Thilo Schneider / 17.10.2020 / 10:00 / Foto: Timo Raab / 46 / Seite ausdrucken

Heute ist Gegenteiltag

Haben Sie sich eigentlich noch nie unwohl gefühlt, wenn Sie in Karlsruhe oder Mannheim waren? Also, nicht deswegen, weil Sie sich dort auf Deutsch nicht immer ganz einfach verständigen können (die Pfälzer haben so ihre eigene Sprache), sondern weil sie sich in schon dem Namen nach frauenfeindlichen Städten befanden? Nein? Herzlichen Glückwunsch – augenscheinlich sind Sie geistig gesund. Daran sollten Sie im Jahr 2020 (oder „5 nach unbegrenzter Zuwanderung“) aber sehr dringend arbeiten!

Wie das geht, hat dieser Tage Vanessa Schulz, Bürgermeisterkandidatin der seltsamen Die PARTEI/die Humanisten-Koalition bewiesen: Sie möchte „aus Gründen der Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen“ Karlsruhe in Karlasruhe – oder Petrasparty – umbenennen. Natürlich ist dieser Vorschlag, wenigstens angeblich, nicht ernst gemeint, die Frau kandidiert ja für eine Satirepartei – und außerdem die PARTEI. Wobei wir leider in Zeiten leben, in denen derart absurde Vorschläge durchaus auch ernst gemeint sein könnten. Man weiß es mittlerweile ja nie, und ich weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, wie schnell einen Autor die Realität nicht nur einholt, sondern überholt. Und irgendjemand hat ja in den letzten zehn Jahren die Türen zum Hort der Wahnsinnigen aufgelassen und seitdem strömen diese ungebremst und ungehemmt in Medien und Politik. 

Wenn wir also schon bei Albernheiten im Zuge der Gleichverscheißerung von Mann und Frau sind, dann greifen wir doch den mutmaßlich gar nicht so blödsinnigen Vorschlag auf: Aus Mannheim wird Frauenhaus, aus den Frankfurts Franziskabrücks, aus Wilhelmshaven Wilhelminesbahnhof und aus Magdeburg wird garnix, weil da schon eine Magda drin ist. 

Wir können das aber auf alle gefährdeten Rand- und Gegenteilgruppen ausweiten: Hamburg heißt künftig Chickenwing, aus Essen wird Trinken und Berlin darf sich aussuchen, ob es künftig Eisberlin oder Braunberlin oder Himberlin heißen will. Regensburg (allein der Name macht ja schon depressiv) wird Sonnenstadt, aus Würzburg wird Maggidorf, aus Wiesbaden wird Waldduschen und Mainz bleibt nicht Mainz, sondern wird Deins. Oder Unseres. Aus Duisburg wird Düsbürg und aus Marxloh Engelsasche, aus Kiel wird Bug und aus Düsseldorf Deppenstadt. Aus Offenbach wird Abflussrohr, aus Paderborn wird Knabenhort, Salzgitter benennt sich in Pfefferfenster um, aus Bielefeld wird garnichts, weil es Bielefeld nicht gibt. 

Es wäre schön, wenn aus Griechenland Geberstaat würde

Wir können das ausweiten: Aus Frankreich wird Franziskaarm, aus England Breitinsel, aus Russland Brennkammer und aus Böhmen kommt die Musik. Die Vereinigten Staaten werden zu den Gespaltenen Gegenden, Island heißt künftig Warwasser oder Wirdhimmel und Irland nennen wir dann Normalinsel. Es wäre außerdem schön, wenn aus Griechenland Geberstaat würde. 

Aus Raider wird Twix, aus der SED die LINKE, aus der SPD die Grünroten und aus der AfD wird die Neosozialdistanziertealternativpartei, die Abkürzung spare ich mir, dafür wird aber aus der FDP demnächst die „außerparlamentarische Opposition“. Frauen sind Männer und Männer sind Frauen, ein Tisch ist ein Stuhl, Blaukraut bleibt Brautkleid und Brautkleid bleibt Blaukraut. Die neue Beliebigkeit ist die alte Wertlosigkeit und aus „im Sperrmüll hausen“ wird „alternativ-queerfeministisches Wohnprojekt“. Maulkorb heißt Mundschutz, Denunziation nennt sich jetzt Bürgerpflicht. Aus Syrern werden Männer, aus Analphabeten Fachkräfte, aus „erwachsenen Bartträgern“ „unbegleitete Minderjährige“. Aus Polizisten werden, je nach Gelegenheit und Gegner, tapfere Helden des Vaterlands oder rechtsradikale Sturmtruppen, wie es eben gerade passt und dem gängigen Narrativ entspricht. Aus Jammerlappen werden Japperlammen und irgendwie ist das alles gefickt eingeschädelt und geiner hat es kemerkelt.  

Diese Republik ist mittlerweile so etwas wie der real existierende Gegenteiltag geworden. Wir fördern Solar- und Windkraftenergie und wünschen uns von der Autoindustrie, dass sie mehr Fahrräder baut. Unsere Autobahnen werden zu den breitesten Fahrradschnellwegen der Welt und unter „Rendite“ ist maximal der Kapitalerhalt einer Anlage gemeint. Wir trennen den Müll, damit er in Asien wieder zusammengeschüttet wird und glauben fest daran, dass Boss und Gucci deswegen so teuer sind, weil sie eben nicht in Fernost ihre Klamotten zusammennähen lassen und hier nur noch die Etiketten draufstanzen. Ist es im Sommer zu heiß, ist es Klimakatastrophe, ist es zu kalt, ist es auch Klimakatastrophe, ist es genau richtig, dann verwechselt mal wieder jemand Wetter mit Klimakatastrophe. Corona ist wie die Pest oder wie eine normale Grippe, entweder man stirbt oder man stirbt nicht und niemand darf aus einem Hotspot in einen Hotspot reisen, außer, er kommt aus einem ausländischen Hotspot, denn dann darf er. Wenn und sofern er beweisen kann, dass er nicht dort gewesen ist oder sich lieber mit einer Syphilis als Souvenir angesteckt hat. 

Ich würde so gerne die ganzen Idioten auf ihren Elektrokinderrollern mit ihren dümmlichen Dutts und Abziehbildtattoos schütteln und rütteln, damit sie endlich zur Besinnung kommen, damit sie mit ihrem kreuzdämlichen Dummfug auf Kosten der Allgemeinheit aufhören und sich endlich ordentliche Jobs auf dem Bau suchen, statt in Talkshows, in Zeitungen und dem Bundestag abzuhängen, aber ach… Ich spreche als „alter weißer Mann“ ja nicht einmal deren Babysprache. 

Aber noch ist nicht alles verloren: Immerhin hatte die eingangs erwähnte Eingangsvanessa auch die Idee, die derzeit in häuslicher Bastelarbeit befindliche U-Bahn zu fluten und dann unterirdisch mit Gondeln darauf zu verkehren. Ein im Vergleich zu all dem anderen Mist, der mir täglich um die Ohren gehauen wird, realistischer, machbarer und guter Vorschlag. Ich würde VANessa wählen – wenn sie sich in SUVtrinker umbenennt. 

(Weitere Tegengeilichkeiten des Autors unter www.politticker.de

Foto: Timo Raab

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Anton Weigl / 17.10.2020

Mein Heimatdorf heißt Tettenagger. Früher hieß es einmal Todtenacker. Aber wir leben noch. Wir haben sogar BSE überlebt. Wir haben sogar schon öfter in Ohu Fußball gespielt. Auch das haben wir überlebt. Zwar meißtens verloren, aber immerhin: Wir leben noch. So jetzt ist es Überlebensacker.

B. Oelsnitz / 17.10.2020

@ Karsten Mahncke: Wenn Sie sich tatsächlich an die untergangene DDR m. b. R. richtig erinnern würden oder könnten, dann sollten Sie eigentlich wissen, daß die DDR meist trist und grau war, aber keinesfalls BUNT und schon gar nicht gehörte der Islam oder GRÜN zur DDR. Daher ist es völliger Quatsch, wenn Sie sagen, daß aus der BRD eine DDR würde, beide nunmehr mit beschränktem Recht. BRD 1.0 wird zur BRD 3.0 = BUNTE REPUBLIK D-LAND.

Günter Hölzer / 17.10.2020

Hallo Herr Schneider (männlich, Grundform: Schneid, weiblich: Schneidin), was wird denn aus Hodenhagen (Nds.)? Vorschlag: Eier(stock)else. Mannomann (Frauofrau), damit könnte ich mich den ganzen Tag beschäftigen. Danke…

Wiebke Ruschewski / 17.10.2020

Lieber Herr Schneider, Sie haben da noch ein paar Orte vergessen. Aus Hodenhagen wird Vulvenhausen und aus Darmstadt wird Munddorf. Ach ja, und aus Mainz wird nicht Deins sondern Dainz (oder Unsarez)!

Ulrich Pletzer / 17.10.2020

Da hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: Aus den Frankfurts muss natürlich ‘Franziskasflatulenz’ werden.

Thomas Hechinger / 17.10.2020

“Aus Mainz wird Dainz”. So viel Konsequenz muß sein.

F. Auerbacher / 17.10.2020

@Barbara Mann: ich habe gar nicht so viele Daumen, wie ich zu Ihrem Beitrag hochhalten will. Das war genauso gut wie Schneider, also galaktisch! Danke!

Gerd Werz / 17.10.2020

Mein lieber Herr Schneider, immer wieder lese ich Ihre Beiträge gerne. Sie sind so herrlich von Witz und Humor. Doch heute trafen Sie mein lokalpatriotisches Herz. Karlsruhe und Mannheim der pfälzischen Sprache verdächtig zu machen, ist in etwa so als sei Timbuktu in der Nähe von Nowosibirsk. Mannheim gehört zwar heute zu Baden-Württemberg, ist aber nie badisch gewesen. Es war bis zum Wiener Kongress Teil des Territoriums des Pfalzgrafen bei Rhein und Bayern. Der linksrheinische Teil der Pfalz blieb bei Bayern. Wobei genau genommen Bayern eigentlich pfälzisch war; die bayrische Wittelsbachlinie war ausgestorben und die pfälzische übernahm die Ländereien, musste aber den Amtssitz nach Bayern verlegen 1777. Das ist aber wieder ein anderes Thema. Viele vergessen dann noch das Erzbistum Speyer auf der linksrheinischen Seite, was wieder etwas ganz anderes ist. Baden war Großherzogtum und weder kulturell noch idiomatisch mit der Pfalz verbunden. Das ist auch heute noch so. Übrigens gehören die Karlsruher zu dem alemanischen Volksstamm, die Pfälzer zu dem fränkischen. Kulturell und sprachlich liegen damit Welten zwischen Karlsruhe und Mannheim, etwa wie italienisch und spanisch. Man versteht sich irgendwie aber genau will man nicht wissen was der andere da gerade gesagt hat. Die babbeln gonz annerschd un denge dunn se jetzd aach nedd werklisch. Ach was soll´s!

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