Rainer Bonhorst / 02.05.2010 / 17:19 / 0 / Seite ausdrucken

Gut gemacht, Belgier!

Mit Verboten sollte man behutsam umgehen. Aber die Entschiedenheit, mit der die Belgier gegen die frauenfeindlichen Ganzkörpergefängnisse Burka und Niqab einschreiten, ist imponierend. Könnte solcher Mut etwa ansteckend sein? Inzwischen wird selbst in Deutschland nicht mehr nur abwiegelnd über ein Burka-Verbot gesprochen. Silvana Koch-Mehrin hat das abstoßende Gewand zu einem Thema der Liberalen gemacht und dort gehört es ja auch hin. Es ist ein Freiheitsthema und ein Thema der Menschen-, vor allem der Frauenrechte. Da brauchen andere manchmal etwas länger.

Ja, es war mutig von den Belgiern, das Burkaverbot auszusprechen. Die Burka ist ein Gewand von unübersehbar fanatischem Zuschnitt, und fanatische Islamisten sind bekanntlich nicht zimperlich in der Wahl ihrer Antworten. Und bei dieser Gelegenheit sollte man ruhig auch mal über die andere Reaktion sprechen, die fanatische Islamisten bei uns auslösen: Nämlich darüber, dass hinter einem oft besonders behutsamen Umgang mit diesen Leuten nicht immer feine Toleranz steckt sondern oft auch schlichte Feigheit.

Ob ein Katastrophenfilmregisseur die ganze Welt untergehen, Mekka aber stehen lässt; oder ob ein deutscher Fernsehsender einen vom Dschihad bedrohten dänischen Karikaturisten zum Plausch einlädt und dann wieder auslädt: Wir haben es hier mit dem F-Wort zu tun.

Meist wird die Feigheit von ihren Ausübenden als Verantwortungsbewusstsein umfirmiert. Aus Verantwortung für unsere Mitarbeiter, aus Verantwortung für unser Projekt, aus Verantwortung für die Familie: lauter verständliche Gründe, feige zu sein. Sie sind uralt und ewig neu. Wer ohne Feigheit ist, werfe den ersten Stein. Und Verantwortungsbewusstsein ist ja ein Wert, den man nicht einfach beiseite schieben kann. Jeder vernünftige Mensch ist gelegentlich zwischen Mut und Verantwortung hin- und hergerissen.

Ähnlich ist es mit der Feigheit, die sich   hinter der Fassade der Toleranz versteckt. Es gibt ja beides: die Toleranz, die aus dem Herzen kommt, und die Toleranz, die aus den schlotternden Knien kommt. Ja, manchmal findet beides gleichzeitig statt. Wer will das schon so genau unterscheiden? Der Mensch ist kein ausgeklügelt Buch. Und Toleranz ist etwas Wunderbares. Dämlich wird sie erst, wenn man notorischen Intoleranzlern das Feld überlässt. Und fragwürdig wird sie, wenn sie Etikettenschwindel ist und eigentlich einen anderen Namen verdiente.

Aber es gibt eben auch den Mut. Und der hat es an sich, nicht ganz ungefährlich zu sein. Deshalb wirkt er auf Mutlose gelegentlich verantwortungslos. Und da Mut sich meist entschieden gegen etwas, oder besser: für etwas einsetzt, wird er auch gerne intolerant genannt. Und der Fairness halber sei gesagt: Auch der Mut unterliegt keinem deutschen Reinheitsgebot. Er kann verantwortungslos sein und er kann aus einer Haltung der Intoleranz kommen. Eindeutig ist nichts auf dieser Welt. Es wäre auch langweilig.

Egal, ob sie nun reinen Mutes oder nur halbreinen Mutes waren: Die Belgier hätten es sich leichter machen können. Sie hätten sagen können: Wir sind ein kleines Land, in der gleichen Liga wie das arme Dänemark. Warum sollen wir uns nach dem dänischen Karikaturen-Ärger nun als Erste den Burka-Ärger auf den Hals laden? Sollen doch die großen Franzosen mutig vorangehen. (Sie haben es ein Stück weit schon getan). Und wo bleiben die großen Deutschen? (Sie zählen noch ihre Burkas, ehe sie eine politische Entscheidung fällen.)

Aber die mutigen Belgier haben es getan und müssen sich jetzt gegen alles Mögliche wappnen. Und Silvana Koch-Mehrin, die Belgien in Sachen Burka als Vorbild für ganz Europa empfiehlt, wurde - wie sollte es anders sein? - sogleich mit dem Beiwort “rechtspopulistisch” bestraft.

So ist das nun mal: Wer die textile Unterdrückung der Frau nicht duldet, weil sie Ausdruck einer umfassenderen Unterdrückung ist, braucht Mut an mehreren Fronten. Man macht sich nicht nur gefährlich griesgrämige bärtige Männer zu Feinden sondern zieht sich obendrein noch den Ärger einiger Frauen zu, deren Jeans, T-Shirts und kurze bunte Haare eigentlich keine Sympathie für das von Männern erzwungene Ganzkörperfrauengefängnis vermuten lassen.

Wer hingegen die F-Variante wählt, zieht sich keinen Zorn zu, allenfalls hier und da eine vereinzelte spöttische Bemerkung.   

Siehe auch:
Diese Woche hat Belgien als erstes europäisches Land die Vollverschleierung verboten. Jetzt soll die Schweiz folgen: CVP, FDP und SVP drängen auf ein Burka-Vebot.
Vorstoss für ein Schweizer Burka-Verbot. http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Vorstoss-fuer-ein-Schweizer-BurkaVerbot/story/10038851

See also:
The UN’s Economic and Social Council has just elected Iran to a seat on the UN’s women’s rights commission - formally known as the Commission on the Status of Women. This outfit describes itself on its web site as the UN’s “principal global policy making body” for “gender equality and advancement of women”.
http://pajamasmedia.com/claudiarosett/enough-already-just-move-the-un-to-iran/?singlepage=true

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