Manchmal geschieht es mitten im Unterricht. Die Polizei schlägt an die Tür und holt einen Schüler aus der Klasse. Man bringt ihn samt Familie zum Flughafen, und ab geht es zurück ins offiziell „sichere“ Zielland. Manchmal werden die Familien im Morgengrauen abgeholt und die Schüler fehlen dann einfach – für immer.
Wenn das kleine, brave, schlaue Mädchen mit den Zöpfchen aus der fleißigen Familie abgeschoben wird, und alle ahnen, dass es ihr gar nicht gut gehen wird, da, wo sie herkommt und hingebracht wird, dann können Lehrer sich damit schwer tun, den übrigen Kindern zu erklären, warum der Staat tut, was er tut – und warum dieses Handeln nicht „böse“ ist.
Abgeschoben wird, wer sich abschieben lässt. „Bei manchen Menschen ist nicht mit Widerstand oder Untertauchen zu rechnen. Die warten mit gepackten Koffern“, lasen wir am 3.5.2018 auf faz.net. Dort erfahren wir auch, dass Abschiebungen abgebrochen werden, wenn sich einer „zu sehr wehrt“ – der optionale Rechtsstaat. Es braucht eine gewisse Stufe von Integriertsein, um sich „freiwillig“ abschieben zu lassen – also um überhaupt abgeschoben zu werden. Das deutsche Asylsystem funktioniert wie ein Filter, der exakt das Gegenteil dessen herausfiltert, was er herausfiltern soll.
Wir haben vom Abschiebeskandal in Ellwangen gehört. Es ist nicht das erste Mal, dass Menschen, die Merkels Welteinladung gefolgt sind, die folgende Ausladung als Affront betrachten und dies auch ganz konkret ausdrücken.
Was passiert war, ist in wenigen Zeilen zusammengefasst. Ein junger Herr (23) aus Togo erfüllte entgegen seiner eigenen Einschätzung nicht die für Asyl in Deutschland notwendigen Voraussetzungen – wohl aber für Italien, via Dublin. Die Polizei kam bei Herrn Yussif O. vorbei, doch 150 Freunde des Herrn überzeugten die Polizei, es besser sein zu lassen.
„Die Staatsmacht zog sich zurück“
Es werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch viele Bücher über den Merkel-Wahnsinn geschrieben werden, und viele, die heute „wer nicht für Merkel ist, ist ein Arschloch“ brüllen, werden dann schon immer dagegen gewesen sein. Mindestens ein Buch aber sollte im Titel fünf Wörter aus einem Bild-Artikel zu Ellwangen übernehmen: „Die Staatsmacht zog sich zurück.“
Diese fünf Worte tun mir weh. Ich halte Demokratie und Rechtsstaat, trotz aller Fehler und Unbequemlichkeiten, für eine der größten Errungenschaften der Menschheit, gleichauf mit Schrift, Mathematik und wissenschaftlicher Methode. Das Desaster, hinter die Prinzipien des Rechtsstaats zurückzufallen, wäre kaum in Worte zu fassen.
„Die Staatsmacht zog sich zurück“ stellt eine brennende Frage! Wenn sich die Staatsmacht zurückzieht, was tritt dann in das Vakuum, das die Staatsmacht hinterlässt? Es ist eine schreckliche Frage, denn die Antwort kann nur lauten: Barbarei. Die demokratisch kontrollierte Staatsmacht ist manifestierter Rechtsstaat. – Rechtsstaat oder Barbarei, tertium non datur. (Und ja, an dieser Stelle fasse ich Anarchie, Diktatur und andere menschenfeindliche Irrtümer zur „Barbarei“ zusammen.)
Denker und Mahner, die Worte wie „Besatzung“ und „Eroberung“ in den Mund oder auf die Tastatur zu nehmen wagen, werden schnell übler Absichten bezichtigt. Und tatsächlich wäre es in diesem Kontext nicht richtig – nicht ganz falsch, aber auch nicht richtig. Eine Besatzung setzt voraus, dass jemand einen anderen absichtsvoll besetzt. Das ist hier nicht gegeben. Die Situation in Deutschland, Schweden und anderen Staaten auf dem Weg zur Selbstaufgabe ist eine andere, geschichtlich (so weit ich weiß) noch nicht dagewesene: Die Staaten laden – wieso auch immer, denn humanitäre Hilfe wäre realistischer, effektiver und nachhaltiger vor Ort zu leisten – Menschen aus Krisenregionen ein, von denen sie wissen müssen, dass diese nicht demokratisch-rechtsstaatlich sozialisiert sind. Das führt zu Zuständen, die nach Eroberung und Besatzung aussehen – aber eben keine sind. Wir werden für die schlimmen Folgen der Merkel-Politik neue Begriffe finden müssen, die alten Begriffe setzen Vernunft und Selbsterhaltungstrieb voraus.
Und das ist noch nicht das eigentliche Problem.
Wie viele „Wendepunkte“ braucht Deutschland denn noch?
Einige der 150 Geflüchteten, die in ihrer Rechtsauffassung eher die Position ihres Kollegen als die der Polizei vertraten, und das erfolgreich, haben – wie sich am kommenden Tag herausstellte – ihr Einkommen mit Drogengeschäften und Diebstahl aufgebessert. Auf Deutsch: Einige sind der Kriminalität nicht abgeneigt.
Wir müssen eine weitere Frage stellen: Was wäre eigentlich geschehen, wenn ein Verbrechen just in dem Moment im Gange gewesen wäre, bei dem ein Mensch just in dem Moment zu Schaden kommt – und die Polizei kapituliert hätte?
Die deutsche Polizei wurde darauf trainiert, mit Menschen umzugehen, die den Rechtsstaat mit der Muttermilch aufgesogen haben. Lenin wird zugeschrieben, über die Deutschen gespottet zu haben: „Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte.“ – Dem anständigen Deutschen genügt die hochgezogene Augenbraue des Polizisten, und er reiht sich wieder ein. Für einige der jungen Herren in Ellwangen ist die deutsche Polizei nur ein weiterer Gegner.
Deutschland hat viele, zu viele „Wendepunkte“ unter Merkel durchgemacht. Silvester am Kölner Hauptbahnhof war ein solcher. Breitscheidplatz war auch einer. Wie viele „Wendepunkte“ braucht Deutschland denn noch? Wenn der Satz „Die Staatsmacht zog sich zurück“ Sie nicht aufrüttelt, sollten Sie aufhören, sich Demokrat zu nennen.
Noch immer denken zu viele Bürger, dass es zwischen Rechtsstaat und Barbarei eine rosafarbene Zauberzone gäbe, das magische Gutmenschland, wo man sich beständig ins eigene Fleisch schneidet und doch nicht blutet. Diese magische Feenwelt existiert nicht.
Merkel und ihre Zuarbeiter zwingen Deutschland in die Entscheidung: Rechtsstaat oder Barbarei – ein Drittes gibt es nicht. Die Lehre von Ellwangen: Gutmenschland ist abgebrannt.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com.
Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.
Beitragsbild: Creative Commons CC0 Pixabay
"Die Staatsmacht zog sich zurück". Eine nüchterne Feststellung über ein katastrophales Vorkommnis im deutschen Rechtsstaat! Außerdem ist es ein nicht zu unterschätzendes Signal an unsere "Flüchtlinge". Doch was macht unsere "Regierung"? Man trifft sich zum Gipfelgespräch, um altbekannte Standpunkte auszutauschen und Regierungshandeln zu simulieren, wie sinnig, zum Gipfel auf Deutschlands höchstem Gipfel. Da die anderen EU-Länder Merkels Gipfelneurose nicht mehr mitmachen wollen, muss jetzt die SPD ran! Vielleicht ist es ja auch sinnbildlich zu verstehen, wie sehr sich unsere"Regierung" über ihr Volk erhoben, bzw. von ihrem Volk entfernt hat.
Sehr geehrter Herr Wegner, das Kontra zu Ihren Ausführungen liest man heute auf T-Online vom Autor Jonas Schaible. Das ist deshalb interessanter, weil viel radikaler, als man dachte, dass erlaubt wär.
Eine ebenso klare wie schreckliche Einsicht, vielen Dank, Herr Wagner.
Regierungs- und einwanderungskritischen Parteien wie LKR und AfD müssten die Leute die Tür einrennen und Anti-Merkel-Demos müssten die Städte überschwemmen. Das passiert aber nicht. Das informierte und gebildete Bürgertum schaut systematisch weg, obwohl die Zeichen von Auflösung der Ordnung und schreienden Ungerechtigkeiten auch für Nicht-Fachleute ganz offensichtlich sind. Wie das in einer Kulturnation passieren kann, ist mir nicht klar. Aber auch die Nazis konnten passieren. Ich halte die Vorgänge für vergleichbar.
Erinnert sei an die Rede von Papst Benedikt im Bundestag, der Kaiser Augustinus zitierte: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“.
„Mir geht es gut, ich brauche keine goldenen Wasserhähne“ so die Aussage eines Rentners vom Typus Gutmenschen mit dem ich vor kurzem sprach. So einen Quatsch, keiner braucht sowas. Es geht vielmehr um Sicherheit, gleichen Zugang zum Gesundheitssytem, zur Bildung, überhaupt um wahre Information für alle . Es geht ums Eingemachte und nicht um solchen Schnickschnack. Aber so denken diese Leute, plakativ, ihre Kasteiung muß nach außen getragen werden, jeder muß sie sehen, rostige Wasserhähne sozusagen.
Sehr gut. Ihnen fehlen die geschichtlichen Vergleiche ? Da gab's mal Jemanden, der es als spätrömische Dekadenz bezeichnete... . Das Resultat ist bekannt. Dann warten wir nur noch auf einen zweiten Konstantin ( oder Mohammed ), der den Anbruch eines " neuen Zeitalters" besiegelt.