Hochkonjunktur für „Widerstands-Content“

Jeder unpolitische „Content-Creator“ erlag in den letzen Tagen dem Impuls, seine Follower darauf hinzuweisen, dass sie am 23. Februar gegen rechts wählen sollen. Aber es gibt Hoffnung: Der rote Lippenstift wurde von den linken Frauen als eigenes Widerstandssymbol gekapert.

Auf TikTok und Instagram habe ich viele unpolitische Lifestyle-Accounts abonniert, weil ich Mode, Reisen oder Make-Up einfach liebe. Doch fast jeder dieser de facto unpolitischen Content-Creator war in den letzten Tagen der Meinung, seine Follower darauf hinweisen zu müssen, dass sie am 23. Februar gegen rechts wählen sollen. Es gehört praktisch zum guten Ton, sich gegen Rechts (und Friedrich Merz) zu positionieren. Der „Widerstands-Content“ erlebt derzeit Hochkonjunktur. Sei es in Storys, Beiträgen oder Musikvideos.

Die Jugend scheint konservativer zu werden, aber man darf nicht vergessen, dass es auch eine linke Jugend gibt. Und die ist laut und präsent – vor allem auf Social Media. Ein paar Beispiele gefällig? Da wäre zum Beispiel das neueste Glanzstück von Jennifer Rostock, in dem sie Friedrich Merz besingt. Hier nur ein paar Zeilen:

„Wer sagt, er will ne Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger, weiß selber ganz genau, dass das am Bürgergeld nichts ändert ... Populismus ist wie Fahrradfahren: Nur wer nach unten tritt, bleibt oben .. wenn die Armen nicht hungern wolln, dann solln sie eben fasten ...“ Und hier noch meine Lieblingsstelle: „Man muss schon wirklich sehr wenig von Wissenschaft verstehn um zu meinen die Klimakrise sei kein dringliches Problem ... Am Ast sägen, auf dem man sitzt als gäbs noch so viel Äste. Wenns darum geht, ja darum, dann ist Friedrich Merz der Beste.“

Nicht linksradikal?

Na, kommt Ihnen das bekannt vor? Richtig, vor acht Jahren hat sie schon mal so was ähnliches zum Besten gegeben. Damals drückte sie sich noch ein bisschen ordinärer aus: „Nur die dümmsten Kälber, wählen ihre Metzger selber.“ Ein anderer mutiger Widerstandskämpfer heißt Marlon Großhardt, der davon singt, dass sich seine Oma immer zu ihm an den Küchentisch gesetzt und gesagt haben soll: „Nie wieder, das ist jetzt.“ Ebenfalls erwähnenswert, wenn auch bereits bekannt, ist Soffie mit ihrem Song: „Für immer Frühling“, in deren Musikvideo auf einer Demo die Antifa-Flaggen romantisch im Hintergrund wehen, während die Demonstranten Anti-AfD-Schilder hochhalten. Musikalisch sehr schön, ansonsten halt deppert.

Das Schlusslicht bildet KAFVKA mit ihrem Song: „Alle hassen Nazis.“ Sicher, das Stück ist schon sechs Jahre alt, aber dafür wird die Stelle: „Das ist ja nicht mal links, was ich sag, guck mal. Wir sind ja nicht mal linksradikal. Das ist einfach nur normal, alle hassen Nazis“ sehr gerne für Lip-Sync-Videos auf TikTok benutzt – zum Beispiel hier.

Doch es gibt einen Lichtblick: der rote Lippenstift wurde von den linken Frauen als eigenes Widerstandssymbol gekapert (hier und hier). Der Grund: Im Dritten Reich sollen Engländerinnen und Amerikanerinnen ihn als „Victory Red“ oder „Patriot Red“ aufgetragen haben, weil Natürlichkeit bei den Nazis als erstrebenswert galt. „Patriot Red“ erscheint natürlich nicht als Hashtag im TikTok-Algorithmus, denn frau ist selbstredend nicht patriotisch. Zumindest dieser Trend ist abseits vom „Problem-Pony“ und Nasenring ästhetisch.

 

Marie Wiesner, Jahrgang 1999, arbeitet in der Redaktion der Achse des Guten.

Foto: Jendrik Sigwart CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Walter Barth / 05.02.2025

Freiwillig bzw aus Überzeugung machen die das sicher nicht. Würde mich nicht wundern wenn das indirekt (Campact?) über das Demokratiefördergesetz finanziert wird.

Volker Kleinophorst / 05.02.2025

Ich wollte ja nun gerne wissen, wie viele australische Austauschstudenten es in Deutschland wohl gibt. Dazu gibt anscheinend keine Angaben, wohl marginal. Auf der Seite des DAAD gibt es Grafiken, die dann aber nicht vergrößert werden können. Man kann aber in der Miniversion schon sehen, keine Australier in den Top Ten. Suche nach Herkunftsländer. Computer says no.

Heiko Engel / 05.02.2025

Für diese Figuren wird es, vorausgesetzt die Parteiendiktatur wird am 23.02.2025 bestätigt, ein schönes Fitnessangebot seitens der Nato und unseres Obergefreiten BP geben: OSTFRONT. Da können diese Pfeifen bei - 15 Grad Celsius nachts in Stellung den Bart wachsen hören. Sie werden überrascht sein, werte Leser, wie diese derangierten Figuren wieder klar werden denken können. Dauert in der Regel 3 Tage. Dann geht das wieder - also … denken. Schönen Tag !

Robert Schleif / 05.02.2025

Am Gedicht „Wer sagt, er will ne Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger, weiß selber ganz genau, dass das am Bürgergeld nichts ändert ... Populismus ist wie Fahrradfahren: Nur wer nach unten tritt, bleibt oben ...“ ist, außer der erbärmlichen Poesie selbst, doch nichts zu beanstanden, oder? Bloß weil etwas von Linken kommt (die ja obendrein Miterfinder von Hartz IV waren), ist es ja nicht falsch! Bei Äußerungen der Sozialdarwinisten Linnemann und Merz kommt mir tatsächlich stets der Würfelhusten. Da hetzen diese Bonzen tatsächlich die Working poor und Geringverdiener gegen die untersten Unterlinge auf – nach dem Motto: „Wenn die noch weniger haben, hungern und frieren, die Straße fegen müssen und täglich hundert Bewerbungen schreiben müssen, geht es dir sicher schon besser – auch wenn du keinen einzigen Euro mehr in der Tasche hast!“. Wie erbärmlich, gegen die aus der Megamaschine gespuckten Halbinvaliden, psychisch kranken, asozialen oder schlicht aus ökonomischen Gründen überflüssig gewordenen Mitmenschen einzudreschen, um von Neidhammeln und Primitiven schenkelklopfenden Beifall zu bekommen! Und die AfD in Schwerin hat dieses Spiel in Schwerin auch noch mitgemacht. Der Pöbel freut sich, weil er in seiner Dummheit glaubt, dass es den migrantischen und ukrainischen Sozialschmarozern mal ordentlich besorgt wird – aber gerade die betrifft und trifft das eben nicht. Jeder, der bei diesen Hetzern „anspringt“, sollte sich selbst einmal kritisch fragen, woher sein Neid auf den freiwillig oder unfreiwillig zum Bodensatz gewordenen Teil seiner Mitmenschen kommt. Ob er/sie nicht doch besser das üppige Bürgergeld beziehen will, statt fleißig einer ungeliebten Arbeit nachzugehen? Ob er/sie sich einen ausfüllenderen anspruchsvolleren Beruf sucht, den er gern ausübt? Und wem Empathie und Phantasie fehlen, sich in die Lage eines Prekariers zu versetzen, kann sich ja an die „Goldene Regel“ halten: Wie würde es mir wohl gehen, wenn…

T. Schneegaß / 05.02.2025

@Uwe Heinz: Was, Sie verstehen den Artikel nicht? Sie wissen wohl nichts mit „Content-Creator“ anzufangen? Lieben nicht Mode, Reisen oder Make-Up (auf sächsch: Mege-Ub)? Sie kennen Schenniffer Rosdogg nicht? Und auch KAFVKA und Lip-Sync-Videos sind doch nicht etwa beemsche Derfer für Sie? Ihr Leben wäre demnach genau so sinnlos wie meins, wenn ich nicht gerade reise, was ich sehr liebe .

Manfred Knake / 05.02.2025

Der Rechtswahn treibt auch in Ostfriesland irre Blüten. Der „Verein Kulturbrennerei DoKa“ (google hilft) in Norden brennt zwar keinen Schaps, aber auch keine „Kultur“. Da (ver-) brennt es wohl im Gemüt. Alles was „rechts“ von der Mitte ist, ist demnach „rechtsextrem“, „Nazi“ oder „Faschist“. Aktuell liest man auf deren WebSeite im Aufruf dies: „Kein Tee für Nazis – Mit Tee und Licht für Demokratie und gegen den Rechtsruck“ oder „ gemeinsam zu einem Lichtermeer für Demokratie und gegen den Rechtsruck. Mit Tee und Licht wollen wir zusammen ein Zeichen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus, Hass und Ausgrenzung setzen. Also packt eure Teekannen, Laternen und Taschenlampen ein und kommt zum Norder Marktplatz.“ Da fehlt nur noch das Waffeleisen. Natürlich alles brav berichtet in den Lokalblättern. Wer hetzt und grenzt hier eigentlich aus?

Lilja Wiese / 05.02.2025

Wähler sog. “demokratischer Parteien” am 23.02.2025, 18.30

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