Herzlichsten Dank für diesen Text! Endlich würdigt heute eine*r unseren – jawoll, unseren – bedeutenden Dichter! Umstritten dürfte er allerdings nur bei Analphabeten sein. Ihr unvollendeter Schlußsatz: „Die anderen…“ super, ja die „anderen“ gehen mir am Arsch vorbei. Ob von unserer nachwachsenden PISA-Generation jemand überhaupt noch den Namen Heinrich Heines kennt? Sicher wird es vereinzelt eigenständige Jugendliche unter ihnen geben, aber sie werden künftig wohl keinen großen Einfluß mehr auf unser kulturelles Leben haben. Und doch hoffe ich sehr, mich zu irren!
Was heute nicht mehr ganz einfach nachzuvollziehen ist: Heine war offenbar auch formal ein Erneuerer der deutschen Dichtung – und scheint deshalb gerade bei jungen Leuten immens populär gewesen zu sein. Die wagemutigsten seiner Reime aber können uns noch heute amüsieren und waren zu seiner Zeit derart unerhört, dass ein zeitgenössischer Rezensent von »unverschämten Reimen« sprach. An zwei Beispiele erinnere ich mich immer wieder gern. Im Versepos DEUTSCHLAND: EIN WINTERMÄRCHEN(1844) schreibt Heine über das mikroterritoriale Beharrungsvermögen deutscher Duodezfürsten im Angesicht wachsender Reichseinigungsbestrebungen: Wohl mancher, der sich geborgen geglaubt Und lachend auf seinem Schloss saß, Er wird nicht entgehen dem rächenden Strang, Dem Zorne Barbarossas! Und noch »unverschämter« ist Heines unglaubliche Reimpaarung »Teetisch/ästhetisch« aus dem BUCH DER LIEDER (1827): Sie saßen und tranken am Teetisch und sprachen von Liebe viel. Die Herren, die waren ästhetisch, die Damen von zartem Gefühl. Wer da nicht loslacht (oder doch wenigstens kichert), sollte mal bei anderen Dichtern der 1820er Jahre nachlesen, welche Reime sie für möglich hielten.
Dass Heine “zu den umstrittensten Autoren Deutschlands gehört”, erschließt sich mir so wenig wie die Schlusspassage mit den einen und den anderen - was sollen diese Andeutungen, ohne klar zu sagen, was Sie meinen? Heine war ein genialer Meister der deutschen Sprache und ein freiheitlicher unabhängiger Geist. Übrigens auch ein weitsichtiger Befürworter des Code Civil, der mit den napoleonischen Truppen in deutsche Staaten kam und Freiheitsrechte, das Gleichheitsgebot einschließlich der gesetzlichen Gleichstellung von Juden, den Laizismus, Schutz des Eigentums, standesamtliche Heirat Einzug halten ließ. Mit der Restauration kam wieder die Restriktion, Publikationsverbot für Heine in deutschen Landen. Über Goethe, den er durchaus sehr verehrte, schrieb er 1822: “Goethe ist ein großer Mann in einem seidenen Rock.” (Briefe aus Berlin, Zweiter Brief). Die Heine Gesamtausgabe würde ich auf die berühmte einsame Insel mitnehmen…
Das muss ich jetzt doch einmal fragen. Wer ist eine unmoderne Intellektuelle?
Aber Herr WELSER, die während doch längst diffamiert und kaltgestellt worden ! Kein Verlag würde sich mehr finden der diese Genies verlegen würde ! ( .... übrigens ist Kästner ja schon in Ungnade gefallen)
Ich erlaube mir, aus dem Eingangskapitel der „Harzreise“ zu zitieren: »Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem Könige von Hannover und enthält 999 Feuerstellen, diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist. Der vorbeifließende Bach heißt „die Leine“ und dient des Sommers zum Baden; das Wasser ist sehr kalt und an einigen Orten so breit, dass Lüder wirklich einen großen Anlauf nehmen musste, als er hinübersprang. Die Stadt selbst ist schön und gefällt einem am besten, wenn man sie mit dem Rücken ansieht….»
Schöner Text, der Lust darauf macht, sich intensiver mit Heine zu beschäftigen. So einer war das also. Sympathisch. Ein echtes Individuum. Unabhängig, die Freiheit liebend. Ich gebe zu, ich weiß zu wenig über ihn. Das wird sich ändern.
auch von mir Danke, Frau Johnson ! Und wie herzerwärmend, dass Heine trotz all der (vorausgegangenen ?) Julias, Jettes etc. mit seiner Mathilde ein tragfähiges Lebensbündnis geschenkt wurde !
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