Peter Heller, Gastautor / 30.08.2019 / 06:13 / Foto: Pixabay / 29 / Seite ausdrucken

Grüne Trendscouts wider Willen

Mit ihrem untrüglichen Gespür für den technischen Fortschritt gelingt es den Grünen immer wieder, bedeutende Innovationen mit hoher Treffsicherheit vorherzusehen. Einen legendären Beleg für diese These stellt ihr Bundestagswahlprogramm von 1987 dar. Bekennen sie sich doch in diesem zum Widerstand gegen „IuK-Technologien“ und bekräftigen ihre Ablehnung der „Digitalisierung des Fernsprechnetzes“, der Glasfaserverkabelung und des Satellitenfernsehens. Ihr Aufruf, den World-Wide-Web-Vorläufer Bildschirmtext zu boykottieren, belegt zudem ein instinktives Verständnis für die spätere Wirkmacht der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Online-Kommunikation.

Auch in anderen Sektoren irren die Umweltbewegten selten. Von der Kernenergie über die Gentechnik bis hin zur hydraulischen Stimulation (vulgo „Fracking“), vom Kreuzfahrtschiff bis hin zum SUV: Was immer sie an größeren oder kleineren Themen ins Visier nehmen, wird früher oder später auf irgendeine Weise zu Gold. Meistens früher im Rest der Welt und später in Deutschland.

Das gilt natürlich auch für den von den Klimaschützern aktuell attackierten Linienflugverkehr auf kürzeren, innerdeutschen Strecken. Denn Investoren und Unternehmern bietet gerade dieser Verkehrssektor erhebliche Chancen. 

Schnelles Reisen für viele Menschen bezahlbar

Geschwindigkeit ist das offensichtliche Alleinstellungsmerkmal des Fliegens. Zwar sind Rad-Schiene- oder Rad-Straße-Systeme in dieser Hinsicht physikalisch ebenfalls nicht limitiert, stoßen aber ökonomisch schnell an ihre Grenzen. Jenseits einer niedrigen dreistelligen Stundenkilometerzahl kostet die zur Überwindung des Luftwiderstandes erforderliche Vortriebskraft einfach zu viel Energie. Flugzeuge hingegen bewegen sich in großen Höhen bei erheblich geringerer Luftdichte. Das gestattet ihnen, schnelles Reisen zu Preisen anzubieten, die für viele Menschen und nicht nur für die besonders Wohlhabenden unter uns bezahlbar sind. Wie teuer wäre wohl der Betrieb eines Zuges, der tausend Kilometer in der Stunde zurücklegt? Genau in diesem Bereich spielt das Flugzeug seinen enormen Effizienzvorteil aus. Menschen fliegen, weil Mobilität für sie „ankommen“ bedeutet und nicht „unterwegs sein“.

Der für die Infrastruktur erforderliche Kapitaleinsatz ist vergleichsweise gering. Luftstraßen werden nicht gebaut, sondern programmiert. Die Start- und Landemöglichkeiten sind schon da. Zwei Dutzend gut ausgebaute internationale und regionale Flughäfen in Deutschland sind mit weniger als 50.000 Flugbewegungen im Jahr derzeit nicht ausgelastet. Da fragt man sich, warum nicht noch mehr Leute auf der Kurzstrecke fliegen als bislang schon. Zumal das Geschäftsmodell der Fluglinien, beruhend auf der Subventionierung der Economy-Sitze durch die höheren Klassen, auf ausgereiften Big-Data-Analysen des Buchungsverhaltens und auf dem Auffüllen von Zubringerflügen, manchmal sogar Tickets ermöglicht, die weniger als eine Bahnfahrkarte kosten. 

Das Problem ist das Betriebssystem in allen seinen Aspekten. Die Linienfliegerei auf der kurzen Strecke wird selbst von ihren Anbietern vernachlässigt. Die eingesetzten Flugzeuge sind zu groß, zu schwer und zu laut. Kleine Maschinen mit dreißig bis fünfzig Sitzen in einer lärmreduzierenden aerodynamischen Konfiguration und mit Hochauftriebsfähigkeiten, die auch die Verwendung kürzerer Start- und Landebahnen ermöglichen, würden die Zahl der nutzbaren Flugplätze deutlich erhöhen. Es sind sogar neue Flugfelder in größerer Nähe zu den Innenstädten denkbar.

Luft ICEs für die deutsche Bahn!

Zumal gerade in dieser Flugzeugklasse der Einsatz alternativer Antriebssysteme und Treibstoffe technisch in Reichweite ist. Man stelle sich einen leisen, lokal emissionsfreien, elektrisch landenden und startenden Flieger vor, der erst in größerer Höhe die Turbinen anwirft und mit diesen auch seine Akkumulatoren wieder auflädt. Die Reise selbst erfolgt hochautomatisiert. Im Cockpit sitzt betriebskostensparend nur mehr ein Pilot, dessen wesentliche Tätigkeit in der Überwachung der Systeme besteht. Auch alle anderen vor- und nachgelagerten Prozesse, von der Reiseplanung über den Ticketkauf bis hin zur An- und Abreise an den Flughafen, der Gepäckabfertigung und der Sicherheitskontrolle könnten effizienter und effektiver gestaltet werden als heute. Wäre die Deutsche Bahn kein staatlich kontrollierter Konzern, würde sie solche Luft-ICEs wahrscheinlich selbst betreiben, in Ergänzung zu ihren überlasteten und fehleranfälligen Hochgeschwindigkeitszügen. 

Gegenseitig ersetzen können sich Bahn und Luftverkehr nämlich nicht. Die Vielfalt an verfügbaren Verkehrsmitteln spiegelt vielmehr die Vielfalt der unterschiedlichen individuellen Mobilitätsbedürfnisse. Ein ICE bringt Reisende nur zu einem Hauptbahnhof einer größeren Stadt. Dies dürfte für die meisten auch weiterhin ein klug gesetztes Zwischenziel entlang ihrer persönlichen Reisekette sein. Von dort in die Fläche zu kommen, erweist sich allerdings häufig als überaus aufwendig. Die neuen Luftbusse würden gerade die Räume fernab der ICE-Verbindungen mit Hochgeschwindigkeit bedienen. Was eben auch für viele Menschen nützlich ist. 

Infrastrukturgebundene, zentralisierte Verkehrssysteme haben zudem eine geringe Fehlertoleranz. Ausfälle wichtiger Knotenpunkte oder Verbindungen pflanzen sich automatisch fort und können im Extremfall weite Bereiche des Systems lahmlegen. Beim Automobilverkehr fällt das nicht so sehr ins Gewicht, gibt es doch fast immer genug Ausweichmöglichkeiten. Bei der Bahn aber ist das nicht der Fall. Züge haben keine „nächste Ausfahrt“, an der sie ihre Trasse verlassen könnten. Luftbusse bieten eine höhere Störungsresilienz, denn ihnen ist das Ausweichen zum nächstgelegenen Flugplatz möglich. Der in einem künftigen, enger geknüpften Netz häufig nicht allzu weit vom eigentlichen Ziel entfernt sein wird. 

Beweglichkeit durch Verbote einschränken heißt Wohlstandverlust

Noch im 18. Jahrhundert waren fast alle Menschen fast immer Fußgänger. Ihnen standen, wenn überhaupt, lediglich Pferdekutschen und Segelschiffe zur Verfügung. Heute nutzen wir eine unüberschaubare Vielzahl an Verkehrsmitteln in einer jeweils auf unsere persönlichen Umstände zugeschnittenen, am konkreten Anlass orientierten Kombination. Fahrräder und Kraftfahrzeuge, Straßenbahnen, Regional- und Fernverkehrszüge, Fähren und Flugzeuge haben alle ihre Berechtigung, sonst gäbe es sie nicht. In einer zunehmend flexibilisierten Welt voller Kommunikationsoptionen werden die Mobilitätsbedarfe beruflich wie privat steigen. Angesichts dessen unsere Beweglichkeit durch Verbote einzuschränken, stellt nicht nur einen Freiheitsverlust dar, sondern vermindert auch Möglichkeiten der Wohlstandsmehrung.

Insbesondere dann, wenn der entstehende Raum für neue Mobilitätsoptionen, die die bereits vorhandenen sinnvoll ergänzen, nicht gefüllt werden kann. Mit Fahrzeugen für die Mikromobilität beispielsweise, die den Fußgänger beschleunigen, mit Lufttaxis für den Transport von Menschen und Gütern in Metropolen, mit Flugautos für den Individualverkehr in der Luft auf mittleren Strecken und eben auch mit Luftbussen im Linienverkehr, die das Reisen an viele Orte innerhalb Deutschlands wie auch seiner Nachbarländer einfacher, komfortabler und schneller gestalten als bislang möglich.

Sollte sich also die Politik hierzulande weiterhin als Innovationsbremse betätigen, könnten deutsche Unternehmen die Systeme und Prozesse für die Linienluftbusse trotzdem entwickeln und ins Ausland verkaufen. Eine modernisierte Variante der guten alten Dornier 328 entsteht jedenfalls schon bald wieder in Deutschland. Vor dem Hyperloop als Wettbewerber muss man dabei übrigens keine Angst haben. Auch dieser wird, da an eine kostentreibende Infrastruktur gefesselt, dem Luftverkehr so bald keine Passagiere abjagen. Sondern eher auf kurzen Strecken wichtige Knotenpunkte miteinander verbinden. Wer Container aus dem Hamburger Hafen zu einem einige Kilometer entfernten Umschlagspunkt außerhalb des Stadtzentrums transportiert, kann auch Menschen zwischen Luftbusflughafen und Hauptbahnhof befördern.       

Sie finden, das wäre jetzt zu viel zu optimistische Fiktion? Vertrauen Sie einfach den Grünen. Die adelten schon 1988 den Transrapid als umweltschädlich und „verkehrspolitischen Unfug“. Womit klar sein sollte: Der Magnetschwebetechnik gehört die Zukunft ebenso wie dem Flugzeug. Und in Kombination sind beide einfach unschlagbar. Denn der Fortschritt ist immer dort, wo die Grünen nicht hinwollen. 

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Th. Rosché / 30.08.2019

Wir haben viel mit China zu tun, da werden aktuell ca. 70-80 Flughäfen gebaut und auch FERTIG werden.  Und es starten tatsächlich Flugzeuge !  In Deutschland dagegen geht’s zurück in die Zukunft.  Deutschland das neue Land des Lächeln - über das gelächelt wird.

Georg Schneider-Freyermuth / 30.08.2019

Klasse!

Martin Stumpp / 30.08.2019

Vielleicht sollte man tatsächlich entsprechend investieren. Die Frage ist, in Fluggesellschaften oder Flugzeugbauer. Tatsächlich sind die schnellen Bahnverbindungen (ICE) trotz ihrer Unzuverlässigkeit heillos überlastet. Ein Mitarbeiter der Bahn der öfter auch dienstlich die Bahn nutzt, erzählte mir kürzlich, dass oft selbst in der ersten Klasse alle Sitzplätze belegt sind und die Passagiere stehen müssen. Es fehlt, an ausgebauten Strecken, an Zügrn, an Personal. Die Bahn wird und würde von Schwarz-Rot-Grün-Gelb kaputt gespart. Da fragt man sich ernsthaft, wie Grünen die Inlandsflüge mit der Bahn bewältigen wollen. Vielleicht hofft Frau Baerbock einfach darauf, dass ihr die Kobolde helfen.

michel. o.neland / 30.08.2019

Liest sich gut, wird bei jedem Gründurchwirkten starke Schmerzen verursachen. Jedoch nur in einem freien Land, wo Vernunft und gesunder Menschenverstand überwiegen, wären die geschilderten Möglichkeiten realisierbar. Also keinesfalls in Deutschland.

Timm Koppentrath / 30.08.2019

Das Wahlprogramm, ein Interessanter Fund! Steht es jedoch auf Achgut, gibt es keinen einzigen Grünen Wähler weniger, alle bekommen nur das wohlige Gefühl der Selbstbestätigung. Wenn ich jedoch im Wahlprogramm die aus Faulheit, Angst oder Unverständnis begründete Technikfeindlichkeit sehe, dann erinnert es mich an nicht so wenige hier, die auf Teufel komm raus an fossilen Brennstoffen festhalten wollen und kein Argument zu schwach und keine Vision zu dunkel ist. Wie immer, alternative Lösungsansätze Fehlanzeige, aber verhindern war schon immer einfacher, als bessere Ideen haben.

Dr. Joachim Lucas / 30.08.2019

Ich schätze mal, wenn Politiker ein Start-up Unternehmen gründeten oder überhaupt eine Idee selbst wirtschaftlich umsetzen müssten, wären nach kurzer Zeit 90% von ihnen pleite. Bei den Grünen nahezu 100%. Die letzteren sind Leute, die Ihnen bei allem genau sagen können, dass es nicht geht, warum es nicht geht und warum es gefährlich ist. Nur bei Verboten und Einschränkungen haben sie 1000 Ideen. Solche Leute sind in Unternehmen, wie ich selbst erfahren habe, sehr “beliebt”. Die allermeisten von ihnen sind Medienfuzzies, Geschwätzwissenschaftler, oder Irgendwasabbrecher. Wo soll denn da was herkommen?

Sabine Schubert / 30.08.2019

Die Grünen haben den tiefdeutschen Wunsch nach staatlicher Regulierung vieler Lebensbereiche verinnerlicht. In ihrer unendlichen Anmaßung wollen sie die ganze Gesellschaft, ja sogar die ganze Welt moralisch belehren.Aus einer bizarren Gesinnungsethik und halbgaren ökonomischen und naturwissenschaftlichen Kenntnissen entsteht ein Politikmix, dessen ökonomische und gesellschaftliche Ergebnisse selbst denkende Menschen schaudern lässt.

B. Jacob / 30.08.2019

Die Bahn kommt und wie. Das erste mal hatte ich wieder beklemmende Todesangst und das auf einem ostdeutschen Hauptbahnhof! Sterben ist eine Sache, als Mensch seiner Würde beraubt zu werden eine andere und besonders Frauen und Kinder trifft es. Ganz früh am morgen, viele Afrikaner und Araber, sogar schon mit zugelassenen Rostlauben, afrikanische Männer die Frauen wir Vieh anglotzen und in der Nacht möchte ich nicht auf einem Bahnhof verweilen, am Tage geht es einigermaßen. Ständig wird der Bahnhof umgebaut, der einst funktionierte, überall Sicherheitsdienst, Polizei, sonst wäre an den Bahnhöfen als Kriminalitäts- und Drogentreffpunkt die Hölle los. Versteinerte Gesichter und das neueste Seehofer Konzept nach Berliner Vorbild im Görlitzer Park, Freßbuden, damit die Drogendealer an der Leine gehalten werden.  Wer nicht unbedingt einen Bahnhof aufsuchen muss, wird ihn meiden, früher konnte man auch ohne schwer bewaffnete Polizei und Sicherheitsdienst selbst nachts auf dem Bahnhof flanieren, heute nicht mehr. Als der ICE anrauschte und man an den kleinen Jungen in Frankfurt dachte, der zu Hackfleisch wurde, hätte man nur noch auf die Gleise kotzen können. Dementsprechend argwöhnisch war die Stimmung auf dem Hauptbahnhof. Damals hatte man noch, auch in einer bunten Stadt wie Frankfurt Main von Seiten der Bahn alles noch im Griff und heute? Ich empfehle jedem dumm schwätzenden Politiker und Gutmenschen Praxisurlaub zu den gefährlichsten Zeiten an Hauptbahnhöfen über mehrere Stunden, nahe Praxiserfahrung halt.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com