Rainer Bonhorst / 03.10.2010 / 18:49 / 0 / Seite ausdrucken

Hartz 4 kommt vor die UNO

Heute kann ein noch unveröffentlichter Geheimplan zur Rettung des Hartz-IV-Niveaus enthüllt werden. Die vereinigte Opposition im Bundestag ist zu der Überzeugung gekommen, dass die deutsche Dauerdebatte um die Sozialhilfe und Arbeitslosenvergütung in eine Sackgasse geraten ist. Der Bundesrat sei nur begrenzt handlungsfähig. Darum müsse diese Debatte in Zukunft international geführt werden muss. Notfalls will man die UN-Menschenrechtskommission anrufen.

Der minimale Anstieg der Hartz-Sätze, den die Bundesregierung beschlossen hat, sei ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenrechte. Vor allem die Streichung der Bier- und Zigarettenpauschale sei unerträglich. „Hier wird die Menschenwürde mit Füßen getreten,“  sagte ein Sprecher der Oppositionsgruppe. Ein Arbeitsloser, der vom Staat kein Bier und keine Zigaretten zur Verfügung gestellt bekommt, verfalle in eine tiefe Depression und habe nach längerer Zwangsernüchterung keine Chance mehr, ein aktives Mitglied unserer Gesellschaft zu werden. Sollte ihm auch noch die Finanzierung des Fernsehgeräts genommen werden, sei er endgültig erledigt. Er könne nicht mehr die täglichen Hartz-IV-Debatten miterleben. Wem diese Höhepunkte deutscher Fernsehkultur vorenthalten werden, dem werde ein zentrales Stück Lebensqualität genommen.

Die vereinte Opposition denkt auch darüber nach, als ultima ratio eine internationale Koalition der Willigen zu formen, die in Deutschland zu Gunsten der Hartz-IV-Empfänger interveniert. Dies solle möglichst mit Unterstützung der Vereinten Nationen geschehen, müsse notfalls aber auch ohne ein solches Mandat gewagt werden.

Dem sozialterroristischen Treiben der Bundesregierung, die mit politischen Massenvernichtungswaffen gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft vorgeht, kann nicht länger tatenlos zugesehen werden, heißt es in einer Erklärung der Oppositionsaktivisten.

Den Hinweis, dass Arbeitslose in praktisch allen anderen westlichen Ländern schlechter gestellt sind als in Deutschland, ließ der Sprecher der Entrechteten nicht gelten. Es sei nun mal gute deutsche Tradition, nicht nur Exportweltmeister sondern auch Weltmeister in der Sozial- und Arbeitslosenunterstützung zu sein. Diese Pole Position werde man bis zum letzten Atemzug verteidigen. 

Man habe bereits bei George W. Bush, dem arbeitslosen Ex-Präsidenten der USA, nachgefragt, ob er bei der Zusammenstellung einer Koalition der Willigen behilflich sein könne. Bushs Antwort lautete: „Der Schröder muss weg.“  Der Oppositionssprecher wertete dies als eine klare Zusage.

Die Frage eines Journalisten, ob es denn angehe, dass arbeitende Menschen, zum Beispiel Briefträger und Angestellte an Supermarktkassen, oft weniger bekommen als Arbeitslose, wies der Sprecher als widerliche Polemik zurück. Es sei ein leider weit verbreiteter Irrtum, dass arbeitende Menschen mehr Geld brauchen als nicht Arbeitende. Das Gegenteil sei der Fall: Vollzeitarbeitskräfte hätten allein schon aus Zeitmangel weniger Gelegenheit Geld auszugeben als Menschen mit unbegrenzter Freizeit. Es sei ein Akt simpler Gerechtigkeit, dass man denen, die so viel Freizeit haben,  auch die Chance biete, diese Freizeit pekuniär zu genießen.

Im Übrigen sei die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland eng begrenzt. Es wäre eine nationale Tragödie, wenn sich alle auf einmal auf die vorhandenen Arbeitsplätze stürzen würden. Das würde, so der Sprecher, unsere Volkswirtschaft nicht verkraften. Darum sei es notwendig, ausreichend Anreize für einen freiwilligen Verzicht auf Arbeit zu schaffen.

Der Sprecher: „Wer das nicht versteht, versteht gar nichts. Wir als vereinigte Opposition sind jedenfalls willens, alles nur Erdenkliche für die Millionen Hartz-IV-Empfänger zu tun, die uns bisher so treu gewählt haben.“

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