War das eine Debatte gestern im Bundestag! CDU-Abgeordnete für Stammzellenforschung, SPD- und grüne Abgeordnete dagegen. Der Fraktionszwang war nämlich aufgehoben worden und die Abgerdneten taten das, wozu sie eigentlich dem Gesetz nach berufen sind - ihrem Gewissen zu folgen. Am besten hat mir das Statement von Volker Beck gefallen: Der Embryo darf nicht “verzweckt” werden. Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und fragen: Und was ist mit den Samenzellen, die nicht zum Zwecke der Befruchtung abgesetzt werden? Sind das nicht auch niedliche kleine Lebewesen, die sich dagegen sträuben, “entzweckt” zu werden?
Was die ganze Geschichte in den Rang einer Schweinerei erhebt, ist etwas anderes. Klaus Cleber hats gestern auf den Punkt gebracht: “Deutsche dürfen forschen - aber keine Embryonen verbrauchen.” Die Stammzellen werden deswegen aus dem Ausland eingeführt, wo die gesetzliche Lage eine andere ist. Und das bedeutet: Wir überlassen die Arbeit den anderen, profitieren von deren Einsatz und waschen unsere Hände in Unschuld.
Das ist eine alte deutsche Tradition. Die ukrainischen und litauischen SS-Verbände erledigten die Drecksarbeit für die Herrenmenschen, die derweil ihrer Liebe zur Kammermusik frönten. Später hat man sich mit der Reform des Abtreibungsparagrafen viel Zeit gelassen, weil jede Frau in Not nach Holland fahren konnte. Kontaminierter Müll wurde in Ostblockländer entsorgt, schwer erziehbare Jugendliche wurden zur Reha nach Israel geschickt, wo sie im Kibbutz zurechtgeboben wurden.
Vor allem aber: Man hat sich von den Amis befreien lassen, die Care-Pakete angenommen und sich bald darauf mit einem herzlichen “Ami, Go Home!” bedankt. Auch das Leben unter dem Schutzschild der NATO war recht angenehm, was man an Militärausgaben gespart hat, konnte in den Wohlfahrtstaat und in die Friedenserziehung investiert werden.
Und jetzt werden deutsche Wissenschaftler mit Stammzellen arbeiten, die im Ausland erzeugt wurden. Eine saubere Lösung. Wir lassen verzwecken. Die Heuchelei ist eine Meisterin aus Deutschland.