Kinder, wie die Zeit vergeht! Vor zwei Jahren machte die Islamlehrerin, Religionspädagogin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor von sich reden, als sie behauptete, Leute wie Roland Tichy und ich wären für eine "Hasskampagne" gegen sie mitverantwortlich. Rein zufällig fiel die "Hasskampagne" mit dem Erscheinen des neuen Buches von Frau Kaddor zusammen. Weil sie sich durch die "wüstesten Beschimpfungen" bedroht fühlte, gab Frau Kaddor den Schuldienst auf und machte auch dafür – Sie ahnen es – ebenfalls Tichy und mich mitverantwortlich. Fortan konnte sie sich, vom täglichen Schuldienst befreit, der Werbung für ihr neues Buch widmen. Wenn man weiß, dass fünf Schüler von Frau Kaddor zum IS übergelaufen sind, könnte das eine weise Präventionsmaßnahme gewesen sein. Nur der Himmel weiß, was uns erspart geblieben ist.
Frau Kaddor jedenfalls war in aller Munde, und Tichy und ich waren die Schweine, die dafür gesorgt hatten, dass sie nicht mehr unterrichten konnte. In meinem Fall konnte ich den Vorwurf noch verstehen, aber doch nicht bei Tichy!
Wie dem auch sei, die Junge Freiheit, das Wochenblatt der aufgeweckten Jungrechten, nahm sich der Causa an. Sie zitierte Tichy mit einer elaborierten Antwort, mich nur mit einem kurzen Satz: "Sie hat einen an der Klatsche." Freundlicher, sachlicher und zärtlicher konnte man Frau Kaddors seltsames Benehmen nicht beschreiben. Danach fing ich an, mir über sie Gedanken zu machen. Hier, hier und hier.
Die Sache mit Frau Kaddor fiel mir wieder ein, als ich vor ein par Tagen im DLF hörte, Kulturstaatministerin Monika Grütters setze sich für Offenheit gegenüber dem umstrittenen Kunstprojekt einer temporären Grenzmauer in Berlin ein, die ein russischer Künstler "rund um die Staatsoper Unter den Linden" bauen will. Während ehemalige Bürgerrechtler wie Konrad Weiß von dem Projekt wenig angetan sind, aber das sind ja doofe Ossis, die von Kunst keine Ahnung haben.
Ganz anders Frau Grütters. Sie sagte der Deutschen Welle, man müsse auch der Kunst die Möglichkeit einräumen, zu provozieren und unbequem zu sein, räumte allerdings ein, ein solches Großprojekt könne eine Zumutung sein für den einen oder anderen, aber es könne auch ein Weltereignis werden.
Reicht das für einen Anfangsverdacht, auch die Kulturstaatsministerin habe einen an der Klatsche? Oder kann sich jemand daran erinnern, dass sie im Zusammenhang mit einer "beleidigenden" Mohammed-Karikatur erklärt hatte, es sei die Aufgabe der Kunst, zu provozieren und unbequem zu sein? Und was ihre Hoffnung angeht, das Großprojekt könnte auch ein Weltereignis werden – hat Deutschland nicht schon genug Großprojekte in die Welt gesetzt, die zu einem Weltereignis wurden? WK 1, WK 2, die FKK-Bewegung, die Homöopathie, den Dieselmotor, die Willkommenskultur und das Reinheitsgebot bei der Bierherstellung? Wie wäre es, wenn Deutschland zur Abwechslung es mal mit etwas Kleinem versuchen würde, z.B. dem Bau eines Flughafens in Berlin?
Aber das fällt ja nicht in die Zuständigkeit von Frau Grütters. Dafür wird sie die erste sein, die um Aufnahme in die Mini-DDR bitten wird, natürlich um ein Zeichen zu setzen, wie provozierend und unbequem Kunst sein kann.