Guter Biden, schlechter Biden – Das Wechselspiel der Medien

Als die New York Post im Oktober Hunter Bidens Laptop in der Öffentlichkeit ausleerte und neben unappetitlichen Details aus seinem Privatleben auch neue Indizien zu Vetternwirtschaft und persönlicher Bereicherung der auch „Biden inc.“ genannten Familie bekannt wurden, blieben die Meldungen zunächst in den gut überwachten Netzen von Twitter und Facebook hängen. Doch die Nachrichten waren in der Welt und ließen sich nicht mehr unter dem Teppich der Gemeinschaftsstandards der sozialen Medien verstecken. Also traten die traditionellen Medien auf den Plan und strickten die Belege zur Verschwörung und den sie vortragenden Rudy Giuliani zum senilen Tattergreis um. Von Washington Post bis CBS und CNN zog man Expertise zu Fakten aus dem Hut, die man nie geprüft hatte.

Man ließ „50 ehemalige Geheimdienstleute“ russische Muster erkennen und sprach Hunter Biden – und damit auch dessen Vater Joe – unisono von allen Vorwürfen frei. Alles sei frei erfunden, lächerlich und man wolle nicht die eigene Zeit oder die der Leser und Zuschauer verschwenden, indem man diesem Schmutz ernsthaft nachginge. Am 19. Oktober beispielsweise schrieb Politico.com in einem langen Artikel über die „russian disinfo“, mit der man es hier zweifelsfrei zu tun habe.

So kam der Wahltag, und angesichts der sich häufenden „Vorfälle“ bei der anschließenden Auszählung gab es weit dringendere Sorgen als die seltsamen Ukraine- und Chinageschäfte eines Mannes, der vielleicht den bekannten Namen seines Vaters zu klingender Münze gemacht hatte und dem Papa Vizepräsident, der „Big Guy“, auch schon mal die Airforce2 für die Reise nach Peking bereitgestellt hatte.

Unterdessen sieht alles danach aus, als würde dieser „Big Guy“ am 20. Januar als 46. Präsident ins Weiße Haus einziehen, denn auch die Klage von Texas, auf die ich hier gar nicht näher eingehen werde, selbst wenn sie mir sehr plausibel erschienen war, traf beim Supreme Court auf taube Ohren.

Bemerkenswerte  Kehrtwende in der Berichterstattung

In der Zwischenzeit jedoch, genauer gesagt am 9. Dezember 2020, nahm die Washington Post die Berichte über Hunter Biden wieder auf. Mit dem kleinen Unterschied, dass man die Sache urplötzlich als „Breaking News“ behandelte und genau das Gegenteil von dem schrieb, was man noch vor einem Monat behauptet hatte. „He [Hunter Biden] failed to report income from China-related business deals …“. Dieses Detail ist hier wichtig. Denn während die New York Post prinzipiell die Legitimität dieser „Geschäfte“ in Zweifel zog, moniert die WP, dass die Einnahmen womöglich nicht versteuert wurden. Ich verkneife mir hier jede moralische Beurteilung.

Hunter Biden selbst bestätigte, dass es in Steuersachen „Federal Investigations“ gegen ihn gebe, auch wenn er sich natürlich sicher sei, die Vorwürfe zerstreuen zu können. Selbstverständlich müssen wir die Unschuldsvermutung auch für ihn gelten lassen.

Politico, also jenes Magazin, dass sich im Oktober noch sicher war, die Russen würden hinter der Sache stecken, ging nun sogar noch einen Schritt weiter. Nun geht es nicht nur um Steuerbetrug, sondern man untersuche auch die ausländischen Geschäftsbeziehungen von Hunter Biden und James Biden, dem Bruder des künftigen Präsidenten und von Geldwäsche ist im Artikel auch die Rede. Man beteuert jedoch, Joe Biden selbst wäre von den Untersuchungen nicht betroffen, aber wie glaubhaft ist diese Unschuldsvermutung, wo doch das einzige Produkt von Hunter und James der Name Biden ist, dessen Wert von Joe Biden verwaltet wird?

Ob Politico wohl vergessen hat, dass man im Jahr 2019 selbst in einem ellenlangen Artikel das interne Zusammenspiel von „Biden inc.“ haarklein dargelegt hatte? Diese drei Politico-Artikel nebeneinandergelegt, alle geschrieben innerhalb etwa eines Jahres, ergeben das denkbar widersprüchlichste Bild, das jemals aus einem Haus über ein und denselben Gegenstand erstellt wurde. Alle drei widersprechen sich gegenseitig auf das heftigste.

Wie kam es zu dieser bemerkenswerten Kehrtwende in der Berichterstattung? Sieht man die Sache aus der Perspektive der Wahl, ist alles klar. Schließlich haben die Medien mit ihrer offenen Unterstützung Bidens nicht gerade hinter dem Berg gehalten. Ein bestechlicher Präsident, der seinen Namen in China versilbert und dafür als Proxy seinen Sohn und seinen Bruder verwendet, käme nicht gut an bei den Amerikanern. Doch warum berichtet man jetzt doch noch darüber? Am 20. Januar 2021 könnte ein Präsident Biden die Ermittler entlassen und die Untersuchungen gegen seinen Sohn in sich zusammenfallen lassen. Wozu heute also durch Artikel bestätigen, dass man vor der Wahl nicht ganz ehrlich zu den eigenen Lesern war? Warum die Enthüllungen der New York Post, die man als Schmierenstück gescholten hat, nachträglich adeln? Ich sehe da zwei Möglichkeiten, die ich hier als Hypothesen kurz darlegen möchte.

Hypothese 1: Medien und Macht

Wie sehr die vier Trumpjahre die amerikanischen Medien erschüttert hatten, konnte man im Wahlkampf geradezu in den Gesichtern der Moderatoren lesen. Die Rolle der Medien als Auguren der Macht, denen früher die Aufgabe zugefallen war, die Entscheidungen der Präsidenten zu lesen und zu interpretieren, war ersatzlos gestrichen. Wenn Trump etwas sagen wollte, griff er zu Twitter statt zur Presse, und die Sprache, derer er sich bediente, bedurfte keiner Interpretation. Aus diesem Jammertal der Bedeutungslosigkeit herauszufinden, versprach Biden. Allein schon die Übersetzung von Worttrümmern wie Trunalimununaprzre kann einen tüchtigen Journalisten schon ernähren. Deshalb war die verzweifelte Schlacht gegen das Bekanntwerden der weniger schönen Geheimnisse der Biden-Family eine Überlebensfrage für die Medien.

Doch die ist nun ja (sehr wahrscheinlich) entschieden und man kann wieder dazu übergehen, die Wahrheit – oder das, was man zur Wahrheit erklärt hat – zu verwalten: Wir entscheiden, was gemeldet wird und wann es gemeldet wird. Kann es heute nützlich sein, eine Affäre zu vertuschen, ist es morgen vielleicht klüger, die richtigen Leute wissen zu lassen, dass man Bescheid weiß. Ein Präsident ist ja nicht nur durch China wegen möglicher zwielichtiger Geschäfte seines Sohns erpressbar, sondern auch durch all jene, die von der Sache wissen und darüber berichten könnten. Er könnte sich erkenntlich dafür zeigen, falls die Berichterstattung über die Hunter-Sache bald zum freundlichen Erliegen kommt. Unter diesen Umständen wird wohl nicht zu erwarten sein, dass sie die nächste US-Regierung an die Zerschlagung des Informationskartells aus Medien und der übermächtigen Social-Media-Firmen machen wird.

Hypothese 2: Der Weg hinaus

Bereits im Oktober machten die Demokraten unter Pelosi den Vorschlag, dass die Gesundheit des Präsidenten (man meinte damit ausdrücklich nicht Trump) und damit auch dessen Amtsfähigkeit durch ein Gremium geprüft werden könne. Viele dachten sofort an die Möglichkeit, den greisen und angeschlagenen Biden baldmöglichst durch seine Vize Kamala Harris ersetzen zu können. Die nun ganz öffentlichen Anschuldigungen gegen seinen Sohn Hunter könnten Joe Biden zu gegebener Zeit auch von dieser Seite unter Druck setzen, so dass der Weg für Harris schneller frei würde.

Eine Wendung, der ich, wie bekannt, so gar nichts Positives mehr abgewinnen könnte. Diese Büchse ist also mit gleich zwei Kugeln des Amtsverzichts geladen, man muss nur abdrücken. Ich glaube kaum, dass Biden gleich beiden Geschossen ausweichen könnte. Die Frage ist nicht mal so sehr, wie tief Joe Biden im Korruptionssumpf seines Sohnes steckt, sondern die, was ein Vater tun würde, um seinen einzigen noch lebenden Sohn zu schützen. Eine Frage, die man sich womöglich auch in Peking stellt.

Ob es den Medien eigentlich egal ist, für wie glaubwürdig man sie hält? Eine weitere Hypothese geht nämlich davon aus, dass es der Sinn der aktuellen Berichterstattung sei, den Bürgern klar zu machen, dass man alles mit ihm tun könne, was man wolle. Heute Lüge, gestern Wahrheit – oder doch andersherum? Je unsicherer der Bürger sei, umso leichter lasse er sich lenken. Ich glaube, das funktioniert in den USA nicht. Zumindest nicht so gut wie in Deutschland. Und selbst in unserem obrigkeitshörigen Land hat die Glaubwürdigkeit etablierter Medien bereits erheblich gelitten.

Laut einer Umfrage – denen in den Staaten aus guten Gründen aber auch kaum noch jemand glaubt – wussten 36 Prozent der Biden-Wähler nichts von den Vorwürfen gegen dessen Sohn Hunter. „Media Research Center“ fand heraus, dass fast 5 Prozent davon Biden nicht gewählt hätten, wenn sie von den Vorwürfen gewusst hätten. Der Skandal hätte also wahlentscheidend sein können, wenn ihm die notwendige Aufmerksamkeit nicht aus den genannten Gründen verweigert worden wäre.

Eine gewisse Ernüchterung macht sich also gerade breit in den Staaten. Man hadert mit den Wahlgesetzen, die stellenweise bis zur Schmerzgrenze verbogen und gebeugt wurden. Man hadert mit Gerichten, die sich für unzuständig erklären, man hadert mit den Medien, denen die Lügen und Vertuschungen von gestern heute nicht mal eine Entschuldigung – geschweige denn eine Erklärung – wert sind. Und während in Texas schon Stimmen laut werden, welche die Bildung einer neuen Staatenunion anregen – das Fachwort dafür lautet Sezession – errichten Antifa und linke Milizen in Portland, bis an die Zähne bewaffnet, schon die nächste autonome Zone. Die Aussichten auf Versöhnung und Normalisierung bleiben also auch weiterhin eher bescheiden. Mein geseufztes „Armes Amerika, in deiner Haut möchte man dieser Tage wirklich nicht stecken“ muss ich deshalb schweren Herzens erneuern.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

Foto: Staff Sgt. Teddy Wade/ US Army via Wikimedia Commons

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Leserpost

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S. Marek / 14.12.2020

Wenn Idiotie Regiert gibt es wenig Hoffnung auf Besserung.                                                                . Für Englischsprachige habe ich eine Hervorragende Einschätzung unserer Naher Zukunft in Abhängigkeit von noch ausstehender politischer Gewißheit:  Robert Spencer Video: Iran - What Has Happened, and What Is Next?  auf Frontpagemag.com vom Mon Dec 14, 2020.

Michael Lorenz / 14.12.2020

Es gibt da zwei Möglichkeiten. A: Ein durch einen Zufall ins Weiße Haus gespülter narzisstischer Rambo will einfach nicht wahrhaben, dass seine miese Politik nicht genug Wähler überzeugen konnte und dreht nun völlig durch. B: Eine linksfaschistische und von sich als Elite überzeugte Bande Krimineller versucht per generalstabsmäßig geplantem Wahlbetrug eine demente Marionette als Scheinpräsident zu installieren, um hinter ihm mit ihrem Land bzw. der freien Welt machen zu können, was sie wollen. So wie Castro in Kuba. Die Kim-Sippe in Korea. Bruder Nr. 1 in Kambodscha. Stalin in Russland … - sage mir also niemand, so was gäbe es gar nicht. Der einzige Grund, der für A spricht: Süddeutsche, Spiegel und ÖRR sind davon überzeugt. Und zwar mindestens so, wie es die Hugenberg-Presse vom Endsieg war.

Walter Elfer / 14.12.2020

Mit “die Russen war’ns” hat man Nebelkerzen geworfen. Dabei war/ist es China. Die Ausies können ein Lied davon singen. Mrs. Powell hat nun den Ball direkt an den Supreme Court gespielt. Die Belege sind eindeutig. Wenn sich der SOTUS diesmal wieder, wie im Fall von Taxas & Co., mit “ich bin nicht zuständig rausredet, dann wissen wir wenigstens, das die USA bis in die tiefsten Ritzen korrupt ist u. es keine (schnelle) Selbstheilung gibt. Dann haben wir bald ein sozialistische Achse USA-China-EU. Mad Max wird ‘n Dreck dagegen sein.

sybille eden / 14.12.2020

Mir war von Anfang an völlig klar, daß Biden nur benutzt wurde um die Harris zu etablieren. Das war so geplant und wird so durchgezogen, wetten ?

Werner Geiselhart / 14.12.2020

Ein von China erpressbarer Präsident, schlimmer könnte es nicht für die USA kommen. Biden kann eigentlich nur die ganzen Handelssanktionen gegen China, die Trump wohlweislich errichtet hat, zurücknehmen und die amerikanische Industrie damit dem endgültigen Ruin zuführen, um sich zu retten. Wobei ich der These 2 zustimme, dass Biden nur ein Strohmann war für die Machtübernahme der linksgrünen Demokraten, die mit einem eigenen Kandidaten nie und nimmer die Mehrheit erreicht hätten. Eines muss man den marxistischen Strategen lassen, genauso wie in Deutschland gehen sie nicht den Weg über offene Wahlen, sondern über die Übernahme der Medien, der Zuschiebung von Macht an linksgrüne NGOs und das Vorschieben von “unverdächtigen” Strohmännern wie z.B. Kretschmann, der für jede Oma wählbar erscheint.

Georg Dobler / 14.12.2020

Warum dieser Umschwung? wird gefragt. Weil heute in USA die Wahlmänner die Wahlergebnisse abgeben.

Rudolf George / 14.12.2020

Das Spiel ist doch klar: Biden hat seine Schuldigkeit getan, jetzt geht es darum, die in allgemeinen Wahlen chancenlose Kamala Harris zur Präsidentin zu machen.

P. F. Hilker / 14.12.2020

Ist es in Deutschland anders, sprich besser?

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