Rainer Bonhorst / 05.07.2022 / 16:00 / Foto: Fabian Nicolay / 40 / Seite ausdrucken

Hat Trump einen Staatsstreich versucht?

Ein Ausschuss des US-Kongresses untersucht derzeit die Rolle des damaligen Präsidenten Donald Trump bei der Erstürmung des Capitols am 6. Januar 2021.

Die Neun – sieben Demokraten und zwei Republikaner – sind keine Geschworenen. Sie können den „Angeklagten“ also nicht verurteilen. Aber die Männer und Frauen des „Untersuchungsausschusses 6. Januar“ haben so viel Gewicht, dass die Frage im Raum steht: Wird Donald Trump wegen seiner Rolle beim Aufruhr gegen das Capitol noch vor ein ordentliches Gericht gestellt? So etwas wäre das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Einen halben Präzedenzfall lieferte 1974 Richard Nixon, der republikanische Watergate-Präsident: Sein Nachfolger Gerald Ford hat ihn rechtzeitig begnadigt, sonst hätte man ihn wegen des Einbruchs in das Wahlkampfbüro der konkurrierenden Demokraten vor seinem irdischen Richter bewundern können. Aber auch so sorgte er für eine Premiere: Er trat als erster (und bislang einziger!) US-Präsident vorzeitig vom Amt zurück. Im Fall Donald Trump haben wir es mit dem Gegenteil zu tun: Er wollte nicht vom Amt zurücktreten, obwohl er abgewählt war. Bis heute erkennt er die Präsidentschaft Joe Bidens nicht an und hält daran fest, dass ihm die Wahl am 3. November 2020 gestohlen worden sei.

Wie heftig er darum kämpfte, seine Sicht von der gestohlenen Wahl durchzuboxen, ist Gegenstand des Ausschusses im Kongress. Nach jeder Menge Zeugenvernehmungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit fand nun die große öffentliche Show statt. Da war eine Parade prominenter Republikaner und Republikanerinnen aus der Umgebung Donald Trumps zu erleben, die alle eines sagten: Trump sei von fast allen seinen Beratern darauf hingewiesen worden, dass es bei der Wahl mit rechten Dingen zuging und dass eine juristische Anfechtung keinerlei Aussichten auf Erfolg habe. Ex-Justizminister William Barr nannte dieses Vorhaben gar „verrückt“. Doch Trump, so die prominenten Republikaner, bestand darauf, die Wahl anzufechten. Er und sein Hausjurist, der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, übten massiven Druck auf die Parteigenossen aus, die vor Ort in den Staaten für den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen zuständig waren. „Finden Sie mehr Stimmen für Trump!“, war der Auftrag, dem sich aber alle Verantwortlichen verweigerten. Vor dem Ausschuss machten sie deutlich, wie sehr sie der Druck aus Washington damals mitgenommen hat und wie schwer es war, standhaft zu bleiben.

Zu den brisantesten Aussagen gehörten die Berichte, dass Donald Trump bis zuletzt die „Proud Boys“ und die anderen Erstürmer des Kongresses angefeuert habe. Aufrufe seiner Berater, die Menschenmasse zu beruhigen und vom Sturm auf das Capitol abzuhalten, habe er ignoriert. Einmal, so berichtet Cassidy Hutchinson, eine Assistentin in Trumps Weißem Haus, habe dieser sogar seinem Chauffeur ins Lenkrad gegriffen, weil dieser sich weigerte, den Präsidenten zu den Aufständischen zu fahren. Mit den Worten: „Verdammt nochmal, ich bin der Präsident, fahren Sie mich zum Capitol!“

Eine andere Konstellation als bei Ford und Nixon

Eine Schlüsselfigur in den Stunden des Aufruhrs war sein Vizepräsident, Mike Pence. Auch er verweigerte sich seinem Chef, der von ihm forderte, in seiner Eigenschaft als Senatsvorsitzender die abgegebenen Wahlmänner-Stimmen nicht zu akzeptieren. Er sollte sie an die Bundesstaaten zur Neubewertung zurückschicken oder durch andere Trump-Stimmen ersetzen. Pence musste vor dem Mob in aller Hast in Sicherheit gebracht werden, ehe er, Stunden später, den Wahlausgang offiziell verkünden konnte. Alles in allem: Von dem ehemaligen Präsidenten, der im Amt so vielen Amerikanern aus dem Herzen gesprochen hat, ist vor dem Ausschuss ein sehr problematisches Bild entstanden. Ob Donald Trump tatsächlich wie ein Obrist in einer Bananenrepublik einen Staatsstreich versucht hat, kann nur ein Gericht endgültig feststellen. Die große Ausschuss-Show aber erhöht den Druck, dass es dazu kommt. Und anders als bei Richard Nixon ist eine vorzeitige Begnadigung nicht zu erwarten. Gerald Ford, der Begnadiger, und Nixon waren beide Republikaner. Jetzt aber entscheidet der Demokrat Joe Biden darüber, ob er sein Begnadigungsrecht im Falle des Republikaners Trump ausübt oder nicht. Eher nicht: Unter vielen anderen Überlegungen treibt ihn die Sorge um, dass Donald Trump eine Begnadigung als Triumph verkaufen und für seinen Wiederwahl-Versuch nutzen wird.

Denn der Ex-Präsident ist alles andere als ein reuiger Sünder. Er arbeitet weiter an seiner politischen Wiedergeburt, und er kann sich auf ein Heer Unterstützer im weiten, flachen Land verlassen. Mit Donald Trump ist also weiter zu rechnen. Es sei denn, er wird von einem Gericht gebremst. Einige der „Proud Boys“ sind schon verurteilt worden. Ob aber Donald Trump im juristischen Sinne für den Sturm auf das Capitol verantwortlich ist, wird sich erst noch zeigen. Es besteht keine Eile. Die nächsten Präsidentschafts-Wahlen sind erst in gut zwei Jahren. Einen interessanten Stimmungstest wird es aber schon im November dieses Jahres geben, wenn für das Repräsentantenhaus ganz und für den Senat zu einem Drittel gewählt wird. Bei dem Novembertermin wird das Drama des Untersuchungsausschusses sicherlich noch kräftig nachwirken. Nicht zuletzt, weil der offizielle Abschlussbericht zeitnah im September veröffentlicht werden soll.

Foto: Fabian Nicolay

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Leserpost

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Silas Loy / 05.07.2022

@ Dr Stefan Lehnhoff - So ist es, der “Kapitolsturm” wurde inszeniert (wie in Berlin der “Sturm auf den Reichstag” durch sogenannte Querdenker). Und der eigentliche Staatsstreich in den USA waren diese sogenannten Wahlen. Das will aber kaum jemand wissen, obwohl es offensichtlich ist. Warum?

Oliver Puchert / 05.07.2022

Sind wir nicht alle ein bisschen Assange?

Max Wedell / 05.07.2022

Daß auch Rainer Bonhorst an Trump Derangement Syndrome leidet, ist nichts Neues, das war schon in vielen anderen seiner Artikel zum Thema zu bemerken. Auch dieser ist voller Verzerrungen und Übertreibungen. Ich will die gar nicht im Einzelnen kommentieren, das geriete zu lang. Zur weithin üblichen Verfemung aller Skeptiker des Wahlergebnisses als Verrannte, die Bonhorst offensichtlich teilt, aber folgendes: Die Wähler Trumps haben 4 Jahre lang erlebt, wie gegen Trump gehetzt und sabotiert wurde, von den Medien, von staatlichen Behörden und den Demokraten. Alleine die Erfindung der “Russia Collusion” durch die Demokraten beschäftigte nicht nur die Medien während seiner gesamten Präsidentschaft in Dauerschleife, sondern wurde aktiv von den obersten Führungen von FBI und Geheimdiensten unterstützt… dieselben Personen, die in der Sache der Laptopleaks von Hunter Biden zugunsten Presidentschaftskandidat Joe Biden eine “russische Propagandashow” herbeilogen, obwohl sie es besser wußten. Mit anderen Worten, das staatliche System war gegen Trump und für Biden, es hetzte gegen Trump mit den übelsten Mitteln der Propaganda wie etwa Verleumdungen, und begünstigte Biden… und organisierte dann eine Wahl, die völlig korrekt ablief!!!! - Wer glaubt denn sowas? Nun, so naiv, so etwas einfach zu glauben, sind eben viele US-Amerikaner nicht. Die 4 Jahre Hetze gegen Trump aus dem System heraus bewirkte, daß es sie einfach nicht überzeugte, als dieses System ihnen jetzt weismachen wollte: Die Nichtexistenz von Beweisen für Wahlbetrug ist ein Beweis für die Nichtexistenz von Wahlbetrug. - Sehr lachen musste ich kürzlich, als ausgerechnet ein Grüner zum Bericht über die Corona-Maßnahmen auf folgendes hinweisen zu müssen glaubte: Die Nichtexistenz von Beweisen für ihre Wirksamkeit ist kein Beweis für die Nichtexistenz ihrer Wirksamkeit. Solcherart Logik gilt allerdings wohl nicht für US-Wahlen! :D

F. Hoffmann / 05.07.2022

Soso, Sie sind ja bestens informiert, Herr Bonhorst. Um mit der Dame Hutchinson zu beginnen: Die berichtete die wilde Autogeschichte vom Hörensagen. Innerhalb von Stunden meldeten sich der Fahrer, der an diesem Tag Trump fuhr als auch der Secret Service Beamte, der an diesem Tag die Leitung von Trumps Schutztruppe hatte. Beide sagten, dass es diesen „Vorfall“ nicht gegeben habe. Auf eines hätten Sie selbst kommen können: Wenn Trump sich angeblich zum Capitol fahren lassen wollte, war er also ein gutes Stück davon entfernt, ebenso die Teilnehmer seiner Kundgebung. Im Übrigen war es genau so. Es waren also keine aufgehetzten Kundgebungsteilnehmer, die das Capitol „stürmten“, die waren viel zu weit weg. Undsoweiter undsofort… Ggf. Mal ihr amerikanisches Medienspektrum etwas erweitern. Wenn Sie die Bilder aus dem Capitol gesehen haben und dies tatsächlich für einen Staatsstreich hielten, also einen „Staatsstreich“ in der gesehenen Art würde vielleicht die Muppets Show machen. Zu Ihrer Beruhigung: Nächster republikanischer Präsidentschaftskandidat wird nach meiner Meinung Ron de Santis.

Peter Zinga / 05.07.2022

Uniinmformierte, einseitige, ideologisch gefärbte Report.

Patrick Meiser / 05.07.2022

Also wenn ich mir hier so einige Kommentare durchlese, dann scheinen diese Leserbriefschreiber ja besser informiert zu sein als der Untersuchungsausschuß und Teile der ehemaligen Trump-Administration zusammen. Dass dieser geistige limitierte Möchtegern mit der großen Schnauze durch und durch kriminell ist, dafür gibt es hinreichend Beweise. Wer auf yt Glenn Kirschner auf seinem Blog verfolgt, der kann sich dementsprechend informieren. All dies reicht ja hinlänglich, aus, diesen Präsidentendarsteller für Jahre einzubuchten. Ob die Sache mit dem ins-Lenkrad-greifen in der Präsidentenlimousine stimmt oder nicht, darauf kommt es nicht mehr an. Und selbst sein ehemaliger Spezi aus dem Justizministerium Bill Barr hat die Verwürfe des massiven Wahlbetruges als “bullshit” zurückgewiesen. Nur am Rande : von Joe Biden halte ich genau so viel bzw. wenig wie von seinem Vorgänger.

Dr Stefan Lehnhoff / 05.07.2022

Einige der Stories zu Trump sind ziemlich unglaubwürdig, die Capitol- Erstürmung war eine False Flag Aktion und der Staatsstreich fand tatsächlich statt: Im November 2020, als sie die Wahlen massiv fälschten.

Marco Schulz / 05.07.2022

Wirkliche konservative, ich lese in amerikanischen Blogs, wissen, dass die ganze Sache eine Inszenierung war. Für die epischen Fotos gab es sogar den Pulitzerpreis. Menschen klettern eine Mauer hinauf. Rauch. usw. Erstürmung des Gebäudes ist unmöglich, sofern nicht gewollt. Zufällig gab es einen Ministurm auf den Reichstag in Berlin, lange vorher. Was ein Scherz. Trump hat den Impfstoff mit Warpspeed produzieren lassen, Biden ließ ihn verabreichen. Böse Zungen sehen in seinem Namen einen Scherz, BiDen, zwei Zähne, zwei Impfungen, die Schlange. Beide sind Seiten einer Medaille. Das System ist Spaltung, jeder Präsident vereint. Das Capitol ist das Gegenstück zu Rom. Inklusive Obelisk. Entlang der Mall wird das Weltbild vermittelt, in kostenlosen Museen, ich war da schon spazieren. Wer diskutiert, was damals los war, ist auf den Leim gegangen.

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