Susanne Baumstark / 21.07.2018 / 13:00 / 19 / Seite ausdrucken

Grüne Agitation als Petition

Online-Petitionen sind gemeinhin ein Werkzeug, um Bürgeranliegen politisches Gehör zu verschaffen. Was es für das demokratische Feingefühl bedeutet, wenn sich Bundestagsabgeordnete dieses Werkzeugs bedienen, mag manch einem den Appetit verderben. 

Auf der Plattform Change.org steht aktuell die Petition „Brüsseler Erklärung – für die Freiheit der Kunst“. „Initiator*innen: Erhard Grundl MdB, Sprecher für Kulturpolitik, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion“ und „Claudia Roth MdB, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion“. Unterzeichner sind neben Schauspielern wie Hape Kerkeling und Künstlern die gesammelte grüne Mannschaft: von Annalena Baerbock MdB, Parteivorsitzende, und Robert Habeck, Parteivorsitzender, bis Katrin Göring-Eckardt MdB, Fraktionsvorsitzende, sowie weitere Politiker wie Petra Pau, MdB, Bundestagsfraktion Die Linke.

Der Petitionstext ist eine einzige Umkehrung der faktischen Lage. Nach der Hatz auf den Schriftsteller Uwe Tellkamp und dem Wechsel des Suhrkamp Verlags auf die „Seite der Gouvernanten und Gesinnungsprüfer“, nachdem linke Politiker im Leipziger Stadtrat (erfolglos) versucht hatten, rechten Verlagen kein Forum zu bieten, nachdem die Buchmesse trotzdem für einseitige politische Instrumentalisierung missbraucht wurde sowie nach weiteren antidemokratischen Ausfällen der Deutungselite steht jetzt in der Petition: 

„Das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Vielfalt und die Freiheit der Kunst in Europa sind in Gefahr.“

Wäre das eine grüne respektive linke Selbstkritik, dann träfe das zu. Ist es aber nicht. Schuld sind nämlich demnach „die rechtsnationalen Regierungen in Österreich, Ungarn und Polen“, die „mit einer Politik der nationalen Abschottung die Kreativszene für ihre Zwecke einzuspannen“ trachteten. In Deutschland drohe das auch. Die grüne Bundestagsfraktion also spannt die Kreativszene für ihre europaspaltende Schimpftirade gegen selbstbewusste EU-Länder ein und empört sich dann darüber, dass sich andere auch der Kreativszene bedienen, falls es denn überhaupt stimmt. 

Die Petition mit ihrer Darstellung des ORF-Moderatoren Armin Wolf als Opfer einer Rechts-Außen-Kampagne und des Bashings eben dieser Länder Österreich, Ungarn, Polen, erinnert übrigens stark an den peinlichen Brief der deutschen TV-Elite an den österreichischen Bundeskanzler Anfang dieses Jahres. Im Vergleich erschließt sich, warum Vertreter der kleinsten Oppositionspartei ständig in öffentlich-rechtlichen Talkshows sitzen. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.

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Leserpost

netiquette:

Sabine Heinrich / 21.07.2018

“Wenn der nette Hape Kerkeling so etwas unterschreibt, dann stimmt das auch. Der ist so ehrlich und so lieb - also - wenn der so etwas unterschreibt, dann kann das nur stimmen. Dieser nette, freundliche, liebenswerte Mensch!” sprach Uroma und unterzeichnete die Petition umgehend mit zittriger Hand.

Rolf Lindner / 21.07.2018

Das Problem vieler Künstler ist ihr Leben in einer Traumwelt, für die der sobeschimpfte Rechtspopulismus mit seinem nackten Realismus geradezu ein Hassobjekt sein muss.

Hans Weiring / 21.07.2018

Wo ist eigentlich das Problem? Es besteht doch wohl immer noch ein Unterschied zwischen dem Verbot von Kunst/Künstlern einerseits und der Förderung oder Nichtförderung von Kunst/Künstlern aus dem Steuersäckel. Falls wir in gut 3 Jahren nach der nächsten BW eine Regierungskoalition bestehend aus Rot/Grün/Links haben sollten (ich werde prophylaktisch Knoblauch kaufen), so würde man wohl auch eine deutliche “Schwerpunktverschiebung” der staatlichen Kunstförderung erleben (oder auch nicht, wir sind ja politisch schon fast so aufgestellt). In der “grünen” Petition steht: “Kunst ist frei, sie muss nicht gefallen und sie darf nicht dienen. Nur so kann sie ihre innovative Kraft entwickeln und uns immer wieder neue Perspektiven eröffnen.” Das erinnert mich an Joseph Beuys, ein von den “68ern” hochgeschätzter Künstler. Handwerklich sehr begabt, wenn man an seine in der Öffentlichkeit weniger bekannten Werke wie z. B. Kohlezeichnungen denkt. Ich grübele aber heute noch über meine perspektivischen Erweiterungen, die mich beim Anblick seiner “Fettecken” und der Filzteppichstapel im Landesmuseum Darmstadt in den 70er Jahren übermannt haben. Seine “Honigpumpe” fand ich dagegen (technisch) genial, die Fettecken sah ich als Müll. Die Definition der “Kunst” ist immer subjektiv und individuell und resultiert nicht zwangsweise in das Recht auf Alimentierung durch den Staat. Kunst muss nicht gefallen, aber wenn sie niemandem gefällt, muss auch niemand zahlen. Wenn sie aber jemandem gefällt, wird auch immer jemand zahlen.

Sabine Schönfelder / 21.07.2018

Die Unterschriftenliste der Petition ist das Gruselkabinett grün-linker Demagogen, und die mit den Namen angegebenen Berufsbezeichnungen weisen dezent darauf hin, daß  der Kulturbetrieb zur Zeit stramm unter deren Einfluß steht. Grüne und Linke starten wieder einmal einen Angriff im Namen der europäischen Kulturbeflissenen auf den Nationalstaat und Regierungen, die ihre nationale Souveränität behaupten. Die Rechtskeule wird wild geschwungen und Orban, Göbbels, Tod und Teufel zitiert, um letztendlich eventuellen Machteinbußen durch den politischen Gegner prophylaktisch entgegenzuwirken. Politische Einflußnahme auf den Kulturbetrieb unterliegt keiner bestimmten politischen couleur. Schostakowitsch mußte einst bei jeder Uraufführung eines neu komponierten Stückes um sein Leben bangen, wenn die Obrigkeit keinen Gefallen daran fand…...und das unter linken Kommunisten!

Rupert Drachtmann / 21.07.2018

Wie will man mit derartigen geistigen Tieffliegern einen Staat machen. Die leben in ihrer Blase in ihrem „second life“. Weg mit diesen Leuten. Die ganze Welt lacht über uns. Darüber wie schnell und mit welcher Begeisterung wir uns selbst zu Grunde richten. Keiner könnte das besser machen ! Ich beneide Österreich um seinen Hr. Kurz. Und sogar die USA um ihren Hr. Trump. Ein professioneller Politiker ist er ja nicht. Aber das wusste man vorher. Aber: Eier hat er, er vertritt die Interessen seiner Bürger, sagt was zu sagen ist - auch wenn es ggf. Manchmal als undiplomatisch gilt - trifft Entscheidungen, setzt sich durch, und und und. Das fehlt uns und dieses Fehlen wird uns kaputt machen. In unserer politischen Landschaft agieren nur Weicheier, Dummschwätzer, und verhätschelte Muttersöhnchen. Weit und breit niemand zu sehen der schon mal persönlich echte Verantwortung zu tragen hatte.

Dirk Jungnickel / 21.07.2018

Eigentlich müsste die Tatsache, dass das links - grüne Klientel die Talkshows bevölkert,  das Wählervolk dahingehend beeinflussen, sich die Kreuze bei diesen Parteien zu verkneifen. So viele Gleichgesinnte kann es doch gar nicht geben ! Die Frage ist doch, warum dies nicht geschieht. Da kann man nur spekulieren.  Was Claudia R. betrifft, wird sie wohl z. Z. von ihrer Partei am kurzen Zügel gehalten, aber es tauchen andere Schwätzerinnen auf, die nicht gleich a priori zum Abschalten animieren. Oder Sahra W. von Lafontaines Gnaden, die ihre Ideologie intelligent zu verschleiern weiß.  „Was tun?“, spricht Zeus, „die Welt ist weggegeben. ”  Und bietet dem Dichter den Himmel an, weil er nichts anders mehr hat. Übersetzt könnte man annehmen, dass Schillers Zeus den Dichter mahnt, nicht zu träumen, weil sonst auf Erden nichts für ihn bleibt.  Manchmal könnte man daran verzweifeln, wie die Deutschen sich träumend einigeln und die Gefahren ignorieren. Und die Kreuze? Tja, wo sollen sie gemacht werden ?

Werner Arning / 21.07.2018

Andere einer Untat zu bezichtigen, die man selber immer und immer wieder im Begriff ist, zu begehen, ist ein uralter Trick. Wer im Besitz der Meinungshoheit ist, Fernsehen, Zeitungen und Radio hinter sich weiß, der fühlt sich gestört von Inseln des Widerstandes gegen die verbreitete Einheitsmeinung. Findet er diese Inseln im Ausland, dann handelt es sich bei den Betreffenden um undemokratische Regime, findet er sie im Inhalt, handelt es sich um Gegner der demokratischen Grundordnung. Es fällt ihm nicht schwer, Begriffe zu erfinden, die diesen „Feind“ beschreiben oder kategorisieren. Und dann wirft man ihm vor, er würde das Meinungsmonopol erobern wollen, er würde keine Meinungsfreiheit zulassen wollen, man müsse sich vor ihm schützen, denn im Grunde sei er ein Staatsfeind, ein Unmensch, ein gefährliches Objekt. Er, der dich ja objektiv in der Minderheit befindet, wird als erdrückend, als autoritär auftretend, als die Anderen beiseite drängend, dargestellt. Man dreht die tatsächlichen Verhältnisse einfach um. Und schon wird aus dem eigentlichen Unterdrücker ein mutiger Freiheitskämpfer. Die Gefahr, die vom politischen Gegner angeblich ausgeht, wird aufgebauscht. Selber stellt man sich als ein von diesem Verfolgter dar. Es wird so getan, als müsse man sich seiner erwehren, sich und die Meinungsfreiheit verteidigen. Damit wird am Ende oft auch (staatlicher) Terror gerechtfertigt. Beispiele hierfür gibt es zahlreiche. In Deutschland ist das Phänomen altbekannt.

Michael Christian Küttler / 21.07.2018

Sehr interessant, wie unsere linken und grünen Politiker um die “Freiheit der Kunst” in unseren europäischen Nachbarländern besorgt sind. Aktionsbedarf im eigenen Land gibt’s ja keinen mehr, da die Groko ja links-grüne Politik praktiziert.

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