Henryk M. Broder / 21.10.2018 / 14:00 / 22 / Seite ausdrucken

Harakiri mit einem Taschenmesser

Bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 stimmten 25,7 Prozent der Wähler für die SPD. Vier Jahre später, im Herbst 2017, waren es noch 20,5 Prozent. Der Spitzenkandidat der SPD, Martin Schulz, trat als Parteivorsitzender zugunsten von Andrea Nahles zurück, die mit dem Versprechen antrat, die SPD „von Grund auf zu erneuern“. Das Profil der Partei müsse geschärft werden, auch und gerade in einer Koalition mit der Union. So schlecht die SPD auch abgeschnitten hatte, niemand konnte sich vorstellen, dass „die älteste deutsche Volkspartei“ noch tiefer sinken könnte.

Und jetzt ist es passiert, bei den Wahlen zum bayerischen Landtag. Mit 9,7 Prozent landete sie auf Platz fünf, hinter der CSU, den Grünen, den Freien Wählern und der Alternative für Deutschland. Schlusslicht waren die Freien Demokraten, die es mit 5,1 Prozent gerade eben über die Ziellinie geschafft hatten.

Nun war Bayern, abgesehen von zwei kurzen Episoden in den 1940er und 50er Jahren nie eine Hochburg der Sozialdemokraten. Aber 9,7 Prozent? Das ist kein Debakel, das ist Harakiri mit einem Taschenmesser. 

Die Menschen

„Das Ergebnis hat auch unheimlich viel damit zu tun, dass die Menschen uns mit Skepsis begegnen“, sagte die bayerische Spitzenkandidatin, Natascha Kohnen, nachdem ihr bewusst wurde, was da eben passiert war. Es kann aber auch sein, dass sie es nicht begriffen hat.

„Die Menschen“ haben viele gute Gründe, der SPD „mit Skepsis“ zu begegnen. Die SPD ist keine politische Partei, sie ist ein Traditionsverein, dessen Mitglieder zusammenkommen, um sich an bessere Zeiten zu erinnern. Man merkt es ihr an, dass sie nicht regieren will. Eine der Parolen, mit denen Natascha Kohnen geworben hat, war: „Ein Zeichen setzen – für Anstand und Gerechtigkeit.“ Und genau das ist es, was die SPD will: ein Zeichen setzen, sonst nichts.

Dafür ist sie auf einem anderen Gebiet recht erfolgreich, als Unternehmerin. Die SPD besitzt oder ist beteiligt an hunderten von Firmen: Verlagen, Druckereien, Radiosendern und Agenturen mit teilweise sehr lustigen Namen wie „Utopia GmbH“ oder „Konzentration GmbH“. In ihrem Rechenschaftsbericht für das Jahr 2016 deklariert sie 217.560.274 Euro als „Reinvermögen der Gesamtpartei“, 15 Millionen mehr als im Vorjahr.

So betrachtet, ist die SPD kerngesund. Sich mit Politik zu beschäftigen, wäre nur kontraproduktiv.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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S. Salochin / 21.10.2018

217 Millionen? Unfassbar. Da kann man ja richtig wütend werden. Und diese Sozialkapitalisten wollen anderen den Gürtel enger schnallen, reden von Gerechtigkeit, Ausgleich und „armen Rentnern“? Das ist wirklich Heuchelei und Hypokritentum reinster Form - inhaltlich in keiner Form mehr verschieden von der Amtskirche auf Staatsknete und deren Träger dicker Kreuze. 9,7 % der bayerischen Wählerschaft leiden demzufolge offenbar unter Gehirnschrumpfung oder wissen immer noch nicht, mit wem sie es zu tun haben– was in etwa auf das Gleiche hinausläuft.

Josef Katz / 21.10.2018

Den Niedergang der SPD hat die Partei, diese Traditions Partei, ihrem so genannten Führungspersonal zu verdanken. Schwache Persönlichkeiten, keine intellektuellen Kapazitäten. Denkt man an Helmut Schmidt oder an Willi Brandt (Goethe Biograf Richard Friedenthal, LeoBauer und Klaus Happrecht waren seine engsten Berater) dann vermag man ermessen, welch schwaches intellektuelles Niveau die heutige SPD mit Nahles, Schulz, Heiko Maas ganz besonders hat. Da hat Henrik Broder recht. diese Leute haben nur eins Interesse: ihre Posten und das Geld . Da können Sie die politische Partei ruhig verlassen. Wenn sie das getan haben, dann gibt es möglicherweise einen Neuanfang. aber keineswegs mit den derzeitigen Juso Vorsitzenden. Ein selbstverliebter Phrasendrescher, der besser dort zu verorten wäre, wo er eigentlich hingehört, zu den Grünen. früher gab es mal sozialdemokratische Politiker, die wussten, wo der Schuh beim Bürger drückt. Heute schweben die im Wolkenkuckucksheim.Jede kritische Stimme wird als Neo Nazi hingestellt. Das ist für die SPD der gewollte Suizid!!

Wirsam, Dietmar / 21.10.2018

Die Frage nach den Inhalten der SPD-Politik wäre derzeit wohl kaum zu beantworten. Als Unternehmer ist sie eben besser. Sie betätigt sich im falschen Geschäft.

alexander meyer / 21.10.2018

Gerechtigkeit u Zeichen setzen “für die Menschen,die morgens mit dem Bus zur Arbeit fahren” predigte schon der 100%-ige Spesenkaiser. Der,Nahles,Stegner,Oppermann,Maas,Barley u Steinmeier sehen sich vermutlich als die Gloreichen 7, was sie hinsichtlich der Wählerstimmen auch bald sein werden !

Daniel Gildenhorn / 21.10.2018

...nur so ein Gedanke an Rande. Weltweit unterstützen immer weniger Menschen die Mafia. Diese setzt ab und zu auch “Zeichen”. Und ihr Vermögen wächst unaufhaltsam.

Siegfried Ehrlich / 21.10.2018

Das Beste was die SPD für die Wähler tun könnte, wäre ihre sofortige Selbstauflösung zu beschließen. Die SPD hat schon lange keine Existenzberichtigung mehr, wenn sie überhaupt je eine hatte. Daß sich die SPD ernsthaft für ihre vermeintliche Klientel, die Arbeiterschaft, jemals wirklich interessiert hat nehme ich ihr genauso wenig ab wie den Grünen ihr ökologisches Mäntelchen. Die SPD ist in meinen Augen eine reine Funktionärspartei was führende Köpfe wie Schumacher und Wehner eindrucksvoll gezeigt haben. Damit ist die SPD eigentlich ihrem Wesen nach eine kommunistische Partei, die völlig aus der Zeit gefallen ist.

B.Kröger / 21.10.2018

Tja, gerade habe ich gelesen, Frau Nahles gründet einen “Arbeitskreis Pferd”. Vielleicht will sie im Galopp auf und davon….

Wilfried Cremer / 21.10.2018

Die Sozis sind die Experten in Sachen Grenzen der Legalität. Die Nase in der Politik sichert eine Nasenlänge Vorsprung vor der Konkurrenz. Schweinchen Schlau heißt die Sau.

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