Henryk M. Broder / 09.08.2021 / 12:00 / Foto: A.Savin / 104 / Seite ausdrucken

Höchste Wertschätzung für Deutschland aus Afghanistan

Nur mal schnell zur Erinnerung: Am 23. Juni, also vor sechs Wochen, hielt Außenminister Heiko Maas in der Aktuellen Stunde des Bundestages eine Rede zum bevorstehenden „geordneten Rückzug der NATO-Truppen aus Afghanistan", zu denen auch die in Kundus stationierten Bundeswehreinheiten gehörten. Er lobte den Einsatz der deutschen „Soldatinnen und Soldaten“, die „in Afghanistan Außergewöhnliches geleistet“ hätten. Dieser Einsatz habe „über den gesamten Zeitraum höchste Wertschätzung erfahren, sowohl von unseren Verbündeten als auch von der afghanischen Bevölkerung“. Das Hauptziel, „dass von afghanischem Boden aus kein terroristischer Angriff mehr geplant und vorbereitet werden kann“, sei in den letzten 20 Jahren erreicht worden.

An die Adresse der Taliban richtete Maas eine ernste Warnung. Sie müssten „zur Kenntnis nehmen, dass es ein Zurück ins Jahr 2001 nicht geben wird“. Denn, und hier wird es richtig aufregend, in Afghanistan gebe es „eine afghanische Zivilgesellschaft, die ... immer selbstbewusster geworden ist“, die Menschenrechte seien „heute in der afghanischen Verfassung fest verankert, und daran darf auch niemand rütteln“, Frauen würden „ein viel freieres Leben“ führen und „politische und auch öffentliche Ämter bekleiden“. Außerdem verfüge Afghanistan mittlerweile über eine „nicht nur im regionalen Vergleich vielfältige freie Medienlandschaft“ und „eigene Sicherheits- und Polizeikräfte, nicht zuletzt dank des großen Engagements im Rahmen unseres bilateralen Polizeiprojektes“. Nachzulesen hier.

Natürlich war Maas bewusst, dass er Unsinn redet und dass die „afghanische Zivilgesellschaft“ den Abzug der NATO-Truppen bestenfalls so lange überleben würde, wie es dauert, eine Wasserpfeife anzuzünden. Den Taliban zu unterstellen, sie könnten sich an etwas halten, das „in der afghanischen Verfassung fest verankert ist“, wäre so dämlich, dass man es nicht einmal Heiko Maas zutrauen sollte. Andererseits: Was Maas zur Lage in Belarus und über das Mullah-Regime in Teheran sagt, ist von ähnlicher Qualität. 

Man kann für und gegen den Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan argumentieren. Möglich, dass der Einsatz von Anfang an sinnlos war. Ihn in der Hoffnung fortzusetzen, die Taliban würden irgendwann aufgeben und auf „Influencer“ umsatteln, wäre noch sinnloser. Allerdings – zu behaupten, der Einsatz sei ein Erfolg gewesen, weil vom afghanischen Boden kein terroristischer Angriff mehr geplant und vorbereitet werden kann, ist eine halluzinogene Idee. Woher will Maas das wissen? Hat er einen Informanten im Vorstand der Taliban? 

Der Westen, schreibt Thomas Schmid auf WO, habe sich der Illusion hingegeben, „es könne gelingen, die herkömmlichen Stammes- und Clan-Strukturen, wenn nicht zu überwinden, so doch mit einem zentralen, verbindlichen Rechtsstaat kompatibel zu machen“. Afghanistan habe „das Zeug, eine wahre multikulturelle Gesellschaft am Hindukusch zu werden“. Zu diesem Missverständnis hätten auch viele NGOs beigetragen, die in ihre Heimatländer berichtet haben, „der Fortschritt sei nicht mehr aufzuhalten, die Umstellung der Landwirtschaft vom Mohnanbau für Drogen auf Gemüse- und Getreideproduktion sei voll im Gange, dass Mädchen in die Schule gehen können ...“

Heute wissen wir: Alles nur Wishful thinking, gepampert mit Milliarden von Dollars und Euros zugunsten von NGOs, die auch in anderen Krisengebieten, unter anderem in Gaza, aktiv sind. Jetzt warten wir die nächste Aktuelle Stunde im Bundestag ab, in der Heiko Maas erklären wird, wie er sich die Förderung der Zivilgesellschaft in Belarus vorstellt. 

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Leserpost

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Peter Bernhardt / 09.08.2021

@Wolfgang Nirada   Wer nicht weiß, was Krieg ist, der gehe in den Krieg. Noch ein “zum Beispiel”;  Ist den Bolschewiken im WK2 ein Lazarett in die Hände gefallen wurden die Verwundeten grausamst und widerlich zu Tode gefoltert (Augen ausgestochen und dann kastriert) oder bei Kälte mit Wasser übergossen und aus den Fenstern geworfen! Abgeschossene Flieger wurden in der Regel umgebracht.

Heinrich Hein / 09.08.2021

Der klein gewachsene wunderschöne Außenminister mit den viel zu engen Anzügen irrt nie!

Helmut Kassner / 09.08.2021

Die Sicherheit der BRD wird auch am Hindukusch verteidigt. So tönte vor fast 20 Jahren ein gewisser Peter Struck, damals Verteidigungsminister. Da ja wohl am Hindukusch nichts mehr verteidigt wird und wurde, bin ich gespannt wie es jetzt mit der Sicherheit in D weitergeht. Es ist die verdammte Arroganz der führenden westlichen Staaten anderen Ländern und Völkern ihre Kultur, ihr Verständnis von Demokratie, ihre Lebensweise aufzuzwingen und das mit Gewalt , letztlich in gleicher Weise wie diese Staaten damals die Kolonien unterjocht haben. Für diese Taten sollten die entsprechenden Führer ebenfalls vor ein Kriegsverbrechergericht gestellt werden.

Klaus Schmid Dr. / 09.08.2021

Da gibt es mörderische Islamisten, und wegen denen gibt es großes Sicherheits-Theater. *** Dann gibt es aber auch die normalen islamischen Migranten die größtenteils friedlich sind, aber die das Land in großer Zahl besiedeln und ihrer Lehre entsprechen gestalten, verwalten und dominieren(!) sollen und werden. Und diese Menschen sagen sich: “Wir sind hier, werden nie mehr gehen und per Kinderreichtum irgend-wann das Land per Demografie und Demokratie übernehmen und unsere Werte(!) durchsetzen.” Gegen diese Strategie ist leider nur Hilflosigkeit, Resignation oder sogar Kooperation zu erkennen.

giesemann gerhard / 09.08.2021

@Christiane Bauer: Wenn es Frauen und Mädchen sind, ja, wenn Kerle nein. Nur die Opfer genießen Asyl. Schleppt ein Opfer einen Täter mit an, dann raus, alle beide.

Wilhelm Schlatter / 09.08.2021

Der Zynismus des Herrn Maas ist hemmungslos und macht fassungslos. Man wähnt sich in einem schlechten Nachkriegs-Nazifilm mit pädagogischen Texten und Dialogen, die das Böse der Protagonisten durch gesteigerten Zynismus ihrer Äusserungen noch hervorhebt.

Kurt Engel / 09.08.2021

Politiker/innen-Leitspruch:  Nicht das Erreichte zählt, es reicht das Erzählte.

Harald Oczko / 09.08.2021

Keiner verkörpert die deutsche Dämlich- und Überheblichkeit besser als dieser Fleisch gewordene Konfirmandenanzug. Wenn er schon mal das Wort ergreift, dann kommt konsequent nur Mist dabei raus. Der Typ ist zum Fremdschämen. Aber Maas ist nun mal ein Produkt des neudeutschen Zeitgeistes, das lässt sich auf den Rest dieses politischen Establishments locker übertragen. Und Genosse Michel wird die Rechnung serviert bekommen, wenn es demnächst dann eine Neuauflage von 2015 mit den aus dem zurückeroberten Land flutenden Flüchtlingen geben wird. Und man kann es den Flüchtenden nicht mal verdenken, dass sie dann auf jeden Fall hierher wollen. Dann heißt es einmal mehr: Wir schaffen das ! Bis zur nächsten globalen Volksbeglückung.

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