Die Bundesregierung verteuert mit völlig irren Vorschriften die Flugreisen für die Bürger und beschädigt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Menschen sollen sich nicht nur kein Auto mehr leisten können, sondern auch nicht mehr fliegen.
Carsten Spohr, dem Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa, platzte der Kragen. In der Bild-Zeitung sprach er am 12.10.24 Klartext: "Ich mache mir große Sorgen um die Anbindung unseres Wirtschaftsstandortes. Die extrem gestiegenen staatlichen Kosten im Luftverkehr führen weiter zu einem schrumpfenden Angebot. Immer mehr Airlines meiden deutsche Flughäfen oder streichen wichtige Verbindungen."
Einer seiner Kritikpunkte: die von der Ampelregierung beschlossene Anhebung der Luftverkehrssteuer – auch Ticketsteuer genannt – vom 1.5.2024 von etwa 1,5 Milliarden Euro auf 2 Milliarden Euro. Die Luftverkehrssteuer wurde unter Angela Merkel im Jahre 2011 beschlossen, als es noch keine CO2-Abgabe für den Luftverkehr gab. Sie sollte abgeschmolzen werden und am Ende ganz entfallen, wenn der Luftverkehr am europäischen CO2-Emissionshandelssystem teilnimmt.
Und tatsächlich war es nach Einführung des europäischen Emissionshandelssystems für den Luftverkehr jahrelange Praxis, die Kosten aus den CO2-Zertifikaten bei der Luftverkehrssteuer anzurechnen. Daher kam es nicht zu einer Doppelbelastung des Flugverkehrs, denn die Luftverkehrssteuer wurde um den entsprechenden Betrag der CO2-Zertifikate abgesenkt.
Nun steigen seit 2024 auf Grund der EU-Vorschriften die Kosten für die CO2-Zertifikate für Flugreisen. Für die 7,6 Millionen Tonnen CO2, die von Deutschland abfliegende Maschinen (außer Fernreisen) ausstoßen, sind in 2024 125 Millionen Euro, in 2025 250 Millionen € und in 2026 500 Millionen Euro (bei einem Preis von heute 67 €/t CO2) aufzubringen. Weil daher der Kürzungsbetrag für die Luftverkehrssteuer immer größer wurde, hat Rot-Grün-Gelb am 1.5.2024 die Verrechnung abgeschafft. Gleichzeitig hat sie sogar noch die Luftverkehrssteuer um 25 Prozent angehoben. Wenn man also den Luftverkehr in Deutschland nachhaltig beieinträchtigen will, dann belastet man die Flugreisen doppelt :
- Es wird die Verrechnung von Luftverkehrssteuer und CO2-Abgabe gestrichen.
- Und zusätzlich wird die Luftverkehrsteuer von 1,5 Milliarden auf rund 2 Milliarden angehoben.
Dieses Geld, das die Flugreisenden zu berappen haben, landet in Robert Habecks Klima-und Transformationsfonds, aus dem Solar- und Windkraftbetreiber subventioniert werden, wenn der Strompreis an der Börse nicht genügend Einnahmen abwirft. Und natürlich bekommen auch diejenigen Unternehmen aus diesem Topf Geld, die sich mit Robert Habeck auf die Traumreise in die Wasserstoffwirtschaft machen. Denken Sie daran, wenn Sie bei der nächsten Fernreise 70,83 Euro Luftverkehrssteuer – also Ticketsteuer – zu bezahlen haben.
Kraftstoff vorgeschrieben, den es gar nicht gibt
Man hätte ja auch so reagieren können wie die konservative Regierung in Schweden. Sie hat die steigenden CO2-Preise für den Luftverkehr zum Anlass genommen, die Luftverkehrssteuer zum 1.7. 2024 vollständig zu streichen. Und der nächste Alleingang zur Rettung der Welt auf Kosten des Flugverkehrs steht vor der Tür. Die EU hat beschlossen, dass ab 2025 zwei Prozent "klimaneutraler Treibstoff", sogenannte SAFs (Sustainable Air Fuels) eingesetzt werden müssen, ab 2030 bereits sechs Prozent, 2050 70 Prozent.
Hierzu gibt es zwei Verfahren der Herstellung. Zum einen kann der SAF-Kraftstoff aus Biomasse CO2-frei hergestellt werden. Zum anderen kann er aufwändig auf Basis grünen Wasserstoffs produziert werden. Hierzu müsste Wasserstoff durch Elektrolyse mittels Solar- und Windstrom erzeugt werden und in einem zweiten Schritt der Wasserstoff mit CO2 zu Kerosin umgesetzt werden (Fischer-Tropsch-Synthese). Da es noch keine Anlagen gibt, um genügend Kraftstoff aus grünem Wasserstoff herzustellen, hat die EU den Einsatz von wasserstoffbasiertem Kraftstoff erst ab 2030 mit einem Anteil von 1,2 Prozent vorgeschrieben. Doch die Bundesregierung hat schon für 2026 eine Quote von 0,5 Prozent für den wasserstoffbasierten SAF-Kraftstoff vorgeschrieben. Bei Nichterfüllung sind Strafzahlungen fällig.
Carsten Spohr beklagt für die Lufthansa zu Recht, dass es diese Kraftstoffe noch nicht in ausreichender Menge gibt : „Wir bräuchten etwa die Hälfte des deutschen Stroms, um genügend Kraftstoffe zu erzeugen". Und weiter: "Ich glaube nicht, dass Herr Habeck mir das geben wird". Um die grüne Politik aus dem Traumland in die Realität zu holen, rechne ich das mal vor:
Der Gesamtkerosinverbrauch der bundesdeutschen Fluggesellschaften (im Wesentlichen Lufthansa und ihre Töchter) betrug 9.707.797 m³ Kerosin im Jahre 2023. Das entspricht einem Energiegehalt von 86 Milliarden Kilowattstunden (86 TWh). Der energetische Wirkungsgrad der Erzeugung von Kerosin durch Wasserstoffelektrolyse auf Basis von Solar- und Windstrom und anschließender Synthese des Wasserstoffs mit CO2 hat nach Angaben des Umweltbundesamtes einen Wirkungsgrad von 41 Prozent. (Quelle: Power to Liquid, Umweltbundesamt 2022, S. 16). Demnach benötigt man 210 TWh Strom für die Erzeugung des Lufthansa-Kerosins. Das ist mehr als die Gesamterzeugung aus Photovoltaik und Windenergie in Deutschland im Jahre 2023. Bezogen auf die Gesamterzeugung von 450 TWh in 2023 sind das 47 Prozent. Carsten Spohr hat also richtig gerechnet. Die Kosten wären übrigens dreimal so hoch wie herkömmliches Kerosin (60 €ct/l heute).
Die Lufthansa kauft jetzt Frittenfett auf
Aber damit ist der Alptraum noch nicht zu Ende. Man könnte den SAF-Kraftstoff ja einfach aus Biokraftstoff machen, etwa aus Rapsöl oder Sonnenblumöl. Das hat die EU aber verboten: Er darf nur aus biogenen Abfällen (!) stammen. Daher kauft die Lufthansa zur Zeit sämtliches Frittenfett auf, dass die Airline kriegen kann, um die Quote erfüllen zu können. In Deutschland gibt es 200.000 Tonnen Frittierfett. Wenn deutsche Fluggesellschaften sämtliches Frittierfett einsetzen würden, kämen sie auf einen Anteil von etwa 2 Prozent von ihrem Gesamtkerosinverbrauch. Eine Quote von 6 Prozent in 2030 zu erreichen, erscheint kaum erfüllbar. Man hört förmlich das schallende Gelächter der Manager von China Airlines, Turkish Airlines oder Emirates. Diese politische Torheit ist im Übrigen mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP im Europaparlament erfolgt. Und danach von der Ampelregierung abgesegnet worden.
Aber wenn man Grüne gewähren lässt, gibt es noch größere Torheiten. Der rot-grüne Hamburger Senat erhöhte die Flughafengebühr im nächsten Jahr (Wahljahr) für die Passagiere um 15 Prozent. Eine Erhöhung um 2,30 Euro wird kaum einer merken, wird man sich gedacht haben, die Bürger haben ja keine Alternative. Außerdem beschloss der Senat, die Erhöhung erst nach der Wahl im März in Kraft treten zu lassen. Aber die Airlines reagierten, weil der Senat keine Vorstellung hatte über die geringen Margen der Fluggesellschaften.
Wenn Fluggesellschaften nur noch 20 bis 30 Euro pro Passagier erlösen, bringen 2,30 Euro das Fass zum Überlaufen. Ryanair, Eurowings und Condor kündigten umgehend an, das Angebot aus Hamburg massiv zusammenzustreichen und ihre Maschinen dort fliegen zu lassen, wo sie günstigere Bedingungen vorfinden. Im Ergebnis werden die Fluggäste schon im nächsten Sommer höhere Preise wegen des geringeren Angebots zu zahlen haben, und der Flughafen wird weniger Einnahmen wegen etwa 500.000 fehlender Passagiere haben. Die taz reagierte auf den Abzug der Airlines: "Geht doch !" und "Das ist ein Gewinn für den Klimaschutz".
Fritz Vahrenholt ist Honorarprofessor an der Universität Hamburg im Fachbereich Chemie und war bis 1997 Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Von 1998 bis 2013 war er in Vorstandsfunktionen im Bereich der Erneuerbaren Energien bei der Deutschen Shell AG, der Repower Systems AG und der RWE Innogy. Er war bis Ende 2019 Alleinvorstand der Deutschen Wildtier-Stiftung. Zuletzt ist von ihm bei Langen-Müller der Spiegel Bestseller "Die große Energiekrise" erschienen.
Dieser Text ist ein Ausschnitt aus seinem monatlichen Newsletter, den Sie hier bestellen können. Darin finden sie weitere Themen und auch zusätzliche erläuternde Grafiken.