Rainer Bonhorst / 18.06.2022 / 10:00 / Foto: Mvkulkarni23 / 15 / Seite ausdrucken

Goodbye England! Hello Ruanda!

Großbritanniens indischstämmige Innenministerin will Zuwanderer nach Ruanda ausfliegen lassen – doch das hat nun der noch immer zuständige Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vorerst gestoppt.

Wenn Mirusia, geigend begleitet von André Rieu, in Melbourne ihr Lied „Botany Bay“ singt, schießen den australischen Zuhörern die Tränen in die Augen. Da wird ein Mythos des fernen Kontinents besungen. „Farewell to old England forever“ – so beginnt das Lied und beschreibt die historische Tatsache, dass damals tausende Briten, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, nach Australiens Botany Bay deportiert worden sind. Wird demnächst in Ruanda ein Flüchtling, der es nach England geschafft hat und zur Bearbeitung seines Bleiberechts in den afrikanischen Staat verfrachtet wurde, ein ähnliches Lied singen?

Englands Innenministerin Priti Patel, Tochter einer Einwandererfamilie, greift durch. Als sich England – knapp, aber immerhin – für den Brexit entschied, war ein Ziel, das Boris Johnson ausgegeben hat: „Wir wollen unsere eigenen Grenzen wieder selber kontrollieren.“ Das Problem: Seither kommen mehr Migranten denn je über den Ärmelkanal auf die Insel. Der Hauptgrund: Frankreich spielt nicht mehr den Aufpasser und schützt die Insel nicht mehr mit Zäunen vor dem Ansturm der Migranten, die es unter Lebensgefahr ins Königreich zieht.

Eine alte englische Tradition?

Was tun? Abschrecken. Aber wie? Ganz einfach: Rückgriff auf eine alte englische Tradition. Der Menschenversand nach Australien hat langfristig sogar dafür gesorgt, dass die einstige Kolonie heute dem alten Königreich in fast jeder Hinsicht haushoch überlegen ist: höhere Lebensqualität, mehr Wohlstand und besseres Wetter. Aber das hat gedauert.

Damals im späten 18. bis weit hinein ins 19. Jahrhundert, war die Verbringung nach Australien keine reine Freude. Viele Wochen im Unterdeck und dann an Land ein harsches Strafkolonie-Regime. Aber es war besser als das, was die Missetäter daheim in „Old England“ erwartet hätte. Dort wurde man wegen jeder Kleinigkeit an den Galgen verfrachtet. Dann lieber Botany Bay. Rund 160.000 Briten wurden in rund 800 Schiffstransporten nach Australien gebracht. Um der australischen Geschichte Gerechtigkeit angedeihen zu lassen: Es waren damals natürlich nicht nur Sträflinge, die diese Reise machten. Auf dem Oberdeck fuhren ebenso viele unbescholtene Auswanderer mit. Die Gründung des europäischen Australiens war also eine gemischte Angelegenheit. Auf die, die schon länger da waren, hat man keine Rücksicht genommen. Auch das gehört zu dieser Geschichte.

Nur zehn Leute im Flugzeug

Die Aussichten, dass über die Jahrzehnte einmal 160.000 Personen aus England nach Ruanda verfrachtet werden, sind eher bescheiden. Der erste Flug, der im letzten Moment vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt wurde, hatte gerade einmal zehn Leute an Bord. Aber der nächste Flug ist schon geplant. Und der erste wurde nur wegen einer juristischen Formalität gestoppt. Grundsätzlich gilt: Das Verfahren hat vom Obersten Gericht in England grünes Licht bekommen. Begründung: Die Basis der Flüchtlings-Verschickung ist ein gültiger Vertrag zwischen zwei souveränen Staaten.

Tatsächlich hat Priti Patel schon vor einiger Zeit ein entsprechendes Abkommen mit der Regierung von Ruanda geschlossen – unter heftigen Protesten von Menschenrechtsaktivisten. Der Vorwurf: Die Menschenrechtslage in Ruanda gewährleiste kein sauberes Prüfungsverfahren. Und darum geht es: Die Prüfung, ob ein Migrant Anspruch auf einen Verbleib im Königreich hat oder nicht, soll nicht mehr vor Ort auf der Insel erfolgen, sondern im fernen Afrika. Dann hat man diejenigen, die nicht dauerhaft hereingelassen werden, nicht mehr am Hals. Für Ruanda ist die Sache attraktiv, weil sie mit englischen Pfund vergoldet wird. Eine ganz sanfte Parallele tut sich da auf zur deutschen Methode, den problematischen Türken Erdogan einzuspannen. Auch hier gilt das Prinzip: Geld für die Türkei im Ausgleich dafür, dass Erdogan einen großen Teil der Flüchtlinge, die eigentlich weiter zu uns wollen, bei sich behält.

Ob Priti Patel auch in Sydney nachgefragt hat, ob an der Botany Bay noch ein Plätzchen frei ist, gilt als unwahrscheinlich. Auch gibt es Unterschiede zwischen damals und heute. Damals hieß es „Farewell to old England forever“. In Ruanda besteht für die Ankömmlinge die Chance auf eine Rückreise, sollte die Überprüfung des Flüchtlings-Status positiv verlaufen. Aber London geht sicher davon aus, dass das eher die Ausnahme sein wird. Für die Mehrheit dürfte gelten: „Hello Ruanda forever.“

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 18.06.2022

Africa ist “die” Gebärmutter der Menschheit geworden! Da fallen solche paar Hanseln mit ihrer ungewollten Heimreise zu Big Mama doch gar nicht ins Gewicht. Immerhin, so sie noch nicht Techno-, Hiphop- und Rap-verhunzt gewesen waren, hatten sie immer Welt-klasse wunderschöne afrikanische Musik mit dabei. Allein die war es für uns schon wert.

Gus Schiller / 18.06.2022

““Auf die, die schon länger da waren, hat man keine Rücksicht genommen”“. Dies ist der wichtigste Satz im Artikel.! - Und in zehn Jahren wird dies auch hier gelten, wenn die Zuwanderer aus aller Welt in Doofland endlich die Macht an sich reißen. Dies wird allerdings kein Friedensmarsch a la 1989 werden.

Frank Stricker / 18.06.2022

In Deutschland wäre es etwas anders, unsere Innenministerin, “Nancy die Erleuchtete”, würde höchstens AFD Politiker und Wähler nach Ruanda verfrachten….....

Wolf Hagen / 18.06.2022

England will es richtig machen und die Kulturfremden dahin zurück verfrachten, woher sie kulturell kommen und hingehören. Europa und besonders Deutschland sollte damit anfangen, nur die hereinzulassen, die es auch brauchen kann. Und die wieder rauszuwerfen, die hier nur die Sozialsysteme belasten und die Kriminalität befördern. Aber welch Überraschung, Nancy Faeser und ihre MigrAntiFa-Kameraden wollen das genaue Gegenteil und setzen es tagtäglich um. Im Übrigen, Herr Bonhorst, echte Kriegsflüchtlinge gibt es in Europa nur aus der Ukraine, alles andere sind Wirtschaftsmigranten, nicht mehr, nicht weniger.

Bernd Meyer / 18.06.2022

Wissen Sie wieviel Grüne zur SPD gewechselt sind/haben (hä?) und warum? Mir fallen da auf Anhieb Otto Schilly und Bilkay Öney ein. Nicht ganz ohne Effekt. Schlimmer als jeder ehrlicher (von Musik sollten sie schon etwas verstehen) Rocker-Club im Westen. Die ersten gibt es noch, die anderen eher nicht. Obwohl, ich würde nicht darauf wetten. Manche Söhne verstehen ihre Väter. Niveaulos? Es gibt Schlimmeres.

C. Baumann / 18.06.2022

# Hr. Weizenbeer ( :-), exakt mein Gedanke. Ist auch interessant, wie sehr man sich hier auf Achgut für Hr. Assange ( nicht-) einsetzt, hat wohl die falschen Kriegsverbrechen öffentlich gemacht….

Rolf Menzen / 18.06.2022

Na und? Laut Volker Seitz, der öfters auf der Achse schreibt und Kenner afrikanischer Verhältnisse ist, handelt es sich bei Ruanda um einen der wenigen prosperierenden afrikanischen Staaten und um eine Demokratie mit den meisten weiblichen Abgeordneten in ganz Afrika.

Rolf Mainz / 18.06.2022

Ruanda forever? Sicher nicht. Wenn die dorthin Verbrachten nicht anschliessend in ihre Heimatländer zurückkehren (eher unwahrscheinlich, denn dort wird man sie nicht unbedingt gern wiedersehen, da entweder überzählig, womöglich kriminell und/oder für den Transfer von Sozialleistungen aus Europa ausfallend), werden sie den nächsten Versuch der Zuwanderung nach Europa angehen. Solange das Sozialsystem insbesondere Deutschlands derart unzureichend gegen Ausbeutung geschützt ist, wird die betreffende Anziehungskraft wirken. Ruanda wird dies nicht stören, die Schlepper-Mafia wird es sogar freuen, wenn bekannte Gesichter dort erneut für Kasse sorgen. Was nicht heissen soll, dass der britische Weg verkehrt wäre, ganz im Gegenteil - Respekt für den Mut, angesichts der katastrophalen Resultate der unkontrollierten Zuwanderung die heimische Bevölkerung durch konkrete Massnahmen endlich zu schützen.

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