Manfred Haferburg / 07.09.2022 / 07:11 / Foto: Foto: Imago / 159 / Seite ausdrucken

Habecks Schwurbelkonferenz. Eine Richtigstellung

Es war die Pressekonferenz des kompletten Energiewende-Fiaskos. Nur sollte es nicht eingestanden werden und verbarg sich hinter einem dichten Vorhang an Schwurbelei. Eine Richtigstellung.

Der Minister Habeck, der sonst so stolz auf seine Erklärbärfähigkeiten ist, befleißigt sich einer möglichst unverständlichen Ausdrucksweise. Selbst jemand aus der Branche muss sich das Fachchinesisch mehrfach anhören, um etwas davon zu begreifen. 

Man sieht Habeck förmlich den Schmerz an, wenn er sich windet wie ein Aal. Und er sagt es gleich zu Beginn: „Ich werde nur den richtigen Rahmen setzen“, also das Thema im grünen Sinne framen. Dann betet er dabei seine üblichen Energiewende-Plattitüden herunter: „Die Versorgungssicherheit ist hoch. Wir sind ein Stromexportland. Wir haben eine große Netzstabilität“. 

Die Energiewende-Märchentante Kemfert hätte ihre helle Freude. „Wir haben genug Energie in Deutschland und versorgen unsere europäischen Nachbarn mit dieser Energie mit“. Nach dieser frechen Lüge kommen Schuldzuweisungen, wie sie sich das DDR-Politbüro und Karl Eduard von Schnitzler nicht besser hätten ausdenken können. 

Schuld an der deutschen Energiemisere ist nicht die Abschaltung und Verschrottung großer Teile des deutschen Kraftwerksparks, sondern ein „besonderes Jahr“, geprägt durch die „Ausfälle von russischem Gas und ihrem Ersatz“. Danach sind die „nicht am Netz seienden französischen Atomkraftwerke“ dran. Schuld ist auch noch das „Niedrigwasser im Rhein“. Dann kommt „die Wasserkraft in Norwegen bis zu den Alpen“. Und zu guter Letzt „haben wir beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Netzausbau geschludert. Wir, das heißt Deutschland insgesamt…“. 

Nur der grüne Robert und seine Partei sind nicht schuld

Für Habeck sind alle schuld – die Russen, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, die Franzosen mit ihren Atomkraftwerken, und zu guter Letzt „wir“ insgesamt – die Deutschen. Nur der grüne Robert und seine Partei sind nicht schuld. Die Lage ist deshalb so schlimm, meint Habeck, „weil die Parameter der Wirklichkeit schon während der Berechnung die Annahmen übertroffen haben“. 

Für mich heißt das, dass die Realität es gewagt hat, einfach die Tür einzutreten und nun mitten im Raum steht.

Dann kommt Robert Habeck mit einer Wortschöpfung um die Ecke, die das Zeug hat, in die Geschichte einzugehen:

Unter Annahme der Probleme, die im Wesentlichen durch Ausfall auch der europäischen Kraftwerke und der Redispatchkapazität auch im europäischen Ausland entstehen, gibt es unter bestimmten Szenarien, sehr kalter Winter, große Ausfälle von Atomstrom in Frankreich beispielsweise, STUNDENHAFTE MANGELSITUATIONEN, die sie noch einmal für Deutschland bezogen, auf der Seite, ich glaube es ist die Seite neun, dort finden“.

Weil die französischen Kernkraftwerke nicht laufen, ist sie nun mal da, die „stundenhafte Mangelsituation“ in Deutschland (ab etwa Minute 9:00)

Und keiner fragt, warum

Dies ist eine grenzenlose Frechheit. Habeck hat bei seiner Entscheidung die grüne Basis und die Niedersachsenwahl fest im Blick. Die unter den Strompreisen leidende Bevölkerung ist ihm völlig egal. Die hohen Strompreise sind sogar sehr erwünscht, dämpfen sie doch den Verbrauch. Und nicht zu vergessen, der Staat verdient umso mehr, je höher die Strompreise sind.

Die Bedingungen für die in „Notreserve“ stehenden Kernkraftwerke sind so gestaltet, dass sie in der Not nicht einspringen können, da sie so hingestellt werden, dass es eine gute Woche dauert, bis sie nach Aufruf Strom erzeugen können. Sie können auch keine spürbare Entlastung der Strompreise darstellen, da sie ja nicht produzieren dürfen. Zur Beruhigung der grünen Klientel soll das ganze Volksbetrugsmanöver nur dreieinhalb Monate gestattet sein. 

Und keiner fragt, warum nur zwei und nicht alle drei Kernkraftwerke, die ja baugleich sind. Aber das KKW Emsland steht in Niedersachsen, und dort sind im Oktober Landtagswahlen. Was soll denn da der linke Landesverband der Grünen vom Robert denken?

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) missbraucht die Ergebnisse des Stresstests, der sowohl Risiken für Lastunterdeckung als auch erheblichen Redispatchbedarf aufgezeigt hat, um eine Politik des „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ zu verfolgen, indem man einen potenziellen Einsatz von Kernkraftwerken zwar formell ermöglicht, aber de facto ausschließt, denn die Bedingungen für einen Einsatz der Einsatzreserve sind so gestaltet, dass ein kurzfristiger Einsatz in einer akuten Notsituation ausgeschlossen ist und ein mittelfristiger Einsatz immer „wegargumentiert“ werden kann.

Im Übrigen bewertet die Bundesregierung die Energiesituation für den darauffolgenden Winter 2023/24 als ganz anders, insbesondere wegen der Annahme der Verfügbarkeit von LNG-Terminalschiffen. Zum Thema Strompreis argumentierte Habeck ungeniert damit, dass die sehr hohen Preise, die in ungünstigen Versorgungsszenarien auftreten würden, die Stromnachfrage dämpfen würden und von daher eher nicht damit zu rechnen wäre, dass die ungünstigen Szenarien aus dem Stresstest auch wirklich eintreten würden.

Habeck geht es weder um Versorgungssicherheit noch Verringerung der Strompreise. Der so freundlich daherkommende Ideologe kann offenbar auch als Minister nichts mit Deutschland anfangen.

Übrigens: Der staatliche französische Energieversorger EDF wird in diesem Winter alle seine Atomreaktoren wieder in Betrieb nehmen, sagte die französische Energieministerin Agnes Pannier-Runacher am 2. September, wie Reuters berichtete. Pannier-Runacher sagte, dass derzeit 32 der 56 Reaktoren der EDF wegen Wartungsarbeiten oder technischer Probleme vom Netz sind. „Ab Oktober werden jede Woche neue Reaktoren wieder anlaufen", kündigte sie an. „Wir werden zusammen mit EDF die Reaktoren, die wegen Korrosionsproblemen abgeschaltet wurden, genau beobachten." (Quelle: WNN Daily, 05.09.2022)

Die ganze Pressekonferenz finden Sie hier.

Foto: Foto: Imago

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Leserpost

netiquette:

Alex Müller / 07.09.2022

Was die Franzosen betrifft, die von Grünen-Seite bisher wohl als Backup eingeplant wurden, ist es tatsächlich so, daß es sich im wesentlichen nicht um normale Wartungsarbeiten, sondern um Reparaturen wegen ungeplanter, vorzeitiger Korrosion handelt. Wer würde sonst in Krisenzeiten 60% der Kraftwerkskapazität gleichzeitig abschalten und in Deutschland sauteuren Gasstrom einkaufen? Ein weiterer Punkt, den Herr Haferburg geflissentlich ignoriert, ist, daß 50% des Weltmarktes für Uran von Kasachstan beherrscht wird. Frage: Wo liegt Kasachstan und wer könnte dort, wenn die nicht so spuren, wie sie sollen, morgen einmarschieren? Natürlich ist es ein grünes Versäumnis, sich auf französische KKW zu verlassen, nur um hier sinnlose Ideologien zu verwirklichen, und es ist geradezu schizophren, deutsche KKW als “Notfallreserve” zu deklarieren - sie werden durch den Standbybetrieb ja kein bißchen sicherer (bzw. geht das überhaupt?), aber insgesamt und langfristig scheint mir Kernkraft trotzdem nicht die Lösung zu sein, die Herr Haferburg gerne propagiert. Die Wirtschaft und unser Wohlstand ist nunmal von Energie abhängig. Das eigentliche Problem ist langfristig nicht der Atom-Ausstieg, sondern die einzige Energieform, die wir halbwegs reichlich im Land haben, nämlich Kohle, abzuschalten.

Matthias Ditsche / 07.09.2022

Wenn dann die Große Stromfinsternis eintritt, dann sind wir alle Dunkeldeutsche.

Arthur Sonnrnschein / 07.09.2022

Grüner Bereich. Grüne in NS in einem Monat mit einem Zuwachs von 10%+. Sprung von 8,7% auf 20%+ ist realistisch (siehe Sonntagsfrage). Die Grünen sind die einzige Partei in Deutschland, die noch etwas Anderes will als nur den Staus Quo zu erhalten. Man wird sie dafür belohnen.

Lothar Hannappel / 07.09.2022

Es darf ja nicht vergessen werden. Die ganze Energiekrise könnte sehr schnell durch politische Maßnahmen beendet werden. Somit sind nicht nur die Kernkraftwerke ein Volksbetrugsmanöver. Wer das besser verstehen will, sei an die Worte Habecks erinnert: Es gibt kein Volk und damit auch keine Volksverräter.

Bernhard Freiling / 07.09.2022

Innerhalb der kommenden 6 bis 8 Monate sollte “die Stunde der Wahrheit” schlagen. Gibt es einen flächendeckenden Blackout, der alle Energiewende-Kritiker bestätigt und die “Energiewende” als Phantom linksgrüner Ideologie entlarvt? Dann dürfte “die Ampel” abgewirtschaftet haben. Auf ziemlich lange Zeit. # Gibt es wider Erwarten keinen Blackout oder nur kleine lokale oder regionale? Dann werden alle aktiven und passiven Energiewender triumphierend sagen können - und das Volk wird es glauben: “Siehste, geht doch”. Dann dürfte Deutschland auf ebenso ziemlich lange Zeit weiterhin von Linksgrün - einschl. Gendergaga und sozialistischer Umverteilung - dominiert und gepiesackt werden. # Das wird noch sehr spannend.

Ebs Werner / 07.09.2022

Die Jünger der ökofaschistischen Ideologie werden vermutlich auch durch den ersten Blackout nicht überzeugt werden, denn Gläubige sind realitätsresitent. Bleibt nur die Hoffnung, dass es in Deutschland noch genug Normaldenkende gibt, die irgendwann aufwachen.

Heiko Loeber / 07.09.2022

Die feministische Wirtschafts- und Klimapolitik ist bei den Bürgerinnen und Bürgenden angekommen - und er macht es gut! Der Idealzustand des Sozialismus ist zwar - noch - nicht erreicht, aber das war er ja noch nie. Es kam jedes Jahr irgendwas dazwischen, schon seit Karl Marx. Apropos: Wie schön darf politisches Versagen sein?

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