Rainer Bonhorst / 01.09.2018 / 14:00 / 17 / Seite ausdrucken

Hat der Mohr seine Schuldigkeit getan?

Wieder ist ein Mohr verschwunden. Einer? Gleich drei Mohren sind von der Homepage eines Augsburger Hotels namens „Drei Mohren“ entfernt worden. Sie sind nicht die ersten und werden nicht die letzten sein. Der Mohr ist schon seit längerem eine bedrohte Gattung.

In den vorhysterischen Anfangszeiten der political correctness verschwand ohne großes Aufsehen der Mohrenkopf aus dem Warenkorb der deutschen Leckereien. Sein Vorgänger aus gänzlich unschuldig-schuldigen Zeiten, der so genannte Negerkuss, war schon länger den Weg alles Unkorrekten gegangen. Auch der Sarotti-Mohr hat das Zeitliche gesegnet. Und der Struwwelpeter, der einen „kohlpechrabenschwarzen Mohr“ vor dem Tor spazieren gehen lässt, steht ohnehin als ungeeignet für korrekte Kinder auf dem Index. Nun gut, ob kopf- oder kusslos – das Leben geht weiter. Aber wie lange wird der Mohr noch überleben? Und wie kam es zum digitalen Verschwinden der Augsburger Mohren?

Es schien, als hätte das Hotel Drei Mohren, das erste und historische Haus am Platze, einen Empörungs-Angriff auf seinen Namen unversehrt überstanden. Die örtliche Jugendgruppe von Amnesty International, hat sich, obgleich es ihr noch nicht gelungen ist, alle politisch Gefangenen und Gefolterten der Welt zu befreien, als neues Betätigungsfeld die Sprachsäuberung vorgenommen und in der Nachbarschaft die drei unkorrekten Mohren entdeckt. Ihr Angriff auf den Traditionsnamen und ihr Alternativ-Vorschlag „Drei Möhren“ sind zunächst in einem Chor schallenden Gelächters untergegangen. 

Aber das Gelächter war offenbar nicht laut genug. Die Hoteliers erlitten einen digitalen Schwächeanfall. War dies nur der Anfang? Oder folgt auch der analoge Rückzieher? Schließlich zieren das Hotel drei historisch gestaltete Terracotta-Figuren, deren Teint und Gesichtszüge nicht dem arischen Schema entsprechen, das den politisch korrekten Kritikern möglicherweise vorschwebt.

Verlassen wir jetzt das schöne, wenn auch politisch überkorrekt bedrohte Augsburg: Der Mohr hat auch anderswo seine Schuldigkeit als Betätigungsziel für Sprach-Gschaftlhuber noch nicht getan. Er lauert und verstört sensible Seelen vielerorts.In Süddeutschland, der Schweiz und Österreich sind Hotels und Gaststätten, die fröhlich den Namen „Drei Mohren“ tragen, keine Seltenheit. Auch zahlreiche politisch unkorrekte Apotheken firmieren als Mohren-Apotheken. 

Und dann diese vielen Kirchenmohren! Die abessinischen Mauren, die bei uns zu Mohren geworden sind, gehörten ja zu den frühen Christen, weshalb sie eine ganze Phalanx christlicher Heiliger bilden. Lauter mehr oder weniger Dunkelhäutige, die im Gebet und auch in Bild und Plastik verehrt werden. 

Versuch einer sprachlichen Entpigmentierung

Da liegt ein weites, noch nicht beackertes Betätigungsfeld vor dem Tatendurstigen. Wer keine anderen Sorgen hat, kann hier noch Jahre mit dem Versuch einer sprachlichen Entpigmentierung verbringen. Glückliches Deutschland, dessen Bürger so ihre Zeit totschlagen können. In den Ländern, in denen die Mauren beziehungsweise die Mohren zu Hause sind, muss man sich mit ernsteren Dingen herumschlagen. Dort soll es sogar politische Gefangene mit maurischem Erscheinungsbild geben, denen man sich als Amnesty-Jugend widmen könnte.

Und natürlich geht es nicht nur um den Mohren. Er ist nur ein Beispiel der grotesken Schwerpunktverlagerung, mit der uns die Bewegung der politisch Korrekten belästigt. Was als wichtiger und notwendiger Verzicht auf verletzende Worte begann, hat sich zu einer Spielwiese für Sprachpedanten entwickelt. 

Die Sprache ist heute längst nicht mehr das Mittel der Diskriminierung, das sie einmal war. Die Sprachreiniger von heute dienen nur noch ausnahmsweise der Völker- und Rassenverständigung. Sie sind Teil einer neuen, uralten Bewegung geworden: Sie gehören der breiten Bewegung derer an, die mit Mitteln der Zensur die Freiheiten angreifen, die wir uns im Westen so mühsam erkämpft haben. Freiheiten, die die Mauren/Mohren nie hatten. Und denen wir nicht damit helfen, dass wir uns unsere Freiheiten Stück für Stück von politisch überkorrekten Zensoren beschneiden lassen.

Es ist gut, die Augsburger Drei-Mohren-Attacke in Grund und Boden zu verlachen. Aber den Hintergrund bildet eine ernst zu nehmende und durchaus gefährliche Dummheit.   

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Leserpost

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W.Schneider / 01.09.2018

Was ist eigentlich mit den Dramen um Othello? Müssen die jetzt umgeschrieben werden? Was sollen all die Menschen , die im Namen Mohr ( Fernsehmoderator und Fußballspieler ) und Ableitungen davon haben, machen? Was geschieht mit Ortsbezeichnungen z.B. Moorheide etc. mit der Homophonie? Ein Moorstich ist ja wohl völlig unmöglich! Man hört das h ja deutlich. Im Stalinismus der UdSSR hatte man die “Sprachsäuberung” in extenso. Machen wir das jetzt hier auch so, oder lassen wir uns von gelangweilten Jùngelchen auf der Nase herum tanzen? Dann bin konsequenterweise dafür, die deutsche Sprache in toto abzuschaffen, dann haben wir diesen Problemkreis erledigt . Etymologisch werden übrigens Mohr und Mauren zusammengebracht, was wird dann aus Mauritius oder Mauretanien etc.? Es ist nur noch irre!

Wiebke Lenz / 01.09.2018

Der “Struwwelpeter” hat eindeutig einen positiven Bezug zu Mohren. Kontexte dürften auch (vermeintlich oder wirkliche) “Sprachkorrekte” verstehen (Hoffe ich zumindest). Schön war übrigens auch, als in Hamburg (ich meine, dort war es) “politisch Korrekte” den Geschäftsführer einer Kneipe sprechen wollten, die “Zum Mohren” heißt. Dann stand jemand als Inhaber vor ihnen, der genau jemand war, der doch beschützt werden muss ...

Hans-Peter Dollhopf / 01.09.2018

Diese politische Sprachstörung könnte ja einen ganz und gar materiellen Ursprung haben. “Mit der Suche nach praktischen Regeln, wie durch Vermeidung negativ besetzter und Verwendung positiv besetzter Reizwörter das Verhalten des Rezipienten gesteuert werden kann, befasst sich die Werbe- und Verkaufspsychologie”, sagt Wiki. Wird nicht jeder Vertriebsmensch von seinem Unternehmen, zumeist durch Trainer mit dem intellektuellen Horizont eines Lattenzaunes, darauf geschult, gegenüber dem Kunden auf gar keinen Fall eine ganze Liste von “Reizwörtern” zu äußern? Warum? Weil eine bei Laune gehaltene Melkkuh mehr Milch gibt! Könnte die Suche nach den “richtigen” und “falschen” Worten für den Vertrieb, also Schleimen und Verstellung, die Hebamme der nun verselbstständigten Sprachpolizei gewesen sein? (Obwohl Vorgesetzte bei Angestellten ja auch nie aufgehört haben, zu jeder Zeit “Klartext” zu reden.)

Andreas Rochow / 01.09.2018

Man muss es so sagen: Das hat uns die Hörigkeit vom weltumspannenden und ausufernden UNO- und NGO-Unsinn eingebracht! Ob Amnesty International,  Transparency International oder German Watch, Ärzte ohne Grenzen oder Greenpeace - immer geht es unter dem Deckmantel von hehren Zielen, die irgendwas mit “Menschenrecht” oder “Öko” zu tun haben, um aktionistische politische Einflussnahme. Gemeinsames Prinzip dieser Aktivistenbünde ist ihre grenzüberschreitende und alarmistisches Agieren, ihre Tendenz zur Missachtung von Gesetzen, die ihren Aktionen im Wege stehen und die Umgehung von Parlamenten und demokratischen Entscheidungen. Sie bevorzugen für ihre gute Sache das Mittel der Einschüchterung, der Drohung mit moralischer Ächtung und der Nötigung. Auch die Lüge wird eingesetzt, wenn es der guten Sache dient. Sie stellen sich in den Dienst einer irren Welt- und Kulturrevolution und geben sich nicht mit der Beratung politischer Entscheider zufrieden. Sie sind international gut hervorragend vernetzt und verfügen über weitgehend intransparente finanzielle Quellen. Auf “Spendengelder” sind sie nicht angewiesen. Die “Entmoorung” in Augsburg ist nicht lustig. Sie ist nur EIN Mosaikstein in ihrer perfiden Kulturrevolution und eine Vorführung unserer Ängstlichkeit und des Rechtstaates. Wir dürfen und müssen uns uns das nicht gefallen lassen!

Eckhard Fischer / 01.09.2018

Geschätzter Herr Bonhorst, ich weilte in diesem Jahr in Celle. Dort erwarb ich einen (in der Auslage der Bäckerei so bezeichneten) Negerkuss - was soll ich sagen - es war eine kulinarische Offenbarung. Allerdings liegt es mir nunmehr fern, Empfehlungen für dieses Geschäft auszusprechen ... ich möchte nicht der Denunziation bezichtigt werden und, das ist viel wichtiger, bei meinem nächsten Ausflug dorthin erneut dieses Backwerk mit Genuss verzehren. Beste Grüße E. Fischer

Dr. Ralph Buitoni / 01.09.2018

Wurde schon der Ruf nach einer Umbenennung von Mauretanien laut?

Karla Anders / 01.09.2018

Spaß-Faktum: an der Berliner Alice-Salomon-Hochschule spricht man korrekt von “maximal Pigmentierten” und nicht von “Schwarzen”. Hinsichtlich unwillkürlicher Lachanfälle müssen Personal und “Studierende” geradezu übermenschlich beherrscht sein. Angesichts des Lehrpersonals allerdings auch kaum vorstellbar, dass da je Zweifel aufkommen könnten an PC:  Auftritt Prof. Dr. Iman Attia, Professorin für “Critical Diversity Studies / Rassismus und Migration”. Ihre “Schwerpunkte”: “interdisziplinäre, vergleichende und relationale Rassismusforschung und -theorien, insb. zu antischwarzem und kolonialem Rassismus, antimuslimischem Rassismus, Antisemitismus, Rassismus gegen Sinti und Roma - Orientalismus, Postkolonialismus und Dekolonialität - Verhältnis von Diskurs, Wissen, Kultur und Macht im Kontext von Anti-/Rassismus und Post-/De-/Kolonialität - antikoloniale, antirassistische und diasporische Stimmen und Bewegungen historisch-politische Bildung mit Schwerpunkt auf Postkolonialismus und Postnazismus”. Na, haben Sie auch gerade Ihren Schwerpunkt verloren? Klingt alles verwirrend progressiv und zugleich so wissenschaftsrelevant?  “Diasporische Stimmen”, ein Bewusstsein für zwei scheint diese Tausendsassa-Professorx zu haben! Und just wo “Hetzer” zu “Hunderten” “jagen”: auch am “Jahrbuch für Islamophobieforschung” ist Dr. Attia beteiligt, ebenso bereichert sie die “kritische Migrations- und Grenzregimeforschung” (!) und leitet denThüringer Landtag in der “Enquetekommission Rassismus” auf den richtigen Weg.  Dem Jüdischen Museum weist sie ebenfalls den rechten Weg - als Mitglied im “Rat muslimischer Studierender und Akademiker” ist sie das der Namenspatronin A. Salomon einfach schuldig. Was kann man an dieser “Hochschule für Soziale Arbeit” nun lernen?  Die Webpräsenz (inkl. Abbildung “Muslima” mit Kopftuch) nennt u.a. “Social Work as a Human Rights Profession M.A.” oder “Pre-Studies for Refugees”. Besagte Hochschule ist übrigens die mit dem Gedichtproblem, äh, Problemgedicht.

R. Bunkus / 01.09.2018

Eine ethnische Säuberung der anderen Art! Ob diese ai-Leute mal darüber nachgedacht haben?

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