Der einzige Profiteur der Intrige soll mit selbiger aber nichts zu tun haben.
Der Grünen-Abgeordnete Stefan Gelbhaar erlebte Ende vorigen Jahres nach falschen Vorwürfen sexueller Belästigung sein politisches Karriereende. Nun hat eine von der Partei eingesetzte Kommission das Vorgehen der Grünen in diesem Fall untersucht und kommt zu harten Urteilen, wie welt.de berichtet.
Demnach würden die 25 Seiten Abschlussbericht viel politischen Sprengstoff enthalten, heißt es. Dem Bundestagsabgeordneten war bekanntlich Ende vorigen Jahres zunächst anonym vorgeworfen worden, Frauen sexuell belästigt zu haben. Ende des Jahres verbreitete der RBB einen Beitrag mit konkreten Vorwürfen, die sich allerdings nur auf eidesstattliche Versicherungen stützten, die sich später als gefälscht herausstellten.
Vor allem der Umgang seiner eigenen Partei sorgte schon damals für Kritik. Obwohl die Vorwürfe nie mit Fakten unterlegt werden konnten und Gelbhaar sie vehement zurückwies, habe ihn die Parteiführung fallen gelassen. Der schon in seinem Wahlkreis zum Bundestagskandidaten gewählte Gelbhaar wurde als Kandidat auf einem eigens anberaumten neuen Kreisparteitag wieder ab- und durch Stefan Audretsch, ersetzt. So bekam Audretsch im Prenzlauer Berg in Berlin einen für die Grünen sicheren Wahlkreis und profitierte somit von Geldhaars politischem Karriere-Aus.
Kein Wunder, dass bereits damals Gerüchte die Runde machten, dass es sich bei den Vorwürfen in Wahrheit um eine politische Intrige gegen Gelbhaar handeln könnte, erinnert welt.de. Genau dieser Vorwurf werde jetzt von der Kommission gestützt, die die Grünen als Partei Ende Januar zur Aufarbeitung des eigenen Umgangs mit Gelbhaar beauftragt hatte.
Wörtlich würden die frühere Justizministerin Anne Lütkes und der frühere Abgeordnete und Richter Jerzy Montag etwa schreiben:
„Auch die sich aus den Mitteilungen selbst ergebenden Tatsachen, die zwischen dem Mittwoch, 11.12.24 und Freitag 13.12.24 eingingen, so z.B. dass 7 der beschriebenen Vorfälle 3 bis 7 Jahre zurück lagen und 3 Mitteilungen keinerlei Zeitangaben enthielten, aber alle innerhalb von 48 Stunden und genau wenige Tage vor der Listenversammlung der Ombudsstelle gemeldet wurden, sprechen dafür, dass es zumindest den Organisatorinnen der Meldungen nicht vorrangig um die Einleitung eines Ombudsverfahrens mit dem Ziel der Wiederherstellung eines respektvollen, von Wertschätzung und Vertrauen getragenen Umgangs untereinander ging, sondern um die Instrumentalisierung eines solchen Verfahrens für parteipolitische Zwecke.“
Dazu, wen sie mit „Organisatorinnen der Meldungen“ meinen würden, heiße es von Lütkes und Montag:
„Aus den Mitteilungen selbst ergibt sich, dass die Organisation der Mitteilungen wohl innerhalb oder im Umfeld der Grünen Jugend Berlin zu suchen ist.“
Im Bericht würden auch erstmals Details zu den parteiinternen Meldungen gegen Gelbhaar genannt, die die parteieigene Ombudsstelle im November erreicht hätten:
„Zehn der gemeldeten Fälle beschreiben zum Teil keine sexualisierte Gewalt oder Grenzverletzungen gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder sie liegen im Grenzbereich von Fehlverhalten. Es liegt nahe, dass sie ohne organisierte Hinweise nicht in dieser Vielzahl und nicht in einem so engen zeitlichen Zusammenhang angezeigt worden wären. Ein organisierender Wille, noch vor der Listenaufstellung Druck auf die Listenversammlung und die Organe der Berliner Partei aufzubauen, ist erkennbar.“
Die beiden Autoren kritisierten auch die Parteiführung auf Bundes- und Berliner Landesebene, weil sie Gelbhaar vorschnell verurteilt hätten.
„Bei unserer Einschätzung war ausschlaggebend, dass nicht in Betracht gezogen wurde, dass es sich bei den ab Mittwoch, den 11.12.24 einstürzenden Meldungen um ein zumindest organisiertes Vorgehen mit einer politischen Zielsetzung handeln könnte. Dies mit dem Argument zur Seite zu schieben, dass Frauen sich in Fällen sexuell konnotierter Übergriffe manchmal jahrelang scheuen, solche Übergriffe zu melden – was sehr wohl richtig ist – ist im konkreten Fall nicht stichhaltig. Denn unzweideutig ergibt sich im vorliegenden Fall die Nutzung des Ombudsverfahrens für politische Zwecke – hier für die Verhinderung einer Kandidatur von S.G. auf der Berliner Landesliste – aus einigen Meldungen selbst.“
Dem Bericht zufolge diente die Intrige innerparteilicher Gegner dem Ziel, die Bundestagskandidatur von Stefan Gelbhaar zu hintertreiben und nicht, um den ihm nachfolgenden Kandidaten Audretsch zu bevorteilen. Der Profiteur der Intrige ist er dennoch, wenn auch vielleicht ungewollt.