Politiker wollen herrschen, das ist ihre Aufgabe; ihre Bedeutung steigt mit der Größe des Gebietes, das sie unter Kontrolle haben. Früher waren es Kaiser und Könige, Monarchen, die sich dazu von Gottes Gnaden erwählt fühlten. Heute sind es gewählte Funktionäre, die glauben, dass es ihre Sache sei, den Olymp zu besetzen.
Allesamt drängten sie nach der Herrschaft über die Welt, soweit sie diese zu ihrer Zeit überblickten: die römischen Cäsaren sowie Hannibal auf seinen Elefanten. Auch Karl den Großen verlangte es nach der Weltherrschaft; auch von ihm sollte es abhängen, ob die Menschheit weiter besteht oder untergeht. Epochen später folgte ihm Napoleon. In der jüngeren Geschichte des 20. Jahrhunderts schließlich wollten Hitler und Stalin Weltreiche errichten.
Allerdings hat sich bisher noch keiner zu der Wahnidee verstiegen, der Fortbestand der Erde hinge davon ab, was er allein oder zusammen mit einem Rudel gleichgesinnter Hochstapler beschließt. Diese selbstherrliche Eroberung des politischen Olymp blieb dem G20-Gipfel vorige Woche in Rom und nun der Welt-Klima-Konferenz in Glasgow vorbehalten.
Weniger besorgt als vielmehr mit stolzgeschwellter Brust erklärten zwanzig Politiker, die sich für die wichtigsten der Welt halten, dass uns der Weltuntergang bevorstünde, wenn sie ihn nicht abwenden würden, erstens durch die Stilllegung sämtlicher Kohlekraftwerke und zweitens durch die Verschrottung aller noch mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeuge. Sie, sie allein haben es in der Hand. Mit anderen Worten, sie regieren nicht mehr von Gottes Gnaden, sondern sehen sich selbst in der Rolle der Götter – als Mächte des Schicksals.
Götter unter sich
Dass sie dabei allenfalls rhetorisch an einem Strang ziehen, tut wenig zur Sache. Jeder ist sein eigener Jupiter, seine Jupiterin. Auf dem „Familienfoto“ zum Abschluss der Beratungen in Rom, einem „Gipfel“ der einmal mehr mit Geschwafel endete, schaute nicht allein Angela Merkel gen Himmel, auch Boris Johnson, an sich ein vernünftiger, weil historisch gebildeter Mann, tat es ihr gleich.
Schicksalsgötter unter sich. Die Deutsche wusste, „wir sind noch nicht da, wo wir hin müssen“. Joe Biden drohte, wir stünden vor einem „Jahrzehnt des Ehrgeizes und der Entschlossenheit“. Da war er sich zumindest mit dem deutschen TV-Kasper Eckart von Hirschhausen einig. Schon vor Monaten hatte dieser erklärt, die Restlaufzeit unseres rotierenden Planeten betrage noch zehn Jahre. Dann sei Schluss mit lustig, danach werde unsere Erde wie ein ausgestorbener Himmelskörper durch das Weltall treiben.
Die gewählten Regenten unserer Tage muss das wenig kümmern. Thronen sie doch längst über der Welt, im Himmel ihrer eingebildeten Macht. Man muss nur einmal hören, mit welcher Penetranz sie von „den Menschen“ sprechen, als handle es sich um eine Gattung, der sie selbst nicht mehr zugehören. Der Ehrgeiz, mit dem sie von einem „Gipfel“ zum nächsten jetten, egal, wie viel Kerosin dabei verbrannt wird, treibt sie an.
Eine Idee, die alles in den Schatten stellt
Welche Rolle spielt schon der Kohlendioxid-Ausstoß, wenn sich die Allmächtigen – samt ihrer von Greta Thunberg angeführten Engelsschar – gottähnlich aufspielen wollen? Mit der Wahnidee, der Fortbestand des Globus liege in ihren Händen, stellen sie die Herrschaftsansprüche aller, die bisher vom politischen Irrsinn befallen waren, in den Schatten. Denn was wäre bei den bisherigen Klimagipfeln mehr herausgekommen als die überirdische Erhöhung ihrer Veranstalter? Nichts als Kassandrarufe, wie die fleißig kolportierte Corona-Gefahr.
Doch auch Kassandra, deren Schönheit Homer mit der Aphrodites verglich, wurde schließlich vom Olymp gestoßen. Apollon, unter anderem der Gott der Mäßigung, verjagte sie, als er ihre eitle Selbstinszenierung zu durchschauen begann. Das Weib sank zur Sklavin herab, bis sie schließlich im Bad erstochen wurde.
Zwar berichtet der Mythos, sie habe den Untergang Trojas richtig vorhergesagt. Doch drehte sich die Welt danach weiter. Der gesunde Menschenverstand und der Lebenswille auf Erden besiegten die Verkünderin des Unheils hoch droben. Dass es dem Kassandra-Team unserer Tage, den Katastrophen-Vernarrten, ähnlich ergehen möchte, ist mindestens eine Hoffnung, die wir uns so schnell nicht nehmen lassen.