Herr Janke, Galileo war überzeugt, daß die Erde sich BEWEGT -daß sie rund ist, wußte man bereits seit der Antike, und im Gegensatz zu bis heute sich hartnäckig haltenden Kolportagen wurde auch im Mittelalter nichts anderes gelehrt (die berühmte Flammarion-Zeichnung, die die vermeintliche mittelalterliche Lehre von der Scheiben-Erde belegen sollte, ist bekanntlich eine Fälschung aus dem 19.Jahrhundert!), es ging bei Galileo eben um die Frage, ob die Erde oder die Sonne im Mittelpunkt des Universums steht…
Da freut man sich an einem Artikel, und dann kommt doch eine Enttäuschung - auch hier wandert der Autor in Teilen auf dem konstruktivistischen Fehlpfad und vermeidet die Recherche, weil er sich seines Wissens zu sicher ist - im Vorurteil. Nein, Galileo kämpfte nicht gegen die Meinung an, die Welt sei eine Scheibe, und mitnichten glaubten die Gebildeten im christlichen Mittelalter und seiner Zeit an die Scheibenwelt. (siehe “the Myth of the Flat Earth” von J. B. Russell). Schon sein legendärer Spruch “Und sie bewegt sich doch” zeigt, worum der Streit tatsächlich ging: dass die Erde nicht im Mittelpunkt des Universums stehe, sondern sich um die Sonne drehe - ein Affront gegen das Selbstbild als von Gott als Herrn der Welt eingesetzte Krone der Schöpfung, nun nickelig wandernd um das Zentralgestirn!
Ein Reporter darf keine Haltung haben, sonst hat er seinen Beruf verfehlt. Die korrekte Berufsbezeichnung für Reporter mit ‘Haltung’ lautet ‘Propagandist’. Das wusste übrigens schon Goebbels: “Wir zwingen sie doch nicht zur Charakterlosigkeit! ...Wir verlangen nur, daß sie nichts gegen den Staat unternehmen. ...Der Vielgestaltigkeit der öffentlichen Meinungsbildung ist durchaus kein Hindernis entgegengesetzt. Es liegt nur an der Phantasie und Begabung jedes einzelnen Schriftleiters, von diesem Recht Gebrauch zu machen. ... in einer aufrichtigen und charaktervollen Haltung” Das könnte glatt vom Chefredakteur des ‘Spiegel’ (und einiger anderer Blätter) kommen. (Joseph Goebbels: Rede vor der deutschen Presse anlässlich der Verkündung des Schriftleitergesetzes in Berlin (4.10.1933))
Ich schicke voraus, daß ich jenseits von wissenschaftlichen Abhandlungen wenig Verständnis für Autoren habe, die textlich keine drei Schritte voran kommen, ohne sich an den Rockschößen abendländischer Geistesgrößen fest zu klammern. Nun ist nichts dagegen einzuwenden, wenn in einem kürzeren Text EINMAL auf Kant und zur Not noch auf Schopenhauer verwiesen wird. Ein ca. 40 Zeilen umfassendes Artikelchen aber, in dem der Autor neben Karl Valentin und Chaim Noll argumentativ auf Watzlawick, Kant, Popper, Hayek, Galileo und Schopenhauer zugreift, weil er (a) seine einschlägige Belesenheit unter Beweis stellen oder (b) auf den Schultern dieser Riesen vor Kritik sicher sein oder (c) beides zugleich will – ein solcher Text kann nichts anderes sein, als der x-te Aufguß des längst Gehörten und Gelesenen. Kurioserweise zitiert der Autor einleitend Valentins weitgehend verifiziertes Bonmot „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“. Wer es zitiert, folglich kennt, sollte es auch beherzigen. Soweit C. C. Jancke auch eigene, weniger gesicherte, stärker dem Risiko des falsifiziert Werdens ausgesetzte Meinungen vertritt, mit denen er 40 Zeilen ungeschützt füllen kann, ohne geistige Schutzsuche bei den Heroen, sollte er sich damit hervor wagen.
‘Wir erkennen nicht , was wir sehen sondern was wir erwarten’ ,ist noch geschönt und trifft nicht ganz die Realität. Konstruktivismus ist heute die zwanghafte, aktive bornierte Bemühung linker Ideologen, der Bevölkerung manipulativ einzureden, was sie selbst politisch verwirklichen wollen. Die anvisierte sogenannte ‘Haltung’ unserer grünen Linken ist nichts anderes als eine gesellschaftliche Zwangsjacke, die sich jeder, der gesellschaftlich anerkannt werden möchte, überzustülpen hat. Da muß man nicht Popper zitieren, sonder braucht nur in unsere faschistische Vergangenheit, die Nazizeit ab 1933 zu blicken. Auch damals wurde eine Haltung, nämlich die einzig richtige, vom Untertanen gefordert, und zwar jene, die die Herschenden vorgaben. Propagandisten sind an Begriffen wie ‘Möglichkeit’ oder ‘Pluralismus’ an ‘Verifikationen’oder ‘Empirie’ überhaupt nicht interessiert, ganz im Gegenteil! Philosophischer Diskurs bei den Themen Indoktrination und Propaganda mag ein interessanter Aspekt sein, aber er ist in keinster Weise zielführend, da er das Ziel weder beschreibt, noch zur Erklärung beiträgt und die Motive der Handelnden in keinster Weise tangiert. Es ist einfach nur ein abstraktes Gedankengebilde, ohne realistischen Bezug.
Möglicherweise war die Korinthenernte dieses Jahr wieder überreich und ich habe zu arg genascht. Aber dennoch, ich kann nicht anders. Weil es um einen Artikel geht, der sich zumindest doch im weiteren Sinne um Erkenntnis und Wahrhaftigkeit dreht. Galileo war absolut nicht(!) der einzige, der der Ansich war, daß die Erde keine Scheibe sei. Man kann viel zu ihm schreiben, und auch aus berufenerem Mund als meinem zu der generell verfälschten Rolle der katholischen Kirche und seiner eigenen während seines Lebens und seiner zwei Prozesse hören bzw. lesen. Da kann man meinethalben auch anderer Ansicht sein. Aber die Behauptung des Artikels ist einfach so grotesk falsch, daß ich sie so nicht stehen lassen kann. Niemand(!) von wissenschaftlichem Belang hat zu Galileis Zeiten die Erde als Scheibe angenommen.
Ein ganz ausgezeichneter Artikel, nur leider wird er die notorischen Ausblender der Realität in der linksgrün-(versifften), eitrigen, selbstgefälligen und gewaltbereiten Haltungs-Filterblase weder erreichen noch bessern noch ändern. Von nachhaltig gar nicht zu sprechen, denn dies ist im schwer lastenden Merkelnebel des Siechtums der Wahrheit und der blühenden Politikenten (vulgo Neusprech Denglisch: Fakes) ohnehin nicht möglich.
“... und jetzt drängen Sie uns hier einen Kulturkampf auf”. Claudia Roth in einer Talkshow gegenüber einem AfDler, nachdem sie sinngemäß dargestellt hatte, dass vorher ein Konsens über die Grundfragen der Ausrichtung von Politik und Gesellschaft geherrscht hatte. Tja..
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