Vera Lengsfeld / 16.03.2022 / 12:00 / Foto: Instagramm / 93 / Seite ausdrucken

Habeck und Lindner: Die Irreführung der Öffentlichkeit

Die Grünen, die sich schon in der Lage sahen, ihre Zukunftsvorstellungen ungebremst zu verwirklichen, sehen sich jetzt mit der Realität konfrontiert, dass sie, wenn sie nicht ganz schnell umdenken, keine Zukunft haben. Und die FDP auch nicht.

Fast könnten einem die Ampelkoalitionäre leidtun. Was die Grünen betrifft, mussten sie sich 16 Jahre damit begnügen, Kanzlerin Merkel ihre Politik betreiben zu lassen. Die Gelben hatten ohnmächtig zusehen müssen, dass sie als Koalitionspartner nicht mehr gebraucht wurden. Die SPD hat leidvoll erfahren, dass der scheinbare Erfolg der Großen Koalition allein Merkel zufiel. Nun konnten sie endlich durchstarten und meinten, mit Lust auf die Zukunft reine Rot-Grüne Politik machen zu können, ohne lästigen schwarzen Anstrich. Fast auch ohne Gelb-Stich, denn das Festhalten am Tempolimit, das die FDP als einzigen wirklichen Erfolg in den Koalitionsverhandlungen verbuchen konnte, war eine lächerliche Marginalie.

Ohnehin wird in Zeiten astronomisch teuren Benzins spritsparend gefahren werden. Der Koalitionsrausch dauerte nicht einmal die berühmten 100 Tage, in denen eine Regierung sich beweisen muss. Was die Koalitionäre nicht bemerkt hatten, war, dass die schlaue Merkel sich vom Acker gemacht hatte, weil sie voraussah, dass der nächsten Regierung die Weichenstellungen der letzten 16 Jahre um die Ohren fliegen werden. Da verzichtete sie lieber auf ihren Herzenswunsch, Kanzler Kohls Amtszeit zu überbieten.

Fehlentscheidungen will ich diese Weichenstellungen nicht nennen, denn es handelte sich um Vorläufer der Großen Transformation, der grundstürzenden Umkrempelung unserer Lebensweise, die mit der Ampelkoalition in ihre entscheidende letzte Phase treten sollte. Und dann brach die Realität mit unwiderstehlicher Macht in die Koalitionsträume ein. 

Habeck im Strudel des Scheiterns

Annalena Baerbock musste, statt „feministische Außenpolitik“ zu betreiben und jede Deutsche Vertretung zur Klimabotschafterin umzufunktionieren, im Schnellkurs Diplomatie und Verhandlung mit „toxischen weißen Männern“ lernen. Man kann nur hoffen, dass sie dabei wirklich eine so gute Figur machte, wie die Medien uns berichten. Es spräche für ihre Lernfähigkeit. Immerhin hat sie sich der von einigen Seiten geforderten Flugverbotszone über der Ukraine widersetzt. Ganz sicher hat sie dabei an ihre Kinder gedacht, die keinen Krieg erleben sollen.

Robert Habeck hat als Wirtschafts- und Energieminister den schwierigeren Part erwischt. Statt die grüne „Energiewende“ zu vollenden, wird er in den Strudel ihres Scheiterns gezogen. Ich traue dem Mann zu, dass er genau weiß, dass die Grünen mit ihrem Projekt in der Falle sitzen, aus der sie ohne erhebliche Blessuren nicht herauskommen werden. 

Angesichts der horrenden Energiepreise und der sich abzeichnenden Heizkrise – es geht nicht mehr nur um astronomische Kosten, sondern um die Gefahr, dass die Öfen ausgehen – versucht sich Habeck in der Quadratur des ideologischen Kreises. Er versicherte, dass sein Ministerium alle Möglichkeiten prüfen werde, um die Energiekrise in den Griff zu bekommen, um wenig später zu verkünden, man habe den Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke geprüft und befunden, das sei nicht hilfreich. 

Nun sind die Zeiten von Merkel vorbei, dass „Ethikkommissionen“, die mit Theologen, Philosophen und fachfremden Wissenschaftlern, nicht aber mit den entscheidenden Fachleuten besetzt waren, ihr Verdikt unwidersprochen verkünden können. Diesmal kam prompt öffentlicher Widerspruch von den AKW-Betreibern, die wieder nicht gefragt worden waren. Um mit Merkel zu sprechen: Der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke ist nicht nur alternativlos, es müssen, um größere Katastrophen zu verhindern, auch die drei Ende des letzten Jahres abgeschalteten Meiler schnellstmöglich wieder ans Netz, notfalls indem sie verstaatlicht werden. 

Als wären die Preise eine Naturgewalt

Die Betreiber von Moorburg, dem modernsten Kohlekraftwerk Europas, dem die Grünen unbedingt den Garaus machen wollten, weil sie keine innovative, saubere Kohletechnologie wollen, haben es vorgemacht und den Rückbau gestoppt.

Was die Energiekrise betrifft, so kommt der Ukraine-Krieg wie gerufen. Der wird jetzt mit hohem propagandistischen Aufwand als der Schuldige präsentiert. Dabei ist das, was wir an den Tanksäulen und auf dem Energierechnungen sehen, das Ergebnis jahrelanger politischer Weichenstellung. Wegen der „Energiewende“ wurde ein rücksichtsloser ideologiegetriebener Ausstieg aus Kernkraft und Kohle betrieben, der uns existenziell von russischem Gas abhängig gemacht hat. (Wer davor warnte, war ein Schwurbler, Verschwörungstheoretiker oder gar Nazi). 

Was Kraftstoffe betrifft, so sind sie systematisch mit immer neuen Steuern und Abgaben belegt worden. Die letzte politische Erhöhung erfolgte um die Jahreswende 21/22, als die nächste Stufe der CO2-Abgabe in Kraft trat. 

Nun tut die Politik, die dieses Desaster verursacht hat, so, als wären die Preise eine Naturgewalt und inszeniert sich als Retter in der Not, indem sie die Bürger „entlasten“ will. Statt aber einfach einige der oktroyierten Steuern und Abgaben zu streichen, kommt Finanzminister Lindner mit einem Taschenspielertrick um die Ecke. Er will erst 10, jetzt schon bis zu 40 Cent pro Liter für ein Vierteljahr zurückerstatten lassen. Das soll der Tankwart vorfinanzieren, der dann die Bons einreichen und sich das Geld irgendwann wiederholen soll. 

Statt des im Koalitionsvertrag versprochenen Bürokratieabbaus soll ein neues bürokratisches Monster geschaffen werden. Lindner weiß das und versucht abzulenken, dass eine dauerhafte Lösung wie Steuersenkung Zeit brauche. Wirklich? In der Coronakrise haben Regierung und Bundestag bewiesen, dass sie über Nacht Verordnungen und Gesetze durchpeitschen, wenn sie das wollen. Wer jetzt auf Zeit spielt, will nicht.

Habecks Geheimnis 

Ähnlich unehrlich agiert Habeck. „Gerade die hohen Heizkosten erdrücken zahlreiche Familien“, gibt er sich einsichtig. Im Bundeswirtschaftsministerium schätze man, dass die Gasrechnung für eine Durchschnittsfamilie in einem Ein-Familien-Haus im laufenden Jahr um bis zu 2.000 Euro steigen wird. Also Heizkostenzuschlag.

Aber zweitens brauche es auch Energieeffizienz und Einsparungen, etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen. Dass ein solcher Austausch – wenn er überhaupt stattfinden kann, denn die Produktion muss bereits wegen diverser Lieferschwierigkeiten gedrosselt werden – teuer wird, gerade für Geringverdiener, scheint ihm nicht bewusst oder egal zu sein. Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig, damit gelte: „je effizienter, desto geringer die Kosten“. Wo solche Impulse herkommen sollen, wo der Wirtschaft immer mehr der Saft abgedreht wird, ist Habecks Geheimnis. 

Die Grünen, die sich schon in der Lage sahen, ihre Zukunftsvorstellungen ungebremst zu verwirklichen, sehen sich jetzt mit der Realität konfrontiert, dass sie, wenn sie nicht ganz schnell umdenken, keine Zukunft haben.

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Markus Knust / 16.03.2022

Nimmt man die Ausreden der aktuellen deutschen Regierung und kombiniert sie mit der Vergesslichkeit, sowie dem an Schlagzeilen ausgelagerten Denken, dürften SPD und Grüne mindestens acht Jahre regieren. Obwohl ich auf eher zwölf Jahre tippe, sollte vom Land dann noch irgendwas übrig sein. Es sei denn, dem Deutschen ist nach Revolution zumute, dann wird… ... natürlich CDU wählen, was denselben Abstieg zur Folge hat, nur langsamer. Ich bezweifle, dass es der deutsche Bürger jemals lernen wird.

Fred Burig / 16.03.2022

Ich weiß nicht so recht, was die ganze Diskussion noch soll! Wir kennen unsere Peiniger, wir wissen, dass sie uns belügen - und das Schlimmste ist ja, die wollen uns sogar mit ihrer “Impfpflicht” umbringen! Weshalb diskutieren wir hier eigentlich noch? Raus auf die Straße !!!! Menschenfeinden muss das Handwerk gelegt werden! Jetzt! MfG

Arne Ausländer / 16.03.2022

@Steffen Huebner: Seit den 90er Jahren wundere ich mich, warum Leute den Zungenbrecher “Tschechien” benutzen, statt schlicht und traditionell “Tschechei” zu sagen. So sprach man in der DDR oft, als Kurzform für Tschechoslowakei oder eben den tschechischen Landesteil meinend. Seit 1993 soll dieses Wort nun “böse” sein? Obwohl man Slowakei unangefochten sagen darf? Und obwohl es auch in Deutschland z.B. eine Region namens Vogtei gibt, also an “-ei” kaum Böses sein kann?—Vielleicht benutzen Sie das umständliche Wort ja, weil es Ihnen gefällt. Das ist Ihr gutes Recht. Mir aber fiel bei diesem Anlaß auf, daß der Widerstand gegen sprachpolizeiliche Regelungen doch nicht selten inkonsequent ist. [Ich habe mal gehört, der Grund wäre, weil die Nazis “Tschechei” gesagt hätten. Aber die offizielle Bezeichnung war damals ganz anders. Und es wurde damals z.B. offiziell wie auch alltäglich “Prag” gesagt, wie heute noch. - Müßte das dann nicht auch böse sein?]

HaJo Wolf / 16.03.2022

Frau Lengsfeld, die Tatsache, dass Sie persönlich aus den Verbrechen der CDU-Merkel-Regierugen keine Konsequenz gezogen haben, macht leider jeden Ihrer Artikel unglaubwürdig.

Stanley Milgram / 16.03.2022

Information am Rande: Regale im REWE leeren sich weiter. Im Angebot: Olivenöl - die 500-ml-Flasche nur 9,99 Euro. Pacific-Prawns 7,99 Euro. Zugreifen!

Susanne Jansen / 16.03.2022

Der Krieg rettet die Ampelkoalition in gewisser Weise. Durch ihre Propaganda glaubt doch tastsächlich der dumme Deutsche, dass der Krieg an dem wahnsinnigen Preisanstieg für Engergie und Sprit schuld ist. Insofern alles Gut für die Koalitionöre. Besser kann es für die nicht laufen! Beim NDR 90.3 gab es heute beispielsweise den ganzen Tag Tipps zum Energie sparen. Hörer kamen zu Wort und durften ihre Ideen um Engerie zu sparen den Hörern mitteilen. Selten so viel Schwachsinn gehört. Da kam beispielsweise der Tipp die eigenen Kartoffeln auf dem Balkon anzubauen. Absurder geht es nicht und derartiger Schwachsinn wurde auch noch gesendet! Die gestiegene CO2-Abgabe, die anderen Abgaben und Steuern für Endergie und Sprit - beim NDR absolut kein Thema. Solange die ÖR-Sender und die Mainstream Presse mitmachen muss die Politik hierzu Lande gar nichts befürchtern. Die ganze Chose wird einmal mehr auf den Bürger abgewälzt. Aber das kennen wir ja bereits durch Corona. Die Zeche zahlt letztlich immer der Bürger. In der jetzigen Zeit zahlt der Bürger nicht nur mit Euros, sondern auch mit gravierenden Einschnitten seines täglichen Lebens. Willkommen in der Neuen Zeit!

P. Schulze / 16.03.2022

Doch, doch, die Grünen haben Zukunft. Die haben Geld, Bunker, Zufluchtsorte und wenn es sein muss auch Männer unter Waffen. Was keine Zukunft mehr hat, ist die einheimische Bevölkerung.

Thomas Schmied / 16.03.2022

Für mich hat Lindner die größte Irreführung begangen, nämlich die Irreführung seiner Wähler. Wenn mit der FDP an der Regierung jetzt diese Impfpflicht beschlossen wird, hat die FDP ihre Wähler endgültig verraten. Die Partei war doch fertig. Einstellig. Sie wurden doch nur noch mal gewählt, um das zu verhindern, was jetzt laufen soll! Wenn mit der FDP diese Impfpflicht über uns kommt, dann hat sich die FDP für mich endgültig von der Freiheit entkoppelt.

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