Peter Hahne, Gastautor / 10.01.2021 / 10:00 / Foto: Superbass / 96 / Seite ausdrucken

Gibts nichts Wichtigeres als Trump und den „Putsch“, Erzbischof Schick?

Von Peter Hahne.

Er sei „entrüstet und fassungslos, immer noch und immer mehr!“ Das lässt der Bamberger Erzbischof Schick erregt via Pressestelle den „sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen in den Redaktionen“ mitteilen. Da wird man doch selbst als Lutheraner hellhörig. Vor allem, weil Schick zu den (nicht allzu vielen) geschätzten Bischöfen gehört, die sich zum Beispiel für Evangelisierung einsetzen und von mir oft zitiert werden. Was treibt ihm die Zornesröte ins Gesicht, was bringt ihn in Wallung, was erregt sein Gemüt? Schließlich sollen die Medien gerade diesen Aufruf ja veröffentlichen! Die dramatischen Kirchenaustritte, der sinkende Gottesdienstbesuch, die schleppende Aufklärung des verbrecherischen Missbrauchs? Oder Corona – dass wir verhaltensgestörten Kindern ein zerstörtes Land hinterlassen.

All das, was linke Leute wie Prantl (SZ), Palmer (Grüne) oder jetzt auch der Influenzer Lobo verzweifelt zur Sprache bringen. All die folgenschweren Schäden an den Schwächsten der Schwachen, den pflegebedürftigen Alten und den Kindern. Das ungetröstete Sterben in elender Einsamkeit, das staatliche Versagen bei den Impfungen...

Oder vielleicht die bischöfliche Entrüstung „immer noch und immer mehr“ an dem Verschleudern von Ressourcen für einen synodalen Irr- und Holzweg? Über die Tötung fast aller ungeborenen Kinder mit Down-Syndrom, über den Gender-Wahn in der eigenen Kirche, den Ausverkauf von Ehe und Familie? Denn er dürfte doch das Apostelwort kennen, dass „das Gericht beginnen muß am Hause Gottes“ (1. Petrus 4, 17). Ach, mir fallen da viele Themen ein, die eines Bamberger Bischofs brennender Sorge bedürfen.

Nichts dergleichen! Schick findet es schick, sich in epischer Länge über ein Problem zu echauffieren, das 6.681 Kilometer entfernt liegt – der „Putsch“ im US-Kongress. Vom Bamberger Dom bis zum Washingtoner Capitol sind es exakt 4.151 Meilen. Es gibt jedoch im wahrsten Wortsinn naheliegendere Probleme, Herr Erzbischof! Das nächste Altenheim, in dem durch staatliche Unfähigkeit und kirchliches Schweigen Unschuldige ungeschützt und ungetröstet sterben müssen, liegt gleich um die Ecke...

Was bewegt eigentlich Bischöfe, über Dinge quasi ex cathedra und via Presse (und nicht privat) zu urteilen, die sie schlichtweg nichts angehen? Für die sie qua Funktion kein Mandat haben. Über Dinge, die keine Priorität besitzen. Und dann noch dilettantischer, als jeder Jungredakteur es in den viel gescholtenen Medien machen würde. Fakten stören den Herrn Erzbischof nämlich nur, wenn er zum Beispiel ex cathedra bambergiensis Richtung Washington brüllt, „einige evangelikale Gruppen haben keine gute Rolle gespielt.“  Ist die Tatsache über die 6.681 Kilometer-Strecke im Atlantik verdunstet, dass Millionen US-Katholiken bis in die Spitze des Episkopats hinein für Trump trommelten?! Dass sie begeistert waren, als Trump eben keine evangelikale Texanerin, sondern die erz-katholische (und Todesstrafen-Befürworterin) Amy Coney zur Obersten Richterin ernannte?

In Bayern anfangen!

Ach, Herr Erzbischof, Sie tun mir leid. Einfach nur leid. Ich muss an meinen alten Lehrer Helmut Thielicke denken, den großen protestantisch-frommen Hamburger Theologen: „Da träumt der Brunnenfrosch vom großen Ozean.“ Einmal dabei sein zu wollen bei der großen Weltpolitik. Teilhaben an der Empörungsindustrie, sich in den (heutigen) Schlagzeilen sonnen und Beifall heischen. Raus aus dem Dunkel. Endlich mal kein Missbrauch, keine Austrittswelle, kein Zölibat, kein Frauenpriestertum. Endlich raus aus der Babylonischen Gefangenschaft der immer gleichen Verteidigungs-Themen. Endlich auf der „richtigen“ Seite und ohne Gegenwind. Endlich im Mainstream der Meinungen! Wie billig, wie wohlfeil, wie primitiv! Einfach mitschimpfen wie über das schlechte Wetter oder die hohen Mietpreise.  

Sie haben sogar recht: „Politikerinnen und Politiker (Sie haben die anderen 62 Geschlechter allerdings völlig unkorrekt vergessen!) müssen Vorbilder sein für Vernunft, Wahrhaftigkeit, Dialogbereitschaft.“ Doch was schauen Sie da 4.151 Meilen nach Washington? 231 Kilometer bis München reichen doch, oder gar 61 nach Nürnberg: Dieser elende Hass, der dort von Ihren Amtskollegen beider Konfessionen oder der Staatsregierung gepredigt wird, diese Ausgrenzung ganzer Teile der Bevölkerung, der Wissenschaft, der Lehrer, der Ärzte, der Polizisten...

Wie Sektenführer, die verbissen und ohne die von Ihnen geforderte Dialogbereitschaft zerstörerisch agieren. Wer nicht mit marschiert, ist ein Nazi – so einfach ist das. Gleichschritt ist gefragt. Richard von Weizsäcker hatte recht: „Kirche ist nicht dazu da, Politik zu machen, sondern Politik möglich zu machen.“ Neudeutsch: Runde Tische statt zum Beispiel die geifernde, hasserfüllte Drohung, mit AfD-Anhängern dürfe man noch nicht mal Kaffee trinken. Auf Kirchentagen haben solche Elemente natürlich keinen Zutritt, ja man spricht ihnen öffentlich sogar das Menschsein ab.

Oder geben Sie etwa den renommierten Impfkritikern oder den namhaften Gerontologen und Kinderpsychologen, den verzweifelten Eltern oder den Existenz bedrohten Gastwirten, den ungetröstet Sterbenden Raum und Stimme in „Dialogbereitschaft und Wahrhaftigkeit“? Ich sehe das nicht, habe dazu auch keine flammende Philippika a la Capitol im Ohr. Ja, Sie haben recht: „Es ist auch wichtig, dass Politiker (hier fehlen übrigens die Politikerinnen!) gewählt werden, die den Frieden fördern... und nicht die eigenen egoistischen Interessen.“ Fangen Sie in Bayern damit an! Vielleicht mit einem Hirtenbrief zur nächsten Wahl. Und scheuen Sie sich nicht, Namen zu nennen. Hinterlassen Sie Spuren für die Ewigkeit und keine reißerischen Schlagzeilen!

PS: Das Erzbistum Bamberg hat prozentual in Bayern die höchsten Kirchenaustritte.

 

Buchtipp

Seid ihr noch ganz bei Trost!
Schluss mit Sprachpolizei und Bürokraten-Terror
Von Peter Hahne
Hardcover, 128 Seiten
2020 Quadriga
ISBN 978-3-86995-096-9
Preis in Deutschland: 12,00 Euro

Peter Hahnes aktueller Bestseller steht laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf Platz 12 der meist verkauften Sachbücher des Jahres 2020.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf kath.net

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Leserpost

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Ulla Schneider / 10.01.2021

Ein guter Artikel, Herr Hahne! ..... Und immer wieder die Sache mit dem eigenen Balken oder Splitter.  Und immer wieder die Verwechslung mit dem Nächsten und dem Entferntesten. Das Bodenpersonal muss weg.  Der Wunsch eines großen Nazareners vor fast 2000 Jahren. Und ich sage, die Bezüge und Steuerzuschüsse müssen weg, damit die Luftikusse auf den Boden zurück kommen. Es kann nicht sein, daß diese Bagage trotz Austritte weiter “Staatsmäuse”, unsere Steuern, bekommen.

F. Auerbacher / 10.01.2021

Bisher, Herr Hahne, habe ich Ihre Beiträge für lauwarme Salbaderei gehalten (vielleicht, weil ich areligiös bin) aber dieser Artikel hat es in sich. Gratuliere. Klar, er hat mich auch auf Ihr Buch aufmerksam gemacht. Der Titel ist verführerisch, aber ich bin resistent gegen Werbung. Trotzdem: Vielen Dank, das war großartig!

Ernst-Günther Konrad / 10.01.2021

  Wieder ein prächtiger Artikel lieber Herr Hahne, dem ich voll und ganz zustimmen kann. Ich bin schon lange nicht mehr in der Amtkirche angemeldet, habe meine eigene Auffassung vom Glauben und übernehme aber gern das ein oder andere mal auch Glaubensgrundsätze jedweder Kirche. Nicht nur Schick, auch Beford-Strom, Kaesmann und die anderen Selbstdarsteller stehen sich in nichts nach. Wo ist der offene Aufschrei derer, dem krichlichen Glauben besonders verbundenen, die dem Treiben offen entgegen treten und widersprechen? Ja, ich weiß, sie müssen mit sozialer Ächtung, Verlust des Arbeitsplatzes usw. rechnen. Aber jede Münze hat zwei Seiten. Das alles ist nur möglich, weil eine kontinuierlich umerzogene Gesellschaft, betäubt vom Merkel-THC, bereitweillig ihr “Schicksal” in die Hand staatlicher Lautsprecher legen und das selber denken abgegeben haben. Noch viel zu vielen ist es einfach angenehmer, sich vom Staat führen zu lassen. Aus der Kirche kann man austreten, aber aus dem Staat? Naja, vielleicht wenn man bei VOX als Auswanderer ins Fernsehen kommt. Solange regierungstreue, weil staatlich alimentierte Medien kritiklos die Schicks, Lauterbachs und wie sie alle heißen das Sprachrohr zur Verfügung stellen, Kritiker aber gemieden und geächtet werden, so lange wird das weitergehen und sich noch steigern. Für viele Menschen war Kirche immer der letzte Zufluchtsort bei vielen Krisen. Der Bogen der Bevormundung hat sich deutlich gespannt und es ist nur eine Frage der Zeit, wann er bricht. Wohin werden sich die Menschen wenden, wenn ihnen irgendwann bewusst wird, was da passiert ist mit ihnen? Die Kirche heute hat viele Probleme, aber es ist derzeit einfacher, sich an anderen abzuarbeiten, als um sich seine eigenen Aufgaben zu kümmern.                

Max Schmidt / 10.01.2021

Der Erzbischof will Söderspezi sein. So einfach ist das.

Bernhard Böhringer / 10.01.2021

Bin soetwas wie ein Kulurchrist. Dto. meine Gattin. So im Sektor der Agnostik. Aber selbst auf der Zielgerade des Lebens überlegen wir uns aus diesem Trachtenverein noch auszutreten. Es gebietet beinahe schon der Anstand sich nicht von diesem feigen, opportunistischem Bodenpersonal verbal ins Jenseits begleiten zu lassen. Übrigens der Oberfuzzy und Landsmann im nicht allzufernen Maximillianeum hat schon rein äußerlich etwas diabolisches und redet entsprechend daher. Sein verschlagen lächlender Inenminister mit seinen neuesten faschistischen Ausfällen rundet das Bild ab. Herr Erzengel!!??

Martin Müller / 10.01.2021

Die beiden Kirchen in Deutschland laufen schon längst im politischen Mainstream wieder mit. Aus ihrer Geschichte haben die beiden Kirchen nichts gelernt! Und das Schlimme: Die beiden Kirchen machen sich jeden Tag ein bisschen überflüssiger. Die Kirchen werden schon weniger und immer leerer, die Moscheen dafür immer mehr und voller. Die Kirchenfürsten wissen nicht mehr, wofür sie stehen sollen. Hohle Phrasen sind heute ihre christlichen Botschaften, die Kirchensteuer hat sie fett und genügsam gemacht. Wer mit den Wölfen heult, muss auch mit ihnen jagen! Die Kirchenfürsten sind dabei, das Christentum in Deutschland zu marginalisieren. Sie kümmern sich um Trump und seine Wähler, statt um die Millionen verfolgten Christen in der Welt. Die christlichen Bedürftigen vor der eigenen Haustüre sehen sie sowieso nicht mehr. Die Glocken läuten für die Rettung der Welt, während man dem Retter der Welt nicht mal mehr hilft, das Zeichen der Christenheit zu tragen; legt es achtlos ab, um das Haus eines fremden Gottes zu huldigen in Jerusalem. Man könnte fast denken, die Kirchenfürsten reden dem Antichristen das Wort.

Archi W Bechlenberg / 10.01.2021

“Jeder Pfaff’ weiss, dass er ausgespielt hat, so bald die „oberen Zehntausend“ ihm nicht mehr unter die Arme greifen.” (Johannes Most, Die Gottespest, 1883)

M.Fisch / 10.01.2021

“Endlich auf der „richtigen“ Seite und ohne Gegenwind. Endlich im Mainstream der Meinungen! Wie billig, wie wohlfeil, wie primitiv! Einfach mitschimpfen wie über das schlechte Wetter oder die hohen Mietpreise. “ . Es ist tatsächlich erschreckend, dass nicht nur viele Journalisten und natürlich der ÖR, sondern auch immer öfters auch KirchenpersonInnen sich nicht entblöden, in das Gekreische über dem Teich einzustimmen. Natürlich nur, weil es völlig gefahrlos ist, und ohne Gegenwind. Erbärmlich !

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