Thomas Rietzschel / 02.10.2019 / 16:00 / 54 / Seite ausdrucken

Greta sehen, Geschichte verstehen

Woher rührt Gretas Erfolg? Wie versetzt sie die Massen in Ekstase? Wie gelingt es ihr, Menschen, die man für halbwegs vernunftbegabt halten möchte, Politiker und Manager, Intellektuelle und Journalisten, Pfarrer und Pfaffen, um den Verstand zu bringen?

Am gedanklichen Inhalt ihrer verbalen Ausbrüche kann es nicht liegen. Was sie sagt, ist so neu nicht. Vor der Erderwärmung warnten die Klimabewegten schon, als das Mädel noch nicht geboren war. Auch halten ihre Argumente kritischer Prüfung kaum stand. Man muss schon in der Gnade kindlicher Naivität stehen oder zur Sekte der gläubigen Apokalyptiker gehören, um sich davon erschrecken zu lassen.

Die Gedankenführung der scheinbar Erwählten ist in sich unschlüssig. Wenn sie uns einerseits unterstellt, der „Massenausrottung“ Vorschub zu leisten, wenn sie allen, die bereits ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben, einen Klimawandel anlastet, den es um der Kinder willen zu stoppen gilt, zugleich aber „das Märchen vom ewigen Wirtschaftswachstum" in Grund und Boden verdammt, dann fragt man sich doch, wo denn die Mittel zur „Rettung des Klimas“ herkommen sollen. Mit Verboten allein wird es nicht getan sein. Vielmehr bedarf es der Entwicklung neuer Verfahren, einer wissenschaftlichen Kreativität, die finanziert sein will. Und wer außer der Wirtschaft soll die Mittel dafür erarbeiten? Vom Himmel wird das Manna nicht fallen.

Wenn Emotionen den Verstand besiegen

Mit Vernunft lässt sich der Greta-Hype nicht erklären. Ganz im Gegenteil ist es die Ausschaltung der Vernunft, der sich diese wie andere Massenbewegungen zuvor verdankt. Abermals triumphieren Emotionen über den Verstand. Die Bilder von Greta Thunberg vor der UNO in New York zeigen das Gesicht einer Person bar jeglicher Selbstkontrolle.

„Ohne jeden Anflug von Selbstzweifel“, schrieb die NZZ nachher, warnte sie davor, „dass die Welt kurz vor dem Untergang stehe“. Weil sie selbst im Bann ihrer Gefühle steht, schlägt sie die Massen in ihren Bann. So wohlkalkuliert die Wutausbrüche sein mögen: Hat sich das kleine Öko-Monster erst einmal in Rage geredet, überzeugt es mit dem Eindruck emotionaler Ehrlichkeit.  

Als Nachgeborene haben wir uns immer wieder gefragt, wie unsere Eltern und Großeltern einem Hitler auf den Leim gehen konnten, dieser mickrigen und linkisch gestikulierenden Figur. Wie war es möglich, dass sie zu Tausenden außer Rand und Band gerieten, die Männer vor Begeisterung brüllen und die Frauen kreischten, sobald  Adolf rhetorisch um sich schlug, Ängste schürte, Andersdenkende und Andersgläubige an den Pranger stellte. 

Heute, bald ein Jahrhundert später, haben wir allen Grund, uns zu fragen, was eigentlich tut Greta? Natürlich verbietet die Geschichte von vornherein jeden direkten Vergleich. Wer annehmen würde, das altkluge Kind aus dem Norden könnte als „Anführerin“ einer globalen Ökobewegung einmal ähnliches Unheil anrichten wie der „Führer“ ehedem, müsste selbst wahnsinnig sein.

Pubertierende Kinder sind so

Aber dass und wie es noch immer möglich ist, eine Hysterie zu schüren, indem man vorgibt, diese oder jene Bedrohung der Menschheit, gar den Weltuntergang abzuwenden, zeigt die politische Erfolgsgeschichte der Greta Thunberg allemal. Und wie manipulierbar Menschen sind, die als Masse auftreten.

Dass die Wohlstandsverwöhnte ihre Gastgeber erstens anherrscht: „Wie könnt ihr es wagen“ und ihnen zweitens androht: „Wir werden euch nie verzeihen“, mag man ihr noch nachsehen. Pubertierende Kinder sind so. Dass sie dafür bejubelt wird, in Deutschland mehr als sonst irgendwo, lässt indes nichts Gutes erwarten. Es zwingt uns zu verstehen, wie Ausgrenzung und Verfolgung kritischer Geister funktionieren.  

Wer den Menschen Schuldige präsentiert, kann sie leicht hinter sich scharen, weil er sie vom eigenen Versagen freispricht, ihnen die Illusion vermittelt, mit schlichter Gefolgschaft die Zukunft gewinnen zu können. Wohin das seinerzeit führte, wissen wir. Was der grüne Dogmatismus heute nach sich zieht, erleben wir erst in Ansätzen. Greta jedenfalls will die Ungläubigen weiter „beobachten“. Das hat sie uns kraft ihrer moralischen Erleuchtung versprochen.  

Mögen die Zeiten – gottlob – auch andere geworden sein. Die Methode der Demagogen, das Schüren von Ängsten und Emotionen, wirkt unverändert. 

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Dieter Zorn / 02.10.2019

Man darf eines nicht übersehen, und es wird sehr deutlich beim Betrachten des Videos: Was sich da entlädt ist die überwiegend weibliche Weltsicht, der naive Glaube, den man in Stuhlkreisen findet, dass die Welt wunderbar wäre, wenn sich alle lieb hätten. Das Ganze ist Politik-fern und auch fern der Realität, aber gerade die gutmütigen und naiven (weiblichen) Menschen fallen gern darauf rein. Es ist dieser Kinderglaube, den jeder als Zehnjähriger hat und der in der Frage mündet: Papa, warum gibt es Kriege? Und Papa sagt nicht, weil Die Menschen böse sind, sondern weil es Böse Menschen gibt, die Trumps, Orbans und Johnsons. Oder die Hitlers, Stalin und Maos. Das entlastet den Einzelnen, weil er nicht gezwungen ist, der Wahrheit ins Auge zu sehen, dass auch er vielleicht böse ist in seinem Rahmen. Hinzu kommt der typisch weibliche Schutzinstinkt, der die Kinder und Nachkommen schützen will. Heutzutage ist dieser Instinkt in jeder Lebenssituation allgegenwärtig und führt zu einer kompletten Risiko-Aversion, ebenfalls eine typisch weibliche Eigenschaft. Last not least, ist das Ganze für die Mitläufer einfach ein Happening, bei dem sie sich gut fühlen. Männer haben sich aus dieser Welt fast komplett zurückgezogen, oder sie kommen nur noch als Weicheier darin vor. Insgesamt keine guten Aussichten. Solche Massenbewegungen am Rande der Hysterie lassen sich noch nicht einmal durch eine Wirtschaftskrise stoppen, weil Parteien sie natürlich auch zu ihren Gunsten ausbeuten. Das Ende des Matriarchats ist nicht abzusehen.

Sebastian Weber / 02.10.2019

uiiii, da hatte mir (im Video aus Münster) die “Vorsingerin” im blauen Anorak aber einen gehörigen Schrecken eingejagt: Sie begann ihre Aktion mit einem Hitlergruß - aber dann entpuppte sich die Bewegung als Anfang ihres Dirigierens. Also falscher Alarm. Gottseidank ...

J. Polczer / 02.10.2019

Und singt alle mit:“Wir wollen alle nicht atmen. Wir wollen alle nicht atmen!...denn das CO2 gönn´ ich den Pflanzen nicht!!” Der Wahnsinn, dass ist ja wie bei einer Party! Geniales Konzept, dass muss man den Leutchen schon lassen. Die Jungen und Mädchen sind ganz begeistert….ich denke jetzt an Wilhelm Busch. Aber Herr Rietzschel, Greta ist nicht das Monster! Was ich eher bedenklich finde, sind nicht die Kinder, sondern die Erwachsenen. Das Ganze erinnert an Party, Gottesdienst und Schulunterricht zugleich mit der Frau auf dem Podium, die so schön den Takt angibt. Wie kann man ein solches Lied lehren und gleichzeitig die Fotosynthese mitsamt Zellatmung durchnehmen?

Frank Stricker / 02.10.2019

Lieber Herr Rietzschel , Greta als selbstgefälliges Öko-Monster , you made my day !

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