Thilo Schneider / 30.05.2021 / 12:00 / Foto: Gerhard Pietsch / 71 / Seite ausdrucken

Greenpeace klaut VW-Schlüssel und raubt Medien Verstand

In einer Meldung ihres Presseportals berichtet die Polizei Emden:

„Emden – Hausfriedensbruch und besonders schwerer Fall des Diebstahls. Am 26.05.2021 wurde der Polizei um 09:30 Uhr mitgeteilt, dass sich ca. 30-40 Personen unbefugten Zutritt auf ein befriedetes Firmengelände an der Frisiastraße verschafft haben sollen. Angeforderte Kräfte der Polizei Emden stellten fest, dass sich mehrere Personen mittels Überwurfleitern Zutritt zu dem umzäunten Gelände verschafft hatten, auf welchem Neufahrzeuge eines ansässigen Automobilherstellers zwecks Verladung und weiterem Transport abgestellt wurden. Vor Ort wurde von den Einsatzkräften festgestellt, dass sich von der gemeldeten Personenanzahl noch ungefähr 15-20 Personen auf dem Betriebsgelänge befanden und von ca. 400 Neuwagen die Fahrzeugschlüssel entnommen hatten. Nach bisherigen Erkenntnissen waren die ursprünglich 30-40 Personen Angehörige einer Umweltvereinigung zuzuordnen, welche auf den Umstieg auf E-Mobilität aufmerksam machen wollten.“

Der NDR berichtet über diese Straftat wie folgt:

„Mit einer gewieften Aktion haben Umweltschützer von Greenpeace am Mittwoch das Verschiffen von VW-Autos verhindert.“

Soso. „Gewiefte Aktion“. Ein Einbruch ist also eine „gewiefte Aktion“.

Der Merkur schreibt:

„Emden – Der Klimawandel ist in vollem Gange und Organisationen wie Greenpeace weisen auf die Bedrohung hin, wenn Industrie und Wirtschaft nicht zügig dringend notwendige Veränderungen vorantreiben. Bei einer Protestaktion gegen Volkswagen haben Aktivisten der Umweltschutzorganisation im niedersächsischen Emden hunderte Autoschlüssel von Neufahrzeugen entwendet.“

Von wegen „Hausfriedensbruch und schwerer Diebstahl“

Aha. Ein Einbruch ist also „eine Protestaktion“. Und ein „Hinweis auf eine Bedrohung“. Wenn demnächst Diebe in Ihr Haus einsteigen, dann ist das „eine Protestaktion gegen soziale Ungleichheit“. Steigen Sie einfach in das Haus Ihres reicheren Nachbarn ein und stellen Sie so bei Ihrer „Protestaktion“ soziale Gleichheit wieder her.

T-Online teasert:

„Um das Verladen von VW-Autos im Emdener Hafen zu verhindern, haben Greenpeace-Aktivisten Schlüssel von zahlreichen Wagen abgezogen. Der Protest der Umweltschützer richtet sich gegen Autos mit Verbrennermotoren.

Es geht also gar nicht um einen Diebstahl bei VW, sondern um einen „Protest gegen Autos mit Verbrennermotoren“. Da haben die E-Autos aber nochmal Glück gehabt.

Die WELT erklärt das so:

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat mit einer Protestaktion nahe dem Volkswagen-Werk in Emden den Autobauer zu einem schnellen Ausstieg aus Verbrennungsmotoren aufgefordert.“

Von wegen „Hausfriedensbruch und schwerer Diebstahl“. Das war lediglich eine Aufforderung. Wenn Sie demnächst am falschen Ende einer Pistole stehen und Ihr Bargeld von Ihnen verlangt wird, dann ist das kein Raub, sondern lediglich „eine Aufforderung zu einem schnellen Ausstieg aus dem Kapitalismus“.

Ich bin sehr froh, passionierter Renault-Fahrer zu sein

Ich habe keine einzige Meldung im World Wide Web gefunden, in dem von Dieben und einem Einbruch die Rede gewesen wäre. Sämtliche Medien – exklusive Bild und Junge Freiheit – sprechen brav von „Aktivisten“ und „Protestaktion“. Das ist die gleiche Presse und Medienöffentlichkeit, die der Meinung ist, dass sie wirklich sowas von objektiv berichtet – da träumt der Honecker davon!

Merke: Eine Straftat ist nur dann eine Straftat, wenn sie egoistischen Zielen dient. Dient sie höheren Zielen (und welches Ziel wäre höher als die komplette Weltrettung?), dann ist sie eine „Protestaktion von Aktivisten“. Und ich möchte wetten, VW wird auf eine Anzeige verzichten und die Ermittlungen einstellen lassen – und sich gegebenenfalls entschuldigen. Ich bin sehr froh, passionierter Renault-Fahrer zu sein.

(Update: Der NDR hat das Adjektiv „gewieft“ inzwischen zurückgenommen. Wörtlich: Hinweis der Redaktion: Wir haben die Aktion in einer früheren Version dieses Textes als „gewieft" bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine unangemessene Formulierung. Wir bedauern diesen Fehler und haben den Text entsprechend geändert.

Allzu auffällig wollte man nun doch nicht sein … Nur: Dann hätte ich es kommentarlos gelöscht – und nicht auch noch erklärt …)

(Weitere Schlüsselerlebnisse des Autors unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

Foto: Gerhard Pietsch CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Gerald Weinbehr / 30.05.2021

Nun denn, Greenpeace hat VW die Schlüssel geklaut. Da gab es wenigstens was zu stehlen. Aber wie soll man den Medien “Verstand rauben”? Da müsste selbst der gewiefteste Aktivist lange suchen. Und müsste am Ende ohne Beute abrücken. Ich bin mir bewusst, dass die Zustände in Merkel-Land mittlerweile zum Himmel schreien. Aber deswegen gleich zum “passionierter Renault-Fahrer” werden? Das wäre mir zu viel Selbstkasteiung.

Günter Herder / 30.05.2021

Was, die haben “Aktivisten” geschrieben und nicht “Aktivist*innen” oder ähnlichen Unfug? Aber im Ernst, mehrere Straftaten zu framen als “Protestaktion”, um “aufmerksam zu machen”, zeigt, wie weit wir schon gekommen sind. Wenn jetzt andere Idiot*innen in ein Büro der Grünen / bei Greenpeace einbrechen, kann man dann auch lesen, das “Aktivisten” darauf “aufmerksam machen” wollten, wie teuer die (sogenannte) Umweltpolitik für den Normalbürger (von mir aus: und die Normalbürgerin) werden würde? Natürlich nicht, denn das wäre ja ein Unding. Ist es aber auch in der oben erwähnten Form.

Peter Wachter / 30.05.2021

Jetzt verstehe ich, bin etwas älter und brauche länger, dann waren heute nacht in Stuttgart (YT:“ESKALATION IN STUTTGART: Hunderte Jugendliche randalieren - Polizei setzt Pfefferspray ein”) diese erlebnisorientierte Jugendliche von der Party-+Eventzcene in Wahrheit Aktivisten als sie Polizeiautos mit Flaschen bewarfen, sie wollten mit dieser Aktion darauf hinweisen, das die Staatsmacht, nur noch mit E-Autos und Pferden unterwegs sein sollen. Alles klar !?

Dr. Joachim Lucas / 30.05.2021

Das ist “Qualitätspresse” (vulgo: Lügenpresse) der neuen Zeit. Der Klimawandel, der “in vollem Gange” ist (tatsächlich ist nur der Klimawahn in vollem Gange) rechtfertigt alles. Es wird gebogen, gelogen, beschönigt, verbrämt was das Zeug hält. Jeden Tag ein neuer Beweis dafür, dass das Land auch moralisch und intellektuell am A…. ist. Deswegen lese ich das Zeug schon lange nicht mehr. Frei nach Brecht: “Nur die dümmsten Kälber lesen die deutschen Blätterwälder”.

Sebastian Weber / 30.05.2021

Für Greenpeace gelten die deutschen Gesetze nicht. Sonst müsste diesem Verein bei nächster Gelegenheit die Gemeinnützigkeit entzogen werden. Aber das wird nicht passieren; ich nehme Wetten an …

Wolfgang Nirada / 30.05.2021

Ich habe mir jetzt mal ganz kurz vorgestellt dass der gesamte VW-Vorstand geköpft,  mit dem LKW überfahren oder in die Luft gesprengt würde und der/die/das Täter mit stolz geschwellter Brust vorgibt: “Hab isch nur für Umwelt gemacht”... Und schon hätte Doofland neben dem Heiligen George Floyd einen neuen Volkshelden… Mich wundert im Land der Vollidioten nix mehr…

Ralf.Michael / 30.05.2021

Ganz Einfach…...No Mercy….mit der Hozhammer-Methode ! Wir klauen und versenken einfach ein bisschen deren ganze Schiffe…Dass wird eine Riesengaudi, Ruderboote hinterlassen ja keinerlei Co2-Ausdünstungen, 100% Bio. Danach ?? Greenpeace als Marineinfanrie im Dannenröder Forst ??.

Matthias Braun / 30.05.2021

Sitzen demnächst AKTIVISTEN in ihrem Haus, rufen Sie nicht die Polizei. Geben Sie ihnen zu Essen und zu Trinken. Denn sie protestieren gegen die UNGLEICHHEIT von Wohnraum. Eventuell verköstigen Sie damit auch Ihren nächsten BUNDESKANZLER/IN-wer weiß.

Rudolf George / 30.05.2021

Lieber Herr Schneider, zuverlässige Quellen berichten mir, dass der zuständige NDR-Mitarbeiter eigentlich folgendes melden wollte: „Mit einer gewieften und heldenhaften Aktion haben Kämpfer des Kommandos „Winterkorn an die Wand“ von Redpiss am Mittwoch das Verschiffen von Symbolen der kapitalistischen Unterdrückung der proletarischen Weltrevolution verhindert. Völker, hört die Signale!“. Das grüne Kollektiv „Annalena muss ran“ in der NDR-Chefredaktion konnte das allerdings verhindern und korrigierte den Text umgehend. Seien Sie also nicht so kleinlich, wenn das „gewieft“ dabei durchgerutscht ist.

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