Thilo Schneider / 17.02.2019 / 06:00 / Foto: Pixabay / 83 / Seite ausdrucken

Green Angst

Gestern veröffentlichte Achgut einen offenen Brief, den ich am 9. Februar auf Facebook gepostet hatte und der sich an die für die Umwelt demonstrierende Aschaffener Jugend richtete. Die Grünen meiner Heimatstadt reagierten entsetzt. Daher also an dieser Stelle noch ein Folgetext.

Ich habe mir vor ein paar Tagen den Film „Verborgene Schönheit“ mit Will Smith angesehen. Fernab von der doch etwas tränendrüsigen Story (Unvergessen: Claudia Roth spielt keinerlei Rolle in dem Film), sagt Will Smith als aufstrebender Unternehmer einer – wie kann es in einem amerikanischen Film anders sein – Werbeagentur einen interessanten Satz: „Die Leute kaufen aus drei Gründen: Liebe, Zeit und Tod.“ Wir kaufen etwas, weil wir geliebt werden wollen oder weil es uns Zeit spart oder weil wir Angst vor dem Tod haben. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin der Meinung: Das stimmt. Das stets neueste Smartphone macht uns beliebt und spart uns durch seine neue Geschwindigkeit Zeit. Die gesündeste Ernährung und die gesündeste Umwelt bewahren uns davor, früher zu sterben als unbedingt nötig und verschafft uns – Zeit.  

Das Geschäft mit der Angst vor Verlust oder Tod ist eines der einträglichsten Geschäfte überhaupt. Religiöse Führer wissen das. Versicherer wissen das. Politiker wissen das auch. Die Grünen haben dies regelrecht perfektioniert: Wer grün wählt, wird von den anderen geliebt. Wer nicht grün wählt, der bringt anderen und sich den Tod. Weil er Leute im Mittelmeer ertränkt. Oder weil er den Planeten nicht rettet. Zur Rettung des Planeten gibt es auch keine Alternative, denn „wir haben keinen Planeten B“. Und deswegen müssen wir „die Bienen retten“, sämtliche Kohlekraftwerke abschalten und müssen so schnell wie möglich sämtliches Plastik und alle Diesel mit Feinstaubfiltern oder Benziner mit Katalysatoren los werden. Dann geht es uns besser und wir haben uns vor dem Tod geschützt. 

Dieses Modell zieht – tragisch genug – vor allem bei jungen Leuten, die „schon alles haben“ – außer natürlich einer besenreinen Umwelt. Setzt man diesem „Konzept der Angst“ Pragmatismus, Optimismus und Eigenverantwortung entgegen – wie ich dies mit dem „Brief an die Aschaffenburger Jugend“ getan habe – dann ist der #Aufschrei, natürlich vor allem der „umweltbesorgten Seid-auf-der-Hut-Bürger“ groß. Optimismus und Vertrauen in die Menschen und die Menschheit sind pures Gift für das Geschäft-mit-der-Angst-Modell der vermeintlichen Klimaschützer mit dem Bonusflugmeilenkonto.

Die Grünen trauen den Menschen nichts zu

Ein Stadtratsmitglied der Grünen warf mir nach Veröffentlichung meines Briefes ebenfalls öffentlich Hedonismus vor. Ich antwortete ihm darauf, dass ich Hedonismus im Sinne von Lebensfreude nicht verwerflich finde, ganz im Gegenteil. Das Leben sei schön. Da war er erschrocken und erklärte, er meine „den Hedonismus, der abwertend für kurzfristigen Genuss auf Kosten anderer“ stehe. Natürlich meint er diese Abart des Hedonismus. „Lebensfreude“ und Grüne – das beißt sich. Das wusste er. Wer seine Lebensfreude daraus bezieht, Verbote für andere auszusprechen, ist das, was man gemeinhin einen Querulanten nennt. Querulanten wählt niemand – Weltretter und Erlöser vom Tod hingegen schon.

Mir wurde im Lauf der folgenden Diskussion dann klar, wo zwischen seinen und meinen Ansichten – die sicher auch jeweils symptomatisch für die entsprechenden Parteien sind – der Hauptunterschied liegt: Er liegt im Menschenbild. Die Grünen trauen den Menschen nicht und sie trauen den Menschen nichts zu. Für die Grünen ist der Mensch selbst schlecht und bedarf einer wohlwollenden Führung durch qualifiziertes und ausgebildetes Politpersonal wie Katharina Schulze und Anton Hofreiter. Ich hingegen glaube, dass der Mensch gut ist und eigenverantwortlich handelt. Ich habe auch ohne Dosenpfand keine Büchsen in die Landschaft oder Batterien in den Hausmüll geschmissen und mache es auch jetzt nicht. Das ist einfach eine Sache der Weltsicht und Eigenverantwortung. Ebenso, wie ich nicht will, dass sich meine Wohnung zumüllt, will ich das auch nicht im öffentlichen Raum. Ich gehe ungern durch Wälder, in denen Schrott und Abfall herumliegen. Ja, da bin ich sogar sowas von Egoist und Hedonist. Deswegen habe ich überhaupt kein Mitleid, wenn eine Umweltsau dafür kräftig zur Kasse gebeten wird. 

Ich werde mich auch nicht, wenn ich in der Öffentlichkeit bin, rauchend neben einen Kinderwagen setzen. Das tut man einfach nicht. Man fährt allerdings auch keinen Kinderwagen neben einen Raucher und beschwert sich dann bei diesem, er möge das Rauchen einstellen. „Leben und leben lassen“ – das ist das Motto. Das die Grünen für sich zu „Leben und dafür andere sterben lassen“ umgedeutet und pervertiert haben. Das ist Hedonismus, wie ihn die Grünen interpretieren.

Andauernd geht die Welt unter

Hinzu kommt bei den Grünen – wie schon oft auf der Achse dargelegt – ein regelrecht naiver und unverantwortlicher Forderungstsunami, der die Wirtschaft aus ideologischen Gründen jetzt, nach der Abschaltung der modernsten und sichersten Atommeiler, dazu zwingen will, die mit Abstand saubersten Kohlekraftwerke der Welt quasi über Nacht abzustellen. Weil doch die Greta sonst Panik hat. Völlig ohne Sinn, Ziel und Plan, woher dann eigentlich die Energie für einen Industriestaat kommen soll. Es sei denn: die Grünen wollen gar keinen Industriestandort Deutschland mehr haben. Kann ja sein. Es sei denn, die Grünen wünschen sich einen Staat, in dem wir alle mit Jutestiefeln glücklich auf den Feldern unser eigenes Bio-Essen anbauen. Funktioniert ja in Afrika auch ganz hervorragend. Die sind immer so happy da und lachen, obwohl sie keinen Aldi, keinen Kühlschrank und keine Waschmaschine haben. Zumindest, wenn sie nicht gerade mit Macheten aufeinander losgehen, die Tutsi und Hutu. Deswegen kommen die ja auch zu Tausenden hierher. Weil es bei ihnen so toll ist. Nur fände ich es ganz nett, wenn die Grünen das dann endlich auch öffentlich kommunizieren und sich nicht in Schwachsinn wie „das Netz ist der Speicher“ flüchten.    

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Gibt es Probleme? Aber ja – natürlich. Seit die Menschheit denken kann, gibt es Probleme. Die begannen mit dem Streit um einen Bioapfel und führten sich mit den Emissionen eines Brandopfers fort (damals wurde auf einen Schlag ein Viertel der Menschheit ausgelöscht – von einem Vegetarier, der einen Nutztierhalter erschlug), weiter über vergiftete Wasserlöcher, Sintfluten, Plagen und und und. Bereits in der Genesis geht die Welt unter. Andauernd. Und doch sind wir immer noch da. Sogar die Ägypter sind noch da, obwohl ihnen Moses und Gott wirklich übel mitgespielt haben und da eine ganze Generation „Erstgeborener“ fehlte ... 

Ich bin sicher, dass die Menschen auch in Zukunft Mittel und Wege finden werden, „den Planeten zu retten“. Das haben sie auch die letzten paar hunderttausend Jahre getan. Auch wenn Säbelzahntiger und Mammuts dabei Pech hatten. Ich habe sozusagen noch nicht „den Glauben an die Menschheit verloren“. Es wird allerdings keine Greta Thunberg sein, die den Planeten rettet, sondern eher ein Steve Jobs oder ein Elon Musk. Die einen klagen, die anderen packen eben an.

Wir haben allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu schauen. Und genau das ist das Gegengift zur „Green Angst“. Von der immerhin 20 Prozent aller Wähler befallen sind. Die gerne Strom aus Windrädern hätten. Wenn die woanders stünden. Nicht bei ihnen, vor der Haustüre. Aber irgendeinen Tod müssen wir alle sterben. Die Frage wird nur sein, welchen wir sterben. Das liegt an uns selbst. 

Foto: Pixabay

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Arne Busch / 17.02.2019

Sehr geehrter Herr Schneiderr, wenn sich die Grünen nicht maßlos empört hätten, dann hätten Sie auch wirklich etwas falsch gemacht.  Nichts hassen diese kruden Ideologen mehr als Entlarvt zu werden.

E. Albert / 17.02.2019

Ich habe kürzlich ein paar dieser lächerlichen Mädels mit ihren ebenso lächerlichen “Plakaten” gesehen. Dabei habe ich mir gedacht, dass diese Girlies doch ganz schnell zu heilen sind: Smartphone wegnehmen, Internetzugang sperren, Heizung im Kinderzimmer aus,  geschlafen wird auf dem Fußßboden auf einem Strohsack, statt im Kuschelbett und ab sofort - statt von Mutti im SUV zu Ballett/Klavier/Reit/Nachhilfeunterricht herumgefahren zu werden - zu Fuß gehen lassen, egal, wie lang die Strecke ist. Ab sofort KEINE täglichen Shoppingtouren mehr zu Primark, H&M und Co. Zu Essen gibt es nur noch 3- 4x die Woche, vorwiegend Haferschleim (mit Wasser angerührt und ungesalzen, versteht sich, damit sich der “mittelalterliche” Eindruck einstellt - Salz war zu dieser Zeit schließlich eine Kostbarkeit). Das sollte helfen.

P.Steigert / 17.02.2019

Diese Argumentation vernachlässigt die gesellschaftspolitische Ideologie und Zielen der Grünen. Dabei geht es nicht um Angst sondern Erringung von Überlegenheit.

Klaus-Dieter Zeidler / 17.02.2019

Es gibt alle paar Jahre Wahlen. Jedes Parteimitglied will vor allem seinen Sitz im Parlament behalten oder einen abbekommen. Es gibt viele Parteien. Die müssen sich schon irgendwie unterscheiden. Selbst Claudia Roth glaubt sicher nicht alles, was sie selbst öffentlich macht. Unsere Abgeordneten kämpfen in erster Linie um ihren Arbeitsplatz, nicht für den Wähler. 700 Abgeordnete im Bundestag! Da geht noch was! Die Bezahlung ist hervorragend. Als nächste Partei wird sicher die Fortschrittspartei für die Sterbehilfe eintreten, um die alten weißen Männer schneller loszuwerden.

K.Anton / 17.02.2019

Deutschland ist ein Rätsel: Die allermeisten Kommentatoren scheinen, wo man auch liest, mit der derzeitigen Politik nicht einverstanden zu sein.Allerdings werden kaum Konsequenzen gezogen.  Die Altparteien werden immer wieder gewählt, Alternativen verächtlich gemacht. Und Merkel 2.0 (vulgo AKK) oder gar der nette Herr Habeck werden auch bei der nächsten BW gewinnen. Ihr wollt es ja so. Die Gehirnwäsche der Bevölkerung funktioniert. So sieht das man aus Österreich, wo die sg Grünen aus dem Parlament geflogen sind.

Rudi Knoth / 17.02.2019

Seit etwa 40 Jahren gibt es die Grünen und deren Ideologie. Diese Ideologie war schon mit den Anti-Atomprotesten Kapitalismusfeindlich und Industriefeindlich. Auch die Hauptkomponenten der “Erneuerbaren Energien” Windräder und Solaranlagen (vor 40 Jahren in Form von Sonnenkollektoren) entstanden aus der Idee, mit kleinen dezentralen Einheiten Energie kleine Einheiten (Dörfer bis kleine Städte) zu versorgen.

Wolfgang Lechner / 17.02.2019

Hallo Herr Schneider, beim Lesen Ihrer “Green Angst” kommt mir gerade dieser Kalauer in den Sinn. Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Krokodil? Nein? ... Je grüner desto schwimmt.

Dr. M. Ludwig / 17.02.2019

Lieber Hr. Schneider, Stichwort: Tod.. Der indoktrinierte Wähler, wenn er denn alle “gut” gemeinten Ratschläge der Grünen befolgt (Klimarettung, Veggyday, NOx- und Feinstaubvermeidung, Dieselabstinenz, ect.) wird am Ende seines asketisch “erfüllten ” Lebens begreifen, daß er keine Minute länger gelebt hat, sondern optimissime nur gesünder stirbt. MfG

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