Heute schon gehasst?

Für manche ist das keine Frage, sie hassen gewohnheitsmäßig. Sie hassen Hering und lauwarmen Kaffee, Fußball, Rasta-Locken und Glatzen, Bücherleser, Mozart und Unmaskierte. Manchmal auch sich selbst. Redereien sind das, klar. Vielleicht wissen manche von denen gar nicht, wie Hass „geht“, einfach, weil sie noch nie wirklich gehasst haben. Hass aber, Hass im eigentlich Sinne, ist tief innen angelegte Feindseligkeit, eine auf Liquidierung gerichtete Abneigung, oft gepaart mit Gewaltvorstellungen. Im schlimmsten Falle mit Verbrechen, mit Krieg.

Der Begriff „Hass“ ist so negativ besetzt, dass er liebend gern einem Gegner unterstellt wird, einfach, um ihn zu diffamieren. Heutzutage vorzugsweise im Internet. Grenzenlos ist es. Hier kann man ohne Mühe seinen Hass auf den Chef anbringen, auf das andere Geschlecht, eine andere Ethnie, eine andere Partei oder auf den früheren Freund, die frühere Freundin.

„Hate speech“ ist mittlerweile zu einem Begriff geworden, wenn es um die Verleumdung ganzer Bevölkerungsgruppen geht. Ebenso um die Diffamierung von politisch Andersdenkenden. Allein weil sie einer anderen Meinung sind, unterstellt man ihnen Hass und Hetze. Nicht den Roten und Grünen, nein, natürlich nur den Rechten beziehungsweise Rechtsextremen (früher „Konservative“ genannt). Das Etikett klebt. Auch ohne sonderliche Begründung. Kurz und bündig hieß es im alten Rom: Semper aliquid haeret − verleumde nur dreist, irgendetwas bleibt immer hängen.“

Hass dauert

Im Unterschied zu Wut und Zorn, die irgendwann mal verfliegen, ist Hass eher von dauerhafter Art. Wie sein Gegenstück, die Zuneigung, die Liebe. Nur eben mit umgekehrtem Vorzeichen. Hass geht mit einem unverwechselbaren Gefühl einher, wie wir es andererseits vom Schmerz her kennen, vom Hunger, vom Stolz, der Scham, der Freude oder eben der Liebe. Allesamt sind das Elemente unserer seelischen Grundausstattung. Nur ist Hass von der Vernunft, vom Willen her weit schlechter zu steuern. Oft auch gar nicht.

Den Mörder, der vom Hass auf den Nebenbuhler gesteuert wird, gibt es nicht nur in Krimis. Oft auf lange Hand hin vorbereitet, weiß der Mörder, dass er mit seiner ruchlosen Tat die Geliebte nicht zurückholen kann, und er ahnt, den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verbringen. Doch egal, Hauptsache der Mistkerl ist tot! In anderen Fällen bleibt das Tötungsbegehren unerfüllt, die brodelnden Gefühle gehen dann in chronischen Stress über und machen den verhinderten Täter krank. Es kommt zu Herz-Kreislauf-Problemen, das Immunsystem macht schlapp und die Infektanfälligkeit nimmt zu, Depression zeigt sich, auch Angst- oder Panikzustände und Abgleiten in die Sucht.

Ätzend, wenn Partner, denen ihre Liebe abhandengekommen ist, in eine Art von toxischem Schweigen verfallen. Der gegenseitige Hass scheint ihnen keine Wahl zu lassen. Neid ist ebenfalls ein verbreiteter Hassfaktor. Wieso, mag sich da einer fragen, wieso fährt dieser Typ, der da von nebenan, mit solch einem Schlitten durch die Gegend, während ich, obwohl tausendmal fähiger als der Blödmann, nur diesen angekratzten Blecheimer habe? Den auch noch aus dritter Hand! Krumme Geschäfte müssen das bei dem Kerl sein, was sonst? Völlig zurecht habe ich der sympathischen jungen Frau, die er sich rangeangelt hatte, der habe ich – jawohl − Bescheid habe ich der gesagt, und aus war’s mit den beiden!

Bis hin zum Selbsthass

Hass mag gar nicht so selten auch auf sich selbst bezogen sein. Man vergleicht sich mit Anderen, findet sich zu dick, zu dünn, zu dumm, zu erfolglos, zu wenig geliebt, man versucht das zu ändern und – schafft es nicht. Aggressionen gegen sich selbst mögen daraus entstehen. Bis hin zum Todeswunsch, bis hin zur Selbsttötung.

Hass, ein derart negatives Phänomen, warum gehören das Hassgefühl und die mit ihm verbundene Triebkraft, die Aggression, zu unserer Grundausstattung? Gleich ob uns das recht ist oder nicht, es sind Urkräfte, die der Stammesgeschichte von Tieren wie auch von uns Menschen obwalten. Angriff oder Verteidigung heißt es da, bei Unterlegenheit droht die Ausrottung. In naturnahen menschlichen Gesellschaften ist dieses Prinzip noch heute zu beobachten, in Reinkultur gewissermaßen − für unser westliches Werteverständnis alles andere als eine heile Welt.

In der Autobiografie „Dschungelkind“ von Sabine Kuegler können wir diese Welt vom heimischen Sofa aus nachempfinden. Noch anschaulicher in dem hiernach gestalteten Film (siehe ARD- und 3sat-Mediathek). Als Tochter eines Sprachforscher-Ehepaares stellt Sabine Kuegler hochauthentisch dar, wie sie im Stamm der Fayu in Westguinea aufgewachsen ist und zusammen mit ihrer Familie, einst selbst Hassobjekt, bemüht war, die Probleme dieser Mitmenschen tragen zu helfen.

Das Hass-Erleben wird weder im Herzen noch im Magen generiert, natürlich nicht, sondern im Gehirn. Aber wo im Gehirn? Dazu gibt es Untersuchungen mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanzenzephalographie (fMRT). Das Verfahren ermöglicht neben hochauflösenden Bildern von Hirnstrukturen zugleich deren Durchblutungsgrad zu beobachten und somit aktivere von weniger aktiven Zonen zu unterscheiden. Im entsprechenden Fall wurden den Versuchsteilnehmern Bilder von ihnen verhassten Personen gezeigt und diese im Wechsel mit solchen von ihnen unbekannten. Vor allem zwei Hirnregionen fielen dabei durch erhöhte Aktivitäten auf, beide in der Tiefe des Großhirns gelegen: das Putamen und die Insula. Jedoch sind Bemühungen, seelische Zustände im Gehirn auf Biegen und Brechen verorten zu wollen, in der Zwischenzeit als sogenannter „Lokalisationismus“ ins Zwielicht geraten. Die Verschaltungen der Nervenzellen innerhalb des Gehirns wurden als viel zu komplex und viel zu weitgreifend erkannt, als dass eine derart grobe Zuordnung zu anatomisch abgrenzbaren Regionen jemals Aussicht auf Erfolg haben könnte.

Frieden! Frieden?

Die zerstörerische Wirkung von Hass ist gefürchtet. Nicht nur der Adressat mag darunter leiden, auch der Adressant, und im Extremfall winken auf beiden Seiten Tod und Verderben. Im Kleinen wie im Großen. Psychiater und Psychotherapeuten empfehlen, man möge auf beiden Seiten zunächst versuchen, den Hassgrund zu analysieren. So objektiv wie nur möglich. Dazu gehört auch einmal die Perspektive zu wechseln, sich, mit anderen Worten, in die Position des Hassenden beziehungsweise des Gehassten zu versetzen. Und das mit Gelassenheit, noch besser mit einem Quäntchen Humor. Beides hilft beim Loslassen. Und am Ende dann: Verzeihen, Frieden. Eine Win-Win-Situation.

Nur eben, den Frieden muss man wollen. Im Privaten gut vorstellbar, aber kaum wohl in der Politik. Dort lebt alles von der Konfrontation. Ein Friedensschluss mit dem Gegner −  welch Katastrophe! Denn wozu bedürfe es dann überhaupt noch der Politiker? 

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Leserpost

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Fred Burig / 26.10.2022

@Harald Unger: “...  Da es sich auch um die größte Angst Henryk Broders handelt, ....” Wie jetzt, bei dem auch? - Neee? - Doch! Ist aber keine Entschuldigung für sein Sympathiegehabe für Baerbock und Konsorten, oder? MfG

Volker Kleinophorst / 26.10.2022

Hass ist ein Gefühl, total individuell. Und wie Gefühle oft, kurzfristig. Hass ist das Gegenteil von Liebe. Beides kann sehr ungesund sein. Doch man kann es nicht verbieten. Will auch keiner, am Steuerknüppel ist der schönste Platz. Da hat @ Schönfelder vollkommen recht. Man spaltet um Hass zu erzeugen, den man “Solidarität, Rassismus” und “Kein Platz für Hass und Hetze” krakelend dann instrumentalisiert. Niemand hetzt in D so fanatisch gegen Abweichler aller Art wie “Unsere Demokratie”, Propagandamedien und die selbsternannte “Zivilgesellschaft” von Antifa, FFF, (N)GOs bis zu Omas gegen Rechts.

Peter Jaszczyk / 26.10.2022

Hass & Rache ist eine Handlung,die man begehen möchte,weil und wenn man machtlos ist.- Verfasser unbekannt

Thomas Szabó / 26.10.2022

Nanny Faeser bemüht sich den Hass in der Gesellschaft abzuschaffen, sie gar zu verbieten, indem sie alle negativen, kritischen Äußerungen unterdrückt & tabuisiert und danach trachtet eine allgemeine heitere, fröhliche, freundliche, unbeschwerte Atmosphäre zu erschaffen. So gesehen ergibt auch die von der Regierung geplante Legalisierung von Cannabis einen höheren, humanistischen Sinn.

S. Andersson / 26.10.2022

Hass? Wozu? Lernt zufrieden zu sein, zu reden und zuzuhören. Es ist einfach, man muss es nur machen. Angst und Hass, zwei extrem Dumme Ratgeber die man selber ganz einfach abstellen kann. Die Frage ist immer warum die beiden Sachen bei einem hoch kommen. Die Antwort findet man bei sich selber. Wenn jemand ein grosses Auto fährt, hat er in der Regel dafür viel gearbeitet, eine gut laufende Firma auf gebaut oder sich verschuldet. Das kann jeder selber so machen und da muss man sich selber Fragen: kann ich das, will ich das? Ansonsten kann man sich auch für den Erfolgreichen freuen. Die D Neid Gesellschaft ist schon merkwürdig.  Und in einer Beziehung etwas zu erzwingen oder Überzogene, Irre Anforderungen zu stellen, wird mit Garantie nie eine schöne werden… alles einfach! Glück und Zufriedenheit geht anders

Sabine Schönfelder / 26.10.2022

Die Frage ist doch: WAS WAR ZUERST ? Die Spaltung oder der Haß ? SPALTUNG !  - Haß- Alternativlosigkeit- Haßrede- Strafrecht. Bingo. So geht DIKTATUR. Ein System mit kriminalisiertem DISPUT.

Ralf Pöhling / 26.10.2022

Hass ist kein Normalzustand. Hass entsteht nicht aus sich selbst heraus. Hass ist entweder das Resultat von andauernder negativer Erfahrung, ein einzelnes Ereignis reicht dafür nicht, oder das Resultat andauernder Indoktrination gegen bestimmte von anderen definierte Feindbilder. Oftmals kommt beides im Doppelpack und addiert sich. Den Hass zu bekämpfen bedeutet also, Symptome zu bekämpfen. Das ist die falsche Herangehensweise. Ich halte es einzig für zielführend, die Ursachen zu bekämpfen. Wer sich nicht leiden kann, der sollte nicht im gleichen Land leben. Wer dieses Land zum kotzen findet, der sollte dahin gehen, wo er oder sie hergekommen ist oder wo er oder sie es besser findet. Und wer meint, er müsse uns hier seine ganz persönlichen Feindbilder aufdrücken, der begeht Volksverhetzung. Hass ist kein Normalzustand, er wird gezielt durch politisch oder religiös induzierte Umstände hervorgerufen. Sei es durch gezielte Vermischung inkompatibler Kulturen oder eben durch gezielte Indoktrination. Sehr häufig sind die, die mit dem Finger auf diejenigen zeigen, die das Hassen gelernt haben, genau die, die Wurzeln für den Hass selbst gelegt haben. Nicht immer ist das Absicht. Sehr häufig ist es auch nur Dummheit und Naivität. An der Ursache des Problems ändert es jedoch nichts. Einzig die Erkenntnis, dass man selbst mit seinen weltfremden Vorstellungen die Ursache für den Hass sät und die Hassenden nur die Wirkung dieser Ursache sind, führt zur Beruhigung. Die Welt ist nicht von Natur aus friedlich und der Mensch nicht von Natur aus gut. Die Welt ist voller Arschlöcher. Und wer all die Arschlöcher dieser Welt durch Migration in ein Land zu komprimieren versucht, der darf sich nicht wundern, wenn sich diese Arschlöcher dann alle gegenseitig hassen lernen.

Arne Ausländer / 26.10.2022

Hass ist problematisch und ungesund. Zweifellos sollte man sich damit und mit dessen Folgen befassen, um Schäden zu vermeiden oder zu beheben. In der Gesetzgebung aber sollte es um Taten, nicht um Gefühle gehen, schon weil bei Gefühlen die Beweisbarkeit prinzipiell schweierig ist. Aber gerade dieser Mangel an Beweisbarkeit, also entsprechend auch die Unmöglichkeit, solche Vorwürfe zu widerlegen, ist der Grund für die exzessive Verwendung von schwammigen Begriffen wie “Hate Speech” bis zu ihrer juristischen Sanktionierung: Ideologische Willkürherrschaft ist ja das Ziel. Und haben wir nicht allen Grund, solche Machenschaften zu hassen? Wie auch das menschenfeindliche Corona-Spektakel? Hass ist problematisch, aber er gehört zum Leben. Versucht man, unliebsame Teile des Lebens zu eliminieren, wird es stets schlimmer. So hat Hass eben oft ganz legitime Ursachen. DIE sollte man bekämpfen, dann legt sich der Hass von allein.

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