Wenn sich eine so winzige, machtlose Gruppe wie die jungen deutschen Juden mit einer gewichtigen Macht wie Claudia Roth anlegt, mit der hinter ihr stehenden Partei und der derzeitigen Bundesregierung, kann man von Mut reden. Als ich das Video sah, mit der jämmerlich um Duldung bettelnden, bestürzt nach Luft schnappenden Staatsministerin Claudia Roth, begann ich wieder zu hoffen.
Lohnt es, noch ein Wort über Claudia Roth zu verlieren? Die über Parteiliste und verfehlte Personalpolitik ins Amt gehievte Altlast der Grünen wäre an sich kaum ein Schulterzucken wert. Von höherem Denken war sie nie angefochten, „tragbar“ ist sie schon lange nicht mehr. Sie steht für ein verjährtes Modell, den mühsam hinter „Israelkritik“ verborgenen Antisemitismus der Grünen. Seit sie auf der letzten documenta antisemitische Stürmer-Fratzen mit deutschen Steuergeldern subventioniert hat, ist sie in jüdischen Augen nichts anderes als ein geschminkter, in bunte Lappen gehüllter Zombie.
Die Kulturstaatsministerin ist am vergangenen Freitag, 19. Mai 2023, auf einem jüdischen Jugendfestival in Frankfurt am Main vom Publikum „ausgebuht und ausgepfiffen“ worden, meldet die Bild-Zeitung (während Spiegel, Süddeutsche & Co. den Vorfall selbstverständlich verschweigen). „In Videos ist zu hören, wie manche Gäste 'Runter von der Bühne!' (…) rufen. Plakate wurden hochgehalten, die die Ablehnung gegenüber Roth deutlich zum Ausdruck brachten.“
Doch es geht nicht um sie. Um ihretwillen würde ich nicht mal den Finger aufs Keyboard setzen. Was sich in dem Frankfurter Vorfall zeigt, ist ein Hauch von Hoffnung, etwas, woran wir schon nicht mehr geglaubt haben: das plötzliche Erwachen der jüdischen Jugend in Deutschland. Es gibt sie kaum noch, nur zehn Prozent der 90.000 in den deutschen Gemeinden erfassten Juden sind Jugendliche, also etwa 9.000, die den in die Millionen gehenden jungen Muslimen und anderen aktiven Judenhassern fast wehrlos gegenüberstehen.
Die deutschen jüdischen Gemeinden schwinden dahin. Ihre Demographie ist deprimierend, die Hälfte ihrer Mitglieder über 60 Jahre alt. Kinder gibt es immer weniger, sie müssen in einigen Städten schon im Kindergarten von bewaffneten Leibwächtern beschützt werden. Mitglieder des jüdischen Sportclubs Makkabi werden regelmäßig attackiert, falls sie irgendwo ihr Sweatshirt mit dem Logo des Vereins sehen lassen. Gemeindehäuser und Synagogen gleichen Festungen. Vom offenen Tragen der Kipa oder anderer Zeichen des Jüdischseins raten Polizei und jüdische Funktionäre in deutschen Städten dringend ab. Die um gute Beziehungen zur Staatsmacht bemühten Gemeindeoberen würden dem unvorsichtigen Träger im Notfall auch kaum beistehen, sondern ihm eher vorwerfen, dass er mit seiner „Provokation“ Empfindlichkeiten bei den neuen Herren der Schulhöfe und Nahverkehrsmittel verletzt hat.
Spekulieren auf weitere Prämien für Wohlverhalten
Wenn sich eine so winzige, machtlose Gruppe wie die jungen deutschen Juden mit einer gewichtigen Macht wie Claudia Roth anlegt, mit der hinter ihr stehenden Partei und der derzeitigen Bundesregierung, kann man von Mut reden. Die Plakate deuten auf eine vorbereitete Aktion. Das jugendliche Publikum wusste, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland, oft servil bis zum Suizidalen, die große Geldverteilerin trotz des documenta-Skandals zur Veranstaltung einladen würde.
Es ist die Logik von Josef Schuster und Konsorten, jede Ungeheuerlichkeit, selbst offenen, an die NS-Zeit erinnernden Judenhass von Seiten der Regierenden hinzunehmen, wenn dafür ein paar Millionen herausspringen. Das Budget des Zentralrats soll deutlich erhöht werden, auf 22 Millionen jährlich – wollen wir beten, dass einiges von diesem Geld den kränkelnden Gemeinden und hilfsbedürftigen Juden in Deutschland zugute kommt. Die Funktionäre werden sich ihren Anteil zu sichern wissen. Wie die Einladung der bekannten Antisemitin zeigt, spekulieren sie auf weitere Prämien für Wohlverhalten.
Doch die jungen Leute spielen nicht mehr mit. Oder wenigstens nicht mehr so brav wie früher. „Roth konnte die Buh-Rufe nicht ignorieren“, schreibt die Bild-Zeitung. Die in die Enge getriebene Rednerin reagierte mit einer zugleich dreisten wie unterwürfigen rhetorischen Volte: „Ich nehme die Kritik an, weil wir eine starke und eine bunte und eine mutige Demokratie sind.“ Diese Frau hat keine Würde und kennt keine Scham. Zu Recht wurde ihr läppischer Versuch, sich selbst zum Symbol der Demokratie in Deutschland zu erklären, von den jungen Juden mit Pfiffen beantwortet.
Das Video zeigt in den Augen der eisern ihre Parolen schwingenden Grünen-Rednerin dann doch etwas wie Furcht. Ihr Lächeln wirkt verzweifelt, ihr gepolstertes Gesicht vor Schreck erstarrt. Die wenigen Juden sind für das Ansehen Deutschlands immer noch ein entscheidender Faktor. Um den Ruf des „bunten Deutschland“ ist es geschehen, wenn dort keine Juden mehr leben können. Oder wollen. Denn diese alimentierte, geduldete, bemitleidete, auf Gedenkfeiern herumgeschleppte winzige Minderheit hat einen Willen. Zumindest die jüngeren unter ihnen. Meine herzlichen Grüße aus der Ferne. Als ich das Video sah, mit der jämmerlich um Duldung bettelnden, bestürzt nach Luft schnappenden Staatsministerin Claudia Roth, begann ich wieder zu hoffen.
Quelle: bild.de
Chaim Noll wurde 1954 unter dem Namen Hans Noll in Ostberlin geboren. Seit 1995 lebt er in Israel, in der Wüste Negev. Chaim Noll unterrichtet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit an der Universität Be’er Sheva und reist regelmäßig zu Lesungen und Vorträgen nach Deutschland. In der Achgut-Edition ist von ihm erschienen "Der Rufer aus der Wüste – Wie 16 Merkel-Jahre Deutschland ramponiert haben. Eine Ansage aus dem Exil in Israel".