„Allahu akhbar“ soll der siebzehnjährige Afghane gerufen haben. Der Junge, der mit Axt und Messer gegen Fahrgäste eines spätabendlichen Regionalzuges in Würzburg wütete und vier Menschen schwer verletzte, könnte einen islamistischen Hintergrund gehabt haben. Ob das stimmt, müsse man erst noch ermitteln, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann noch in der Tatnacht.
Das ist insofern bemerkenswert, weil man erwarten kann, dass in der Folgezeit sehr viele Verantwortungsträger und Meinungsbildner versuchen werden, andere Antworten auf die Frage zu finden, wie ein „unbegleiteter minderjähriger Flüchtling“ – als ein solcher war der Täter registriert – eine solche Tat verüben konnte. Wir werden viel von den Problemen des jungen Mannes erfahren, vielleicht über seine Traumata oder psychischen Belastungen hören, während möglichst wenig vom ungestörten Wirken der Islamisten innerhalb der riesigen Gruppe der Asylbewerber die Rede sein wird.
Vielleicht erfahren wir, dass der junge Afghane von der Familie nach Deutschland geschickt wurde. Vielleicht hatte man ihm, wie vielen anderen Schicksalsgenossen auch, schon vor seiner Reise nach Deutschland eingeschärft, wie er sich zu verhalten hätte, weil es einen Auftrag zu erfüllen galt. Möglicherweise hatte der junge Mann die Order, der Familie den Weg zum Nachzug zu bereiten. Vielleicht war er dadurch überfordert und konnte gleichzeitig kaum mit der neuen Umgebung umgehen. Er selbst kann es nicht mehr erzählen. Weil er nach anfänglicher Flucht mit seiner Axt auch auf die ihn verfolgenden Polizeibeamten losgegangen ist, haben die ihn erschossen. Möglicherweise war es der Märtyrertod, den er gesucht hatte.
Ein junger Asylbewerber, der sich radikalisiert anstatt Chancen zu ergreifen, lässt einen frösteln
Der Junge war in einem Alter, in dem man normalerweise seine Ausbildung machen sollte. Hatte ihm jemand stattdessen den kurzen Lebensweg als Gotteskrieger schmackhaft gemacht? War dies das Gesellenstück eines Gotteskrieger-Lehrlings? War er von radikalislamischen Gedanken schon in seiner Heimat beseelt oder gewann er die Entschlossenheit zum Töten und zum Sterben erst in Deutschland?
Es ist kaum wahrscheinlich, dass sich all diese Fragen belastbar beantworten lassen. Doch allein der Umstand, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass sich ein junger Asylbewerber in Deutschland, unter den Augen der vielen Beamten, Betreuer und Helfer islamistisch radikalisiert, anstatt seine Möglichkeiten in einer freien Gesellschaft zu entdecken, lässt einen frösteln.
Sicher, verglichen mit „richtigen“ Anschlägen, wie in Nizza, klingt die Nachricht von der Attacke im Regionalzug in Würzburg nicht wie ein großer Aufreger. Doch hier zeigt sich leider trotzdem in aller Hässlichkeit die mörderische Kehrseite der „Willkommenskultur“. Die besteht nicht unbedingt im großen Attentat mit vielen Opfern an spektakulären Orten, sondern in dem Gefühl, dass neue Bedrohungen in unseren Alltag Einzug halten und dem Verschwinden der Unbefangenheit.
Man mag noch so vorurteilsfrei sein wollen, kaum jemand wird heute noch allein und ohne unangenehme Gedanken auf nächtlicher Straße einer Gruppe junger, „südländisch“ aussehender Männer entgegentreten. Das Misstrauen steigt und wenn das Misstrauen steigt, dann haben es auch die Zuwanderer, die Kontakte in die deutsche Gesellschaft suchen, immer schwerer, einen solchen Zugang zu finden.
Überforderung resultiert aus dem mangelnden Willen den Islamideologen entgegenzutreten
Und was hat das mit der „Willkommenskultur“ zu tun? Es war einfach unverantwortlich, unkontrollierte Zuwanderung noch zu fördern, wenn man sie nicht händeln kann. Noch schlimmer ist es, wenn man sie auch gar nicht händeln will. Denn die Stärke und Überzeugungskraft der Islamisten in deutschen Asylbewerberunterkünften resultiert ja nicht nur aus der Überforderung deutscher Behörden, Betreuer und Helfer, sondern schon aus dem mangelnden Willen, den Islamideologen entgegenzutreten.
Egal ob erwachsener oder minderjähriger Zuwanderer, mit der Ankunft in Deutschland erfahren sie, dass der Staat die Hoheit des Islam über die deutsche Asylbewerber-Lebenswelt offenbar rundum anerkennt. Egal ob es um die Einhaltung islamischer Speisevorschriften geht oder islamische Gebetsräume in Zuwanderer-Unterkünften – nur auf die eine Religion bzw. Weltanschauung wird im deutschen Asylwesen explizit Rücksicht genommen. Dieses Signal, dass auch hier die Wertewelt der Anhänger des Propheten eine herausgehobene Rolle spielt, wirkt sicher oft fatal, gerade auf Heranwachsende aus Ländern wie Afghanistan. Diese Jugendlichen müssen die Freiheit kennenlernen und sollten nicht auch hierzulande in die alten Bevormundungsmuster ihrer Heimat zurückgestoßen werden.
Es wird die schon geschaffenen Probleme nicht lösen, aber damit sie nicht noch größer werden, sollten wir endlich beginnen, jedem, der sich hier ansiedeln möchte, klar zu sagen: Hier gelten Deine Regeln nicht! Und wenn Du unsere Regeln und unsere Freizügigkeit nicht aushalten kannst, dann findest Du viele Länder auf dieser Erde, die besser zu Deinem Weltbild passen. Wir haben Dich nicht gerufen, auch wenn Du unsere Kanzlerin im letzten Jahr so verstanden haben magst. Hier hat nur Platz, wer uns unsere Freiheit nicht beschneiden will.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Peter Grimms Blog Sichtplatz hier.