Hat sich Faeser strafbar gemacht?

Nach ihrer „groben Missachtung des Parlaments“ (CDU) tut Innenministerin Nancy Faeser so, als gäbe es nichts zu bereden. Dabei könnte sie sich in der Schönbohm-Affäre strafbar gemacht haben. „Falls hier ein Anfangsverdacht für Verfolgung Unschuldiger vorliegt, hat die Affäre eine neue Dimension“, heißt es aus der CDU. 

Nachdem Nancy Faeser sich davor drückte, in den Ausschusssitzungen zur Schönbohm-Affäre im Bundestag Rede und Antwort zu stehen, musste sie heute Nachmittag dort anlässlich eines anderen Themas sprechen. Eigentlich ging es um den Haushaltsentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Dennoch kam das Thema Schönbohm zur Sprache. Christoph de Vries (CDU/CSU) warf Faeser in der Plenardebatte vor, sie habe mit ihrem Nichterscheinen bei den Ausschusssitzungen eine „grobe Missachtung des Parlaments“ gezeigt. Es sei an ihr, die Vorwürfe gegen sie auszuräumen. Wenn diese noch im Raum stehen, sei das ihre Schuld.

Faesers Verhalten gegenüber Schönbohm sei „persönlich und politisch in hohem Maße unanständig“ gewesen, ihr Auftreten „in hohem Maße unsouverän“. Aus Sicht der Union habe es „eine Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes“ gegeben, die in der deutschen Geschichte „beispiellos“ sei. Die Union droht inzwischen auch mit einem Untersuchungsausschuss. 

Faeser tat so, als gäbe es nicht einmal etwas zu diskutieren. Sie hätte keine nachrichtendienstlichen Mittel gegen Schönbohm eingesetzt, das alles sei reiner Wahlkampf, den die Bundes-CDU besser der Hessen-CDU überlassen solle. Die Union würde sie nur „mit Dreck bewerfen wollen“. Damit war die Sache für sie erledigt. Schönbohm hätte sie ausgetauscht, um das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu stärken. Übrigens: Damals war noch von einem „Vertrauensverlust“ (Faeser) die Rede, heute Nachmittag suggerierte sie fachliche Gründe für Schönbohms Entlassung.

Anfangsverdacht „Verfolgung Unschuldiger“ 

Es ist dreist, dass sie meint, damit aus dem Schneider zu sein. Denn möglicherweise hat sich Faeser sogar strafbar gemacht, als sie sich Geheimdienst-Material „außerhalb des Dienstweges“ zukommen ließ, wie einem durchgestochenen Aktenvermerk zu entnehmen ist. Laut eines ihrer Mitarbeiter war sie „sichtlich unzufrieden“ mit dem, was sie von der Behörde zu Schönbohm präsentiert bekam, und ließ nicht locker. Sie wolle „sich diese größere Unterlage selbst ansehen“, so Faesers Mitarbeiter. Der gibt an, ihr zugesagt zu haben, „ihr diese Unterlage außerhalb des Dienstweges zukommen zu lassen“.  

Während Faeser im Bundestag vorgab, ein reines Gewissen zu haben, fragt der Strafrechtler Udo Vetter: „Wenn bei der Informationsbeschaffung der Dienstweg augenzwinkernd umgangen wird, spricht schon dieser Umstand für eine Verletzung des Dienstgeheimnisses. Warum sollte man den Dienstweg umgehen, wenn alles mit rechten Dingen zugeht?“ Weiter kritisiert er: „Wenn Faeser oder ihre Mitarbeiter Daten unter Umgehung des Dienstweges anfordern, erzeugen sie Handlungsdruck bei ihren Untergebenen. Sie wecken einen Tatentschluss. Im Volksmund heißt das: Anstiftung.“ 

Doch es geht nicht nur um die Verletzung des Dienstgeheimnisses. Faeser forderte ihren Mitarbeiter dazu auf, von Schönbohm nicht einmal dann abzulassen, als das Ministerium „alle relevanten Behörden und Abteilungen bereits beteiligt“ hätte und es gegen Schönbohm „schlicht nicht mehr gäbe“. Damit könnte sich Faeser der nach § 344 StGB strafbewährten „Verfolgung Unschuldiger“ schuldig gemacht haben. CDU/CSU-Bundestagsmitglied und Rechtsanwalt Stefan Heck sagt dazu: „Falls hier ein Anfangsverdacht für Verfolgung Unschuldiger vorliegt, hat die Affäre eine neue Dimension.“ 

Trotz oder wegen all dessen blieb Faeser dem Innenausschuss gleich zweimal fern. Beim ersten Mal (Dienstag) schob sie medizinische Gründe vor (eine angebliche Corona-Infektion), konnte der dpa aber zeitgleich ein Interview zwecks ihres Hessen-Wahlkampfs geben. Beim heutigen zweiten Termin am Donnerstag ist sie wieder nicht erschienen. Das war selbst der Zeit zu viel, die forderte: „Nancy Faeser sollte sich den Fragen der Opposition öffentlich stellen.“ Doch damit nicht genug: Einen dritten Termin will sie am 27. September sausen lassen. Da sollte sie turnusgemäß bei der Regierungsbefragung die Ampel-Koalition vor dem Bundestag vertreten, lässt sich aber schon heute entschuldigen. 

Was tut der Verfassungsschutz?

Als Ausrede nennt sie einen Termin beim EU-Rat in Brüssel, der allerdings erst einen Tag später stattfindet – genug Zeit also, um nach Brüssel zu kommen. Offenbar spielt Faeser Verstecken mit dem Parlament, um ihren Wahlkampf in Hessen nicht zu gefährden. Bild merkt zu Recht an: „Normalerweise tauschen Minister in so einem Fall ihren Auftritt bei der Regierungsbefragung um eine Sitzungswoche. Doch Faeser wählte einen Ausweich-Termin im Dezember (!) – also weit nach der Landtagswahl in Hessen…“ 

Dass das Innenministerium ein inniges Verhältnis zum Inlandsgeheimdienst unterhält, zeigte sich vor wenigen Wochen auch an einer anderen Causa. Die Behörde ließ Material über Hans-Georg Maaßen ansammeln und brachte ihn im Zuge dessen mit der sogenannten Reichsbürger-Szene in Verbindung – eine vom Faeser-Ministerium zwecks „Kampf gegen rechts“ massiv aufgebauschte „Staatsgefahr“, der das Herunterspielen einer tatsächlichen gegenübersteht: Den Expertenkreis Politischer Islamismus, den Seehofer 2021 ins Leben rief, löste sie auf. Bild schrieb hinter der Bezahlschranke

„Nach BILD-Informationen ist es noch keine drei Wochen her, dass sich ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Köln an seinen Dienstcomputer setzte und einem Kollegen beim Bundeskriminalamt (BKA) schrieb. Per E-Mail bat er um eine ‚Erkenntnisabfrage‘, eine Art Personenüberprüfung. Ziel dieser Abfrage: kein Unbekannter, sondern Maaßen (...) Dieser Vorgang war offenbar kein Alleingang eines einzelnen Beamten. Er erfolgte nach BILD-Informationen in der Abteilung 2 in Köln-Chorweiler, richtete sich im BKA an die Abteilung Staatsschutz in Meckenheim bei Bonn und soll zuvor bei einer gemeinsamen Dienstbesprechung abgestimmt worden sein. Eine klammheimliche Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und BKA – der beiden Behörden von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Ziel: Material sammeln über Maaßen.“ 

Welche Funktion hat der Inlandsgeheimdienst im Deutschland der Gegenwart? Nancy Faeser beweist, wie nötig diese Debatte gerade ist. 

Felix Perrefort ist Redakteur und Autor der Achse des Guten. 

Foto: Montage Achgut.com/Wikipedia Commons

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Leserpost

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W. Renner / 07.09.2023

Nein, sie gilt als nicht zurechnungsfähig.

A. Ostrovsky / 07.09.2023

@L. Bauer : >>Na ja, vom ganzen Rechtsgedöns mal abgesehen. Sie ist Chefin von Herrn Schönbohm. Der wird von einem Fernsehkomiker erstens beleidigt und zweitens, schwere Vorwürfe die ohne jeden Beweis sind, werden als Fakt verkauft. Was macht die Chefin?<<  Ich frage Sie mal, wie Sie sich das vorstellen, wen der Böhmermann verleumdet und warum und wann? Alle seine kriminellen, verbrecherischen Verunglimpfungen, die er - verlogen wie er ist - als KUNST ausgibt, passen immer genau zu dem Gegenstück in der Politik. Woher kommt sowas? Und wieso wird der nicht auch mal vor Gericht geladen, für sowas? Glauben Sie wirklich, der heißt wirklich “Böhmermann”? Das ist Kunst, die völlige Freiheit der Kunst. Und ich kenne Leute, die finden den genial. Ich meine, ich kannte Leute.

Dr. Joachim Lucas / 07.09.2023

Wer von denen in dieser Regierung hat sich eigentlich noch nicht strafbar gemacht?

A. Ostrovsky / 07.09.2023

@Horst Jungsbluth : >>Verfolgung Unschuldiger? Das ist Berlin gang und gäbe und das seit über 34 Jahren!!!, also exakt mit Start des damals von der SED gewollten SPD/AL-Senats.<<  Ich möchte noch einmal dringend daran erinnern, dass ich immer gesagt habe, was in dem Drecksloch Berlin gemacht wird, ist mir egal, ich habe diese Stadt komplett abgehakt und werde mich niemals wieder in den Herrschaftsbereich dieser Stadt begeben. Hier geht es aber um eine BUNTE Innenminister:In. Da kann ich dieses korrupte Pack einfach nicht dulden.. Ich bitte dringend darum, dass das beachtet wird, sonst muss ich von meiner Seite Maßnahmen ergreifen. Eine entscheidende Maßnahme wäre bei der nächsten Wahl und allen weiteren, meine Stimme nur für solche Politiker zu geben, die mir noch nicht ans Bein gepinkelt haben. Da wird es knapp! Und ich warne davor, mir das ausreden zu wollen oder mich deshalb zu verleumden oder zu kriminalisieren. Das wäre die offene Kriegserklärung und es soll niemand hoffen, dass ich sowas überhören würde!

Herbert Müller / 07.09.2023

Erst der Versuch von Faeser die Beweislast umzukehren und dann das. Wie verblendet muss jemand sein, die in Hessen noch als Ministerpräsidentin haben zu wollen?

J. Harms / 07.09.2023

Unter Mutti wurden Geheimdienste, Staatsschutz, Polizei und Gerichte in “Schild und Schwert” der politischen Einheitsfront umgewandelt. Abweichler bekommen die volle Härte zu spüren - für die neue Feudalkaste gilt: legal, illegal, scheißegal!

Thomas Hechinger / 07.09.2023

Frau Faeser ist eine Gefahr für die Demokratie und den Rechtsstaat. Wenn sie den Geheimdienst für persönliche Abrechnungen mißbraucht, ist das der größte Verfassungsbruch durch ein Regierungsmitglied seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Für den Bundeskanzler wäre es das Beste, Frau Faeser zu entlassen, und zwar sofort. So kann er Schaden von der Regierung und dem Staat abwenden. Für den hessischen SPD-Wahlkampf ist das zwar der schlimmstmögliche Fall, wenn der Bundeskanzler aber zuwartet und diese Entscheidung am Ende doch treffen muß, so eine Woche vor der Landtagswahl, macht das die Sache nicht besser, sondern schlimmer als schlimmstmöglich. Vielleicht steht Thorsten Schäfer-Gümbel wieder bereit. Er könnte den Opfergang zur größten hessischen SPD-Wahlkatastrophe antreten.

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