Wolfram Weimer / 03.04.2009 / 12:48 / 0 / Seite ausdrucken

Gipfelmonopoly

Der G-20-Gipfel hat 1.000.000.000.000 Dollar locker gemacht. Die kommen zu den 5.000.000.000.000 Dollar obendrauf, die in den einzelnen Ländern schon als Konjunkturprogramme aufgelegt worden sind. Seit London wissen wir: Die Weltpolitik ist in die Sphäre der Fantastilliarden vorgedrungen.
Im Gestus breitbeiniger Feuerwehrleute will das Gipfelpersonal den lodernden Brand der Rezession löschen. Dabei werden gewaltige bis gigantische Geldschläuche gelegt und es steht zu befürchten, dass man wild umherspritzt. Das Schlimmste aber ist: In den Schläuchen befindet sich kein Löschwasser sondern Brennbares. Denn es wird versucht, den Schuldenbrand mit neuen Schulden zu bekämpfen.
Damit geraten nicht nur die öffentlichen Haushalte der westlichen Welt aus allen Fugen. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) wird hektisch zur Monsterkreditmaschine umgebaut. Nach dem Londoner Entscheid vergibt der Fonds seine - um mal eben 500.000.000.000 aufgestockten - Hilfen fortan ohne die bisher üblichen wirtschaftspolitischen Auflagen. Das ist wie Ostereierkriegen ohne Suchen. Als erstes Land hat Mexiko sich hasenschnell 47 Milliarden Dollar verschafft. Eine Kontrolle, ob das Geld klug investiert oder wild verschwendet wird, hat niemand mehr.
Am schlimmsten stehen die USA da. Sie haben staatlicherseits bereits 10,7 Billionen Dollar Schulden, dazu addieren sich knapp 24 Billionen Dollar Verbindlichkeiten des amerikanischen Privatsektors. Die aktuelle Weltwirtschaftkrise ist ein Kind genau dieses Überschuldungsfiaskos. Noch versucht die Politik, gierige Banker und kleine Steueroasen öffentlich als Sündenböcke zu brandmarken. Doch sind sie es selbst, die uns mit ihrer ungezügelten Schuldenpolitik in immer riskantere Konstellationen bringen.
Amerika hat viele Jahre lang vollkommen über seine Verhältnisse gelebt. Anstatt nun aber eine Vision solider Zukunftsentwicklung zu formulieren, macht Obama das Gleiche wie George Bush: neue Schulden und eine enthemmte Nullzinspolitik der Notenbank sollen akute politische Probleme bewältigen. Was bei Bush noch nach texanischer Wurstigkeit einer Finanzpolitik nach Gefahrenlage aussah, droht unter Obama zur Staatsdoktrin zu werden.
Nun stellt sich die Frage, woher das viele Schuldengeld kommen soll? Wer gibt überschuldeten Halbbankrotteuren wie den USA frische Milliarden? Die Chinesen, die Araber, die Deutschen? An den internationalen Anleihemärkten haben es auch Staaten immer schwerer, sich zu refinanzieren.
Angesichts dieser Gefahr hat die US-Notenbank kurzerhand beschlossen, Staatsanleihen auch selber zu kaufen. Damit tritt das globale Schuldenspiel in eine neue Dimension. Wenn Regierungen sich überschulden und sich selber die Schulden auch noch abkaufen, dann betreiben sie finanzpolitisches Eigenblutdoping. Was die Finanzpolitik der USA anbetrifft, fühlt man sich ein wenig an die finalen Tage von Ludwig XIV. erinnert. Der Staatsbankrott droht, also drucken wir Geld.
Das Herzstück dieser Krisen-Politik ist also reines Inflationsmonopoly. Die Staatschefs spielen unter Obamas sanfter Führung das globale Vabanque einfach mit. Da die USA schon jetzt zwei Drittel der gesamten Weltsparleistung zur Finanzierung ihrer Schulden absorbieren, stellt sich die Frage nach dem Ausgang der Schulden-Spekulation. Wenn man die historisch übliche Lösung einer derartigen Konstellation – Krieg und Revolution – für unwahrscheinlich hält, dann bleibt eine massive Dollarabwertung die einzige Chance der Amerikaner, ihr Spiel noch zu gewinnen. Sie inflationieren ihre Dollar-Währung und entledigen sich so der dramatischen Schulden im Ausland.
So oder so steht eines nun fest: Der G-20-Gipfel beendet die Crash-Phase dieser Krise und lasst die große Inflation beginnen.

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