Georg Etscheit / 18.07.2021 / 06:15 / Foto: Pixabay.com / 147 / Seite ausdrucken

Hochwasser-Katastrophe: Tote und politische Profiteure

In vormodernen Zeiten war jedes sich ankündigende Unwetter eine unmittelbare Bedrohung für Leib, Leben und Besitz. Damit das Unheil an einem vorüberziehen möge, stellten die Bauern Wetterkerzen ins Fenster, fielen auf die Knie und beteten. Im Altöttinger Kapell-Laden wurden 1817, wohl wegen des gewitterreichen Sommers, 270 358 Stück abgesetzt, so viele wie nie zuvor. Wenn es einen traf, wenn ein Blitz einschlug und der Hof abbrannte, wenn eine Flutwelle oder ein Sturm all das, was Generationen zuvor geschaffen hatte, dem Erdboden gleichmachte, waren die Menschen ohne Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Elementarschadenversicherung oft auf sich allein gestellt und mussten, so sie überlebt hatten versuchen, wieder von vorne beginnen.

Heute ist dieses Gefahrenbewusstsein weitgehend verlorengegangen. Das zeigen auch Bilder von der jüngsten Flut in Eifel und Bergischem Land, wo Schaulustige die steigenden Wassermassen vom vermeintlich sicheren Ufer aus betrachteten und ihre Handys zückten, um den Lieben daheim hübsche Fotos von den Naturgewalten ins Wohnzimmer zu schicken. Auch bei einem heftigen Gewitter freuen sich viele Menschen, anstatt sich zu ängstigen, und genießen den ungewohnten Nervenkitzel. Natur ist meist keine reale Bedrohung mehr, sondern ein gefährdetes Subjekt, dem man Schutz und Hilfe angedeihen lässt, von der Bienenrettung bis zum „Klimaschutz“.

Wenn dann wirklich einmal die immer noch weitgehend unberechenbaren Kräfte der Natur gnadenlos zuschlagen und wie jetzt an Ahr und Rur innerhalb weniger Stunden Chaos, Verwüstung und Tod hinterlassen, wird sogleich die Frage gestellt, wie „so etwas“ passieren könne. Reflexartig wird nach Verantwortlichen gesucht und Politiker aller Couleur eilen in die Katastrophengebiete, um Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.

Nichts ist ihnen verhasster, als hilflos dazustehen und sagen zu müssen, dass „so etwas“ eben passiert, dass man das Ausmaß des Unglücks nicht habe voraussehen können und man leider nicht mehr tun könne, als aufzuräumen und die Opfer zu betrauern. Demut vor den Naturgewalten, gar vor Gott als deren Dirigenten, ist keine Option im Zeitalter anthropozentrischen Allmachtsglaubens. Selbst die Kirchen organisieren keine Bittprozessionen mehr, um im Angesicht der Naturgewalten die Hilfe Gottes und der Heiligen zu erflehen. Sie assistieren höchstens bei der öffentlichen Trauerfeier für die Opfer.

Kurz vor dem Weltuntergang?

Mit dem Klimawandel, respektive der „Klimakrise“ existiert zudem ein Narrativ, das als Erklärung für nahezu jedes Wetterphänomen herhalten muss. Ob ungewöhnliche Schneemassen im Winter, ob Dürre oder Sturzfluten, Hitzewellen oder ein Tornado. Schuld ist immer der Mensch selbst und die von ihm verstärkte Erderwärmung. Und jagt mittlerweile nicht ein „Extremwetterereignis“ das andere? Gerade erst eine „historische“ Hitzewelle in Kanada und den USA, jetzt „nie dagewesene“ Sturzfluten in Deutschland. Man erinnert sich auch noch an Bilder des überschwemmten Markusplatzes in Venedig und der Golden Gate Bridge im Feuerschein brennender Wälder. Immer heißt es, „seit Menschengedenken“ habe es nichts Schlimmeres gegeben und die Medien konstruieren daraus ein permanent sich steigerndes Horrorszenario. Der Weltuntergang steht unmittelbar bevor, wenn nicht JETZT und SOFORT gehandelt wird!

Doch die statistische Wirklichkeit ist ernüchternd banal. Wie selbst der regierungsamtliche Deutsche Wetterdienst (DWD) auf Achgut-Anfrage noch einmal bestätigt hat, gibt es derzeit keine belastbaren Daten, die darauf hinweisen, dass solche Extremwetterereignisse zugenommen hätten, aus welchen Gründen auch immer. „Tatsächlich ist es so, dass sich die Vermutung festigt, dass Starkregen in Zukunft intensiver und häufiger auftreten wird. Diese Änderungssignale sind aber in Deutschland regional und auch jahreszeitlich recht unterschiedlich. Allgemein sind extreme Einzelereignisse zunächst kein Beleg für den Klimawandel. Nur langjährige Beobachtungen können zeigen, ob die Häufigkeit bestimmter Ereignisse zugenommen hat oder nicht. Gerade bei extremen Ereignissen, die also nur selten vorkommen, ist es besonders wichtig, einen sehr langen Zeitraum zur betrachten. Ob der Klimawandel nun genau dieses oder jenes Unwetterereignis verstärkt hat, kann leider nicht ohne weiteres oder gar pauschal beantwortet werden.“

Die gewundene Formulierung der amtlichen Wetterforscher kann man auch so ausdrücken: Nichts Genaues weiß man nicht. Ihr Blick richtet sich nur in die Zukunft und die von ihnen herangezogene Klimamodelle, die einen mehr oder weniger deutlichen Anstieg bei Überschwemmungen im Zusammenhang mit der Erderwärmung errechnen, sind besonders unzuverlässig, wenn es darum geht, hydrologische Ereignisse in Vergangenheit oder Zukunft abzubilden.

Der Spiegel berichtete übrigens schon 2016 über schwere Unwetter und die „bizarre Sehnsucht nach dem Klimawandel“ und berief sich dabei ebenfalls auf Mitteilungen des DWD und des Umweltbundesamtes, die keine Trends bestätigen konnten. Heute versteht sich das „Nachrichtenmagazin“ als Zentralorgan der Klimaapokalyptiker und lässt keinen Tag verstreichen, um die Panik nicht noch ein wenig mehr anzuheizen.

Die Macht der Bilder ist stärker als Fakten

Doch die ernüchternde Botschaft des Spiegel-Berichts ist längst ebenso der Vergessenheit anheimgefallen wie die zahllosen Flutkatastrophen, die immer wieder auch über Deutschland hereingebrochen sind und die man an historischen Flutmarken im ganzen Land ablesen kann. So wurden weite Teile Europa nicht im Zeitalter der Klimakrise von den verheerendsten Überflutungen heimgesucht, sondern zu Beginn der sogenannten Kleinen Eiszeit im Jahre 1501, an der oberen Donau als „Himmelfahrtsgieß“ bekannt. Nur die Magdalenenflut im Sommer 1342 könnte noch höher aufgelaufen sein, doch hier fehlen halbwegs zuverlässige Messungen. Auch im engen Ahrtal kam es immer wieder zu verheerenden Überschwemmungen, die zweifellos durch andauernde Zersiedelung und Flächenversiegelung verstärkt werden. Oft gibt es auch sogenannte Ereigniscluster in denen sich Jahre in Folge bestimmte extreme Wetterphänomene häufen. Die Gründe sind weitgehend unbekannt.

Doch die Macht der Bilder ist gebieterisch und kann den Fakten ebenso wenig standhalten wie Häuser, Brücken und Straßen der Sintflut. Wer sieht, wie sich ein sonst friedlicher Fluss, an dessen Gestaden sich liebliche Weingärten entlang ziehen, zum tobenden Monster wird, das alles verschlingt, was ihm im Wege steht und eine Schneise blanker Verwüstung hinterlässt, dem kann auch am Flachbildfernseher, wo diese Bilder in Endlosschleife laufen, Angst und Bange werden. Es scheint, als werde da immer noch und immer aufs Neue eine in alle eingeschriebene Urangst aktiviert, die Angst vor den unberechenbaren Naturgewalten, gegen die der Mensch trotz all seiner Technik und Wissenschaft immer noch weitgehend machtlos ist.

Beim Betrachten dieser Bilder beschleicht einen noch eine andere Angst. Die nämlich, dass unsere Politiker diese Bilder und ihre Wirkung auf das Publikum dafür nutzen, wieder einmal „alternativlose“ Maßnahmen zu verkünden. Man nennt das den Fukushima-Effekt. Im Banne der Live-Aufnahmen der explodierenden Reaktorgebäude nach dem Mega-Tsunami im fernen Japan verordnete die Kanzlerin 2011 den endgültigen Atomausstieg, um den Grünen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg das Wasser abzugraben, was bekannterweise misslang.

Auch in diesem Jahr stehen Wahlen an, sogar Bundestagwahlen, und der Kanzlerkandidat der Union, dem der Sieg (noch) sicher scheint, ist Ministerpräsident jenes Landes, in dem sich die Flutwelle ereignet hat, die zuerst von der grünen Co-Fraktionsvorsitzenden Göring-Eckhardt als unbedingte Folge der Klimakatastrophe klassifiziert wurde, verbunden mit der Forderung „dringend Veränderungen herbeizuführen“. Jener Ministerpräsident wurde jüngst von einem Grünen der Mitschuld an den Hitzetoten in Kanada geziehen, weil er es gewagt hatte, für sein Land einen Mindestabstand von gerade mal 1000 Metern zwischen Wohnhäusern und 300 Meter hohen Windkraftwerken einzuführen.

Wäre es völlig undenkbar, wenn die Kanzlerin in den nächsten Tagen vor ihr Volk träte und verkündete, das Kabinett habe gerade den Klimanotstand über das ganze Land verhängt, verbunden mit zahlreichen Sofortmaßnahmen: Vollständiger Kohle- und Verbrennerausstieg bis 2025, und 10 000 neue Windräder pro Jahr, gebaut vom Staat in Eigenregie, wobei leider auf die Befindlichkeiten einiger Betroffener keine Rücksicht genommen werden könne, schließlich gehe es ums Ganze. Und wenn der Strom einmal ausfiele, was auch in anderen Ländern wie Indien vorkomme, dann könne man sich im Winter ja, würde die Kanzlerin in ihrem Schwurbeldeutsch verkünden, „nen warmen Pullover“ überziehen. Überhaupt: Wir schaffen das“, würde sie sagen vor Deutschland-, Europa- und NRW-Fahne, wir hätten ja auch Corona besiegt, mehr oder weniger jedenfalls. Und wir würden jetzt profitieren von dem, was wir in der Coronakrise gelernt hätten.

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A. Ostrovsky / 18.07.2021

@Anna Vogel : Bestimmt werden Sie jemanden finden, der einen eindeutigen Zusammenhang zum Klimawandel vermutet. Ich kenne keinen Zusammenhang. Die Wirbel der Luft sind chaotisch, Wir leben in einer Westwindzone. Das bedeutet aber nicht, dass der Wind immer genau aus Westen bläst. Gestern z.B. hat es Salzburg, Hallein und Berchtesgaden erwischt, weil dort den halben Tag lang der Wind langsam aus Nordosten kam und extrem viel Regen mitbrachte. Vorher war über Deutschland ein Wirbel, der sich entgegen dem Uhrzeiger drehte. Der kam über dem Rhein aus Norden, über Stuttgart aus Nordwesten, über München aus Westen und über Salzburg aus Südwesten. Dann hat sich über Salzburg der Wirbel abgekoppelt, kam zum stehen und kam dann gestern von Nordosten. Was ist da die Ursache? Gleichzeitig gab es über Prag einen Wind aus Südosten und über Ostsachsen aus Osten. Das ist immer noch ein linksdrehender (langsamer) Wirbel, der vermutlich mit einem größeren Wirbel im Süden zusammengestoßen ist und deshalb über Salzburg die Luft dann erst stehen bleib und dann die Richtung wechselte. Da gab es auch heftige Gewitter, wie immer, wenn verschiedene Luftbewegungen zusammenstoßen. Wenn Sie den Wetterbericht im Fernsehen oft sehen, ist so eine Situation keine extreme Seltenheit. Sommergewitter gibt es schon immer. Diesmal war sehr viel Wasser dabei. Das ist auch nicht so extrem selten. Allerdings bewegen sich normalerweise Gewitterfronten sehr viel schneller und regnen ihr Wasser über einem größeren Gebiet ab. Hier war es sehr konzentriert. Weiterhin gab es in diesem Raum abends Bodennebel, was auf kalte wassergesättigte Luft am Erdboden hinweist. Wieviel Wasser aus den tiefen Schichten dazu kam, kann man schwer schätzen. Aber sowas verursacht fallenden Wind. Von oben also wassergesättigte Luft, die beim Absinken abgekühlt wird. Das macht extreme Regenmengen. Jedes Detail noch im normalen Bereich. Das Zusammentreffen mehrerer Umstände ist dann schon viel seltener.

Jürgen Fischer / 18.07.2021

@K.Lehmann, der Helge Lindh hat doch nen Sandsack in die Kamera gehalten (ob da wirklich Sand drin war?). Zum Werfen war er offensichtlich zu schwach (der Lindh, nicht der Sandsack).

g.schilling / 18.07.2021

Besonders interessant ist die Zusammensetzung der Helferschaft. Ich sehe auf den Bildern weder woke Städterinnen und -außen, noch die zahlreich aus vorgeblich prekären Lebenssituationen zugewanderten noch die FFF Hüpferinnen und -außen.  Ach so, die sind gerade per Verbrennungsmotor unterwegs zur Demo gegen RÄCHTS oder aus Solidarität nach Leipzig-Connewitz. Na dann, glück auf.

g.schilling / 18.07.2021

@Petra Kehr: Nicht nur das Katastrophenschutzamt, alle zuständigen Behörden haben mal wieder versagt. Wie fast täglich. Egal um welche Aufgabestellung es sich handelt. Versagen, versagen, versagen. (Justiz, Gesundheit, Kinder usw. ) Deutsche Gründlichkeit geht immer noch vor echtem Erfolg. Wahrscheinlich war mal wieder die Fax-Rolle alle. So konnten weder Landräte noch Feuerwehren informiert werden. Die aus Kriegszeiten bekannten Warnsirenen wurden ja flächendeckend abmontiert. Die wenigen verbliebenen funktionieren größtenteils nicht. Aber es gibt ja eine APP. Die nutzt mir aber gar nichts wenn ich im Tiefschlaf bin.

Frances Johnson / 18.07.2021

@ Edgar Timm: Wo haben Sie denn das ausgebuddelt? Ganz hervorragend.

Leo Hohensee / 18.07.2021

@Thomas Brox - keinerlei Ergänzung meinerseits! Sie haben dieses missratene Sackratten-System treffend beschrieben ! beste Grüße

lutzgerke / 18.07.2021

Wir reden zu viel über Macht und Herrschaft und bringen Beweise für noch mehr Macht und Herrschaft und wie sie das anstellen und zu wenig darüber, wie wir das abstellen können. Macht und Herrschaft und Unrecht haben immer weichen Stellen. Die weichen Stellen sind das Interessante und nicht die Panzer. Hätte Arminius gewartet auf den römischen Panzer, hieße die Geschichte heute: Der Sieg des Varus und seiner Legionen. / Ich weiß nicht, ich weiß nicht, die Auflistung der Niederlagen im Internet hat nichts, was mich ermutigt.    

Martin Wogenstein / 18.07.2021

Danke, @Paul Greenwood, für den Hinweis in der Sunday Times von heute"Germany knew the floods were coming,...”. Ich hoffe, daß die Anwälte der Versicherungen den Teil der Kosten, welchen sie nicht zu vertreten haben, von den Verantwortlichen einklagen. +++  Ich wünschte, wir hätten einen Jonathan Pie/Tom Walker…

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