Karim Dabbouz / 15.10.2016 / 06:15 / Foto: Tim Maxeiner / 7 / Seite ausdrucken

Kolonialismus auf Neudeutsch: Guter Syrer, schlechter Syrer

Von Karim Dabbouz.

Stolz wie Mama war Deutschland diese Woche auf zwei junge Männer aus Syrien, die ihren terrorverdächtigen Landsmann überwältigten und ihn der Polizei übergaben. Wie das genau ablief, kann man hier nachlesen. Wenn das stimmt, darf man den Herren gratulieren. Die meisten hätten sich aus dem Staub gemacht, die Polizei gerufen und sie die Drecksarbeit machen lassen. Ein wenig Applaus ist also durchaus angebracht.

Bei einigen scheint allerdings weniger die Art der „Festnahme“ für Jubel zu sorgen, als die Tatsache, dass die zwei Männer selbst Syrer sind und einen Landsmann an die Polizei verrieten. Manche möchten den neuen deutschen Helden gar das Bundesverdienstkreuz verleihen. Bei anhaltender Terrorgefahr dürften sich in den kommenden Jahren noch so einige Menschen einen Orden verdienen – sofern sie nahöstliche Migranten oder sowas in der Art sind, versteht sich. Zumindest drängt sich dieser Eindruck auf. Denn auch die großen Leitmedien sind aus dem Häuschen, als sei es etwas wirklich Außergewöhnliches, dass normale Menschen jemanden bei der Polizei melden, der plant, sich in einer Menschenmenge in die Luft zu sprengen. Selbst Jürgen Todenhöfer hätte da wohl auf sein Sensationsinterview verzichtet und die Bullen gerufen. Was will man uns mit all den Jubelmeldungen also sagen?

Zwei gute Syrer gegen einen schlechten ist ein guter Syrer mehr

Nicht erst seit der Flüchtlingskrise ist es eine der Lieblingsmacken der Linken, sich der „Fremden“ anzunehmen und ihr Bild in der Öffentlichkeit in ein schönes Licht zu rücken. Diese Migranten-PR läuft unter dem Schlagwort „Kampf gegen Rechts“, als ließe sich ein eingefleischter Neonazi von seinem Weltbild heilen, wenn man nur genug gut integrierte, bekopftuchte Quotenmuslimas durch die Manege führt. Nachdem der Stammtisch mal wieder recht behalten hat, als er warnte, offene Grenzen seien eine Einladung an Terroristen, kommen den linken Multikulti-Fans die drei mutigen Syrer deshalb gerade gelegen.

Manche ließen sich zu einem Meisterstück an Logik hinreißen und wiesen darauf hin, dass nun alle Syrer erwiesenermaßen gute Menschen seien, schließlich stehe es jetzt 2 zu 1: Zwei gute Syrer gegen einen schlechten. Wollte man sich auf dieses Niveau herablassen, könnte man entgegnen, mit der Festnahme sei die innere Sicherheit eigentlich nur wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt worden – so, als hätte man die Grenzen nie geöffnet. In jedem Fall sind alle mächtig stolz – fast wie Mama, die allen ihren Freundinnen von den guten Noten ihrer Liebsten erzählen muss.

Zu Zeiten des Kolonialismus hielten viele Europäer die Kolonisation für eine gute Sache, schließlich würde sie den Wilden die Zivilisation bringen und das Leben in den Kolonien nachhaltig verbessern. In einer solchen Betrachtungsweise ist die Hierarchie eindeutig: Oben steht der zivilisierte und gebildete Mensch, darunter der Wilde, dem es zu helfen gilt. Vollends entzückt war man, wenn sich die Fremden an die eigenen Bräuche anpassten: Schaut her, wie fein sich mein Wilder benehmen kann, er trinkt sogar Bier und dient in unserer Armee! Heute scheint die Entsprechung dessen zu sein: Seht her, wie fein sich meine Syrer benehmen. Manche wollen sogar arbeiten und haben etwas gegen Terroristen!

In den Augen linker Multikultifans verkommen Einwanderer zum Objekt der eigenen Wohltaten

Weite Teile der Linken scheinen der Ideologie des Multikulturalismus so sehr verfallen, dass sie nicht einmal mehr merken, wie sie im Namen der guten Tat selbst die Hierarchien beleben, die sie an „Rechtspopulisten“ kritisieren. In den Augen linker Multikultifans verkommen Einwanderer zum Objekt der eigenen Wohltaten. Gleichzeitig scheint man davon auszugehen, der Ruf von Syrern in Deutschland sei tatsächlich so schlecht, dass man ihre guten Taten besonders hervorheben müsse. Dabei entzündet sich die Kritik an der Einwanderungspolitik in der Regel ja gar nicht daran, dass Syrer nach Deutschland kommen, sondern dass während der Flüchtlingskrise auch für diejenigen der Schlagbaum gehoben wurde, die gute Gründe haben, die No-Border-Utopie im Sinne ihres Geschäftsmodells herbeizusehnen. Dies wiederum ist für eine Gruppe von Menschen in Deutschland besonders schädlich: Einwanderer.

Allerdings wird bei weitem nicht allen Immigranten die schützende Hand der Ideologen zuteil und dennoch finden sie sich in Europa ganz gut zurecht. Solange sich die Multikulti-Ideologen an ihren guten Taten ergötzen können, ist all dies jedoch zweitrangig. Was zählt, sind der Kampf gegen Rechts und das gute Gefühl. Denn wie ließe sich der Klassenkampf heute auch sonst weiterführen, gäbe es da nicht zumindest ein paar arme Menschen, in deren Namen man sich mit „der Gesellschaft“ anlegen kann?

Karim Dabbouz (29) lebt im Ruhrgebiet. Dieser Text erschien zuerst auf seinem Blog hier.

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Roland Schmiermund / 16.10.2016

Nun stehen dieser “Helden” im Verdacht “Mitwisser” zu sein. Leider kann sie niemand befragen, weil sie untergetaucht sind. Dass das nicht so ganz abwegig scheint, ist schon daran zu messen, dass diese Syrer miteinander befreundet waren. Inklusive Übernachtung versteht sich.

Karla Kuhn / 16.10.2016

Die ganze Sache ist für mich sehr undurchsichtig. Abgesehen davon ist es Pflicht eines jeden Bürgers, wenn möglich, Straftaten zu vereiteln.  Da sollen sich doch bitte alle die Menschen beim BP melden, die in der Vergangenheit ähnliche Taten vollbracht haben aber noch immer ohne Orden sind. Wie schreibt Sarrazin ? Recht hat er !!

Gerd Hoffmann / 15.10.2016

Nun soll mir noch einer sagen Bürgerwehren bewährten sich nicht.

Rolf Permeier / 15.10.2016

Die Schlagzeile “Syrer lösen Problem, das wir ohne sie nicht hätten” werde ich im Zusammenhang mit dem geschnappten Terroristen von Chemnitz wohl nicht mehr lesen.

Sebastian Brant / 15.10.2016

Der Vorfall bleibt nach wie vor undurchsichtig, wie das gestellte Foto (an dem sichtlich retuschiert wurde) von der „Festnahme“ eines Bösen durch zwei Gute. Der Fake-Charakter der Geschichte ist auch nicht neu, wie die Legenden von den hohen runden Summen in Geldbörsen findenden Flüchtlingen. Es besteht nun die Gefahr, eines „jetzt erst recht“, bei der willkürlichen Zuwanderung. Die Verwischung von legal und illegal, von Un- oder Terrorverdächtigen, letztlich von Islam und Islamismus. Die dadurch entstandenen Probleme lösen sich jetzt von selbst. Je größer die Masse der Problemverursacher wird, umso größer auch die der Problemlöser. Deutschland als Regulativ der Probleme der Restwelt.

Frank Stricker / 15.10.2016

Ich fürchte, wenn man die Quote von zwei “guten Syrern” auf einen “bösen Syrer” fürs ganze Land hochrechnen würde, dann stehen uns aber demnächst so was von lustigen Zeiten ins Haus. Die Art und Weise wie die real existierenden Flüchtlingsprobleme von ofizieller Seite klein und schöngeredet werden ist schon atemberaubend. Die mindestens 40 Milliarden pro Jahr werden offensichtlich aus der Portokasse bezahlt, oder wie Angela Merkel es gerne ausdrückt. aus “Überschüssen”. Doch woher kommen die” Überschüsse”?. Hat Angela Merkel unterm Kanzleramt den Schatz der Inka entdeckt oder das Bernsteinzimmer, oder gar beides ?  Wahrscheinlich ist hier jedoch mal wieder der relativ gutverdienende. steuerzahlende deutsche Facharbeiter gefragt. Schönen Dank Mutti !!

Dietrich Herrmann / 15.10.2016

Dass so seicht denkende Möchtegern-Politiker den Syrern das BVK verleihen wollten, passt ins Bild, dass ziemlich viele Nieten da in Berlin agieren. Einem Muslim ein Kreuz umhängen - schon das ist wohl eine krasse Idee. Da sollte man doch viel lieber den neuen Orden Bundesverdienst-Halbmond erfinden…

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