen der Demokratie einsetzen. Informationen zu den Protesten werden in Festlandchina stark zensiert. Woher die Demonstranten in Maoming ihre Kenntnisse der Hongkonger Demokratiebewegung und derer Slogans nehmen, schreibt „TIME“ nicht.