Ein interessanter Beitrag, der jedoch bei allem Verständnis für Russland einen leicht getrübten Blick auf die polnische Geschichte wie z.B. die Grenzfestlegung zur Sowjetunion 1920/21 zu haben scheint, Wollte nicht die junge Sowjetmacht die Revolution nach Westen tragen und wurde 1920 erst an der Weichsel durch die Armee des nach 123 Jahren Teilung wiedererstandenen Polen gestoppt?
Meine These zur Affinität Stalins zu Hitler: Stalin meinte, der “National"sozialismus” könne ihn unterstützen in seinem innenpolitischen Kampf gegen Trotzki: Der war für internationalen Sozialismus, während Stalin den “Sozialismus in einem Lande” bevorzugt. Das “Land” Stalins war natürlich die Sowjetunion, so riesig, dass auch heute noch der normale Russe glaubt, dass es außerhalb nur noch Wüste gebe. Ein Russland, das immer noch glaubt, es könne sich selbst genügen. (Die Ideologie “wir sind ein Volk ohne Raum” hat der schlichtweg ignoriert). Natürlich dämmert es vielen Russen, dass das nicht so ist, aber die eher unbedarfte Mehrheit der Russen … ist auch nicht anders als die leicht hirnrissige Mehrheit der Deutschen. Wie auch?
Man sollte gerade die Polen nicht immer als “freidfertiges” Volk in dieserZeitdarstellen, insbesondere wenn bekann sein sollte, dass Mitte der 30er Jahre dort eine ““Militaer-Junta” regierte. Richtig ist auch, dass gegenüber Polen das Deutsche Reich auch vertraglich viele Eingestaendnisse machen wollte, da es Hitler nur um Danzig ging. Diese wurden allesamt entweder ignoriert oder abgelehnt. Nachdem Polen dann die Versicherung hatte, dass Großbritannien und Frankreich in Falle eines Krieges Deutschland den Krieg erklaeren würde, nahmen von Seiten der Polen die Provokationen gegenüber der in Polen lebenden deutschen Bevölkerung schlagartig zu und gipfelte 1937 in eine “Teilmobilmachung” des polnischen Militaers. Man fühlte sich auf polnischer Seite durch diesen “Beistandspakt” so sicher, dass man es sich leisten konnte, das Deutsche Reich immer weiter zu demütigen und so regelrecht in einen Krieg zu treiben. Auch dieser “Schmarrn” von deutschen “Überfall” auf Polen sollte man endlich ad acta legen, denn hinter den Kulissen, auf amerikanischer, polnischer, französischer und englischer Seite wurde schon lange wieder von einen Krieg gegen das Deutsche Reich getrauemt. Hauptantreiber waren hier die USA, da Roosevelt dadurch einen “İmpuls” für die amerikanische Wirtschaft sah und auch die Finanzwelt eifrig “Darlehen” in allen Richtungen vergab. Man muß sich nur mal die wirtschaftliche Lage Amerikas in den 30er Jahren anschauen und weiß dadurch sehr genau, “warum” es wieder Krieg geben mußte.
Wer anderen unscharfe Beschreibungen und Begriffe vorwirft sollte selbst um solche bemüht sein, Herr Zeyer - dann sollte z.B. nicht unterschlagen werden, dass es schon während des 1. Weltkrieges unter der weitgehenden Besetzung der Ukraine durch deutsche Truppen klare, aus der Ukraine selbst hervorgehende Sezessionsbestrebungen von Russland gegeben hatte - und dass Polen 1921 eben keineswegs “Teile Russlands” sondern eben Teile der westlichen Ukraine annektierte. Und die völlig falsche Behauptung, die Kreise um Stauffenberg hätten versucht den westlichen Alliierten einen Separatfrieden anzubieten, um mit denen einen weiteren Angriffskrieg gegen die Sowjetunion zu führen ist ein weiteres Beispiel, wie interessierte Kreise die Motive des 20. Juli zu diffamieren versuchen. Die tastenden Versuche nach einem Separatfrieden strebten allein (was allein schon aus der Kriegs- und Wirtschaftslage auch faktisch gar nicht anders möglich war) nach einem Defensivpakt gegen Osten - gegen die Besetzung Deutschlands (und vielleicht noch Ostmitteleuropas) durch sowjetische Truppen.
Sehr geehrter Herr Zeyer, nur zu einem Punkt: Die Frage, warum im September 1939 von Frankreich und Großbritannien nur dem Deutschen Reich der Krieg erklärt wurde (spätestens am 18. September wäre auch eine Kriegserklärung an die Sowjetunion fällig gewesen, würden nur Aufrichtigkeit und Moral eine Rolle in der Politik spielen). Es gibt übrigens eine englische (?) Karikatzur, die Hitler und Stalin als Mörder Polens darstellt, und es gibt Photos von Verbrüderungsszenen zwischen Wehrmachtssoldaten und Angehörigen der Roten Armee am Bug. Allerdings kannten die Westmächte das geheime Zusatzprotokoll zum Ribbentrop-Molotow-Pakt (so die polnische Bezeichung des Hitler-Stalin-Pakts) nicht (als Rudenko in Nürnberg vom “heimtückischen Überfall ” auf Polen sprach, soll Göring gefeixt haben [so die Aufzeichnungen Gilberts]). Das Kalkül Englands und Frankreichs war wohl ein anderes: Hätte man der UDSSR den Krieg erklärt, hätte dies Hitlerdeutschland und Stalins UDSSR wesentlich enger aneinander geschmiedet, als sie es bereits waren. Frankreich rechnete mit einem längeren Krieg mit dem Reich. In der Annahme, das Reich werde sich an der Maginotlinie die Nase blutig stoßen, lag zugleich die Hoffnung, die SU werde sich von D wieder lösen und man könne D wieder den bewährten Zweifrontenkrieg aufzwingen. Zudem hatten fähige Militärs wie de Gaulle oder Fuller und Lidell Hart ihre militärische Führung darauf aufmerksam gemacht, dass die Deutschen die erheblich modernere Panzertaktik hätten und ein flexibleres operatives Denken als seine potentiellen Gegner. Deutschland galt also bereits vor der für Frankreich katastrophalen Niederlage (Scichelschnittplan Mansteins) als militärisch stärkste Kontinentalmacht, da Stalin ja sein militärische Genie Tuchatschewski beseitigt hatte und die Rote Armee nur noch von zweit- und drittklassigen Generälen geführt wurde.
Was will uns dieser Artikel sagen? Mit Putin, dem lupenreinen Demokraten, wird alles gut?
Am interessantesten finde ich persönlich die Frage, wie man seinerzeit diesen Vertrag der Bevölkerung des Deutschen Reichs gegenüber argumentativ vertreten hat? Einen solchen Pakt zu schliessen, ausgerechnet mit Russland, dem Land der “Bolschewisten” - dies immerhin einer der meistgenutzten Kampfbegriffe der Nationalsozialisten? Man verbündet sich mit einem Erzfeind - und niemand wundert sich? War damals die Propaganda bereits derart geschickt, dass der Bevölkerung dieser Widerspruch nicht auffiel? Lenkte man auf höhere Interessen ab? Galt er gar als Indiz für den Friedenswillen Hitlers und Stalins? Oder wurden etwaige kritische Rückfragen bereits im Keim erstickt? Wie auch immer: erinnert fatal an moderne Zeiten.
Der Tenor des Artikel ist okay. Aber es ist dennoch nicht zu leugnen, dass die Politik Stalins durchaus auf Expansion der Sowjetuinion zulasten anderer osteuropäischer Staaten gerichtet war. Hier gab es in einem historischen Moment eine Koinzidenz mit den Interessen Hitlers, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Stalin war es sicherlich nicht verborgen geblieben, dass Hitlers Krieg und seine oft wiederholte “Weltanschauung” ein klares antibolschewistisches Motiv hatten. Hinzu kommt, dass Stalin offenbar die militärischen Fähigkeiten Deutschlands grotesk überschätzte und anderseits Hitler die der UdSSR ebenso grotesk unterschätzte. Für Stalin war der Rippentrop-Molotow-Vertrag einerseits Zeitgewinn, anderseits aber auch die Chance, territoriale Zugewinne zu erzielen und die Gebietsverlust des 1. WK wettzumachen. Beides schließt sich ja nicht aus. Gleichwohl steht hinter der Politik Russlands seit jeher der Panslawismus, ideologisch unterstützt von der Vorstellung, dass Russland sozusagen die Nachfolge des öströmischen Reiches innehält, mithin Russland die Schutzmacht aller orthodoxen Christen ist; und wer schützt, hat auch die Macht. Der russische Imperialismus ist also durchaus eine historische Konstante. Ebenso die sich aus der Lage und Größe Russlands ergebenden geostrategischen Schlussfolgerungen, etwa, was die Marine betrifft oder die Kontrolle des Kaukasus oder die Frage des Verhältnisses zur Türkei oder zu China. Es sind ja nicht nur die Polen, die die Machtpolitik des Kreml fürchten, die Ungarn, Rumänen, Tschechen, Slowaken und so fort sehen das auch so. Es gibt in Putins Denken deutliche Anleihen an zaristische, aber auch sowjetische Vorstellungen über die Rolle Russlands. So falsch “Gleichsetzungen” sind, so falsch wäre es, die long durée zu unterschätzen, die die Politik Russlands seit Jahrhunderten prägt und bestimmt.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.