Peter Grimm / 20.11.2020 / 15:30 / Foto: Pixabay / 38 / Seite ausdrucken

Reichstags-Störer: Heute nur ein Thema?

Im Frühprogramm des Deutschlandfunks kündigte der Moderator die Presseschau mit der Bemerkung an, heute würden die Kommentarspalten deutscher Zeitungen sich vor allem einem Thema widmen. Die Zeit zwischen diesem und dem nächsten Satz war zu kurz, um sich einem heiteren Themenraten hinzugeben. Eigentlich ist ja all das, was mit dem Corona-Virus in Verbindung gebracht und begründet werden kann, seit Monaten das dominierende Thema. Zwischendurch feierten die Medien kurz Joe Biden als Wahlsieger, aber sonst? Sonst gab es kaum etwas neben Corona-Infektionszahlen, verschärften Lockdown-Regeln, ausgeweiteten Maskenpflichten, verschärften Verboten und dem neuen Infektionsschutzgesetz. Am Freitag, zum Ausklang einer ereignisreichen Woche, schon. Thema des Tages: Störer, Rechte, Rechtsradikale, Querdenker oder Rechtsextreme – um ein paar landläufige Zuschreibungen zu zitieren – hätten sich Zugang zum Reichstag verschaffen können und dort Abgeordnete angegriffen. Man erfuhr, dass sich der Deutsche Bundestag am selben Tag noch in einer Aktuellen Stunde mit diesen Angriffen befassen wollte.

Die zitierten Kommentare gaben die Richtung klar vor: Die AfD ist schuld, weil sie die Störer als Besucher eingeschleust haben soll. Und das sei schlimm, denn so gerate die Demokratie in Gefahr. Es sei nicht hinnehmbar, wenn auf Abgeordnete vor einer Abstimmung Druck ausgeübt werde.

Hätte man das Glück einer tagelangen vollständigen Nachrichtenabstinenz genießen können, müsste man annehmen, ein brutaler Schlägertrupp wäre jüngst in den Reichstag eingedrungen und hätte Abgeordneten bei missliebigem Abstimmungsverhalten Gewalt angedroht. Ohne das Glück der Nachrichten-Freiheit fragt man sich, wem denn hier die Maßstäbe plötzlich so eklatant verrutscht sind?

Es ist sicher nicht schön, wenn man überraschend verbal erregt zur Rede gestellt, angepöbelt und dabei auch noch gefilmt wird. Aber sind Bundesminister wie Peter Altmaier heutzutage wirklich so empfindlich, dass das, was man auf dem im Internet verbreiteten Video zu sehen ist, für ihn und Seinesgleichen schon als „Angriff auf die Demokratie“ gilt? Auch wenn man in einem Parlament solche Auftritte, wie den zur Rede stehenden, selbstverständlich vermeiden sollte und es ebenso selbstverständlich ist, dass sich die Verwaltung des Hauses darum kümmert, die Wiederholung eines solchen Auftritts möglichst zu verhindern – so steht die politisch-mediale Aufregung doch in keinem Verhältnis zum Geschehen.

Vergleicht es mit dem öffentlichen Nahverkehr

Vor dem Fahrstuhl und bei dessen Betreten hat sich der Wirtschaftsminister ein paar erregt-aggressiv vorgetragene Worte anhören müssen und er wurde dabei gefilmt. Mehr ist, nach den Bildern die ich kenne, doch nicht passiert, oder? Die „Angreiferin“ hat augenscheinlich immer den Mindestabstand eingehalten und ist dem Minister auch nicht in den Aufzug gefolgt. Es mag dem Herrn Minister nicht geläufig sein, aber es gibt Menschen in diesem Land, die müssen auf dem täglichen Weg zur oder von der Arbeit im öffentlichen Nahverkehr regelmäßig deutlich unangenehmere Pöbeleien ertragen. In manchen deutschen Ballungsräumen geht es für die normalen Bürger offenbar etwas rauher zu, als es empfindlichen Spitzenpolitikern geläufig zu sein scheint.

Es gab also augenscheinlich keinen schweren Angriff auf Abgeordnete, sondern allenfalls ein verbales Angehen oder Anpöbeln. So unschön das ist – als politischer Verantwortungsträger muss man das aushalten können, ohne gleich Klage auf der großen Bühne des Bundestagsplenums zu erheben. Was getan werden muss, ist allenfalls Sache der Verwaltung, der Sicherheits- und Ordnungsdienste bzw. des Hausherrn bei der Ausgestaltung der Zugangsregeln.

Erinnern sich heutige Politiker eigentlich noch, wie einst Bundeskanzler Helmut Kohl reagierte, als er in Halle mit Eiern beworfen wurde? Der stürmte auf den Eierwerfer zu. Oder Bundesaußenminister Joschka Fischer, als er auf einem Grünen-Parteitag mit Farbbeuteln angegriffen wurde und dennoch seine Rede hielt. Diese politischen Verantwortungsträger ganz verschiedener Couleur hielten sich an die Volksweisheit, wonach nicht Koch werden solle, wem es in der Küche zu heiß ist.

In früheren Zeiten war es auch noch üblich, dass Politiker auf den Fluren des Bundestags von TV-Journalisten abgepasst, überfallartig mit bösen Fragen traktiert und natürlich dabei gefilmt wurden. Auch das, was für die Gefilmten wenig vorteilhaft war, ist seinerzeit prompt gesendet worden. Vielleicht sind Politiker heutzutage an solche Begegnungen auch nicht mehr gewöhnt.

Zudem gab es immer mal wieder Probleme mit Reichstags-Besuchern – ganz unabhängig von der Fraktion. Thema im Plenum waren die nicht, wohl aber in den Zeitungen. Vor ziemlich genau sechs Jahren machten beispielsweise zwei Besucher einer Bundestagsabgeordneten der Linken Schlagzeilen, als sie – ein Video filmend – den damaligen Vorsitzenden der Linksfraktion, Gregor Gysi, bedrängten. Sie forderten Rechtfertigung von ihm, weil er sie nicht genug unterstützte und stellten ihm bis auf die Toilette nach.

Angesichts der tatsächlichen Probleme dieses Landes, ist es jedenfalls äußerst befremdlich und beschämend, welches Theater die politische Verantwortungsträger und Journalisten-Kollegen um diesen letzten Vorfall mit Reichstags-Besuchern machen.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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von Kullmann / 20.11.2020

Der offene Hass der Bundestagsabgeordneten gegen die AfD wird durch das Eindringen von Meinungspöblern der falschen Denkart in die heiligen Hallen der Unberührbaren offensichtlich. Die gewählten Gerechten und Hasspöbler der Allparteien haben durch ihr Stimmverhalten gegen die Freiheit, die von ihnen ausgemachten wahren Schuldigen der Straße in ihr Parlament geholt: Die AfD, die Opposition und Verteidigerin der Freiheit des Einzelnen. Wenn die CDU/CSU und SPD Hassredner könnten, würden sie die Wasserwerfer dafür ins Parlament beordern und auf die AfD Abgeordneten halten lassen.

Karl-Heinz Vonderstein / 20.11.2020

Die ZDF Heute Show verglich diese Leute jetzt sogar in einem Post mit der SA, als die noch vor der Machtergreifung Hitlers Abgeordnete anderer Parteien im Reichstag einschüchterten und bedrohten.

Volker Kleinophorst / 20.11.2020

Merkel drängt auf einen Verlängerung des Lockdowns. Nicht das noch einer gegen das Regime protestiert. Das ginge wirklich zu weit. Eine perönliche Erfahrung als historisch und politisch recht Belesener: Wer mit den NationalSOZIALISTEN argumentiert, hat meist keine Ahnung von nix. Schon gar nicht davon, dass die NationalSOZIALISTEN Sozialisten waren. Wie hätte man da auch drauf kommen können? Also steht eigentlich auf den tollen Schlaumeierspruchbändern, da NationalSOZIALIMUS aka SOZIALISMUS aka Faschismus (Stalins Wieselwort um genau vom SOZIALISMUS in NationalSOZIALISMUS abzulenken): Sozialismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen. Und da bin ja sogar ich wieder links.

Jochen Brühl / 20.11.2020

Was für eine nutzbringende zeitliche Ersparnis es doch ist, sich ein solches öffentlich-rechtliches Pharisäertum nicht reinzuziehen. Wenn es dann auch nicht mehr zwangsfinanziert würde, wäre das für die Psyche richtig gut. Das ist wahrscheinlich der eigentliche Grund für die Hetze, da so langsam in den ersten Landesparlamenten die Brandmauern einbrechen (Sachsen-Anhalt) und Ausfälle in dieser Dimension wahrscheinlich nicht mehr von Muttis Haushaltsmitteln ausgeglichen werden können. Schließlich müssen ja gerade zur Rettung der SPD-Printmedien der DDVG, des Spiegels, der Springerpresse und weiterer Qualitätserzeugnisse über 200 MIllionen Steuergelder aufgewandt werden. Am Ende muss wahrscheinlich auch hier noch die EZB mit ihrer Bazooka aushelfen, um die deutschen Staatsfunker zu retten. So könnte es klappen.

Wiebke Ruschewski / 20.11.2020

Ich habe mir das besagte Video eben mal angesehen. Lächerlich, dass so etwas derart hohe Wellen schlägt. Die “Angriffe” waren rein verbaler Natur und sicherlich nicht angenehm, aber noch absolut im Rahmen. Ein Politiker sollte sowas abkönnen. Das gilt besonders für jene, die Sch… am laufenden Band verzapfen. Wie im Text bereits erwähnt, hat die Dame ihre “Opfer” nicht verfolgt. Ich erinnere mich an Situationen mit Leuten, die Mitglieder/Spender für irgendwas in Fußgängerzonen anwerben wollten, die in puncto Bedrängung (Weg versperren, nachlaufen, rumdiskutieren) deutlich aggressiver vorgegangen sind! Nebenbei bemerkt: Hätte Altmaier - wie alle anderen - die Treppe genommen (oder den Rand gehalten, statt sich auf eine Diskussion einzulassen) wäre er schneller und besser aus der Situation herausgekommen. Leute, die ihre Maske nicht korrekt tragen sind jedenfalls oft schlimmeren Pöbeleien ausgesetzt. Einige Mitglieder der Politikerkaste sind jedenfalls offensichtlich nur im Austeilen gut. Die Nehmerqualitäten sind weit geringer ausgeprägt. P.S. An die Eierwurfszene gegen Kohl kann ich mich noch gut erinnern. Ebenfalls zu Kohls Zeiten gab es auch einen Briten, dessen liebstes Hobby es war, Politiker zu “betorten”. Kohl musste sich auch einmal vor laufenden Kameras die Überbleibsel irgeneiner Sahnecreme-Torte aus dem Gesicht kratzen. Damals berichtete die Presse über solche Vorkommnisse noch hämisch. Tja, das waren noch Zeiten!

Peter Petronius / 20.11.2020

Die Altparteien beklagen, daß die AfD obskuren Subjekten bei der Penetration des Bundestages geholfen und indirekt zur Bedrängung von Verfassungsorganen verholfen habe. Es sind die selben Altparteien, die obskuren Subjekten bei der Penetration Deutschlands und indirekt bei der “Bedrängung” von Körper-, insbesondere Geschlechtsorganen geholfen haben.

Dr. Günter Crecelius / 20.11.2020

Dieses Parlament leistet sich eine, mit Mehrheit von ihm gewählte Vizepräsidentin, die den Staat/Land, den der Verein parlamentiert, für ein Stück Scheiße hält und der verrecken soll. Wenigstens ist die Dame hinter Transparenten hergelaufen, die dies forderten. Selbige Parlaments-Vizepräsidentin gehört zu einer Partei, die jahrelang ( vielleicht auch noch heure? Die mehrfach angekündigte ‘Aufarbeitung’ hat nie stattgefunden) eine Abteilung/Vertretung von und für Pädophile unterhielt, Das sind schließlich auch Wähler, ihre Stimmen stinken nicht, und ihre Zahl erlebt gerade einen Höhenflug, wenn man den Aussagen der Polizei glauben darf. Wieso ein derartiges ‘Parlament’ Achtung einfordert, wo es bestenfalls Verachtung verdient, erschließt sich mir nicht.

g.schilling / 20.11.2020

Im Radio wurde vermeldet: “Vor Angst haben sich Parlamentarier in ihren Büros eingeschlossen.” (Aus gut unterrichteten Kreisen wurden Mamma-Mamma-Rufe berichtet.)Tolle Reaktion, echt mutige Politiker. Was machen die denn wenn der ““Russe*”” kommt?? (*Stand früher für Gefahreneinwirkung von außen auf die BRD.)

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