Roger Schelske, Gastautor / 06.03.2019 / 06:10 / Foto: Ron Kroon / 75 / Seite ausdrucken

Grüne: Irrationalität als Gruppenkitt

Von Roger Schelske.

Der Wunsch nach Zugehörigkeit gehört zu unserer emotionalen Grundausstattung. Vieles von dem, was wir in Gruppen tun, dient nicht irgendeinem konkreten Zweck, sondern der Bekräftigung der Gemeinsamkeit und der Bestätigung von Zugehörigkeit. Dabei gilt: Extremere Formen des Gruppenverhaltens eignen sich besser für die Stärkung des Zusammenhalts einer Gruppe, weil sie eine stärkere Abgrenzung gegenüber der Umwelt ermöglichen. In einer Mafiaorganisation oder einer zentralamerikanischen Jugendgang wird die Zugehörigkeit durch kriminelle Handlungen markiert. In manchen Subkulturen sind es auffällige Tätowierungen oder ein ungewöhnlicher Kleidungsstil, durch die sich die Gruppenmitglieder von Nicht-Mitgliedern abgrenzen. Wie es nicht anders zu erwarten ist, existiert dieser Mechanismus auch in der Politik. Politische Organisationen sind darauf angewiesen, ein Gefühl der Gemeinsamkeit unter ihren Mitgliedern zu erzeugen, denn nur so werden sie handlungsfähig. Auffällige Rituale und extreme Verhaltensweisen sind deshalb auch in der Politik typische Begleiterscheinungen des Gruppenhandelns. 

So weit ist das in der Sozialpsychologie ein alter Hut und vollkommen unstrittig. Ein Punkt wurde in diesem Zusammenhang jedoch bisher nicht ausreichend beachtet: Die Bestätigung von Zugehörigkeit erfolgt auch über Ideologien und Überzeugungen. Der Zusammenhalt einer Gruppe wird stärker, je extremer die gemeinsamen Überzeugungen ausfallen und je weiter sie sich von den Standards von Logik und Vernunft entfernen. Auch Parteien sind anfällig für diesen Mechanismus. Politische Positionen werden häufig nicht deshalb vertreten, weil ein bestimmtes Ziel erreicht, ein konkretes Problem gelöst oder ein Argument entkräftet werden soll, sondern weil sie die Gemeinsamkeit einer Gruppe bestärken.

Man mag sich über die Flat-Earth-Bewegung mokieren, aber vieles von dem, was in der Politik abläuft, folgt demselben Muster. Die DDR war ein besonders drastisches Beispiel dafür. Je größer der Widerspruch zwischen den Verlautbarungen des Regimes und der Realität ausfiel, desto stärker konnte damit die Differenz zwischen Freund und Feind markiert werden. Wer die offizielle Verlautbarung, wonach zwei plus zwei fünf zu sein habe, akzeptierte, gehörte zur Gruppe und durfte mit Belohnung rechnen. Wer hingegen behauptete, zwei plus zwei sei vier, galt als umzuerziehender Klassenfeind.

Allen politischen Gruppen ist eine gewisse Grundneigung zum Extremismus eigen. Je extremer sie nämlich in ihrem Überzeugungssystem werden, desto stärker identifizieren sich ihre Mitglieder mit der Gruppe und desto effektiver können sie im politischen Wettbewerb agieren. Deshalb ist es in demokratischen, pluralistischen Gesellschaften notwendig, für Korrektive zu sorgen, vor allem durch eine kritische Öffentlichkeit, die verhindert, dass sich politische Gruppierungen zu stark in ihre Überzeugungssysteme verrennen, indem sie die Standards von Konsistenz, Logik und Plausibilität als Bedingung für die Beteiligung am politischen Wettbewerb einfordert. Wenn allerdings auch die Medien dem Mechanismus der Abgrenzung folgen, dann fällt das entscheidende Korrektiv weg. Unter solchen Bedingungen kann ein politisches System kippen und sich in eine DDR verwandeln, in der Zustimmung Macht generiert und Macht Zustimmung erzeugt. 

Die Grünen – realitätsfremd, aber selig

Wir beobachten eine solche Entwicklung aktuell im Zusammenhang mit Themen wie Energie, Klima, Gender oder Einwanderung. Die beteiligten politischen Akteure sind die GRÜNEN, die SPD, die LINKE sowie Teile der Union. Auf der gesellschaftlichen Ebene gehören die Kirchen und große Teile der Medien dazu. Diese Akteure bestärken sich gegenseitig in ihren Positionen und schaffen ein Gemeinsamkeitsgefühl durch die Suspendierung der Logik. Die Verteidigung einer möglichst unbegrenzten Einwanderung unqualifizierter junger Männer aus dem arabischen Kulturkreis lässt sich logisch nicht begründen. Dasselbe gilt für die Behauptung, das soziale Geschlecht sei völlig unabhängig vom biologischen Geschlecht oder die Forderung, die europäischen Nationalstaaten müssten sich in einer europäischen Föderation auflösen.

Eine Aussage wie „Wir müssen den gefährlichen Klimawandel stoppen, bevor es zu spät ist“ findet innerhalb dieses Überzeugungskartells allgemeine Zustimmung, obwohl sie unsinnig ist. Wer auch immer nämlich damit angesprochen sein mag, es ist offensichtlich, dass dieses „wir“ nicht in der Lage ist, effektiv auf die Erderwärmung einzuwirken. Paradoxerweise überzeugen solche Aussagen aber gerade durch ihre fehlende Plausibilität. Indem nämlich die Zustimmung einen Preis erfordert, nämlich die Aufgabe rationaler Standards, werden sie erst gruppendynamisch wirksam. 

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für den Mechanismus der kollektiven ideologischen Selbstbestätigung konnte ich auf dem jüngsten Landesparteitag der bayerischen GRÜNEN Anfang Februar beobachten. Von einem Delegierten aus München wurde ein Antrag eingebracht, auf Landesversammlungen nur noch vegetarische und vegane Kost aus ökologischer Erzeugung anzubieten. Der Parteivorstand sprach sich aber klar gegen den Vorschlag aus, und zwar einerseits, immerhin, unter Verweis auf die Wahlfreiheit der Delegierten, und andererseits aus praktischen Gründen. Es wäre nämlich unter den vorgeschlagenen Bedingungen kaum noch möglich gewesen, einen geeigneten Veranstaltungsort zu finden, da das Catering in den meisten bayerischen Kongresshallen von festen Vertragspartnern bestritten wird. Mit anderen Worten, die Realität stand in offensichtlichem Widerspruch zur Idee eines fleischlosen Parteitags.

Dennoch wurde der Antrag nur äußerst knapp abgelehnt. Fast die Hälfte der Delegierten stimmte dafür, entgegen jeder Logik. Die Bekräftigung der Gruppenidentität hatte für diese Delegierten offenbar nicht nur Vorrang vor der Realität. Gerade durch das Ignorieren der Realität konnte die Gruppenidentität bekräftigt werden. Das galt letztlich für den gesamten Parteitag: Bei den dominierenden Themen Klima und Europa wurden Logik und Realität ausgeblendet. Dafür war die Partei so einig und geschlossen wie selten. Es herrschte eine Stimmung seliger Harmonie.

Man könnte das skurril und lustig finden, aber inzwischen hat dieser Mechanismus auf große Teile der Öffentlichkeit übergegriffen und die Regierungspolitik erfasst. Der Kohleausstieg lässt sich nur unter diesem Aspekt erklären, denn weder klimapolitisch noch energiepolitisch ergibt diese Entscheidung Sinn. Das Wall Street Journal nannte es die dümmste energiepolitische Entscheidung der Welt – die aber für die GRÜNEN, die den Kohleausstieg als zu halbherzig kritisierten, noch immer nicht dumm genug ist. Auch der Beschluss des Brandenburger Landtags, eine Frauenquote bei Landtagswahlen einzuführen, steht im offensichtlichen Widerspruch zur Realität, nämlich der des Grundgesetzes. Dass die GRÜNEN in Bayern sogleich nachgezogen sind und eine ähnliche, verfassungswidrige Regelung fordern, passt ins Bild. 

„Liebe Befreundete“ – klingt logisch!

Wir befinden uns in einer Spirale der Radikalisierung. Während in normalen Zeiten die politische Dynamik zur Mitte hin tendiert, weil die Korrektive im politischen Prozess greifen und eine Radikalisierung verhindern, schlägt aktuell die Stunde der Sektierer. Wenn sich eine Gruppe in Richtung Abgrenzung bewegt und die Standards der Logik und Rationalität zugunsten der Gruppenidentität an Verbindlichkeit verlieren, dann treten die Sektierer auf den Plan, die diesen Prozess immer weiter vorantreiben.

Auf dem grünen Parteitag regte jemand an, die Delegierten nicht mehr mit „liebe Freundinnen und Freunde“ anzusprechen, sondern mit „liebe Befreundete“. Gestalten wie diese sorgen dafür, dass politische Positionen immer extremer werden. War die europäische Föderation vor wenigen Jahren noch eine hypothetische Option, so ist es in weiten Teilen von GRÜNEN, LINKEN und SPD inzwischen Konsens, dass die EU den Nationalstaat vollständig zu ersetzen habe. War früher von einem veränderten Energiemix die Rede, so gilt heute das Ziel 100 Prozent Erneuerbare für viele als unverhandelbar.

Wurden vor einigen Jahren noch verschiedene Wege einer ökologischen Verkehrspolitik diskutiert, so gilt inzwischen das möglichst baldige Verbot des Verbrennungsmotors als common sense. Dieselbe Entwicklung ist in nahezu allen Politikbereichen zu beobachten, vor allem aber in der Sprachpolitik. Sprache eignet sich besonders gut, um Zugehörigkeit zu markieren. Je weiter der Neusprech innerhalb einer Gruppe von der etablierten Norm abweicht, desto besser erfüllt er diese Funktion. Entsprechend ändert sich die „geschlechtergerechte“ Schreibweise ständig, da es ja immer noch ein bisschen „gerechter“ beziehungsweise extremer geht. 

Je weiter die Radikalisierung getrieben wird, desto höher werden die Kosten eines Ausstiegs aus dieser Spirale, denn mit einer Rückkehr zu den Standards von Konsistenz, Logik und Plausibilität stünden nicht wenige Aktivisten, Politiker, Journalisten und Kardinäle als Trottel da, die einen nackten Kaiser bejubelt haben. Und je größer der Einfluss der Sektierer wird, desto höher werden die Kosten auch für diejenigen, die gegen die Radikalisierung ankämpfen. Die einen ziehen sich resigniert zurück, den anderen bleibt nichts anderes übrig, als sich mit den Radikalen im konkurrierenden Lager zu verbünden, mit der Folge, dass die Mitte weiter erodiert. Wenn man sieht, wie auf Parteitagen der GRÜNEN haarsträubendster Unsinn beklatscht wird und in den Medien unwidersprochen bleibt, dann ist klar: Die Gefahr ist real. Wir befinden uns an einem Punkt, an dem das Szenario einer grünen DDR nicht mehr ausgeschlossen werden kann.

Roger Schelske ist Politikwissenschaftler

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Leserpost

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Anders Dairie / 06.03.2019

WER sich noch erinnern kann, wie wenige in der Schule die Funktionsweise des 1-Zylinder-2-Takt-Ottomotors begriffen haben und repetieren konnten, kann sich auch vorstellen, wie wenige Leute die Funktionsweise eines AKW erkennen,  geschweige einschätzen können.  Die Grün*innen-Fraktion im Bundestag hat 67 Mit-glieder.  Davon sind nur rund 11 Prozent in praktischen Berufen gewesen.  Hier bestimmen im engeren Sinn Unwissende über das Schicksal eines Industrielandes mit !  Das kann nur kalten Schweiß erzeugen. Und, weil sie ahnen oder wissen, dass sie eine korporative Identität brauchen, werden sie stets der Führung folgen. Das sind im Vordergrund Baerbock und Habeck.  Im Hintergrund die Alten.  Es ist also nichts erwartbar,  was die Leute (und Betroffenen der Politik) nicht schon aus der Vergangenheit kennen:  Dämmungswahn,  Solarpaneele,  Windräder und Netzumbau… die sichtbare Verschandelung der Welt bei unsicherer Versorgung. Letzere durch Kraftwerks-Rückbau bis zum Exzess.  Techniker lehnen sich zurück:  “Na, dann macht mal weiter, bis euch der Teufel Volkszorn doch noch holt!”

Karla Kuhn / 06.03.2019

Ich muß noch was loskriegen, habe ich eben bei der Morgenlage gelesen. Eine Hamburger KITA hat angeregt, daß keine Indianerkostüme von Kindern zum Fasching getragen werden sollen, weil- DISKRIMINIEREND !!  Aber über den letzten Satz komme ich gar nicht mehr drüber weg, ich habe schon Bauchmuskelkrämpfe vom lachen: “...dass Mädchen als Piratinnen und Jungen als Meerjungmänner gehen könnten.”  MEERJUNGMÄNNER, ist das nicht herrlich ?? Sollen schon in der Kindheit viele der zukünftigen Männer enteiert werden ??  Meine vier Enkel sind entweder als Cowboy, Indianer und Zoro gegangen. Wenn ich ihnen mit “Meerjungmännern” gekommen wäre hätten sie mir mit Sicherheit die RICHTIGE Antwort gegeben !  Übrigens, PIRATINNEN ist sowas von PI und ein Aufruf zum Überfall mit anschießendem Raub.  Oder soll das gewollt sein ??  Frauen an die Machtübung für die Zukunft ?? Gestern habe ich einen Beitrag über die SUFFRAGETTEN gesehen, JETZT verstehe ich meine Mutter, wenn sie über eine bestimmte Sorte Frauen gesagt hat, die sehen aus wie Suffragetten.

Rolf Wächter / 06.03.2019

Zur Meinung von Helge-Rainer Decke : Es wäre gut, wenn die AfD im allgemein unter Artenschutz stehen würde. Sie und ein Teil der CDU/CSU sind die einzigen vernünftigen Politiker in diesem Land.

Dr. Gerhard Giesemann / 06.03.2019

@ dr. kubina: Es geht in der Tat lediglich um Mäßigung, keineswegs um “Selbstmord aus Angst vor dem Tode”. Auswahlkriterien: Es geht nicht, dass sich die hyperfertilen Vielgebärer*Innen das Recht auf ungehemmte Vermehrung herausnehmen - auf Kosten der/des Euros und Japaner etwa mit ihren 1,5 Kinderchen pro Frau und Durchschnitt. Muss man denen klar machen, Schotten dicht, sollen in ihrem eigenen Dreck ersticken, WIR nehmen die Geburtenüberschüsse nicht. Gestern auf der Bayerstraße/München, vor dem dortigen Sozial-oder Familienamt: Ein fröhliches Paar aus Schwarzafrika mit Buggy, zwei kleine Kinderchen drin, daneben zwei weitere Kinderchen in Vorschulalter. Als sie näher kamen, sah ich: Noch eins, war etwas versteckt hinter den glücklichen Eltern. Macht nach Adam Riesling fünf. Die sind noch jung, hab’ nicht geschaut, ob das Sechste schon im Bauch der Mami ist. Ist habe nur etwas entgeistert geguckt - das haben die natürlich gemerkt und sind verstummt, kein Gegiggle mehr.  Erinnert mich an den Chebli-Effekt: Der Babba und die Mamma sind aus Beirut hier angekommen vor Jahrzehnten mit fünf Kinderchen (keine Ahnung, wie die hier rein gekommen sind). Haben dann acht(!) weitere Kindchen hinzugefücht, sodass es dann 13 Kinderchen waren. Die zweitjüngste ist die Staatssekretärin für Integra und Gedöns in Berlin, Sawsan Chebli. Steinmeier hatte an der einen Narren gefressen, als er noch Außenminister war und hat sie zur stellvertr. Sprecherin gemacht. Die Eltern haben es nicht für nötig gehalten, mit ihren 8 Kinderchen, die ja schulpflichtig waren, deutsch mit zu lernen. Kosten? Lächerlich, papperlapapp. Der in Montabaur: 4 Frauen, 23 Kinderchen. Allähuäkhbär.

Stefan Löbel / 06.03.2019

“Je weiter die Radikalisierung getrieben wird, desto höher werden die Kosten eines Ausstiegs aus dieser Spirale, denn mit einer Rückkehr zu den Standards von Konsistenz, Logik und Plausibilität stünden nicht wenige Aktivisten, Politiker, Journalisten und Kardinäle als Trottel da.” Vielen Dank für diesen Satz. Ich denke, er beschreibt exakt die aktuelle Situation. Die Angesprochenen kommen aus der Sache einfach nicht mehr raus. Ihnen müßte eigentlich geholfen werden. Was Sie immer weiter treibt ist die Angst vor Hohn und Spott bei einem Kurswechsel. Bezeichnend ist auch die immer wieder ausgedrückte Furcht vor dem ‘Beifall von Rechts’. Das tönt so gut und edelmütig. Wer ist schon so unbestechlich sich vor Beifall zu Fürchten. Bei genauem Hinschauen erkennt aber jeder eine typische Gaukelei von Moralisten: Es ist nicht die ehrenhafte Angst vor dem Beifall,  sondern der billige Bammel vor der Blamage.

Detlef Fiedler / 06.03.2019

Lieber Herr Schelske. Vielen Dank für den prima Artikel. Es kann einem wirklich nur noch Angst und Bange angesichts dieses Irrsinns werden. Diese Leute verstehen Freiheit nur noch als die Freiheit der Grün-Befreunden. Was kommt als nächstes? Vielleicht “Robert befiehl! Wir folgen Dir!” ? Die Scientologen sind doch Weicheier und Waisenknaben gegen diese Demagogen.

Delbert Grady / 06.03.2019

@Ralf Kramer Das könnte ein blutiges Gemetzel geben! Gut , dass die Amis noch in D stationiert sind, die werden hoffentlich das Schlimmste verhindern.

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