Peter Grimm / 18.03.2025 / 06:00 / Foto: Montage Achgut.com/KI / 105 / Seite ausdrucken

Honecker wäre stolz auf Merz!

Heute vor 35 Jahren gab es die ersten freien Wahlen in der DDR. Die Wähler bestimmten dort erstmals die Richtung der Politik. Jetzt verabschiedet sich die Obrigkeit wieder davon, in dem sie herablassend ein Wählervotum missachtet – und das gesamtdeutsch. 

Heute ist ein historischer Tag, nicht nur weil der alte, abgewählte Bundestag trotz eines neu gewählten Bundestags über Riesenschulden für die Zukunft und die Aufnahme des ruinösen grünen „Klimaziels“ ins Grundgesetz entscheidet. Es ist ein mehrfacher Gedenktag, wie die Bundeszentrale für politische Bildung in einer vor über zehn Jahren eigens für den 18. März erschienenen Broschüre mitteilt:

„Im Rahmen der Entwicklung Deutschlands zu einem demokratischen Rechtsstaat ist der 18. März ein Schlüsseldatum. Mit ihm verbinden sich drei Ereignisse, in denen Menschen für Freiheit und Selbstbestimmung aktiv wurden: die Gründung der Mainzer Republik 1793, die Barrikadenkämpfe der Märzrevolution in Berlin 1848 und die erste freie Wahl zur Volkskammer im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR 1990.“

Ein Staatsakt für die Mainzer Republik oder die Berliner Barrikadenkämpfer war für dieses Jahr nicht zu erwarten, denn solche leistet sich die Bundesrepublik in der Regel nur zu runden und halbrunden Jahrestagen. Aber das 35-jährige Jubiläum der ersten freien Wahl in der DDR hätte man schon als ein Zeichen des Sieges der Demokratie offiziell begehen können. Früher hätte man da vielleicht auch an eine Feierstunde im Deutschen Bundestag gedacht. 

Aber wenn der Deutsche Bundestag am 18. März 2025 um 10.00 Uhr zusammentritt, dann feiert er nicht die Demokratie nach einer freien Wahl, sondern die trickreiche Umgehung des Ergebnisses einer freien Wahl. Weil die Bürger bei der Wahl die Mehrheiten neu verteilt haben, entschied sich die mutmaßlich künftige schwarzrote Regierungskoalition bekanntlich dafür, eine Grundgesetzänderung zum Zwecke einer gigantischen Verschuldung vom alten Bundestag beschließen zu lassen, obwohl auch der frisch gewählte Bundestag heute schon tagen könnte. Aber in dem gab es die Zweidrittelmehrheit mit dem grünen Wunschpartner fürs Wunsch-Ergebnis nicht mehr, weshalb schnell noch das eigentlich schon in Abwicklung befindliche Parlament abstimmen sollte. In diesem Jahr wird der 18. März im Bundestag also als ein Tag der herablassenden Verachtung des Wählerwillens begangen.

Grundgesetzänderung im Schweinsgalopp?

Oder doch nicht? Falls Sie diesen Text erst am Nachmittag lesen, also wenn das Abstimmungsergebnis bekannt ist, wissen Sie es bereits besser als ich jetzt. Vielleicht wollen Abgeordnete von CDU, SPD und den Grünen mit ihrer Stimme auch zeigen, dass sie dieses Vorgehen ihrer Partei- und Fraktionsführungen ebenfalls für demokratisch fragwürdig halten. Vielleicht gibt es die nötige Mehrheit auch im alten Bundestag nicht, wenn tatsächlich abgestimmt wird. Vielleicht möchten scheidende Abgeordnete die Entscheidungen für die Zukunft lieber denen überlassen, die gerade gewählt wurden?

Schön wäre es. Und zwar allein schon aus Gründen der Glaubhaftigkeit der Demokratie. Es ist doch eigentlich sonnenklar, dass nach einer Wahl das aktuelle Ergebnis zählt und nicht mehr das vergangene. Dass das Gesetz dem alten Parlament alle Befugnisse belässt, bis das neue mit seiner konstituierenden Sitzung die Arbeit beginnt, hat nur den Grund, dass im Ausnahmefall in ganz kurzer Zeit ein dringend notwendiger Beschluss gefasst werden muss. Die Beschränkung des alten Parlaments auf das Notwendigste erschien allen Beteiligten einst offenbar so normal, dass es niemand extra ins Gesetz geschrieben hat. 

Man kann auch kaum pauschal festlegen, was nun hinreichend dringlich ist, um den alten Bundestag noch einmal zu bemühen. Aber auch wenn die Antragsteller versucht haben, in ihrem Antrag eine Dringlichkeit zu behaupten - es ist doch wohl kaum angemessen, so etwas Schwerwiegendes wie eine Grundgesetzänderung im Schweinsgalopp durch den alten Bundestag zu bringen, weil sie angeblich nicht auf den Arbeitsantritt der bereits gewählten Abgeordneten warten kann. Für wie unwichtig halten die Politiker, die das betreiben, eigentlich das Grundgesetz?

Das Bundesverfassungsgericht hat die formale Legalität dieses Vorgangs bestätigt. Daran mögen sich diejenigen, die jetzt dafür stimmen wollen, festhalten. Aber dennoch widerspricht es jedwedem demokratischen Geist und ein Großteil der Bürger bzw. der Wähler halten dies trotz der Verfassungsgerichtsentscheidungen für eine Trickserei zur Umgehung eines Wahlergebnisses. Was werden die wohl davon halten, wenn sie von den trickreichen Grundgesetzänderern demnächst wieder zur Rettung „unserer Demokratie“ aufgerufen werden?

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Foto: Montage Achgut.com/KI

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Horst Jungsbluth / 18.03.2025

Richtig ist, dass die SED-Genossen und ihre Anhänger in der Bundesrepublik den selbst verursachten Untergang der DDR nicht verkraften wollen und deshalb   -übrigens,  bereits lange, lange vor dem dem Fall der Mauer- alles, wirklich alles tun, um den einst erfolgreichen demokratischen Staat zu destabilisieren.  Und sie haben deshalb Erfolg mit ihrem verwerflichen Tun, weil sie durch die Stasi im Westen fast alles unterwanderten, was notwendig war, um zum Ziel zu gelangen, also Parteien, Gewerkschaften, Ämter, Medien und sonstige Interessenvertreter. Unsere korrupten Trottel im Westen haben nichts mitbekommen oder mitgemacht, haben zu Mauerzeiten Milliarden an DM jenen überlassen, die im Rahmen des Warschaupakts Westeuropa nuklear überfallen wollten und eiskalt mit drei Millionen Toten rechneten, um sich dann mit der militärischen Besetzung Westberlins zu begnügen, wo der von der Stasi inszenierte SPD/AL-Senat ihnen   bereitwillig das riesige Vermögen überlassen wollte. Als Gegenleistung wurde den Westberliner gestattet, dass sie ihre Hunde bei DDR-Besuchen mitbringen dürfen. “Die Schüsse an der Mauer interessieren die Westberliner” nicht, so wird der RB Momper in Stasi-Akten zitiert, was ja verständlich ist, denn was sind schon ein paar abgeknallte Flüchtlinge gegen das Glücksgfühl eines Dackels, im real existierenden Sozialismus ein Beinchen heben zu dürfen.  Unser Staat ist wieder einmal restlos am Ende und die Verursacher sind die gleichen, die auch das Deutsche Reich und die DDR auf dem Gewissen haben.

Klaus Meyer / 18.03.2025

So, nun ist der Staatsstreich vollbracht. Die Umstürzler waren gründlich, aber nicht gründlich genug. Es wäre jetzt der beste Zeitpunkt gewesen neben der Klimaneutralität (was auch immer das ist) aufgrund der Dringlichkeit eine weitere Grundgesetzänderung zu beschließen. Und zwar Artikel 21, Absatz 1, Satz 1 GG in:  “Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit -  außer ihr Kürzel beginnt mit einem A.”

P. Bruder / 18.03.2025

Nichts ist so, wie es scheint. Das Problem in den Parlamenten sind weniger die Linken, sondern die Rechten.

Fritz Dieterlein / 18.03.2025

Ich habe noch gehofft das Monika Gruber und Henryk M. Broder beim Hubsi Aiwanger anrufen und ihn bitten das er mit seinen freien Wähler das Desaster u. die Folgen einer Grundgesetzänderung noch verhindern mögen. Als Florian Streibel von den FW, der Sohn von Max Streibel vor die Kamera trat wusste ich, lass alle Hoffnung fahren. Der Apfel fällt nicht weit vom Baum. M.G.

Lutz Liebezeit / 18.03.2025

Fck Frdrch Mrz; Fck CDU; FCK GRN; das ist das kleine Einmaleins der Straße. Jeder ist froh, wenn man Bruder oder Schwester im Geiste im gedruckten Wort auf der Straße begegnet. Man kann auch seine Lieblingspartei bewerben? Vorsicht, überall sind Kameras.

Sabine Weber-Graeff / 18.03.2025

Wenn man sich die Reden der Grünen Vorsitzenden angehört hat,dann klang dort - neben gewaltiger Genugtuung- vor allem Eines im Tonfall Richtung Merz durch: Verachtung. Ein schwacher Mann der Mittelmäßigkeit,der die Mitte verraten hat,um sein Ego zu polieren. Man liebt den Verrat. Den Verräter verabscheut jeder.

Else Schrammen / 18.03.2025

Inzwischen kenne ich den Ausgang der Abstimmung. Damit haben die “Wahren Demokraten” die Axt an die Wurzel unserer Demokratie, dem Grundgesetz, gelegt und beglückwünschen und feiern sich auch noch für diesen Coup. Und wir, die wieder mal betrogenen Wähler, sollen zu den erbärmlichen Gestalten Vertrauen haben? Nachdem die CDU unter Merkel gemeinsam mit Roten und Grünen eifrigst den Abstieg Deutschlands betrieben haben, sind leider 28 % der Wähler auf die Versprechen des Friedrich Merz herein gefallen. Die Erneuerung der CDU. die Abkehr von der Merkel-Politik? Da kommt mir plötzlich ein Verdacht. Warum haben die Merkel-Gewächse Wüst und Gpnther so schnell einem Kanzlerkandidaten Merz zugestimmt (Söder hat mit seiner CSU ja noch gezögert)?  War Merzens jetziges Vorgehen schon Teil der Abmachung? Und der gehorsame Parteisoldat tut seine Pflicht? GG-Änderung, erschreckende hNeuverschuldung schaffen Merz und Genossen innerhalb weniger Tage. Die Koalitionsverhandlungen werden laut Merz erheblich länger dauern; da alle Positionen gründlich abgewägt werden müssen. Und am Ende der Koaöitionsverhandlungen werden alle Forderungen von SPD und Grünen erfüllt sein und Merz mit CDU wird dastehen wie der Kaiser mit seinenb neuen Kleidern! Wie oft habe ich geschrieben, dass, wer Merz wählt, Rotgrün bekommt. Ich fühle mich ganz gerne im Recht, aber diesmal wird mir übel. Hätte ich doch falsch gelegen!

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