Wolfram Weimer / 19.12.2019 / 12:00 / 109 / Seite ausdrucken

Gretas PR-Tross macht Fehler

Zarte Frauen, die melancholisch aus dem Fenster schauen, sind ein bewährtes Motiv der Kunstgeschichte – von Caspar David Friedrich bis Max Liebermann. Denn sie stehen seit Jahrhunderten für eine romantische, unerfüllte Sehnsucht nach einer besseren Welt. Der Fotograf von Greta Thunberg im deutschen Fernzug nutzt genau diese Assoziationen für eine professionelle, bildmächtige Sehnsuchtsperspektive. Greta schaut zur Seite, aus dem Dunkel hoch ins tröstende Licht. Es soll wie ein zufälliges Privatfoto aus der Bahn aussehen, doch es ist hochprofessionelle Foto-PR.

So ist es bei Greta Thunberg vom Beginn ihres medialen Siegeszugs an. Schon die allerersten Fotos, als sie sich im August 2018 mit ihrem Pappschild “Schulstreik für das Klima” vor den schwedischen Reichstag setzt, sollen wie Zufallsbilder eines engagierten Kindes aussehen, in Wahrheit handelt es sich um eine inszenierte Show von Medienprofis.

Greta wird vom schwedischen PR-Großinvestor Ingmar Rentzhog und dessen Medienteam damals perfekt ins rechte Bild gesetzt. Gut ausgeleuchtete Fotos und emotional durchdachte Videos – PR-professionell gleich in englischer Sprache – lässt Rentzhogs Agentur von Facebook bis Instagram viral verbreiten. Der Zeitung “Svenska Dagbladet” sagt Rentzhog hernach, er sei der Entdecker Gretas, um für einen grünen Facebook-Konzern (“We don’t have time”-Aktiengesellschaft) Millionen einzusammeln: “Ja, so war es. Ich habe Greta dann auch mit vielem geholfen und dazu auch mein Kontaktnetzwerk verwendet.”

Das Dauerbaden im Social-Media-Strom

Mittlerweile wird die Überinszenierung Gretas durch ihre Hintermänner zusehends zum Problem. Das Mädchen lebt showgetrieben wie ein Hollywoodstar mit dem Terminkalender eines Spitzenpolitikers: Fotoshootings, Presseinterviews, Parlamentsreden, Demonstrationsauftritte und dazwischen das Dauerbaden im Social-Media-Strom.

Immer häufiger ist das Publikum irritiert über verunglückte Inszenierungen (wie der Fototermin im Braunkohlerevier Hambacher Forst mit einer vermummten Aktivistin), übertriebene Redetexte, um durchschaubar Schlagzeilen zu produzieren (wie beim “How dare you”-Auftritt) und Spektakel wie die Atlantikfahrten, die zwar schillernde Fotos hervorbringen, aber auch jede Menge CO2, wenn zur Organisation des Törns ganze Segelteams eingeflogen werden müssen.

Nun sorgt das melancholische Kunstfoto aus der Bahn für die nächste Debatte, denn aus Sicht des Publikums verrutscht immer wieder der Vorhang im Greta-Schauspiel, und hinter dem tapferen, verletzlichen Kind wird ein zynisches Medienspiel sichtbar. Gretas Twitter-Botschaft vom Boden eines überfüllten ICE ist nämlich nur die halbe Wahrheit ihrer Reisegeschichte mit der Deutschen Bahn. Sie saß mit ihrem gesamten Team für den großen Teil Ihrer Deutschlandreise in den weichen Sesseln der ersten Klasse und ließ sich liebevoll und fürstlich vom begeisterten Zugpersonal bedienen.

Gezielte Irreführung der Öffentlichkeit

Das Twitter-Bild vom Fußboden empfanden daher nicht nur die Schaffner und Mitreisenden als Frechheit, billige Mitleidsheische und gezielte Irreführung der Öffentlichkeit. Die Deutsche Bahn stellte sich vor ihre Mitarbeiter und enttarnte die Halbwahrheit: “Noch schöner wäre es gewesen, wenn du zusätzlich auch berichtet hättest, wie freundlich und kompetent du von unserem Team an deinem Sitzplatz in der ersten Klasse betreut worden bist.” Damit ist der Eklat da, und nur mehr ganz grüne Zeitgenossen ärgern sich zuvorderst über die Bahn, die die Posse des Greta-Schauspiels entlarvt hat.

Das Meinungsklima um Greta kippt langsam. So sehr, dass sich nun die Bundesregierung – ausgerechnet in Person ihrer rundum konzilianten Familienministerin Franziska Giffey – zu Wort meldet und Greta ziemlich entschieden die Meinung geigt: “Sie hat den zweiten Teil der Geschichte halt nicht öffentlich erzählt, wahrscheinlich wusste sie, warum. Klar, das ist auch ein Stück weit Selbstinszenierung”, urteilt die SPD-Politikerin und resümiert: Das kostet “wahrscheinlich schon ein paar Glaubwürdigkeitspunkte”.

Giffey trifft offenbar die Meinung vieler. Der CDU-Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums, Thomas Bareiß, sekundiert: “Heilige und Scheinheilige liegen oft ganz nah beieinander.” Die dänische Zeitung “BT” schreibt gar: “Deutsche Bahn enttarnt Greta”. Im Internet toben plötzlich ein Shitstorm gegen Greta und eine Debatte, ob sie nun scheinheilig sei oder nicht. Gretas Team verteidigt sich mit allerlei Einlassungen über Twitter, veröffentlicht eilfertig eine Videosequenz, die doch beweise, dass sie zeitweise wirklich auf dem Boden gesessen habe – doch der Eindruck, sie sei bei einer Inszenierung mit Halbwahrheiten erwischt worden, ist da.

Greta nimmt Schaden als Mensch

Und während man noch zum Bahn-Eklat herumtwittert, bricht der nächste Greta-PR-Skandal los. Denn bei ihrer letzten Rede vor der Heimfahrt nach Schweden attackierte Greta abermals pauschal die Politiker und rief ihrem johlenden Publikum in beinahe hasserfüllter Weise zu: “Wir werden dafür sorgen, dass wir sie an die Wand stellen und dass sie ihre Arbeit tun und unsere Zukunft schützen müssen.”

Politisch Andersdenkende an die Wand stellen! Das klingt nach Aufruf zur Gewalt, nach Diktatur und Schießbefehl. Und noch größer als das Kopfschütteln über die scheinheilige Fotoinszenierung in der Bahn ist nun das Entsetzen über Gretas vermeintlich grüne Gewaltfantasien. Greta – oder vielmehr ihr PR-Team – beeilen sich bereits um Schadensbegrenzung. Über Twitter entschuldigt sich Greta: “Gestern habe ich gesagt, dass wir unsere Führer zur Rechenschaft ziehen müssen, und leider gesagt, ‘stellt sie an die Wand'”, schreibt sie. Und weiter: “Das ist Schwenglisch: “att ställa någon mot väggen” (jemanden an die Wand zu stellen) bedeutet, jemanden zur Verantwortung zu ziehen. Natürlich entschuldige ich mich, wenn jemand das falsch verstanden hat.”

Übertreibungen, Missverständnisse, Entschuldigungen, Scheinheiligkeiten – selbst unter Greta-Sympathisanten wächst die Sorge, was da gerade mit dem Superstar des Öko-Zeitgeistes veranstaltet wird. Denn Greta nimmt durch die Überinszenierungen ihrer Hintermänner nicht nur in ihrer politischen Glaubwürdigkeit Schaden – sondern vor allem als Mensch, als Kind zumal.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European.

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H. Volkmann / 19.12.2019

Die Datenschutzbeauftragte nimmt sich die Deutsche Bahn vor!!  Holla!? Wessen Daten schützen die eigentlich? Und vor wem? Können die nicht Kontext-bezogen denken? Ohne sich zu entlarven? Als Schwachköpfe erweisen sie sich und auf wessen Seite sie stehen.  Regierungskonform und natürlich ohne Eier in der Hose. Was hat die Merkel nur gemeint mit ihrem “Wir schaffen das!” Es entspricht dem : Yes we can!” von Obama. Die können alles! Solange die blöden Schafe schlafen. Zyniker!

Wilhelm Rommel / 19.12.2019

Hervorragender Beitrag, verehrter Herr Weimer - ebenso deutlich die Kommentare, wobei besonders Sie , Herr @Dr. Gerhard Giesemann, den Nagel auf den Kopf treffen: Hart, aber klar und deutlich! Und sonst: Es wäre wirklich lohnend, einmal nachhaltig hinter die Kulissen der medialen Zirkusveranstaltung um dieses bedauernswerte, aber wohl schon bald vergessene Wesen aus Schweden zu schauen und konsequent der Spur des Geldes zu folgen. Ich würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn doch irgendwann dieser kleine freundliche Onkel George S. hinter irgendeiner Gardine zum Vorschein käme… Natürlich ist der Deibel schlau genug, nicht in eigener Person in Erscheinung zu treten - er spielt wie gewöhnlich “über Bande” bzw. er lässt spielen und hat seine Leute zu diesem Zweck längst taktisch in Stellung gebracht. W. Rommel

Albert Pflüger / 19.12.2019

@Elke Popken: Sie sollten bedenken, daß die “vorgeführten Regierungen” dabei sind, jede Menge Steuergelder zur “Klimarettung” zu veruntreuen, die werden nicht vorgeführt, das ist eher ein Entlastungsangriff, der helfen soll, das Volk weiter zu verarschen, damit das Absahnen der Profiteure nicht vorzeitig gestoppt wird! Wer solche katastrophale Politik macht, wie unsere Regierung, und mit den Grünen gemeinsam noch viel größere Schandtaten plant, ist über solch massive Hilfe doch hocherfreut!

Hans Meier / 19.12.2019

Das Schöne ist doch: Vor 80 oder 800 Jahren hätte das Volk so etwas nie durchschaut. Heute dauert es einen Sommer lang. Eh der kalte, klare Morgen droht ...

Robert Jankowski / 19.12.2019

Das Ende von Jeanne D’Arc war auch nicht schön.

Jochen Wegener / 19.12.2019

Greta als der eine Punkt der ökologischen Polit-Diktatur, der andere dann etwa Stichwort Duisburg mit seinen 27 Grundschulen mit einem quasi analphabetischem Ausländeranteil von 90 bis 100 Prozent: diese Bevölkerung läßt sich dann leicht von einer geneigten Regierung ganz im Sinne ihrer Macht kujonieren.

Rainer C. Ment / 19.12.2019

Jeder hätte es wissen können, viele hätten es wissen müssen. Vor fast einem Jahr hat Cory Morningstar im Internet eine Reihe von Artikeln veröffentlicht unter dem Titel “the manufacturing of Greta Thunberg”. Dort taucht bereits der Name des Herrn Rentzhog auf. Die selbsternannten Faktenchecker haben hier nicht versagt, sondern haben vorsätzlich diese Informationen ignoriert. Was zählen schon Fakten, wenn es um die vermeintlich gute Sache geht. Politiker und Kirchenleute sind nur zu gern auf den Zug aufgesprungen, allzu durchsichtig in ihrem Bemühen, ein wenig von Gretas Popularität auf sich zu lenken. Kritische Stimmen in den MSM oder ÖR gab es kaum. Wer glaubt diesen Leuten noch irgendetwas? Man fragt sich, woran es ihnen am meisten mangelt, an Vernunft oder Rückgrat.

Albert Pflüger / 19.12.2019

“Hosianna” und “kreuziget ihn!” liegen dicht beieinander. Ganz so einfach ist es nicht, eine neue Religion zu begründen. Werden die Gläubigen enttäuscht, kennen sie kein Erbarmen. Der Mißbrauch eines Kindes, das sich vor dem Weltuntergang fürchtet, ist schrecklich. Meinen Kindern würde ich so etwas niemals antun. Leider kann man sich seine Eltern nicht aussuchen….

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